vfdb-Fachtagung in Würzburg: Appell an die Politik
Nach Corona-Zwangspause drei Tage volles Haus, 50 Vorträge und ein neues Design
Wolfgang Duveneck
WÜRZBURG. Feuerwehren und Rettungsdienste sehen sich an der Grenze ihrer Belastbarkeit.
„Die Corona-Pandemie, die Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und andere Naturkatastrophen haben die Einsatzkräfte in den vergangenen Jahren immer stärker gefordert“
sagte der Präsident der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb), Dirk Aschenbrenner zum Abschluss der jährlichen Fachtagung der vfdb in Würzburg, an der fast 600 Experten teilnahmen. Mit der steigenden Belastung jedoch habe weder die Ausstattung der Einsatzkräfte Schritt gehalten, noch gebe es zukunftsweisende Konzepte.
„Die Politik muss jetzt endlich handeln“
so Aschenbrenner. Neben einer operativ-taktischen Führungseinrichtung auf Bundesebene sei beispielsweise auch die Entwicklung eines staatlichen Krisenmanagements notwendig.
Unter dem Motto „Schutz, Rettung, Sicherheit – Gestärkt aus Katastrophen?“ hatten sich drei Tage lang Fachleute von Feuerwehren, Rettungsdiensten und aus der Forschung zu Katastrophenschutz in mehr als 50 Vorträgen und Diskussionsrunden mit aktuellen Fachthemen beschäftigt. Darüber hinaus nutzten die Teilnehmenden die Gelegenheit, nach langer, pandemiebedingter Zwangspause wieder im direkten Gespräch netzwerken zu können.
„Es fehlt nicht an der Erkenntnis, dass der Bevölkerungsschutz in Deutschland modernisiert werden muss, sondern an der Umsetzung“
so der vfdb-Präsident weiter. Das sei auch eine der Erkenntnisse der Starkregen-Expertenkommission, die von der vfdb nach der Katastrophe im vergangenen Jahr ins Leben gerufen worden war. Wie der Leiter des Gremiums, Ulrich Cimolino, in einem der Vorträge berichtete, wurden inzwischen 15 Problempunkte, „Big Points“, ausgemacht, von denen viele nicht neu seien.
Forschung für die Sicherheit
Neben Themen wie Naturkatastrophen gehörten auch verschiedene Projekte aus der zivilen Sicherheitsforschung zu den Programm-Schwerpunkten, die vom Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördert werden. Dazu zählt das Projekt „BRAWA“, in dem es um einen verbesserten Brandschutz für Kulturgüter geht. Es soll beitragen, die Brandfrüherkennung zu verbessern und zugleich ein Konzept zu erarbeiten, nach dem Helfer vor Ort durch schnelles und qualifiziertes Eingreifen eine frühe Brandbekämpfung einleiten und größere Schäden verhindern können.
Ferner ging es um die Evaluierung und Weiterentwicklung der Sicherheitskonzepte für Eisenbahntunnel (SIKET). Berichtet wurde außerdem über das Projekt INSPIRE – „auf dem Weg von der Idee zum Praxisbetrieb“. Noch ein weiteres BMBF-gefördertes Projekt stand auf dem Programm – das A-DRZ/Deutsches Rettungsrobotik-Zentrum, das im vergangenen Jahr ein LivingLab eingeweiht hat. Hier werden mobile Robotersysteme für die zivile Gefahrenabwehr erforscht, entwickelt und getestet. Für eine dort eingerichtete TaskForce gab es in den vergangenen Monaten bereits mehrere Einsätze, so auch im Katastrophengebiet im Ahrtal. Die dortigen unterschiedlichen Erfahrungen und Beobachtungen wurden auch in einem Bericht zum vfdbGeoHUB unter den Titel „Vom Drohnenflug bis zur digitalen Lagekarte“ dargestellt.
Leider nur „Jein“
vfdb-Vizepräsidentin Dr. Anja Hofmann-Böllinghaus, die für die Programmgestaltung verantwortlich war, betonte zusammenfassend:
„Die Antwort auf unser Tagungsmotto auf die Frage, ob wir gestärkt aus Katastrophen gehen, kann – wie sich in vielen Vorträgen erwies – leider nur mit einem „Jein“ beantwortet werden.“ Jedoch sei es schon ein Gewinn, wenn das Problem inzwischen nicht nur erkannt sei, sondern auch von Seiten der Politik angepackt werde. „Der Zeitpunkt ist jetzt günstig. Und wir sollten nicht bis zur nächsten Katastrophe warten.“
Mit großem Interesse nahmen die Teilnehmer der Fachtagung die Vorstellung von zwei gerade gestarteten Initiativen: Sie @vfdb möchte die Präsenz von Frauen in Zukunftstechnologien stärken und mehr Sichtbarkeit für erfolgreiche weibliche Vorbilder schaffen. Frauen sollen inspiriert werden, auch naturwissenschaftliche und technische Berufe zu wählen. Dazu zeigen die vfdb-Frauen spannende Karrierewege auf, weisen auf Potenziale für eigene wissenschaftliche Arbeiten hin und bieten Frauen aus Wissenschaft und Technik ein vielfältiges Netzwerk. Mit VIELFALT@vfdb soll ein deutliches Zeichen für die Wertschätzung der Diversität in der vfdb gegeben werden.
