Pflichtaufgabe Expositionserfassung: Kontakt mit Gefahrstoffen rechtssicher dokumentieren

Zu dem Aufgabenspektrum von Feuerwehren gehören Tätigkeiten, bei denen Einsatzkräfte mit Gefahrstoffen und zum Teil krebserregenden Stoffen in Berührung kommen. Anders als bei beispielsweise einer Schnittverletzung oder einer Rauchgasvergiftung, bei denen durch das schädigende Ereignis auch sofort die Unfallfolgen spürbar und sichtbar sind, zeigen sich die Auswirkungen von Gefahrstoffexpositionen oft erst später, teilweise sogar erst Jahre danach. Um dann einen Zusammenhang zwischen der Schädigung und dem Feuerwehrdienst herzustellen, ist eine Dokumentation erforderlich und rechtlich auch gefordert. Dieser Beitrag skizziert Wege und Möglichkeiten einer korrekten Dokumentation.

Pflichtaufgabe Expositionserfassung: Kontakt mit Gefahrstoffen rechtssicher...
Quelle: Christian Heinz / HFUK Nord

Bei gefährdendem Kontakt mit krebserzeugenden Stoffen wie z.B. polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) im Brandrauch, Benzol oder Asbest können nach längeren Zeiten (Latenzzeiten) Krebserkrankungen auftreten. Die Gefahrstoffverordnung, die auch für alle Einsatzkräfte gilt, enthält seit 2005 in § 14 die Verpflichtung, dass der Arbeitgeber ein personenbezogenes Expositionsverzeichnis über die durch krebserzeugende, keimzellmutagene oder reproduktionstoxische Gefahrstoffe der Kategorien 1A oder 1B gefährdeten Beschäftigten zu führen hat (Dokumentationspflicht). Dies gilt auch für die Trägerin des Brandschutzes in Bezug auf ihre ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen. 

Das personenbezogene Expositionsverzeichnis muss Angaben zur Höhe und Dauer der Exposition enthalten und 40 Jahre aufbewahrt werden (Archivierungspflicht). Den Beschäftigten / Versicherten sind beim Ausscheiden aus dem Betrieb (hier: Feuerwehr) die sie betreffenden Auszüge aus dem Verzeichnis auszuhändigen (Aushändigungspflicht). 

Folgende Angaben sind Bestandteil des Expositionsverzeichnisses:

  • Name und Anschrift des Unternehmens (Träger / Trägerin der Feuerwehr)
  • Persönliche Daten des/der Feuerwehrangehörigen, wie Name, Geburtsdatum (in ZED auch Rentenversicherungsnummer, wenn vorhanden)
  • Startdatum der Zugehörigkeit zur Feuerwehr (nur ZED)• Gefahrstoffe, bzw. Gefahrstoffgruppen
  • Zeitraum der Tätigkeit• Höhe der Exposition (wenn möglich)• Dauer und Häufigkeit der Exposition (Häufigkeit: z.B. Tage/Jahr – nur, wenn nicht singuläres Ereignis)
Pflichtaufgabe Expositionserfassung: Kontakt mit Gefahrstoffen rechtssicher...
Quelle: Michael Hüter / DGUV

Kostenlos nutzbar: Die ZED

Der Gesetzgeber hat in der Gefahrstoffverordnung weiterhin bestimmt, dass der Arbeitgeber die Aufbewahrungsund Aushändigungspflicht auf den zuständigen Unfallversicherungsträger übertragen kann. 

Grundsätzlich ist somit jeder Unternehmer und jede Unternehmerin frei in der Umsetzung der Dokumentation. Um die Unternehmen und somit die Städte und Gemeinden bzw. Feuerwehren zu unterstützen, haben die Unfallversicherungsträger eine Dokumentationsmöglichkeit in Form der Zentralen Expositionsdatenbank (ZED) bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) eingerichtet. 

Die ZED ist eine Datenbank zur zentralen Erfassung gegenüber krebserzeugenden Stoffen exponierter Beschäftigter. Die Datenbank ist ein kostenloses Angebot der DGUV, welches auch die Kommunen nach Einwilligung der Beschäftigten und ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen nutzen können, um ihrer Verpflichtung nach der Gefahrstoffverordnung nachzukommen, ein Expositionsverzeichnis zu führen. 

Bei der Nutzung wird die Aushändigungs- und Archivierungspflicht auf die DGUV stellvertretend für alle Unfallversicherungsträger übertragen. Für die Kommunen und somit auch für die Führungskräfte, die Beschäftigten und ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen hat das folgende Vorteile: 

  • In der ZED erfasste Personen können den Auszug über ihre Expositionshistorie schriftlich bei der ZED anfordern.
  • Die Daten sind dauerhaft gesichert und werden mindestens 40 Jahre nach Ende der Exposition aufbewahrt. 

Auf die Praxis bezogen gibt es für die Einsatzleiter im Einsatz zwei Fragen: 

Wann bzw. was muss ich dokumentieren? Und wie erfasse ich die exponierten Einsatzkräfte bereits an der Einsatzstelle? 

Auch hierfür gibt es Lösungen.

Pflichtaufgabe Expositionserfassung: Kontakt mit Gefahrstoffen rechtssicher...
Quelle: HFUK Nord

Im Folgenden wird erläutert, wann z.B. von einer mehr als geringen Gefährdung auszugehen ist, die ein Führen des Expositionsverzeichnisses notwendig macht und unter welchen Umständen möglicherweise davon ausgegangen werden kann, dass keine Pflicht zum Führen eines Expositionsverzeichnisses besteht. Bei einer mehr als geringen Gefährdung gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoffen der Kategorie 1A/1B muss eine Aufnahme in das Expositionsverzeichnis erfolgen. 

