Behandlung und Optimierung der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) zur Krankheitsvermeidung bei der Feuerwehr
Dennis Kuhn
In Form einer Serie beleuchten wir besondere Aspekte der persönlichen Schutzausrüstung für Einsatzkräfte. Im Folgenden befasst sich der Autor mit einem Überblick über grundsätzliche Anforderungen und Probleme der PSA von der Ausstattung bis zu ihren Eigenschaften.
Die Feuerwehren werden auf Basis der jeweils vor Ort vorhandenen Anforderungen durch die jeweilige Kommune errichtet und betrieben. Dieses beinhaltet die Ausrüstung der Einsatzkräfte mit ausreichender sowie geeigneter Persönlicher Schutzausrüstung. Für die Betrachtung der Arbeitssicherheit oder, wie es heutzutage heißt, der „Organisation von Sicherheit und Gesundheit“, gibt es verschiedene rechtliche Grundlagen aus dem staatlichen Regelwerk. Für die ehrenamtlichen Angehörigen von Feuerwehren ist die DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“ (die Unfallverhütungsvorschrift) die maßgebliche Rechtsquelle. Des Weiteren bildet sie für alle Angehörigen von Feuerwehren den Stand der Technik ab.
Gemäß Absatz 1 des § 3 „Verantwortung“ der DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“ muss die Kommune aus den zu erwartenden Anforderungen an die Einsatzkräfte sowie die sich ergebenden Gefährdungen mit geeigneten Maßnahmen die Sicherheit und Gesundheit der Einsatzkräfte sicherstellen. Als Ursachen einer Erkrankung durch nicht optimierte bzw. angemessene Benutzung von PSA kommen unter anderen folgende typische Einflüsse infrage:
- Mechanische Einwirkungen auf die Haut aufgrund schlechten Tragekomforts
- Physische Überlastung des Körpers aufgrund eines Hitzestaus
- Erkältung bzw. Infekt durch nicht den Witterungsbedingungen anpassten Kleidung
- Bakterielle Infektionen z. B. bei Flächenlagen Hochwasser
- Kontaminationen mit Gefahrstoffen z. B. im Rauchgas
Die Frage welche PSA notwendig ist, um eine Krankheitsvermeidung sicherzustellen, soll an einem Beispiel von zwei verschiedenen Kommunen aufgezeigt werden.
Beispielkommune A
Diese ist sehr verdichtet und liegt umgeben von anderen großen Städten in einem Ballungsgebiet. Die Stadt ist industriell geprägt mit ca. 100.000 Einwohnern. Ein Teilstück zweier Autobahnen, ein Kanal und ein Kraftwerk sowie weitere mittlere Industriebetriebe liegen in der Zuständigkeit der Stadt. Es gibt hauptamtliche Kräfte, der Rettungsdienst wird von hautamtlichen Kräften sichergestellt. Es gibt 7 Standorte der Freiwilligen Feuerwehr in der Kommune. Die Stärke der hauptamtlichen Kräfte liegt bei 75 Personen und zusätzlich gibt es ca. 300 ehrenamtliche Kräfte.
Hauptsächliche Einsatzszenarien für die ehrenamtlich Tätigen: kleine, mittlere und große Brandeinsätze bis hin zu Industriebränden, technische Hilfeleistungen innerorts, auf Landstraßen und Autobahnen.
Beispielkommune B
Diese ist eine Flächenkommune mit ca. 30.000 Einwohnern ohne angrenzende größere Städte. Umliegend sind große Wälder und ein großer See. Der Rettungsdienst wird über den Kreis geregelt. Die Feuerwehr hat 14 Standorte, die aufgrund der zeitlichen Anforderungen einzurichten sind. Die Einsätze werden rein von 150 ehrenamtlichen Mitgliedern der Feuerwehr absolviert.
Hauptsächliche Einsatzszenarien für die ehrenamtlich Tätigen:
kleine Brandeinsätze jeglicher Art, Sturm und Unwettereinsätze im Wald, Wald- und Flächenbrände in der Natur, First Responder Einsätze zur Unterstützung des Rettungsdienstes, technische Hilfeleistungen innerorts, auf dem Wasser.
Beim Vergleich dieser beiden Kommunen fällt auf, dass die Art der Einsätze, die Häufigkeit der Anforderungen von ehrenamtlichen Kräften und die Struktur neben dem Einsatzgeschehen unterschiedlich sind. Dies wird sich auch beim Beschaffen, Reinigen und Warten der PSA sowie in der Frage nach Ausführung und Menge der PSA widerspiegeln. Mit Blick auf die Anforderung an die „Persönliche Schutzausrüstung“ wird dies im Absatz 1 und 2 des § 14 „Persönliche Schutzausrüstungen“ der DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“ tiefergehend konkretisiert:
Zum Schutz vor Gefährdungen bei Ausbildung, Übung und Einsatz müssen geeignete persönliche Schutzausrüstungen ausgewählt und zur Verfügung gestellt werden. … Bei besonderen Gefahren müssen zusätzlich spezielle persönliche Schutzausrüstungen in ausreichender Anzahl vorhanden sein, die in Art und Anzahl auf diese Gefahren abgestimmt sind.
