Stoff für Einsatzkräfte

Entwicklungen der Persönlichen Schutzausrüstung

Petra Reuter

Der Stoff, aus dem die Träume eines Feuerwehrmannes oder einer Feuerwehrfrau sind, sollte alles können: Den Körper vor Feuer und hohen Temperaturen schützen, bewegungsfreundlich und leicht sein, Feuchtigkeit vom Körper weg durch den Stoff nach außen leiten und Wasser von außen möglichst nicht an die Einsatzkräfte heranlassen. Sicherheitskräfte hingegen schätzen weitere Eigenschaften ihrer Kleidung, medizinische Rettungskräfte wiederum ganz andere. Welche Stoffdetails in der Vergangenheit und aktuell im Fokus von Forschung und Fertigung liegen, haben wir hier für unsere Leser zusammengestellt.

Schon zu Zeiten erster antiker Feuerwehren trugen die Einsatzkräfte, je nach Kultur, bestimmte Schutzausrüstung und Kleidung. In den frühen Anfängen der ersten organisierten Feuerwehren unserer Kultur strebten die Träger der Wehren ebenfalls nach einem einheitlichen Erscheinungsbild und Schutz für die Helfer. Auch wenn die Menschen gerade in Krisenzeiten wie Kriegs- oder Hungerphasen mit kaum mehr als der Kleidung, die sie privat am Leibe trugen, zum Einsatz eilten, verfolgte man insgesamt bis zum heutigen Standard das Ziel von Einheitlichkeit und Schutz.

Reflektierendes Material sorgt für mehr Sichtbarkeit.
Reflektierendes Material sorgt für mehr Sichtbarkeit.
Quelle: Pixabay/José Alfredo Velázquez

So entwickelten sich besonders für die in sehr unterschiedlichen Situationen rund um Retten, Bergen und Schützen eingesetzten Männer und Frauen verschiedene Anzüge je nach Einsatzregion und -situation. Von der Höhenrettungsbekleidung über die Wathose, den Chemikalien- bzw. Kontaminationsschutzanzug, Hitze- und Schnittschutzbekleidungen bis zum Tauchanzug spezialisierten sich die Feuerwehrausrüster auf den Nutzungsbedarf. Seit mehreren Jahrzehnten kommt im breiten mitteleuropäischen Einsatz dem möglichst vielfältigen vorteilhaften einfachen Schutzanzug für Feuerwehrleute die quantitativ höchste Bedeutung zu.

So vielschichtig wie die Einsatzmöglichkeiten sind heutzutage auch die Materialien, aus dem die PSA für Feuerwehrleute, Sicherheits- und Rettungskräfte geschneidert wird. Drei oder mehr Schichten schützen in verschiedenen Kombinationen und Qualitäten die Helfer in der Not und halten ihnen Schäden teilweise durch intelligente Funktionen vom Leib, von denen ihre Vorgänger noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts nicht zu träumen gewagt hätten. „Neue Stoffe mit intelligenten Zusatzfunktionen drängen auf den Markt. Schutztextilien am Körper … verfügen über Sensoren, kommunizieren, leuchten, speichern Energie oder überwachen die Körperfunktionen“, hob Dr. Klaus Jansen, Geschäftsführer des Forschungskuratoriums Textil, bereits vor sechs Jahren Möglichkeiten der Ausrüstung mit sogenannter smarter PSA hervor. In der Zwischenzeit ist die Forschung weiter fortgeschritten.

Feuerwehrleute profitieren je nach Art ihres Schutzanzugs in der unserer Zeit von besonderen Eigenschaften der äußeren Stoffschicht ihrer Kleidung. Die nämlich verdickt ihre Fasern bei Flammenkontakt blitzschnell. So wird eine Art Barriere geschaffen, damit die menschliche Haut darunter – im Vergleich zu Einsatzkleidung aus früher üblichen Standardstoffen – bedeutend weniger Hitzebelastung trifft. Für Standardeinsatzkomplexe in gemäßigten Breitengraden vorgesehene Stoffe halten teilweise über mit Luftkanälen versehenes 3-D-Gewebe in kalter Umgebung die Wärme am Körper. Zugleich sorgt ein zwischen diesen beiden Materialschichten liegender wasserdichter Stoff für Trockenheit am Körper, wenn Regen die Arbeit vor Ort erschwert.

