Der Hessische Innenminister Peter Beuth hat die unabhängige Expertenkommission "Verantwortung der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft – Die gute Arbeit der Polizeibeamten stärken, Fehlverhalten frühzeitig erkennen und ahnden" berufen und die Vorsitzende Prof. Dr. Angelika Nußberger vorgestellt. Den stellvertretenden Vorsitz übernimmt der ehemalige Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag.
"Die hessische Polizei ist der Sicherheitsgarant unserer pluralistischen Gesellschaft. Zugleich ist sie Teil dieser Gesellschaft und sollte als solcher in und mit ihr wirken und wahrgenommen werden. Sicherheit braucht Vertrauen in jene, die für unsere Sicherheit sorgen. Fehlverhalten Einzelner erschüttert dieses Vetrauen. Es ist daher essentiell, dass die hessische Polizei Fehlverhalten konsequent ahndet und sich die Gesamtorganisiation sowie jeder einzelne Polizist zu einem Leitbild bekennen, das die Werte unserer Gesellschaft wiederspiegelt. Wir treten daher in einen Prozess, um unsere ergriffenen Maßnahmen weiterzuentwickeln und ein neues Leitbild der hessischen Polizei gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Polizei zu entwickeln. Ich bin Frau Prof. Dr. Angelika Nußberger sehr dankbar, dass sie als Vorsitzende ihre Expertise in diesen Prozess miteinbringt und die Leitung der Expertenkommission übernommen hat. Sie steht stellvertretend für die den Expertenblick von außen gepaart mit fundierter Sachkenntnis, der die gesamte Kommission prägt", so Innnenminister Peter Beuth.
Die Expertenkommission wird im September ihre Arbeit aufnehmen. Sie wird die bereits ergriffenen Maßnahmen gegen Fehlverhalten innerhalb der hessischen Polizei evaluieren und Empfehlungen für deren mögliche Weiterentwicklung ausprechen. Darüber hinaus setzt sich die Kommission das Ziel, Empfehlungen für die Implementierung eines neuen Leitbilds der hessischen Polizei zu erarbeiten und damit einen Dialog über ein neues Leitbild innerhalb der Polizei anzustoßen.
"Eine gut funktionierende Polizei, die für die Bürgerinnen und Bürger da ist und zu der alle Vertrauen haben, ist das Rückgrat des Staates. Vertrauen aufzubauen dauert sehr lange; es zu zerstören geht sehr schnell. Deshalb ist es so wichtig klarzustellen, dass es in Hessen nach den Vorfällen der vergangenen Zeit ein weiter-so-wie-bisher nicht geben darf. Das muss auch nach außen hin sichtbar sein. Die Kommission setzt mit ihrer Arbeit hierfür ein Zeichen. Sie ist unabhängig, sie arbeitet nicht gegen die Polizei, sondern für die Polizei. Denn es ist gleichermaßen im Interesse der Gesellschaft wie der Polizei, dass es ein vertrauensvolles Miteinander gibt. Deshalb muss man bei der Arbeit der Polizei genau hinsehen, wunde Punkte benennen und kreative Vorschläge machen. Mit Blick auf die große Expertise der Mitglieder der Kommission bin ich sehr zuversichtlich, dass dies gelingen kann", sagte die Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Dr. Angelika Nußberger.
Übergeordnetes Ziel der Expertenkommission ist es, das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und in ihre Arbeit wiederherzustellen und zwar als Bündnis zwischen Polizei, Politik, Wissenschaft und Bürger. "Wir wollen dabei natürlich auch unterstreichen, dass die übergroße Mehrheit der Polizeibeamten ihren Aufgaben engagiert, gewissenhaft und verantwortlich nachgeht. Auch zu ihrer Unterstützung ist es notwendig, die aktuellen Vorgänge aufzuklären und die Verantwortlichen hierfür zu ermitteln. Das Ansehen der Polizei darf nicht länger unter dem Fehlverhalten Einzelner leiden", so Innenminister Peter Beuth.
Die Kommission wird gebeten, Vorschläge zu erarbeiten, wie Fehlverhalten Einzelner innerhalb der Polizei frühzeitig erkannt und geahndet werden kann. Sie wird vor dem Hintergrund der aktuellen Vorfälle die Strukturen in der Polizei untersuchen, das Leitbild der Polizei weiterentwickeln sowie die bereits ergriffenen Maßnahmen innerhalb der hessischen Polizei evaluieren und Empfehlungen für deren Weiterentwicklung aussprechen. Dafür kann die Experten-Kommission uneingeschränkt mit Bediensteten der Polizei sprechen und Dienststellen besuchen, um sich vor Ort unmittelbar zu informieren. Im Hinblick auf die Aus- und Fortbildung der Polizistinnen und Polizisten prüft die Kommission das Curriculum und trägt zur Weiterentwicklung der Lehrinhalte an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung sowie der Fortbildungsangebote der Hessischen Polizeiakademie bei.