Auszeichnungen für Wissenschaftler
Im Verlauf der Fachtagung wurden drei Wissenschaftler mit dem vfdbExcellence Award für ihre herausragenden Leistungen im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr geehrt: Für 2022 wurden Dr. Marvin Michel aus Mülheim an der Ruhr und Denis Drosdzol aus Gelsenkirchen ausgezeichnet. Jürgen Winkler aus Waldbrunn erhielt den Excellence Award für 2021. Darüber hinaus wurde Dr. Gesine Hofinger mit der von der vfdb gestifteten HeinrichHenne-Medaille ausgezeichnet, die für hervorragende wissenschaftliche, technische oder praktische Leistungen auf dem Gebiet des Brandschutzes vergeben wird.
vfdb in neuem Design
Während der traditionellen Mitgliederversammlung im Rahmen der Fachtagung stellte Präsident Dirk Aschenbrenner das neue Design der vfdb vor.
„Vor zwei Jahren wurde die vfdb 70 Jahre – aber wir sind jung geblieben und aktiver als je zuvor“, sagte Aschenbrenner. „Das möchten wir auch nach außen zeigen. Gemeinsam mit der Berliner Agentur eobiont haben deshalb Vertreter der vfdb den Relaunch der ‘Marke vfdb‘ vorbereitet.“
Das gelte sowohl für das Logo als auch für die Gestaltung von Drucksachen, Online-Dokumenten und der künftigen Website der vfdb.
"Die Abbildung des Roten Hahns, seit Beginn an das Symbolbild auch für die vfdb, hat im Laufe der Jahre seine Strahlkraft eingebüßt“, so Aschenbrenner weiter. „Er greift nun im neuen Logo die kraftvollsten Elemente wie Schutz, Wachsamkeit und Begeisterung aus der Historie der vfdb wieder auf und wurde dabei behutsam modernisiert.“
Grundsätzlich überarbeitet wurde auch das vfdb-Logo selbst. Mit dem Zusatz „Schutz, Rettung, Sicherheit“ wird ergänzend sowohl die strategische Entwicklung der Tätigkeitsfelder der letzten Jahre als auch das aktuelle Leitbild berücksichtigt.
Als neues wiederkehrendes Gestaltungselement im gesamten Erscheinungsbild bezeichnete der vfdb-Präsident die Flamme aus dem Schnabel des Roten Hahns. Es werde in Veröffentlichungen künftig auch als Doppelflamme vor den Beginn von Kategorien, Kopf-, Fußnoten oder Kolumnentitel gesetzt. Insgesamt sei es das Ziel, das Corporate Design klar zu gestalten, für alle Veröffentlichungen eine optimale Lesbarkeit zu erreichen und die starke Marke „vfdb“ wertig zu kommunizieren.
Vorgeschmack auf die INTERSCHUTZ 2022
Am Rande des vfdb-Kongresses vermittelte eine Fachausstellung zahlreicher Firmen und Institutionen aus unterschiedlichen technischen Bereichen einen Vorgeschmack auf die Weltleitmesse INTERSCHUTZ 2022, die vom 20. bis 25. Juni in Hannover stattfindet. Wie INTERSCHUTZ-Projektleiter Bernd Heinold mitteilte, werden in der niedersächsischen Landeshauptstadt mehr als 1.200 Firmen aus mehr als 50 Ländern ihre Dienstleistungen und Produkte vorstellen. Auch mehrere Weltneuheiten werden dort präsentiert. Darüber hinaus wird die gesamte ‚Blaulicht-Szene’ vertreten sein. „Ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm bietet ferner Spannung, Unterhaltung und interessante Trainingsmöglichkeiten.
Ob Teilnehmer oder Besucher: Dabeisein lohnt sich, wenn es zum Beispiel bei den Firefit European Championships und der Holmatro Rescue Challenge um Ehre und Preise geht oder bei der S-Gard Safteytour Einsatzszenarien unter realitätsnahen Bedingungen live und hautnah trainiert werden.“ Die gesamte Branche, so Heinold weiter, warte schon mit Spannung auf dieses erste große Event nach langer Zwangspause. Die vfdbJahresfachtagung in Würzburg habe gezeigt, wie sehr sich die Menschen wieder auf persönlichen Informationsaustausch und auf Möglichkeiten zum Netzwerken in Präsenz freuen.
Über die vfdb:
Die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (vfdb) versteht sich als das deutsche Expertennetzwerk für Schutz, Rettung und Sicherheit. Sie zählt mehr als 3.000 Mitglieder. Ziel des gemeinnützigen Vereins ist die Förderung der wissenschaftlichen und technischen Weiterentwicklung der Gefahrenabwehr. Das gilt für den Brandschutz ebenso wie für die technische Hilfeleistung, den Umweltschutz, den Rettungsdienst und den Katastrophenschutz. Die vfdb bietet fachliche Unterstützung und ein breites, professionelles Netzwerk. Anwender wie die Feuerwehren und die Hilfsorganisationen sind mit wissenschaftlichen Institutionen und Leistungserbringern aus der Industrie und dem Dienstleistungssektor vereint.
Kontakt:
vfdb e.V.
Postfach 4967
48028 Münster
Fon: 0251/3112 1604
E-Mail: geschaeftsstelle@vfdb.de