Dieser Artikel basiert auf einem Interview mit drei Feuerwehrleuten der Berufsfeuerwehr Mönchengladbach. Wir sprachen über ihren beruflichen Alltag in einer westdeutschen Großstadt, ihre Ausrüstung, ihre Wünsche und Sorgen. Mönchengladbach ist ein Mittelzentrum am westlichen Rand Deutschlands mit ca. 260 000 Einwohnern, das unter Feuerwehr-Gesichtspunkten in mancher Beziehung repräsentativ für Organisation und Abläufe bei einer städtischen Feuerwehr stehen kann, wie sie in vielen deutschen Städten existiert. Unsere Gesprächspartner waren Oberbrandrat Wilfried Schmitz, Brandamtsrat Daniel Kleinen und Brandamtmann Carsten Kommer.
Die Berufsfeuerwehr Mönchengladbach verfügt über rund 400 Mitarbeiter. Die Stadt ist durch die kommunale Neugliederung 1975 so entstanden, wie sie sich heute darstellt. Damals sind die selbstständigen Städte Mönchengladbach und Rheydt zusammengelegt worden, und es entstand ergänzt um einen Ortsteil des Nachbarn Grevenbroich die heutige Flächenstadt. Bis heute gibt es deshalb eigentlich zwei konkrete Ortszentren, nämlich Alt-Mönchengladbach und Alt-Rheydt, um die herum die Stadt expandierte. Vieles gibt es deshalb doppelt bis hin zu dem Kuriosum, dass es hier – einmalig in Deutschland – gleich zwei Hauptbahnhöfe gibt.
Die Feuerwehr ist in drei Wachen stationiert, um die gesamte Fläche vernünftig bedienen zu können. Außerdem existiert noch eine reine Rettungswache. Der Brandschutz wäre aber nicht zufriedenstellend zu organisieren ohne die 20 Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen, so dass ca. 450 aktive freiwillige Feuerwehrleute dazukommen.
Die Zusammenarbeit wird von Seiten der Berufsfeuerwehr als sehr eng und gut abgestimmt beurteilt. Doch gibt es heute schon die Sorge, dass die für das Ehrenamt ungünstige demografische Entwicklung auch vor Mönchengladbach nicht Halt macht und man in Zukunft damit rechnen muss, dass die oft notwendige Ergänzung durch die Freiwillige Feuerwehr problematisch werden könnte.
Spezielle Fähigkeiten
Eine weitere Eigenschaft der Stadt ist, dass sie von Autobahnen umschlossen, teilweise durchzogen ist. Im Stadtgebiet befinden sich 120 Autobahnkilometer. Das bedeutet: Es ereignen sich zahlreiche Verkehrsunfälle, oft auch mit Lkw-Beteiligung, sie sind ein Einsatzschwerpunkt. Technische Hilfeleistung wird hier überdurchschnittlich häufig angefordert und dementsprechend auch trainiert. Für die hierdurch möglichen Lagen existieren speziell ausgebildete Einsatzgruppen wie z. B. eine Sondereinsatzgruppe „Messen und Gefahrgut“.
Eine Stärke der hiesigen Berufsfeuerwehr ist außerdem eine als kompetent bekannte Höhenrettergruppe, die Einsätze trainiert an hohen Gebäuden, Abseilen in Kaminen oder auch am Tribünendach des weithin bekannten Borussia-Parks.
Trainingsmöglichkeiten gibt es im Umfeld genug. Man hat schon Einsätze geübt zusammen mit der Flughafenfeuerwehr Köln-Bonn oder den Werksfeuerwehren der benachbarten Kohlekraftwerke mit ihren riesigen bis zu 150 m hohen Kühltürmen.
Die Zusammenarbeit mit der Stadt wird von den Feuerwehrleuten als sehr zufriedenstellend beurteilt. Die verantwortlichen Kräfte haben einen Rettungsdienstbedarfsplan und einen Brandschutzbedarfsplan entwickelt. Aus den Bedarfsplänen wurde ein Fahrzeugkonzept entwickelt, welches ebenfalls durch den Rat der Stadt genehmigt wurde.
So kann bei allen anstehenden Beschaffungen stringent und ohne Differenzen der sich daraus ergebende Investitionsplan durch Wilfried Schmitz abgearbeitet werden. Er bezeichnet sich mit seiner Abteilung als „zuständig für alles mit und ohne Stecker, was die Technik der Feuerwehr Mönchengladbach betrifft, also für die Beschaffung vom Halbschuh für den Mitarbeiter im Bürodienst über die gesamte persönliche Schutzausrüstung, Computer, EDV, Einsatzleitsysteme, Fahrzeugbeschaffungen, Gerätewesen bis Kommunikationstechnik, Funktelefonen, Atemschutz, Medizintechnik, Medikamente usw. und das zentral für das gesamte Stadtgebiet.“
Thema Fahrzeuge
Die Stadt Mönchengladbach betreibt in den Bereichen Brandschutz und Rettungsdienst ca. 100 Fahrzeuge. Die Feuerwehr bestreitet hier zu 100 % den Rettungsdienst mit der Unterstützung der Johanniter, die z. B. Personal zur Verfügung stellen. ASB, JUH, MHD und das DRK sind im Rahmen des Katastrophenzivilschutzes eingebunden in die Konzepte der Stadt Mönchengladbach. Der Fahrzeugmix der Berufsfeuerwehr ist technisch auf dem letzten Stand und war bisher allen Lagen gewachsen.
