08.11.2022 •

    Stahl, Wasser und Beton gegen die Detonation: Containerwände für die Kampfmittelräumung

    Interview mit Bloedorn Container, Björn Henkel, Prokurist und Gesellschafter

    Stadt Münster sicherte in 2020 drei Verdachtspunkte mit Containerwänden ab
    Bloedorn Container

    Was zunächst eine ungewohnte Anfrage seitens Behörden hinsichtlich Seecontainern war, hat sich für einen Containerdienstleister zu einer Spezialisierung entwickelt. Bei der Bloedorn Container GmbH melden sich immer häufiger Ordnungsämter und Krisenstäbe, um Seecontainer als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme für die Kampfmittelräumung einzusetzen. Denn: Mit Containerschutzwänden lässt sich der Evakuierungsradius deutlich reduzieren sowie werden Krankenhäuser, Pflegeheime oder andere kritische Einrichtungen geschützt.

    Containerwände für die Kampfmittelräumung, wie kam es dazu, dass sich dieses Geschäftsfeld entwickelte?

    Björn Henkel: Vor drei Jahren gab es bei uns die erste Anfrage aus Essen, eine Containerwand zum Schutz des Uniklinikums zu montieren. Damals wurde eine Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg unmittelbar auf dem Klinikgelände vermutet und es war dringend notwendig, eine wirksame Schutzmaßnahme zu finden. Da das der erste Einsatz dieser Art war, waren wir natürlich geehrt, dass die Wahl auf uns fiel. Wir hatten aber großen Respekt vor der verantwortungsvollen Aufgabe – auch, wenn wir natürlich vollstes Vertrauen in das Team und das Material haben.  

    Im Zuge dieses ersten Einsatzes haben wir gemerkt, wie gut sich unser Produkt für solche Zwecke eignet und auch, dass wir sehr gut aufgestellt sind, um uns in Einsatzpläne von Stadt und Feuerwehr nahtlos einzufügen. Wir haben ein Team, das engagiert anpackt und das, wenn es sein muss, auch am Wochenende, am frühen Morgen oder spät abends. Darüber hinaus verfügen wir über eigene Fahrzeuge, sodass wir Container flexibel und kurzfristig disponieren können und haben durch unsere weitere Spezialisierung auf Lärmschutzwände aus Seecontainern immer große Mengen an Stahl- und Unterlegplatten für jegliche Bodensituation vorrätig. Daneben sind auch die passenden Betonballastierungen, Flexitanks und Sicherungen immer schnell verfügbar. 

    Welche besonderen Herausforderungen bringen die Einsätze im Katastrophenschutz mit sich?

    Björn Henkel: Wir müssen in der Lage sein mitzudenken, uns kurzfristig an neue Gegebenheiten anzupassen und unter Zeitdruck sehr genau nach Vorgaben zu agieren. Da ist es wichtig, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Dafür müssen wir uns eng mit unseren Auftraggebern und weiteren Beteiligten austauschen, idealerweise schon vorab die Örtlichkeiten besichtigen und die richtigen Fragen stellen, zum Beispiel: Wo können wir Container vorab anliefern und zwischenlagern? Welche Untergründe finden wir vor? Wo müssen Höhenversprünge im Gelände ausgeglichen werden? Denn für solch wichtige Einsätze müssen wir Verzögerungen, etwa in der Lieferkette durch einen unerwarteten Stau, unbedingt vermeiden und immer mit Netz und doppeltem Boden arbeiten. 

    Im vergangenen Jahr mussten wir beispielsweise in den frühen Morgenstunden, also ab 3 Uhr in der Früh, eine Wand aufbauen, damit am Morgen der Kampfmittelräumdienst gleich mit seiner Arbeit beginnen konnte. In dieser Nacht hatten wir jedoch mit starkem Wind zu kämpfen. Bei der Angriffsfläche, die so ein Container dem Wind bietet, mussten wir uns also etwas einfallen lassen. Mit sehr viel Vorsicht und einem extra Zeitpuffer sowie einem extra aufgestellten Container, in dem das Team zwischendurch Schutz suchen konnte, gelang es, die Montage pünktlich abzuschließen.

    Woher weiß man, ob die Wände einer Detonation standhalten?

    Björn Henkel: Wir verlassen uns da auf die Berechnungen, Simulationen und Analysen von Spezialisten, wie zum Beispiel dem Ingenieurbüro Döring, Virtual City Systems und dem Fraunhofer Ernst-Mach-Institut für Kurzzeitdynamik. Sie können mit spezieller Software bereits vorab genau ermitteln, welche Schutzwirkung unsere Wände an welcher Stelle erzielen. 