Davon ist zum Beispiel auszugehen, wenn: 

1. Feuerwehrangehörige mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoffen in Kontakt (durch Einatmen oder Hautkontakt) gekommen sind, z.B. wenn sie sich bei der Brandbekämpfung oder bei Nachlöscharbeiten in geschlossenen Räumen oder im Freien in einer Rauchschicht befunden haben und es dabei zu 

  • einer sichtbaren Beaufschlagung der persönlichen Schutzausrüstung mit Brandrauch, anderen Verbrennungsprodukten oder -rückständen, wie z.B. Ruß, gekommen ist oder 
  • zu einem Aufenthalt in einer Atmosphäre gekommen ist, in der lungengängige Fasern wie zum Beispiel Asbest durch mechanische Tätigkeiten freigesetzt wurden oder

2. die Höhe der Exposition mit einem krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoff der Kategorien 1A oder 1B nicht bekannt ist (Brandrauch enthält krebserzeugende Stoffe). 

Bei keiner oder höchstens geringer Gefährdung (gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoffen der Kat. 1A/1B) ist eine Aufnahme in das Expositionsverzeichnis nicht erforderlich.

Davon ist auszugehen, wenn: 

• auf Grund der geringen Menge und• der kurzen Expositionsdauer sowie• einer konstant günstigen Windrichtung• nur eine geringe Gefährdung besteht.

Beispiele hierfür können sein: 

  • • kleiner Brand im Freien mit geringer Rauchentwicklung (z.B. kleiner Müllbehälter, Vegetation),
  • Restlöscharbeiten oder Belüftungsmaßnamen in geschlossenen Räumen nach kleinen Bränden mit nur geringer Rauchentwicklung.

--> Es bedarf dabei immer einer Einzelfallentscheidung.

Grundsätzlich gilt: Ist die Gefährdung gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoffen der Kat. 1A oder 1B mehr als gering zu bewerten, muss nach der Gefahrstoffverordnung eine Eintragung in ein Expositionsverzeichnis erfolgen. 

Weitere Erfassungsmöglichkeit: KoAtExDokViele 

Feuerwehren haben für sich schon eine Möglichkeit entwickelt, das vorhandene Personal und auch eine Atemschutzerfassung an der Einsatzstelle durchzuführen. In der Regel erfolgt die Dokumentation noch in Papierform. Aber auch digitale Lösungen finden vermehrt Einzug. 

Die DGUV hat sich auch hier Gedanken gemacht und eine kombinierte Erfassungsmöglichkeit für Atemschutz und Exposition mit Gefahrstoffen entwickelt, die sogenannte KoAtEx-Dok, die Kombinierte Atemschutz und Expositionsdokumentation. 

Die Arbeitshilfe KoAtEx-Dok ist eine Möglichkeit, die für den Fall einer Gefährdung gegenüber krebserzeugenden Gefahrstoffen im Einsatzdienst von Feuerwehren bzw. Hilfeleistungsorganisationen, falls dort vergleichbare Tätigkeiten durchgeführt werden, notwendigen Angaben für das Expositionsverzeichnis gemeinsam mit dem Atemschutznachweis zu erfassen. Die Angaben für das Expositionsverzeichnis können z.B. in die Zentrale Expositionsdatenbank der DGUV (ZED) übertragen werden. Erfolgt diese Erfassung, Dokumentation und Aufbewahrung bereits in gleichwertiger Art und Weise, erübrigt sich die Nutzung dieser Arbeitshilfe. 

Um die Erfassung der Exposition von Feuerwehrangehörigen mit Gefahrstoffen, Brandrauch, anderen Verbrennungsprodukten, -rückständen und damit assoziierten Gefahrstoffen, Biostoffen und anderen gefährlichen Substanzen zu vereinfachen, wurden Elemente des gemäß der Feuerwehr- Dienstvorschrift 7 „Atemschutz“ (FwDV 7) zu führenden Atemschutznachweises um Informationen für ein gemäß § 14 der Gefahrstoffverordnung zu führendes Expositionsverzeichnis erweitert. Damit ist eine gemeinsame Durchführung des Atemschutznachweises sowie der Dokumentation einer Exposition möglich. 

Zu guter Letzt: Warum nicht einfach eine Unfallanzeige stellen?

Mittlerweile beinhaltet die Aufgabe einer Führungskraft auch einen erheblichen Teil an Dokumentationspflichten. So ist man vielleicht versucht, diese Dokumentation auszulagern, indem ein potentieller Kontakt mit Gefahrstoffen als Unfall an die Feuerwehr-Unfallkassen gemeldet wird – quasi als „Expositionserfassung per Unfallanzeige“. 

Das wäre allerdings nicht korrekt und funktioniert so auch nicht, da es sich hier nicht um (Arbeits-) Unfälle im Sinne des SGB VII handelt. Es sei denn, es ist unmittelbar eine Körperschädigung eingetreten. Zwar werden so gemeldete Ereignisse zur Kenntnis genommen und wenn notwendig, auch erforderliche Maßnahmen eingeleitet. Jedoch bestehen für Unfallanzeigen keine solchen Aufbewahrungsfristen, wie sie für die Dokumentation nach dem Gefahrstoffrecht herrschen. Die bloße Möglichkeit, dass in einigen Jahren ein Gesundheitsschaden auftreten könnte, reicht nicht für eine Unfallmeldung aus. Die aufgezeigten Mittel der Expositionserfassung sind deshalb die rechtssicheren Mittel der Wahl.


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