Kommunikation im Krisenfall – Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg

Kirsi Kokko

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In Not- und Katastrophenfällen zählt jede Sekunde. Ausreichend Zeit und eine gleichzeitig stabile Kommunikation zwischen Menschen ist nicht nur essentiell, sondern in einigen Situationen lebenswichtig. Die ist unter anderem bei Bränden, Naturkatastrophen, Terroranschlägen, Unfällen oder kriegsähnlichen Zuständen der Fall. Hier müssen Ersthelfer schnell und ohne Ablenkung an Ort und Stelle sein und sich miteinander koordinieren. Damit das funktioniert, ist ein jedoch länderübergreifendes Kommunikationssystem notwendig, das sicherstellt, dass alle relevanten Stellen, darunter Behörden als auch Dienstleister, ständig und unter allen widrigen Umständen miteinander kommunizieren können. Vor allem die Helfer und Vor-Ort-Kräfte müssen dazu in der Lage sein, möglichst unkompliziert von überall miteinander und mit der Leitstelle zu kommunizieren.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass einzelne Behörden oder Abteilungen meist überlastet sind, wenn es darum ging, technisch und organisatorisch sicherzustellen, dass Infrastrukturen für kritische Kommunikation an jedem Ort zuverlässig zur Verfügung stehen. Deshalb hat Finnland ein behördenübergreifendes Notfallzentrum geschaffen. Der große Vorteil daran: Alle Organisationen, die für die öffentliche Sicherheit verantwortlich sind, können über das gleiche nationale Funkkommunikationsnetz miteinander Informationen austauschen. Dazu gehören beispielsweise mobile Feldkommandolösungen, die Echtzeit-Lagebilder liefern und es dadurch ermöglichen Einheiten schnellstens zu alarmieren. Dieses funktioniert behördenübergreifend, so dass die Einsatz-Teams in maximaler Flexibilität und mit der bestmöglichen Unterstützung eingreifen können, wenn es zum Katastrophenfall kommt.

Um ein eigenes Kompetenzzentrum für die kritische Kommunikation im eigenen Land aufzubauen, sind sechs Punkte ausschlaggebend.

1: Kompetenzen bündeln und ein Ökosystem aus Partnern aufbauen

Bündeln Länder ihre Kompetenzträger zu einem partnerschaftlichen Ökosystem, indem Behörden, Privatunternehmen, Forscher und Spezialisten zusammenarbeiten, lassen sich Daten flüssig und schnell miteinander austauschen. Der Aufbau eines solches Systems benötigt zwar Zeit, dennoch lohnt es sich aber, eine Wertschöpfungskette zu bilden, in der alle Schlüsselelemente vereint genutzt werden. Dazu gehören Geräte, Dienste, Anwendungen und Netzwerke, die auch in Finnland eine wichtige Grundlage für ein stabiles Kommunikationsnetzwerk bilden.

2: Daten sind Gold wert

Ein zuverlässiges Netzwerk für kritische Kommunikation muss zudem interoperabel sein. Das ist in vielen Ländern leider noch immer nicht der Fall. Die Folgen von fehlender Interoperabilität sind: Ineffizienz, hohe Kosten, Probleme bei der Kommunikation zwischen den relevanten Stellen und Mitarbeitern. Das alles kann schwerwiegende Folgen haben und schlimmstenfalls zum Verlust von Menschenleben führen. Daher ist ein kollaborativer Ansatz beim Aufbau eines Kommunikationsnetzwerkes notwendig. Dieser Ansatz setzt voraus, dass allen beteiligten Stellen auch alle Nutzerdaten zur Verfügung stehen. Das Ergebnis sind maximale und optimale Ressourceneffizienz und eine deutliche Verbesserung der Prozesse.

Ein Beispiel eines länderübergreifenden Kommunikationsnetzwerkes bietet das europaweite Projekt BroadWay, bei dem insgesamt elf Länder beteiligt sind, darunter Finnland, Frankreich und Irland. Das von der EU-Kommission unterstützte Projekt soll ein gemeinsames europäisches Kommunikationssystem für Ersthelfer aufbauen. Mithilfe dieses neuen Systems wird sichergestellt, dass Einsatzkräfte für die öffentliche Sicherheit in ganz Europa mobil kommunizieren können. Die verschiedenen nationalen Kommunikationsnetzwerke sollen hierbei eine Einheit bilden und im Falle einer nationalen Katastrophe auch internationalen Helfern die Kommunikation ermöglichen. Das hebt die internationalen Grenzen für Notfallhilfen auf und kann im Katastrophenfall viele Menschenleben retten.

