Alternative zu Hydranten: Löschwasserversorgung über Pendelverkehr

Thomas Zawadke

Thomas Zawadke

Sich rasch verändernde Bedingungen in der Infrastruktur von Gemeinden oder Industriegebieten stellen die Feuer­wehren bei der Brandbekämpfung immer wieder vor große Herausforderungen. Der verständliche Sparzwang der Wasserversorger oder neue Gesetzmäßigkeiten der Wassernutzungsrechte, die öffentlichen Leitungsnetze nur noch für die Trink- und Brauchwasserversorgung auszulegen, führen zwangsweise dazu, dass neue Lösungen für die Löschwasserbevorratung und den Transport von einer Wasserentnahmestelle zur Brand­stelle gesucht werden müssen.

Veraltete Trinkwasserleitungssysteme und die Privatisierung von ehemals öffentlichen Einrichtungen zur Wasserversorgung machen es zunehmend schwieriger, auf ein einheitliches System zurückzugreifen.

Nicht zuletzt aufgrund der langen und intensiven Diskussion in Bezug auf die Trinkwasserverordnung und der daraus entstandenen Anforderungen an die Technik (z. B. freier Tankeinlauf, Systemtrenner) beschäftigen sich manche Feuerwehren auch in Deutschland mit Alternativen der Wasserförderung, unabhängig von Hydranten.

Vergleich Pendelverkehr zu Hydrantenbetrieb
Vergleich Pendelverkehr zu Hydrantenbetrieb
Quelle: Thomas Zawadke

Pendelverkehr als alternatives System zu Hydranten

Eine Alternative ist der Pendelverkehr mit (G)TLF, wie er in anderen Ländern, z. B. Schweden, Türkei, Holland oder USA in vielen Landesteilen bereits üblich ist. 

In diesen Ländern werden für Gebiete mit einer Wohnbebauung nur kleine Leitungsquerschnitte rein für die Trinkwasserversorgung oder sogar nur Hochbehälter auf Gebäuden verwendet, die dann über Tankfahrzeuge befüllt werden. Dadurch ist ein System der Wasserversorgung für die Feuerwehr(en) entstanden, das (G)TLF mit großen Löschwasserkapazitäten vorsieht. In Schweden wird bereits vielerorts mit einem TLF (mit Staffelbesatzung) ausgerückt, das an der Einsatzstelle die Brandbekämpfung durchführt, während das GTLF die Wasserversorgung sicherstellt. 

So sind im ersten Abmarsch ca. 11 - 12 m³ Wasser verfügbar, und es kann davon ausgegangen werden, dass bei einem durchschnittlichen Brandereignis (Löschwasserbedarf ca. 500 - 600 l/min) mindestens für ca. 20 Minuten Löschwasser vorhanden ist.

Mit nur einem GTLF kann aber eine ausreichende Versorgung im Falle eines Großbrandes nicht gewährleistet werden. Es müssen dann mindestens zwei GTLF für ein Einsatzstellen-TLF vorhanden sein, die im Pendelverkehr fahren. Dies ist bei der Raumplanung (An- und Abfahrt, Stellflächen usw.) unbedingt zu beachten und in vielen unserer Siedlungen nicht realisierbar.

In südlichen Ländern Europas, Teilen von Asien, Südamerika und Afrika ist diese Methode weit verbreitet. Allerdings nicht allein, um Kosten im Leitungsnetz zu sparen, sondern um die Wasserversorgung überhaupt sicherstellen zu können. Denn in vielen strukturschwachen Gebieten existieren gar keine Wasserleitungsnetze, sondern es muss dort generell durch Tankfahrzeuge (auch die Trinkwasserversorgung!) sichergestellt werden.

Aber auch in Städten, die über funktionierende Wasserleitungsnetze verfügen, wird diese Methode angewandt, denn man befürchtet im Falle eines Erdbebens die Zerstörung der Infrastruktur der Wasserversorgung. Aus diesem Grund werden dort an strategischen Punkten große unterirdische Wasserbehälter eingerichtet, über die das Wasser dann bezogen werden kann. Auch in diesem Fall haben die Tankfahrzeuge die Doppelfunktion, Trinkwassertransport und Sicherstellung der Löschwasserbevorratung, zu erfüllen.

Taktik und Logistik beim Pendel­verkehr

Der logistische und organisatorische Aufwand wird häufig unterschätzt.


