Fiat Lux – Es werde Licht!

Gretchenfrage: Weißlicht oder Infrarotlicht

Jochen Sauer, Sascha Puppel

Wiki Commons: Bundesarchiv, Bild 102 - 12762 / CC-BY-SA 3.0

Dank höherer Bildqualität, besserer Komprimierung, leistungsfähigerer Kamera-Applikationen und auch ansprechenderem Design der Hardware hat sich der Einsatz von Videoüberwachungslösungen zu einem bedeutenden Bestandteil der Sicherheitstechnik entwickelt. Videoüberwachung wird vermehrt als ein integrierter Teil der Gebäudetechnik betrachtet und oftmals von vornherein mit in die Planung aufgenommen. Ein durchdachtes Konzept sowie die Planung der Durchführung eines Bauprojekts sind essentiell.

Dabei kommt es entscheidend auf die Platzierung der Kameras und auf die technischen Eigenschaften für eine optimale Abdeckung an. Vor jeder Installation eines Sicherheitssystems muss die vorhandene Situation gründlich analysiert und durchdacht werden. Je nachdem welche Gegebenheiten vorhanden sind und welchem Zweck die Videoüberwachung dienen soll, kommen unterschiedliche Kameramodelle infrage.

Bei der Videoüberwachung hängt vieles von der richtigen Beleuchtung der Szene ab. Wieviel Licht eine Kamera benötigt, muss allerdings immer für jede Situation individuell entschieden werden. Im Folgenden werden intelligente Beleuchtungskonzepte vorgestellt und dargelegt, wie eine optimale Beleuchtungsplanung für eine Videosicherheitsanlage aussehen kann. Eine seriöse Planung benötigt einen entsprechenden Rahmen, daher sollten wichtige Fragen im Vorfeld geklärt werden:

  • Betriebsanforderung für die Installation einer Kamera
  • Benutzungszeiten der Kamera (24/7 oder nur während den Geschäftszeiten)
  • Einsatz der Kamera: im Innen- oder Außenbereich

Typische Fehler bei der Belichtung sind unter anderem zu viel oder zu wenig Licht, Überblendung (z. B. von Personen im Nahbereich) und keine Symbiose von Kamera und Scheinwerfer.

Beleuchtungsart

Wird beispielsweise eine Kamera im Außenbereich 24/7 eingesetzt, muss zunächst geklärt werden, ob sie die Bilder nachts mit einer semidiskreten Infrarot-Beleuchtung oder mit Weißlicht aufnehmen soll. Die Wahl der Beleuchtungsart für die Szene sollte mit Bedacht erfolgen, da mit einer semidiskreten Infrarot-Beleuchtung einige Nachteile mit einhergehen:

  • Es gehen Farbinformationen verloren oder werden verfälscht.
  • Musterinformationen kommen abhanden.
  • Fahndungsrelevante Informationen werden falsch dargestellt.

Eine Personenbeschreibung auf Basis der Videobilder kann daher leicht in die Irre führen.

Bild 1 stellt ein normales Farbbild dar. In Bild 2 ist dieselbe Szene in schwarz/weiß erkennbar – genauso in Bild 3. Doch nur Bild 3 ist semidiskret mit Infrarot ausgeleuchtet.

In allen drei Bildern trägt die Person die gleiche Kleidung, sie wird nur insbesondere bei Bild 3 mit Infrarotlicht verfälscht dargestellt.

In Bild 3 verschwinden somit die Musterinformationen, und die schwarze Mütze wird weiß dargestellt. Folge: Erkennungsdienstlich eine Katastrophe!

Daher sollte genau geprüft werden, welche Beleuchtungsart bzw. welche Kombination für den speziellen Einsatzfall sinnvoll ist. Einige Hersteller bieten mittlerweile auch Hybrid-Scheinwerfer mit Weiss- und Infrarotlicht an, welche dann intelligent durch die Kamera gesteuert werden können. IP-Kameras kommunizieren dann mit dem Scheinwerfer per TCP/IP über den PoE-Anschluss des Scheinwerfers.

Bild 1 Bild 2 Bild 3

Lichtmenge

Sobald die Art der Beleuchtung feststeht, muss die richtige Lichtmenge definiert werden. In diesem Bereich kommen immer wieder Missverständnisse auf. Es gilt immer der Grundsatz: Je näher die Kamera und die Beleuchtung an der Szene, desto besser. 

Somit wird keine Lichtenergie auf dem Weg in die Szene verschwendet: Im Verhältnis Entfernung zum Quadrat nimmt die Lichtenergie ab, und je weiter sich ein Objektiv im Telebereich befindet, desto geringer wird der Wirkungsgrad.

Außerdem müssen bei der Beurteilung einer Szene Wechselwirkungen wie Lichtreflektionen und Lichtstreuung mit einbezogen werden. Eine sinnvolle Annahme ist ein Reflexionsgrad von 10 Prozent, d. h. 10 Prozent der einfallenden Lichtmenge wird zurück zur Kamera reflektiert. Dies zeigt Bild 3 sehr schön: Durch den starken Reflexionsgrad sieht die eigentlich schwarze Mütze weiß aus, auch die Struktur des Hemdes ist verfälscht.

Im Beispiel entscheidet sich der Anwender nun für Weißlicht. Die Kamera- und Beleuchtungsposition hat er so nah wie möglich an der Szene gewählt.

Auflösung und Lichtempfindlichkeit

Zu guter Letzt müssen nun noch die Mindestauflösung und die Lichtempfindlichkeit eingestellt werden.

Die DIN EN 62676 - 4 regelt die Anwendung für Videoüber­wachungsanlagen. Laut DIN-Norm werden bei der Mindestauf­lösung die Breite der Szene sowie die Entfernung der Kamera zur Szene angegeben. Das Ergebnis beschreibt den Erfassungsbereich der Kamera. Dieser solle deckungsgleich oder etwas kleiner als die auszuleuchtende Fläche sein. Eine professionelle Kameraplanung mit dem 3D-Tool SketchUp ist hierbei hilfreich.

In einem zweiten Schritt wird die Lichtempfindlichkeit der Kamera mit der Beleuchtungsstärke des Schweinwerfers verglichen. Dabei funktioniert ein Nachtversuch mit 20 Prozent Reserve der Scheinwerferleistung am besten.

Nachhaltige Planung spart Zeit und Kosten

Ist die Kamera mit intelligenten Funktionen ausgestattet, kann sie eine smarte Beleuchtung liefern, die dem Anforderungsprofil entspricht.

Eine professionelle Lichtplanung spart zum einen Ressourcen ein, da nur die Kosten entstehen und die Energie genutzt wird, die auch wirklich gebraucht wird, um eine Szene optimal auszuleuchten. Zum anderen reduziert sich die Bandbreite der Kamera durch die Eliminierung des Kamerarauschens. Solche intelligenten Maßnahmen ermöglichen die forensische Auswertung der Videodaten bei einem 24/7-Betrieb.

Für die richtige Beleuchtung und Lichtmenge spielen viele Faktoren eine Rolle, daher gibt es keine pauschale Empfehlung. Sie hängen von der Aufgabenstellung ab. Eine seriöse Planung benötigt einen entsprechenden Rahmen. Wer sich unsicher ist, sollte daher auf professionelle Hilfe zurückgreifen.


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