Persönliche Schutzausrüstung zur Vegetationsbrandbekämpfung

Teilspektrum des Feuerwehr-Aufgabenbereiches

Jan Südmersen

Bild: @fire

Jede Einsatzstelle bringt andere Gefahren und Belastungen mit sich, die Vegetationsbrandbekämpfung wird oft dadurch gekennzeichnet, dass man über einen langen Zeitraum bei erhöhten Außentemperaturen schwere körperliche Arbeit verrichten muss. Für viele Feuerwehren ist die Vegetationsbrandbekämpfung nur ein Teilspektrum ihres Aufgabenbereiches. Die Beschaffung von „zusätzlicher“ Schutzkleidung – vielleicht gerade nachdem die EN 469 „Bekleidung“ erschienen ist und man dafür sehr viel Geld ausgeben musste – ist gegenüber Verwaltung und Politik oft schwer durchzusetzen. Wir unterscheiden hier zwei Fälle. Typ 1-Feuerwehren, deren Aufgabenschwerpunkt nicht in der Bekämpfung von Vegetationsbränden liegen, die aber gelegentlich damit konfrontiert werden. Typ 2-Feuerwehren, die sehr häufig zu Vegetationsbränden ausrücken müssen oder in speziellen überörtlichen Einheiten tätig sind, welche bei großen Vegetationsbränden nachgefordert werden. Natürlich können und sollen sich Typ 1-Feuerwehren auf den Typ 2 „upgraden“, aber erfahrungsgemäß ist die Argumentation gegenüber den Geldgebern sehr schwierig.

Vegetationsbrandbekämpfung
Die Vegetationsbrandbekämpfung wird oft dadurch gekennzeichnet, dass man über einen langen Zeitraum bei erhöhten Außentemperaturen schwere körperliche Arbeit verrichten muss.
Quelle: @fire

Eigentlich muss nach § 14 DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“ jeder Feuerwehrangehörige in Deutschland über einen geeig­neten Feuerwehrschutzanzug (= leichte Schutzkleidung) verfügen, also z. B. eine Ausführung auf Basis der Herstellungs- und Prüfungsbeschreibung (HuPF) Teile 2 und 3 oder den früheren Modellen der Bundesländer. Dies ist offensichtlich bei den vielen Bildern von Feuerwehrangehörigen mit falscher (EN 469) oder zu wenig Schutzkleidung nicht der Fall bzw. es wird „vergessen“, die entsprechende Schutzkleidung anzulegen. In vielen Feuerwehren fehlt zudem das Bewusstsein, dass die leichte Schutzkleidung nicht für die technische Hilfeleistung konzipiert wurde, sondern für die Brandbekämpfung. 

Während das Tragen einer Überhose nach HuPF Teil 4 aufgrund des geringen Anteils der Beine am Wärmehaushalt und -austausches im menschlichen Körper eher unproblematisch ist, auch wenn so eine Hose natürlich deutlich schwerer ist und die Beweglichkeit einschränkt, ist das Tragen einer Überjacke nach HuPF Teil 1 wärmephysikalisch und ergonomisch äußerst kritisch und das Tragen nur eines (zivilen) T-Shirts hygienisch, sicherheitstechnisch und wegen möglicher Entflammbarkeit sowieso unangebracht. Ein einfacher Lösungsansatz ist hier das Mitführen eines Pools aus leichten Schutzjacken auf den für den ersten Angriff vorgesehenen Fahrzeugen (Sitzbank) und als Redundanz auf Nachschub- und Logistikfahrzeugen.