Besetzung der Expertenkommission: externer Blick vereint mit polizeilicher Erfahrung
Die vierzehnköpfige Expertenkommission setzt sich aus unabhängigen Sachverständigen sowie dem Landespolizeipräsidenten, dem Integritätsbeauftragten für die hessische Polizei und dem Vertreter des Hauptpersonalrats der hessischen Polizei zusammen. "Die Leitung und Besetzung der Experten-Kommission vereint einen unabhängigen externen Blick auf die Polizei sowie zugleich die polizeiliche Expertise und Erfahrung. Dadurch kann die Kommission bestmöglich von externem Fachwissen profitieren und deren Empfehlungen zugleich auf maximale Akzeptanz bei Polizistinnen und Polizisten treffen", so Innenminister Peter Beuth.
Vorsitz und Mitglieder der Expertenkommission
- Vorsitz: Prof. Dr. Angelika Nußberger
- Stellvertretender Vorsitz: Jerzy Montag
Mitglieder der Kommission
- Roland Ullmann, Landespolizeipräsident
- Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch, Hessischer Beauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
- Harald Schneider, Integritätsbeauftragter der Hessischen Polizei
- Prof. Dr. Rolf van Dick, Sozialpsychologe Universität Frankfurt
- Dr. Reiner Becker, Demokratiezentrum Universität Marburg
- Werner D’Inka, Journalist
- Prof. Dr. Hans-Jörg Albrecht, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht
- Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid
- Andrea Groß-Bölting, Rechtsanwältin
- Jens Mohrherr, Hauptpersonalrat der Polizei
- Michael Niemeier, Vizepräsident Bundesamt für Verfassungsschutz
- Prof. Dr. Beate Rudolf, Direktorin Deutsches Institut für Menschrechte
Die Kommission arbeitet unabhängig. Sie legt dem Hessischen Minister des Innern und für Sport zu den ihr übertragenen Aufgaben einen Bericht vor. Die Ergebnisse der Kommission werden zu gegebener Zeit ebenso dem Parlament und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Kommission hat Zugriff auf alle für die Beratung notwendigen Unterlagen sowie werden ihr alle - rechtlich möglichen - Zugänge gewährt. Zur Erfüllung ihres Auftrages erhält die Kommission eine Geschäftsstelle.
Werdegang Prof. Dr. Angelika Nußberger
Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Angelika Nußberger ist Direktorin des Instituts für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung der Universität zu Köln, wo sie zugleich den Lehrstuhl für Verfassungsrecht, Völkerrecht und Rechtsvergleichung innehat. Von 2011 bis 2020 war sie Richterin und von 2017 bis Januar 2020 Vizepräsidentin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Im Februar 2020 wurde Nußberger zu einem der drei internationalen Richter am Verfassungsgerichtshof von Bosnien und Herzegowina ernannt.
Nach Studium der Slavistik und Rechtswissenschaften in München und Heidelberg promovierte Angelika Nußberger 1993 in Würzburg. Nach einem Forschungsaufenthalt in Harvard arbeitete sie als Wissenschaftliche Referentin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht sowie als Rechtsberaterin am Europarat in Straßburg. 2002 wurde sie in München habilitiert und im selben Jahr wurde sie zur Professorin an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln berufen, wo sie seit Oktober 2002 das Institut für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung leitet. 2009 wurde sie Prorektorin der Universität zu Köln mit dem neugeschaffenen Rektorat für akademische Karriere, Diversität und Internationales.
Werdegang Jerzy Montag
Jerzy Montag war von 2002 bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Ab 2005 war er Obmann im Rechtsausschuss und rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Zudem war er Vorsitzender der Deutsch-israelischen Parlamentariergruppe. 2014 wurde er vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages als Sonderermittler zum sogenannten NSU sowie dem V-Mann "Corelli" ernannt.
Nach dem Studium der Soziologie, Politikwissenschaft und Rechtswissenschaft in Heidelberg, Mannheim und München, legte er 1973 sein erstes juristisches Staatsexamen und 1975 sein zweites Staatsexamen ab. Seither ist er als selbstständiger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht tätig. Zudem ist er nichtberuflicher Richter am Bayerischen Verfassungsgericht.
Hessisches Ministerium des Innern und für Sport
Friedrich-Ebert-Allee 12, 65185 Wiesbaden