Aus diesem Grund sollte für den Pendelverkehr grundsätzlich:

  • ein eigener Einsatzabschnitt eingerichtet werden
  • dieser durch einen eigenen Funkverkehrskreis abgesichert oder organisiert sein
  • ausreichend Kraftstoff für Pumpen und Fahrzeuge vorgehalten werden (mindestens für 4 Stunden pro Einheit
  • am Betankungsplatz und am Wasserübergabepunkt jeweils mindestens eine Reservepumpe gleicher Leistung vorhanden sein
  • Reservematerial (Schläuche, Armaturen usw.) vorgehalten werden

    Lotsen eingesetzt werden (jeweils einer am Betankungs- und am Wasserübergabepunkt sowie an neuralgischen Punkten wie z. B. an Weggabelungen im Wald oder Einmündungen)


Zu beachten sind außerdem:

  • Einrichten eines Betankungsplatzes
  • Gestaltung des Wasserübergabepunktes an der Einsatzstelle (ausreichend große Rangierflächen, eindeutige Kennzeichnung der Zu- und Abfahrten, Absicherung von Schläuchen und Leitungen, Ausleuchten der Arbeitsbereiche usw.)
  • Eventuell Ausschilderung der An- und Abfahrtswege

Moderne Vakuumfässer und ihre Zugfahrzeuge sind heute imposante Erscheinungen
Moderne Vakuumfässer und ihre Zugfahrzeuge sind heute imposante Erscheinungen
Quelle: Thomas Zawadke

Wenn ein Transport auf der Straße möglich ist, können Tankfahrzeuge mit großen Löschwassermengen eingesetzt werden. Beim Einsatz im Gelände müssen ausreichend geländefähige oder sogar geländegängige Fahrzeuge verfügbar sein. Hier ist mit erheblichen Verzögerungen bei den Fahrzeiten zu rechnen.

Bei einigen Feuerwehren werden neben den Standard-Tank­löschfahrzeugen auch Sonderfahrzeuge auf der Basis von Wechselladerfahrzeugen, Tankanhängern oder Tanksattelzügen vorgehalten, um große Mengen an Löschwasser befördern zu können. Dabei handelt es sich immer um individuelle Lösungen, wobei darauf zu achten ist, dass eine Kompatibilität zu den genormten Systemen der Feuerwehr (z. B. Kupplungen und Schläuche) vorhanden ist.

Sowohl Wechsellader als auch Sattelfahrzeuge benötigen an der Einsatzstelle bzw. am Wasserübergabepunkt große Rangier- und Aufstellflächen, um überhaupt sinnvoll eingesetzt werden zu können. Es ist auch zu beachten, dass großvolumige Tanks einige Zeit in Anspruch nehmen, um befüllt zu werden. Ein Behälter mit 20 000 l Inhalt hat an der Betankungsstelle mindestens 10 - 12 Minuten Aufenthalt, bis er mit einem LF 20 (Pumpenleistung ca. 2000 l/min) gefüllt ist. Zeiten zum Kuppeln der Schläuche usw. sind da noch gar nicht eingerechnet.

Flughafenlöschfahrzeuge nach den internationalen Richtlinien „ICAO“ oder „NFPA“ sind sehr schnelle und geländegängige Fahrzeuge mit einem großen Tankvolumen und leistungsstarken Pumpen. Die Tatsache, dass sie in die Alarmpläne der Flughäfen eingebunden sind, erlaubt in den meisten Fällen keine Verwendung als Wassertransportfahrzeug. Zudem sind diese Fahrzeuge aufgrund ihrer Bauweise sehr schwer und haben meist Überbreite, sodass oft keine Straßenzulassung vorhanden ist oder ein Befahren von öffentlichen Straßen nur mit einer Ausnahmegenehmigung erfolgen kann.

Zum Heranführen von großen Löschwassermengen – speziell in schwer zugänglichen Gebieten – haben sich Vakuumfässer aus der Landwirtschaft bestens bewährt. Aufgrund der Vakuumtechnik können die Behälter an offenen Gewässern schnell gefüllt bzw. an der Einsatzstelle durch die Drucktechnik auch sehr effektiv entleert werden.