Zur Frage „was bedeutet geeignete persönliche Schutzausrüstung?“ gibt es bereits eine hilfreiche Information der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Die DGUV Information 205-014 „Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für Einsätze bei der Feuerwehr“ beschreibt, welche PSA für welche Einsatztypen geeignet sind. Weiterführende Informationen sind in der DGUV Information 205-020 „Feuerwehrschutzkleidung – Tipps für Beschaffer und Benutzer“ zu finden. Neben Einsatzkleidung besitzt ein Mitglied der Feuerwehr in der Regel noch Übungskleidung und eine Uniform für öffentliche Veranstaltungen. Mit diesen Kleidungsstücken werden alle Tätigkeiten in internen und öffentlichen Veranstaltungen einer Feuerwehr abgearbeitet.
In der Praxis besitzen die Angehörigen der Feuerwehren in den meisten Fällen eine einzige Einsatzkleidung. Diese besteht neben einem Helm und ein Paar Stiefeln aus einer Einsatzjacke und einer -hose. Die Einsatzkleidung ist in der Regel für die Brandbekämpfung in Innenräumen geeignet. Sie muss besondere Anforderungen für den Brandfall, beispielsweise eine Beaufschlagung von Energie, erfüllen. Diese Schutzausrüstung für die Brandbekämpfung entspricht der DIN EN 469 „Schutzkleidung für die Feuerwehr-Leistungsanforderungen für Schutzkleidung für Tätigkeiten der Feuerwehr“.
Die nach diesen Kriterien geprüften Kleidungsstücke schützen die Einsatzkraft vor Energie von außen. Der Abtransport der körpereigenen Energie wird aber materialbedingt ebenfalls gehemmt. Somit kann es unabhängig vom Einsatzgeschehen zu einer Überhitzung der Trägerin bzw. des Trägers kommen. So geschieht es beispielsweise, dass Einsatzkräfte über Stunden in Einsatzkleidungen für Brandeinsätze im Innenangriff bei hochsommerlichen Temperaturen Ölspuren beseitigen. Dies führte bereits häufig zu Kreislaufproblemen bis zur Bewusstlosigkeit, da die Wärme des Körpers in einer solchen PSA nicht gut bzw. ausreichend abgeführt werden kann. Die Anforderungen an die PSA wären in diesem Einsatzfall (Beseitigen einer Ölspur im öffentlichen Straßenverkehr) abweichend zum Brandeinsatz. Mit einer ausreichenden Sichtbarkeit bzw. Wahrnehmung im öffentlichen Verkehr gemäß DIN EN ISO 20471, einem Witterungsschutz z. B. nach DIN EN 343 gegen Wind und Wasser wären die grundsätzlichen Anforderungen an die PSA jedoch erfüllt.
Bei einer Flächenlage, wie sie im Sommer 2021 im Westen der Bundesrepublik vorlag, ist ebenfalls Einsatzkleidung für die Brandbekämpfung im Innenangriff nur bedingt geeignet. Zudem muss man sich fragen, wie lange eine Einsatzkraft Stiefel oder nasse Kleidungsstücke am Körper tragen kann und sollte. Bakterielle Entzündungen, beispielsweise Phlegmone, können bereits durch kleine Wunden und das Tragen von feuchten Stiefeln über einen gewissen Zeitraum entstehen. Entsprechende Unfallmeldungen bei den Unfallversicherern der Feuerwehren sind für das Hochwasser vom Mitte Juli 2021 bereits vorhanden.
Daraus ergibt sich eine weitere Forderung aus der DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“, die eine ausreichende Anzahl der PSA einfordert. Die zeitkritische Notwendigkeit der Verfügbarkeit der PSA ist, unabhängig von einer Flächenlage, in vielen Feuerwehren zusätzlich eine Herausforderung. Wenn PSA gereinigt oder repariert werden muss, steht diese für die Zeit der Reinigung bzw. Reparatur der Einsatzkraft nicht zur Verfügung. Dies führt dazu, dass, falls keine ausreichende Anzahl von PSA zur Verfügung steht, die Einsatzkraft für diesen Zeitraum ebenfalls nicht zur Verfügung steht. In unserem Beispiel für die Kommune B kann dieses aufgrund von einsatztaktischen Gründen zu Problemen führen. Der Transport, die Reinigung und Bereitstellung der PSA in den einzelnen Standorten oder sogar an Einsatzorten gewinnt damit immer mehr an Bedeutung.