Andere in Stoff gewebte Forschungsergebnisse warten mit speziellen Fasern und ihren ausgeklügelten Anordnungen innerhalb der gleichen Stoffschicht auf. Sie versprechen Elastizität bei gleichzeitiger Formbeständigkeit und Waschechtheit sowie das für Feuerwehrleute häufig genug Wichtigste: Schutz vor Verbrennungen. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahrzehnten ist zudem das Bewusstsein für Gesundheitsschutz durch Vermeidung schädlicher Stoffe gewachsen. So werben einige Anbieter damit, dass ihre Anzüge nicht nur höchsten Sicherheitsansprüchen genügen, sondern zusätzlich auf gesundheitsschädliche Stoffe geprüft wurden und sogar Oeko-Tex® Standard 100 erfüllen.

Schwerpunkte von Forschung und Entwicklung beschäftigen sich im Bereich Feuerwehreinsatzbekleidung weiterhin mit der Passform und dem Gewicht der Oberbekleidung. Rutscht oder scheuert ein Schutzanzug, kann er vor allem im länger andauernden Einsatzfall großen Schaden anrichten. Erschöpfung, Blasen oder aufgescheuerte Wunden sind die Folge ungünstig sitzender Kleidung oder ungeeigneter Materialien in der persönlichen Schutzausrüstung. Zunehmend rückten die Hersteller deshalb in den letzten Jahren von den ursprünglichen Standardschnitten ab und lernten von den Schnittmustern stark beanspruchter Sportbekleidung oder orientierten sich hin zu Maßanfertigungen für die perfekte Passform.

Gute Sichtbarkeit spielt als weiterer Aspekt für die Feuerwehrleute eine große Rolle. Reflektierende Streifen auf Jacken und Hosen, aber auch helle Schutzkleidung mit integrierten Reflexionsflächen sorgen mittlerweile bei Einsätzen im Straßenverkehr, in verrauchten Räumen oder in der Dunkelheit dafür, dass die Kameraden sich gegenseitig erkennen, von hilfesuchenden Personen schneller erkannt werden und von etwaigen unbeteiligten Fahrzeugführern früher gesehen werden. Standardisierte Alltagskleidung würde diese Eigenschaften bei starker Beanspruchung innerhalb kurzer Zeit durch vielfaches Waschen verlieren. Um die vorteilhaften Effekte möglichst lange zu erhalten, legt die Forschung ihr Augenmerk deshalb auch auf die Waschechtheit der Materialien. Zugleich müssen Schadstoffe und Kontaminationen, mit denen Einsatzkräfte vor allem bei Brandeinsätzen und Chemieunfällen häufig in Kontakt kommen, beim Waschen leicht aus dem Gewebe entfernt werden können.

Während die Sicherheitsaspekte bei der persönlichen Schutzausrüstung der Feuerwehr hauptsächlich auf den Schutz vor Hitze, Flammen, Wasser und mechanischen Einflüssen wie Reibung zielen, forschen Institutionen für die Polizei, Sicherheitskräfte und andere durch Übergriffe gefährdete Berufsgruppen mit anderen Schwerpunkten. Hier stehen schnittfeste Jacken ebenso im Vordergrund wie stichfeste Rucksäcke und ähnliche, den Alltag der Menschen erleichternde Details. So werden beispielsweise die Funktionsweisen mittelalterlicher Kettenhemden in Kombination mit dem Potenzial moderner Fasermischungen und Webformen in heute gut nutzbare Kleidungsstücke übertragen. Spezielle, mechanisch nicht durchlässige Materialien sind die Basis zur Herstellung besonderer Web- und Strickverfahren, in deren Ergebnis beispielsweise an aktuellen Modetrends orientierte Sommer- oder Winterjacken und weitere für den täglichen Einsatz geeignete Kleidungsstücke entstehen.

Weiterhin steht im Fokus aktueller Forschung im Textilbereich für Einsatzkräfte der Ausbau der Smarten PSA. Sie soll anhand der Aufnahme vielfältiger Daten aus der Umgebung sowie ihres Trägers reagieren und in der Lage sein, den Menschen noch besser vor den Einflüssen und Gefahren der vielfältigen Einsätze zu schützen. Stichworte sind hier Messungen von Temperatur und Herzfrequenz der PSA-Träger sowie Schadensmonitoring und Lokalisierung von Rettungskräften. 


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