Balance aus Humanität und Ordnung
Außen- und Innenminister der EU führen Gespräche zur Seenotrettung in Paris fort
BMI
Nachdem es den Innenministern von Deutschland, Frankreich, Italien, Malta und der finnischen Ratspräsidentschaft am 18. Juli in Helsinki auf der Grundlage eines deutsch-französischen Vorschlages gelungen ist, sich auf inhaltliche Grundpositionen und die nächsten gemeinsamen Schritte beim Thema Seenotrettung zu verständigen, wurden die Gespräche heute in Paris fortgeführt und die inhaltlichen Gemeinsamkeiten weiter ausdifferenziert.
Im Rahmen des informellen Ratstreffens der Justiz- und Innenminister in Helsinki vergangene Woche hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer das Thema auf die Tagesordnung setzen lassen und sich mit seinen Länderkollegen auf folgende Punkte verständigt:
- Wir müssen unserer humanitären Verpflichtungen gerecht werden, Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Hier ist europäische Solidarität gefragt.
- Wir brauchen einen vorübergehenden kontrollierten Notfallmechanismus für die Aufnahme und Umverteilung von aus Seenot Geretteten. Damit soll vermieden werden, dass Schiffe tage- oder wochenlang vor den europäischen Häfen liegen, bevor sie anlegen dürfen.
- Gleichzeitig müssen wir das menschenverachtende Geschäft der Schleuser mit Nachdruck bekämpfen. Dazu gehört, dass wir die Kooperation mit Drittstaaten intensivieren, um auf Verbesserungen der dortigen Situation hinzuwirken.
- Wir – und auch die NGOs – müssen darauf achten, dass wir mit unseren Maßnahmen keine neuen Anreize für illegale Migration über das Mittelmeer schaffen.
- Wer aus Seenot gerettet wurde und keinen Anspruch auf internationalen Schutz hat, muss Europa wieder verlassen und zügig zurückgeführt werden.
Bundesinnenminister Seehofer strebt mit seinen Innenministerkollegen eine Balance aus Humanität und Ordnung an. Dabei sollen die Aufnahme von aus Seenot Geretteten geregelt und zugleich sogenannte Pull-Effekte unter allen Umständen vermieden werden.
Die heutigen Gespräche der Außen- und Innenminister der EU in Paris ordnet der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Hans-Georg Engelke, wie folgt ein:
"Die Innenminister haben in Helsinki eine wichtige Grundlage für die heutigen Gespräche gelegt, bei denen wir insbesondere auch die Interessen der Mittelmeeranrainerstaaten berücksichtigen. Dies ist unabdingbar, um zu einem temporären und kontrollierten Notfallmechanismus zu kommen, der in Solidarität von möglichst vielen Mitgliedstaaten getragen wird.
Wir wollen ein pragmatisches und zügiges Verfahren, das den hauptbetroffenen Staaten ehrliche Unterstützung gibt. Wir haben uns auch deshalb heute nochmals einen weiteren Schritt den Bedürfnissen der Außengrenzstaaten angenähert. Denn eines ist klar: Solidarität bedeutet Kompromissbereitschaft.
Um eine Koalition der Willigen zu erreichen, müssen wir insbesondere im Blick behalten, dass wir das menschenverachtende Geschäft der Schleuser nicht beleben. So genannte Pull-Effekte müssen unter allen Umständen vermieden werden. Wer aus Seenot vor dem Ertrinken gerettet wurde, kann nicht auf Dauer davon ausgehen, dass er dann nach Europa kommt. Zugleich gilt: Wer in Europa angekommen ist und keinen Schutzbedarf hat, muss zügig wieder in das Heimatland zurückgeführt werden.
Auch hier ist solidarisches Handeln und europäische Unterstützung notwendig. Es ist auch klar, dass sich alle Schiffe an die internationalen, europäischen und nationalen Regeln halten müssen, darüber darf es keinen Zweifel geben. Diese Punkte habe ich heute nochmals sehr deutlich gemacht.
Die Europäische Kommission und deren Agenturen (Frontex, EASO) haben zugesichert, eine Koalition der Willigen bei der Umsetzung des Notfallmechanismus voll zu unterstützen. Die internationalen Organisationen wie IOM und UNHCR haben die Initiative begrüßt.
Das Ergebnis macht mich zuversichtlich. Das, was Bundesinnenminister Seehofer in Helsinki mit seinen Kollegen aus Frankreich, Italien, Malta und Finnland als Grundlage erarbeitet hat, wurde heute weiterentwickelt und auf eine breitere Basis gestellt. Zahlreiche Mitgliedsstaaten sind bereit, auf dieser Grundlage weiterzuarbeiten. Wenn es uns gelingt, die gemeinsame Zielsetzung durch Kompromisse und Berücksichtigung der jeweiligen Interessen weiter herauszuarbeiten, haben wir eine realistische Chance, im September in Malta eine Vereinbarung zu erzielen."