3: Vertrauen kann Menschenleben schützen

Die öffentliche Sicherheit lässt sich in Zukunft vor allem durch mehr Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen verbessern und im Katastrophenfall aufrechterhalten oder wiederherstellen. Nach diesem Leitgedanken ist in Finnland zum Beispiel das TETRA-Netz für öffentliche Sicherheit mit der Bezeichnung Virve entstanden. Rettungsdienste, Feuerwehr, Polizei und Grenzschutz nutzen dieses Netzwerk, genauso wie Sozialdienste sowie Verkehrs- und Versorgungsunternehmen. Viele andere europäische Staaten bauen derzeit ebenfalls ihre TETRA-Netzwerke aus, darunter auch Deutschland, Großbritannien, Italien und Österreich. Insta Blue Aware ist ein weiterer Dienst aus Finnland, der in diesem Bereich ebenfalls eine beträchtliche Rolle spielt. Bestandteil der Plattform ist eine Kombination verschiedener, verschlüsselter Datenquellen aus Video, Bild, IoT- sowie Verkehrsdaten und Weblinks. Diese bieten ein umfassendes visuelles Lagebild der Einsätze, mobilen Einheiten und Kontrollräumen. Durch das sichere Teilen von wichtigen Informationen können die Nutzer in Echtzeit entscheidende Hinweise erhalten, priorisieren und auch nutzen. Eine gemeinsame Datenbasis ist die Grundlage dafür.

4: Kommunikationssysteme und Prozesse richtig planen und vorbereiten

In den vergangenen Jahren haben Menschen und Politik gelernt, wie wichtig es ist, sich auf unerwartete Katastrophen vorzubereiten – und wie wichtig Kommunikation in diesem Zusammenhang ist. In der Flutnacht im Ahrtal im Jahr 2021 sind auf Grund mangelhafter Kommunikation mindestens 180 Menschen gestorben. Eine rechtzeitige und umfassende Kommunikation hätte die meisten dieser Leben wohl gerettet. Das zeigt, wie dringend notwendig eine Modernisierung und Verbesserung der Kommunikation ist, um solche Verluste zu vermeiden. Hier spielen eine eindeutige Strategie und eine Due-Diligence-Prüfung zentrale Rollen. Dazu gehören auch die Bereiche Regulierung, Recht und Finanzierung, die gründlich analysiert und geplant werden sollten. Die Sorgfalt ist beim Aufbau von missionskritischen Kommunikationsnetzen besonders maßgebend.

5: Modernisierung der Infrastruktur

Wenn der Plan für den Aufbau eines Kommunikationssystems steht, hilft eine gut strukturierte Vorgehensweise bei der Umsetzung. Dabei sollten auch moderne 5G-Netze zum Einsatz kommen, damit auch öffentliche Notdienste moderne Technologien wie Sensoren, Drohnen und andere digitale Hilfsmittel einsetzen können. Externe Partner können zudem unterstützen, die Infrastruktur zu modernisieren. Finnland setzt dabei beispielsweise auf Secapp, um die einzelnen Komponenten des Ökosystems zu kombinieren. Dadurch lassen sich alle Kommunikationskanäle, also Apps, SMS, automatische Anrufe und E-Mails sowie die behördlichen Tetra-Kanäle in eine gemeinsame Lösung integrieren. So ist es möglich, wichtige Nachrichten sehr viel schneller und einfacher zu verbreiten. Das erleichtert auch das gemeinsame Nutzen von Daten und die rechtzeitige Warnung der allgemeinen Bevölkerung.

6: Kontinuierliche Beobachtung und Verbesserung

Steht ein modernes Kommunikationsnetzwerk, ist es essentiell dieses ständig zu beobachten, zu pflegen und natürlich auch zu verbessern. Durch regelmäßige Analysen und Aufrüstung ist sichergestellt, dass alle beteiligten Systeme ordnungsgemäß funktionieren, und das zu jeder Zeit und an jedem Ort. Wenn neue Technologien zur Verfügung stehen, sollten diese in das System mit einbezogen werden, um es weiter zu verbessern.

Unterschiedliche Systeme und Zuständigkeiten bremsen Rettungsmaßnahmen unnötig aus. Vor allem in Deutschland ist hier noch viel Optimierungspotential, vor allem bezüglich der stark fragmentierten Zuständigkeiten für verschiedene Bereiche im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Der Aufbau eines entsprechenden Kompetenzzentrums, das sich der kritischen Kommunikation annimmt, kann hier helfen und dabei Menschenleben retten.


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