Wenn Eignung und ausreichende Anzahl der PSA sichergestellt ist, muss, um eine Krankheitsvermeidung zu gewährleisten, die Ausbildung bzw. Einweisung zur Handhabung der PSA für jede Einsatzkraft sichergestellt sein. Die sachgerechte Handhabung der PSA erfordert Einweisungen in die grundlegenden Punkte, die mit der PSA in Beziehung stehen. Empfohlen wird besonders die Bedienungs- und Betriebsanweisung der Hersteller zu beachten. Des Weiteren sind folgende, nicht abschließende Punkte zu berücksichtigen:
- Möglichkeiten sowie Grenzen der einzelnen Teile
- bzw. der gesamten PSA
- Effekte bei Langzeitnutzung (z. B. Hitzestress,
- Feuchtigkeit, …)
- Sachgerechte Lagerung und Pflege
- Sicht- und Funktionsprüfung vor der Benutzung
- Korrektes An- und Ablegen
Es ist sinnvoll, folgende Punkte vor der Anschaffung der PSA in finanzielle und einsatztaktische Planungen miteinzubeziehen:
- Darstellung des Schutzumfanges und möglicher
- Schutzeinschränkungen
- Sachgerechte Reinigung, einschließlich Trocknung und Imprägnierung
- Dekontaminationsmöglichkeiten
- Ausmusterungskriterien, wie beispielsweise Alterungsaspekte
Innerhalb der Feuerwehr sollte eine Organisation vorhanden sein oder geschaffen werden, die sich mit Beschaffung, Reinigung und Wartung sowie Instandsetzung der PSA beschäftigt. Nutzungsdauer und -grad können durch sinnvolle Beschaffungen verlängert und verbessert werden. Somit kann ggf. durch zusätzliche Kleidung für technische Hilfeleistungen, neben einer Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit der Einsatzkräfte, eine Kostenersparnis erzielt werden. Die teurere Kleidung gemäß DIN EN 469 kann so beispielsweise durch weniger unnötige Waschzyklen länger und effizienter genutzt werden. Es ergibt sich, um das Thema PSA in Gänze darzustellen, folgendes Betrachtungsbild. Dieses erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:
Des Weiteren muss vor einem Einsatz gesichert sein, dass die vorhandene PSA geeignet ist. Eine vom Regen durchnässte Kleidung kann beispielsweise nicht bei einem Innenangriff infolge eines Wohnungsbrands verwendet werden. Ebenfalls ist Kleidung, die in einer Überschwemmungslage mehrere Stunden getragen wurde, ordnungsgemäß und geeignet zu reinigen. Aufgrund der Kontamination, beispielsweise mit Fäkalien, Benzin, Diesel oder Heizöl, ist diese unabhängig von den Kosten eventuell zu entsorgen, um Sicherheit und Gesundheit der Einsatzkräfte sicherzustellen.
Gefährdung durch Gefahrstoffe
Eine weitere Betrachtung ist die mögliche Kontaminationsverschleppung von Gefahrstoffen, beispielsweise bei Brandeinsätzen. Dort können, je nach Brandlast und -art, verschiedenste Gefahrstoffe wie Asbest oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in die PSA gelangen. Ein einsatztaktisches Konzept, um die Verschleppung über Fahrzeuge bis in Feuerwehrhäuser zu verhindern, ist notwendig. Dieser Punkt wird im Rahmen dieser Serie gesondert betrachtet.
Gefährdung durch biologische Stoffe
Mit Blick auf die Ansprüche an die PSA ist gerade in der aktuellen pandemischen Lage die Kleidung der Einsatzkräfte besonders zu betrachten. Bei Einsätzen zur Tragehilfe und zur Unterstützung des Rettungsdienstes sind Angehörige der Feuerwehren vermehrt mit Patientinnen und Patienten mit einer Covid-19-Infektion in Kontakt gekommen. Auch in weiteren Einsatzbereichen wie bei Verkehrsunfällen mit eingeklemmten Personen oder sogenannten „First Responder“ Einsätzen kommen Feuerwehrangehörige mit Körperflüssigkeiten, beispielsweise Blut, in Kontakt. In der im Sommer 2021 vorliegenden Flächenlage in NRW und Rheinland-Pfalz musste davon ausgegangen werden, dass gerade in der PSA der Einsatzkräfte verschiedene Erreger aus dem Hochwasser Krankheiten ausgelöst haben könnten.
Literatur beim Verfasser
Crisis Prevention 3/2021
Dennis Kuhn
Dipl. - Ing. (FH)
Unfallkasse NRW
Hauptabteilung Prävention
Abteilung Gesundheitsdienst, Feuerwehr, Hilfeleistung und Ehrenamt