Mithilfe von Übergangsstücken (mit Sieben zum Zurückhalten von Fremdkörpern) können an diese Behälter auch Saugschläuche für Tragkraftspritzen oder Fahrzeugpumpen angeschlossen werden. Auf diese Weise kann eine direkte Brandbekämpfung eingeleitet werden. Moderne, leistungsstarke Traktoren können Vakuumfässer mit einem Inhalt von bis zu 18 m3 ziehen. Sie können mit den Fässern eine Einsatzstelle auch abseits der Straßen, direkt über Felder oder unbefestigte Waldwege anfahren. Bei einem Flächenbrand können diese Fahrzeuge zudem zum Befeuchten eines „Wundstreifens“ verwendet werden.

Allgemeine Grundsätze zum Pendelverkehr

Ein Pendelverkehr sollte dann eingerichtet werden, wenn eine Wasserversorgung aus einem Leitungsnetz nicht oder nur in großer Entfernung zur Verfügung steht und der Aufbau einer Wasserförderung über lange Wegstrecken mittels Schlauchleitung nicht schnell genug realisiert werden kann. 


Dabei sind folgende Grundsätze zu beachten:

  • Es ist effektiver, mit wenigen Fahrzeugen mit großem Tank zu pendeln als mit vielen Fahrzeugen mit kleinem Tank.
  • Der Anfahrtsweg von der Wasserentnahmestelle zum Übergabepunkt sollte vom Rückweg getrennt werden („Einbahnstraßenregelung“), um einen Begegnungsverkehr – speziell auf engen Straßen und Wegen – zu vermeiden.
  • Am Übergabepunkt sollte eine ausreichend große Aufstell­fläche für die wasserabgebenden Fahrzeuge vorhanden sein.
  • Am Betankungs- und am Übergabepunkt müssen ausreichend große Wartezonen für die pendelnden Fahrzeuge vorgesehen werden.
  • Die Pendelfahrzeuge sollten am Übergabepunkt nicht rangieren müssen. Es sollte ein seitliches Anfahren des offenen Behälters möglich sein – ein Rückwärtsrangieren birgt oft große Gefahren und Zeitverzögerungen.
  • Die An- und Abfahrt der Tankfahrzeuge sollte durch einen Lotsen (deutlich gekennzeichnet) organisiert werden.
  • Die Wasserübergabe sollte in ein offenes Becken (z. B. offener Faltbehälter, AB-Mulde mit eingelegter Folie oder eine großen Plane in einer Senke) erfolgen, damit mehrere Pumpen bzw. Löschfahrzeuge gleichzeitig und kontinuierlich Wasser abnehmen können.
  • Der offene Behälter am Übergabepunkt sollte ausreichend groß bemessen sein (Empfehlung: mindestens 10 Minuten Reserve bei Ausfall eines Fahrzeugs und kontinuierlicher Förderung zur Einsatzstelle)

Einfacher Pendelverkehr

Es werden zwei Varianten des Pendelverkehrs unterschieden. Beim einfachen Pendelverkehr pendeln mehrere Tankfahrzeuge (mindestens zwei) zwischen der Wasserentnahmestelle und dem Übergabepunkt und geben Wasser in einen offenen Behälter ab, während ein Löschfahrzeug bzw. eine Pumpe (es können auch mehrere parallel eingesetzt werden) das Wasser aus diesem Behälter saugt und direkt an die Strahlrohre zur Brandbekämpfung abgibt.

Einfacher Pendelverkehr über Auffangbecken
Quelle: Thomas Zawadke

Doppelter Pendelverkehr

Beim doppelten Pendelverkehr füllt das Löschfahrzeug bzw. die Pumpe kleinere Tankfahrzeuge, die das Wasser gezielt an verteilten Einsatzstellen abgeben. Eine typische Anwendung dieser Variante ist die Vegetationsbrandbekämpfung in ausgedehnten oder schwer zugänglichen Gebieten. Der technische und organisatorische Aufwand ist beim doppelten Pendelverkehr allerdings höher als beim einfachen Pendelverkehr.

Doppelter Pendelverkehr über Auffangbecken
Quelle: Thomas Zawadke

Die Übergabe des Wassers von Tankfahrzeugen in einen offenen Behälter kann über die Feuerlöschkreiselpumpe bei Feuerwehrfahrzeugen oder die Druck­einrichtung eines Vakuumfasses oder über Auslaufgarnituren am Tank erfolgen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Einlauf in den offenen Behälter abgesichert ist, um Unfälle oder Beschädigungen zu vermeiden.


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