Türkisblaues Wasser, farbenfrohe Fischlein, Temperaturen wie in der Badewanne – wer beim Stichwort Tauchen an so etwas denkt, ist meilenweit entfernt vom Tauchalltag bei Feuerwehren, THW, DLRG oder der Bundeswehr. Für die Stories of INTERSCHUTZ waren wir bei einem Tauchgang der Feuerwehr Bremen dabei.
Ohne Team geht es nicht
Tauchen ist Teamarbeit. Immer zu viert geht es raus. Ein Einsatztaucher, ein Sicherungstaucher und zwei Signalmänner. Das ist Pflicht – und überlebensnotwendig. Denn Tauchen ist gefährlich. Hindernisse unter Wasser, Schlingpflanzen, alte Angelschnüre. Zudem muss mit der Ausrüstung alles stimmen.
Deshalb gilt das doppelte Sicherheitsprinzip: Der Einsatztaucher checkt genauestens das eigene Equipment. Danach kommen die Fragen seines Passmanns: Wieviel Luft ist in der Flasche? Ist die Flasche aufgedreht? Sind Messer und Blei am Mann? Und so weiter.
Erst dann geht es los mit der Arbeit. Der Klassiker: vermisste Person im Wasser. Badeunfall, Mann über Bord oder Einbruch ins Eis. Vor Ort entscheidet die Einsatzleitung, ob es um Oberflächenrettung geht oder Taucher erforderlich sind. Wenn Taucher gefragt sind, ist es oft zu spät, um noch Leben zu retten. Die Alarmierungskette ist einfach zu lang. Aufgabe der Taucher ist dann die Bergung. Dazu kommen die Einsätze der technischen Hilfeleistungen unter Wasser. Eine Leckage an einem Boot oder ähnliches.
Plattform für alle Taucher
"Die technischen Hilfeleistungen sind besonders anspruchsvoll", sagt Marcus Haacke, Lehrtaucher bei der Berufsfeuerwehr Bremen. "Da weiß man nie, worauf man sich einlässt, und muss unter Wasser kreativ werden." Gar nicht lange her, da war ein Auto in der Weser gelandet. Der Fahrer konnte sich selbst befreien. Aber das Auto musste auch noch raus.
Unter Wasser ist es kalt und dunkel. Taucher sehen mit den Händen. So suchen sie den Boden ab. Ihre einzige Orientierung: die Telefonleine, über die sie mit dem Signalmann verbunden sind. Mitten in der Nacht mussten Haacke und seine Tauchgruppe das gesunkene Auto erst einmal finden und dann unter Wasser das Hebegeschirr des Krans am Auto anschlagen.
Bis zu zehn Einsätze haben die Bremer Taucher im Monat. Dafür üben sie – und zwar im Dienst. Tauchen ist eine so genannte Nebenfunktion. Ob eine Berufsfeuerwehr eine Tauchgruppe hat, ist Entscheidung der Dienststelle. Immer mal wieder wird die Kostenfrage diskutiert – nicht nur in Bremen, sondern überall, wo es Tauchgruppen gibt. Um den Tauchern eine Lobby zu geben, hat sich 2001 deshalb die AGFFN gegründet: die Arbeitsgruppe Feuerwehrtaucher und Fachdienste Nord. Ein Zusammenschluss verschiedener Tauchergruppen aus acht Bundesländern, eine Plattform für alle Taucher – egal ob von Feuerwehren, Polizei, THW, DLRG oder anderen Hilfsorganisationen.
Haacke ist stellvertretender Sprecher der AGFFN. Gemeinsam mit AGFFN-Sprecher Jörg Unverzagt organisiert er zur INTERSCHUTZ den Auftritt des Taucher-Netzwerks in Halle 17. "Taucher werden gebraucht", sagt Unverzagt. "Tauch-Einsätze kommen nicht täglich vor, aber wenn wir es nicht machen, macht es keiner." Das ist seine Botschaft nicht nur für die Messe.
Üben, üben, üben
Geübt wird trotzdem täglich. Haacke und seine rund 30 Kollegen von der Tauchgruppe in Bremen nutzen jede Schicht für Bootstraining, Ortskunde und Übungstauchgänge in den Gewässern der Stadt Bremen – immerhin 30 Kilometer Seeschifffahrtsstraße Weser, 10 Kilometer Binnenschifffahrtsstraße Weser sowie diverse Badeseen. "Wir sind sowas wie eine zweite Familie", sagt Haacke. Der Zusammenhalt ist groß, Fluktuation gibt es kaum. Die Männer machen ihren Job mit Leidenschaft.
Feuerwehrtaucher kann im Prinzip jeder werden. Eine ärztliche Untersuchung nach Überdruckvorschrift ist Voraussetzung, genauso wie das regelmäßige Cardiotraining. Dazu kommt die psychische Eignung. Die haben Feuerwehrleute. Und trotzdem: "Es kommt immer wieder vor, dass gut trainierte, starke Kerle beim Tauchen das Handtuch werfen", so Unverzagt. "Die Maske, das dunkle, kalte Wasser, die Enge, das schwere Gerät und dann noch unerwartete Begegnungen unter Wasser mit Gegenständen oder Fischen – das kann nicht jeder haben."
Zur Ausbildung gehören neben dem Schwimmtraining das Training am Gerät, die technische Hilfeleistung unter Wasser sowie medizinische Fachkenntnisse im Bereich Tauchen. Innerhalb von zwei Jahren müssen alle Ausbildungsteile abgeschlossen sein. In Bremen dauert der Lehrgang drei Monate, drei intensive Monate. Aber auch danach geht es weiter. 10 einsatzmäßige Tauchgänge im Jahr sind Pflicht, für Lehrtaucher müssen es 15 sein.
AGFFN - Arbeitsgruppe Feuerwehrtaucher und Fachdienste Nord
Und auch hier hilft die AGFFN. Regelmäßig bietet sie Lehrgänge an – in Theorie und Praxis. Hinzu kommen die jährlichen Hauptversammlungen, bei denen sich die Taucher der unterschiedlichen Organisationen austauschen und vernetzen. Insgesamt spricht die AGFFN mehr als 250 Tauchgruppen in der nördlichen Hälfte der Bundesrepublik an. Eine feste Mitgliedschaft gibt es nicht. Das Angebot gilt für alle.
Was die Taucher leisten und wie es sich anfühlt, in Vollmontur unter Wasser zu gehen, sind die Themen der AGFFN auf der INTERSCHUTZ. Auch wenn das Tauchbecken mit dem Einsatz im dezemberkalten Badesee wenig zu tun hat – es verschafft eine Vorstellung und ganz bestimmt Respekt für die Leistung der Taucher.
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