Wenn es irgendwo Probleme gibt, liegen diese weniger an Faktoren, die im Rahmen lokaler Zuständigkeiten beeinflusst werden können. Schwierigkeiten gibt es gelegentlich durch Änderungen bei den Normen, insbesondere denen aus Brüssel.
Das Beispiel zeigt: Es treten bei der Feuerwehr ähnliche Probleme auf wie in fast allen anderen Sektoren des Alltagslebens. Die Politik im Land und in der EU schafft ständig neue Normen und Gesetze, abgeschafft werden aber nur sehr wenige, sodass die Zahl der Vorschriften insgesamt ständig steigt und teilweise nicht vernünftig aufeinander abgestimmt ist.
Wie sieht es denn bei der technischen Entwicklung aus? Wo zeigt sich der Fortschritt, wenn man ein Feuerfahrzeug von heute mit denen vor 10 oder 15 Jahren vergleicht?
Nach Meinung der Gesprächspartner liegen die Verbesserungen vor allem im Bereich der Materialien, die verbaut sind. Heute dominiert Aluminium in der Aufbautechnologie. Das führt dazu, dass die Einsatzkräfte Gewichtsreserven erhalten, die sie in Beladung investieren können: „Wenn das Gerippe leichter wird, können wir mehr reinpacken.“ Außerdem sind die Fahrzeuge nicht mehr so rostanfällig, wie das früher oft der Fall war: „Ich denke an die alten Löschfahrzeuge, wo dann z. B. die Kotflügel wegen Rost ausgeblüht sind, wie bei jedem ganz normalen Fahrzeug auch, das einige Jahre auf dem Buckel hat. Trittbretter sind häufig abgerostet, sodass die Fahrzeuge irgendwann beim TÜV durchfielen. Immerhin planen wir mit einer durchschnittlichen Betriebsdauer von 15 Jahren.“
Eine weitere spürbare Verbesserung bei neuen Fahrzeugen ist zweifellos bei der Ergonomie zu spüren.
Ins Auge springt, dass heute die Gerätebeladung und die Verteilung im Fahrzeug besser durchdacht wird. Das liegt auch daran, dass der Arbeitsschutz immer wichtiger geworden ist.
Heute ist es Standard, leichte Sachen nach oben, schwere Sachen nach unten zu packen, sodass die Entnahme erleichtert wird, das schwere Entheben oder Entnehmen von oben wegfällt und die Sicherheit im Alltag zugenommen hat und die Zahl der Sicherheitssysteme insgesamt erhöht. Viele Dinge, die wir aus dem Pkw kennen, setzen sich immer mehr auch im Lkw-Bereich durch wie Reifendrucküberwachung oder das elektronische Stabilisierungsprogramm ESP, das heute auch bei Nutzfahrzeugen vorgeschrieben ist. Airbags werden immer häufiger verbaut ebenso wie Fahrsicherheitssysteme und andere Assistenzsysteme.
Wie ist es um das Feedback bestellt, wenn Wünsche oder Tipps aus der Feuerwehrpraxis der Fahrzeugindustrie mitgeteilt werden?
Hier gibt es ganz klare Unterschiede zwischen den Herstellern. Je größer der Konzern ist, desto geringer fällt der Anteil der Fahrgestelle, die von den Feuerwehren geordert werden, ins Gewicht. D.h., auch wenn solche Aufträge für die Automobilindustrie durchaus prestigeträchtig sind, stellen sie doch gemessen am Gesamtvolumen einen zu kleinen Geschäftsbereich dar, als dass man dort häufig Spezialwünsche von Einsatzkräften umzusetzen gewillt wäre. Anders sieht das schon bei den Aufbauherstellern aus, die dann aus den Fahrgestellen der großen Konzerne erst ein Feuerwehrfahrzeug machen. Hier ist die Zusammenarbeit in der Regel sehr gut. Dieser Teil der Fahrzeugindustrie ist nah beim Kunden, Tipps aus der Praxis werden häufig unkompliziert und schnell umgesetzt.
Besonders gut klappt das, wenn alles aus einer Hand kommt. Das ist allerdings häufig nicht der Fall. Zum Leidwesen meiner Gesprächspartner schagen auch hier wieder die Paragraphen zu. Der vorgeschriebene Ausschreibungsprozess und das Vergaberecht verlangen oft, dass Bestandteile der Beladung in mehreren Losen vergeben werden, also unterschiedliche Lieferanten Teilaufträge gewinnen und dem Fahrzeugbauer zuliefern. Vor allem später macht das die Bestellung von Ersatzteilen kompliziert.
Aufbauten von Löschfahrzeuge können aus über 400 Einzelteilen bestehen. Wenn die dann noch von mehreren Lieferanten kommen, kann eine Bestellung zeitaufwändig werden.
Trotz mancher Alltagsprobleme scheint in Mönchengladbach die Feuerwehr-Welt in Ordnung zu sein. Man sitzt im „Führungs- und Lagezentrum“ in einem relativ neuen Gebäude, das einen großzügig geplanten Eindruck macht, funktional, modern und hell. Das Verhältnis untereinander und zur Stadt ist offensichtlich ohne größere Probleme, und an der notwendigen Ausrüstung mangelt es nicht. Für Feuerwehrleute gibt es sicherlich unangenehmere Arbeitsplätze als hier…
Crisis Prevention 1/2018
Heinz Neumann