Dazu sollte jeder über eine Flammschutzhaube verfügen, die man in Verbindung mit einer Partikelfiltermaske (FFP3) als vorübergehenden Atemschutz nutzen kann (diese Zusammenstellung hat zwar auch Nachteile in Sachen Wärmetausch und Schutzwirkung, ist aber dennoch besser als nichts). Als Schutz für die Augen empfiehlt sich eine gasdichte Korbbrille, die vor Funken und reizenden Rauchbestandteilen schützt – Visiere etc. sind hier nicht hilfreich, vielmehr können sich dort Gase ansammeln und auch Steine oder Funken können bei Arbeiten mit Handwerkzeugen von unten in die Augen kommen. Zusätzlich sollte sich jede Einsatzkraft beim Verlassen der Einsatzfahrzeuge eine oder zwei 0,5 PET-Flaschen mit Trinkwasser (Mineralwasser oder Fruchtsaftschorlen, aber kein Energydrink oder hoch zuckerhaltige Getränke) in die Jacke oder die Seitentaschen der Hose packen. Diese Getränke können ebenfalls auf den Einsatzfahrzeugen mitgeführt werden, sind dann aber durch Gerätewarte regelmäßig auf ihre Haltbarkeit zu überprüfen.


Einkaufs- und To-Do-Liste

Eine ausreichend große Kiste mit der Aufschrift „Vegetationsbrand“ für jedes wasserführende Fahrzeug für den Erstangriff und die Nachschubfahrzeuge beschaffen und in der Kiste folgendes hinterlegen:

  • einen Satz leichte Schutzjacken mit den üblichen Größen für die Fahrzeugbesatzung
  • Feuerschutzhauben für jede Einsatzkraft
  • (auch nicht AGT)
  • Korbbrillen wie z. B. UVEX Ultravision für jede Einsatzkraft
  • FFP2 oder FFP3 Masken für jede Einsatzkraft
  • pro Einsatzkraft 2x 0,5 Liter PET-Flaschen
  • Mineralwasser oder Fruchtsaftschorle
  • Vorhaltung / Einrichtung oder regelmäßige Überprüfung der Hygieneboards
  • Vorhaltung von Feuchttüchern (Firewipes)

Einsatzkräfte mit unterschiedlichen Schutzausrüstungen.
Einsatzkräfte mit unterschiedlichen Schutzausrüstungen.
Quelle: @fire

Schutzkleidung

Jede Einsatzkraft muss auf jeden Fall über einen leichten Satz Schutzkleidung verfügen, der dann auch schon beim entsprechenden Einsatzstichwort angelegt werden muss. Hier gibt es viele ländertypischen Festlegungen und genauso viele verschiedene Typen, aber grundsätzlich ist auf Folgendes zu achten:

  • Eine helle Bekleidung speichert weniger Wärme und ist zu bevorzugen, daher sind auch dunkle Polster (Knie, Ellenbogen) wenig sinnvoll.
  • Kräftige Farben (gelb, rot) erhöhen die Sichtbarkeit und damit auch die Sicherheit.
  • Zweiteiler sind flexibler als Overalls.
  • Verstellbare Abschlüsse an Kragen und Hüfte sowie den Arm- und Beinabschlüssen verhindern Eindringen von Funken, heißer Asche und Gasen und sind daher sehr empfehlenswert.
  • Eine einfach gehaltene Schutzausrüstung kann universell für andere Tätigkeitsbereiche (z. B. technische Hilfeleistung) verwendet werden.

Gerade bei längeren Einsätzen im unwegsamen Gelände macht es einen Unterschied, ob ein Vollschalenhelm mit 1,5 kg Systemgewicht oder ein leichter Halbschalenhelm für die Vegetationsbrandbekämpfung/technische Hilfeleistung mit 600 Gramm die Halswirbelsäule der Einsatzkraft beansprucht. Neben einem leichten textilen Nackenschutz und der Aufnahmemöglichkeit für eine Korbbrille sollte auch ein Motorsägen-Visier und Gehörschutz angebaut oder ohne Beeinträchtigungen getragen werden können. Der richtige Atemschutz ist ein heikles, sicher noch nicht abschließend erforschtes Kapitel bei der Schutzausrüstung für die Vegetationsbrandbekämpfung. 