    Grundsätzlich müssen wir aber auch sagen: Container beweisen ja jeden Tag im Einsatz auf See, dass sie großen Belastungen standhalten. Wie die großen Reedereien benutzen auch wir Twist Locks und Bridge Fittings, um die Container untereinander fix zu verbinden. Bei einigen kontrollierten Sprengungen, die durch unsere Container abgeschirmt wurden, konnten wir sehen, dass Verformungen nur in Ausnahmefällen vorkommen. Bisher haben die Stahlboxen ohne Probleme standgehalten.

    Die Ballastierungen wurden bereits kurz angesprochen. Welche Möglichkeiten gibt es da?

    Björn Henkel: Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder werden die Container mit Wasser befüllt oder mit Betonsteinen. Für die Wasserfüllung halten wir spezielle Flexitanks bereit, die in die Container eingelassen werden. Sie fassen 24.000 Liter Wasser und kommen meistens sehr nah am Fundort zum Einsatz, um die Druckwellenausbreitung und Splitter aufzuhalten. 

    Unsere Betonsteine, ein einzelner bringt 1,8 Tonnen auf die Waage, kommen in der Regel zum Einsatz, wenn die Wand in einiger Entfernung zum Fundort steht und die Druckwelle in eine bestimmte Richtung oder nach oben hin ableiten soll. Aber auch bei besonders kurzfristigen Einsätzen sind die Steine eine pragmatische Lösung, da die Montage deutlich schneller zu realisieren ist.

     In den vergangenen zwei Jahren nahm das Thema Containerschutzwand bei Ihnen Fahrt auf, richtig?

    Björn Henkel: Das stimmt. Allein 2020 wurden wir sieben Mal gerufen, um Containerschutzwände bei Kampfmittelräumungen zu stellen. In Koblenz gab es zum Beispiel einen Bombenfund im dicht besiedelten Stadtgebiet. Eigentlich hätte in einem Radius von 1.000 Metern um den Fundort herum evakuiert werden müssen. 15.000 Menschen, darunter sogar eine JVA wären von der Evakuierung betroffen gewesen. In diesem Fall setzte die Stadt unsere Container als komplette Einhausung ein – zwölf Container, davon acht mit insgesamt 192.000 Litern Wasser befüllt. So konnte der Evakuierungsradius um 50 Prozent reduziert und die JVA musste nicht evakuiert werden. In Koblenz haben wir das erste Mal diese Form der kompletten Einhausung realisiert. Zudem war das unsere erste Containerschutzwand für die Kampfmittelräumung außerhalb von NRW. 

    In direkter Umgebung, dafür deutlich komplexer, war unser Einsatz in Dortmund Anfang 2020. Hier wurden an vier verschiedenen Punkten der Innenstadt Kampfmittel vermutet. Im eng bebauten Bereich der Innenstadt waren neben einem Krankenhaus auch eine Blutbank, Seniorenheime, KiTa, und natürlich zahlreiche Wohn- und Geschäftsgebäude zu schützen. Das Konzept hier: Mit insgesamt sechs Containerwänden wurden Straßenzüge komplett abgeschirmt und eine mögliche Druckwelle auf dem Ausbreitungsweg unterbrochen. Jedoch mussten alle sechs Wände und damit 40 Container innerhalb eines Tages fertig montiert, ballastiert und mit Sandsäcken abgedichtet sein. Dabei durfte auf keinen Fall die Teilevakuierung der Städtischen Kliniken gestört werden, weshalb an einem Standort mit dem Aufbau zunächst gewartet wurde, bis die Kliniken ihr „grünes Licht“ gaben. All das war nur möglich mit dem Einsatz von zwei Teams, die parallel arbeiteten, fünf LKWs, die beiden Teams durchgängig Container und Betonsteine nachlieferten, sowie vier Gabelstaplern und zwei Kränen.


    Umweltschutz: Wasser nachhaltig nutzen

    Für Kampfmittelräumungen, bei denen mit Wasser befüllte Container zum Einsatz kommen, werden große Mengen Wasser benötigt. Ein flexibles Agieren bei der Demontage macht es möglich, dass dieses Wasser nicht einfach in Abfluss landen muss, sondern kontrolliert abgepumpt und genutzt werden kann. Die Stadt Münster ließ nach einer Kampfmittelräumung das Wasser aus den Seecontainern in umliegende Teiche füllen, da die nach dem heißen und trockenen Sommer einen niedrigen Wasserstand aufwiesen. 

    Ein weiteres Interview zu diesem Thema lesen Sie hier.



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