Sicher ist nur: Gar nichts ist in der Regel zu wenig, Pressluftatmer ist in der Regel zu viel. Grundlage sollte wie bereits erwähnt FFP3 Filter sein. Für vermehrtes Arbeiten am Feuer bietet sich eine sog. Gesichtsschutzmaske mit auswechselbarem FFP3 Filter an. Die Maske schützt den Hals- und unteren Gesichtsbereich sowie die oberen Atemwege vor massiver Wärmebeaufschlagung. Bei Erholungsphasen abseits des Feuers kann die Maske in einer Stand-By Haltung getragen werden, ohne vorher den Helm abnehmen zu müssen. In Kombination mit einem am Helm angebrachten umschließenden Nackenschutz wird der gesamte Kopf- und Halsbereich geschützt. Ein verbesserter Schutz der Atemwege erfolgt durch filtrierende Halbmasken mit kostengünstigen und schnell austauschbaren Filterkartuschen. Es ist drauf zu achten, dass die dem Einsatzzweck geeigneten Filter bereitgestellt werden. Die Halbmaske kann auch wieder in Kombination mit dem umschließenden Nackenschutz getragen werden.

Aktuelle Weiterentwicklungen sind Gebläse-Partikelfilter in einem Shroud. Bei den großen Waldbränden 2019 in Australien haben die Feuerwehren dort verschiedene Halb- und Vollmasken ausprobiert. Die Empfehlung aus diesen Erfahrungen lautet: Wenn man nicht schwere körperliche Arbeit leisten muss, empfiehlt sich auch eine spezielle Filter-Vollmaske. Der Vorteil gegenüber z. B. den feuerwehrüblichen Atemanschlüssen ist die oft deutlich bessere Ergonomie und niedrige Kosten. Die Verwendung von „normalen“ Atemschutzmasken in Kombination mit den recht teuren ABEK2-/Hg/NO/CO/P3-Filtern ist durch den hohen Einatmungswiderstand sehr belastend und senkt die Leistungsfähigkeit. Das Problem aller Filtergeräte ist aber: Das „Leit-Atemgift“ bei Vegetationsbränden ist nach verschiedenen Studien Kohlenmonoxid, welches aber immer im Verbund mit den deutlich wahrnehmbaren Bestandteilen des Brandrauches auftritt. Filtert man diese wahrnehmbaren Bestandteile nun heraus, kann es sein, dass man unbemerkt eine hohe Dosis CO aufnimmt. Selbst Filter, die CO aus der Einatemluft neutralisieren, können dies nur über einen kurzen Zeitraum. Hier wird es sicher noch einige Entwicklungen und Forschungsprojekte geben.

Einsatzstellenhygiene

Das Thema Einsatzstellenhygiene ist bei einem lang andauernden, anstrengenden Vegetationsbrandeinsatz sehr schwierig. Kontaminationen lassen sich nicht immer vermeiden und am Ende des Tages sind Einsatzkräfte oft so erschöpft, dass sie zu umfangreichen Dekontaminationsmaßnahmen nicht bereit sind. Dem kann durch folgende Punkte Abhilfe geschafft werden:

  • Einsatzkräfte müssen sich regelmäßig (Hygienebord im Fahrzeug, Standrohr mit Wasserhahn, Reinigungstücher, etc.) waschen können, insbesondere vor der Nahrungsaufnahme
  • Einsatzkräfte müssen regelmäßig abgelöst werden. Abgelösten Einsatzkräften ist idealerweise noch vor Ort eine Duschgelegenheit und Wechselkleidung zu stellen
  • kontaminierte Einsatzkleidung ist einzusammeln (gasdichte Behälter) und umgehend einer fachgerechten Reinigung zuzuführen (umgehend deshalb, um Schimmelbildung zu vermeiden)
  • Sensibilisierung der Einsatzkräfte über die Sinnhaftigkeit einer konsequenten Einsatzstellenhygiene
  • Dokumentation der Tätigkeit bspw. durch ZED oder ähnlichem (Siehe GefStoffV § 14 Abs. 3 und 4.) Gilt auch für Mitglieder der Freiwilligen Wehren: Personen in freiwilligen Feuerwehren sind sonstige Personen nach § 2 Abs. 7 GefStoffV- Gefahrstoffverordnung.

Ausreichend Schutzkleidung für den mehrtägigen Zyklus aus Einsatz- und Ruhephasen mit den erforderlichen Logistik- und Reinigungszeiten ist notwendig.

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