Der Klimawandel stellt die Feuerwehren vor Herausforderungen, die durch angemessene Ausstattung an Personal, Ausbildung und Technik begegnet werden müssen. Aus Gründen des Klimaschutzes werden die Feuerwehren mit Ihrem Tun und Handeln zukünftig noch stärker als bislang den Nachhaltigkeitsgedanken verfolgen. Dabei gilt, dass die bewährte Einsatzbereitschaft und Schlagkraft von Feuerwehr-Einheiten stets gewährleistet bleiben muss.
Wissenschaftliche Bewertung des Weltklima-Rats
Der Weltklima-Rat (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen, IPCC) wurde 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) als zwischenstaatlicher Ausschuss ins Leben gerufen. Seine Berichte fußen auf einer sehr breiten und weltweiten Expertise. Aufgrund der hohen Akzeptanz stellen die Berichte für nahezu alle Staaten der Erde die Grundlage für weiteres Handeln in Sachen Klima dar. Die fünf bereits erschienenen Sachstandsberichte sind sozusagen die „Bibel der Klima-Wissenschaft“ und bilden damit eine Grundlage für die Zukunftsplanungen der Feuerwehren. Aber auch die Boulevardpresse macht auf die häufig auftretenden Extremwetterlagen mitunter sehr populistisch aufmerksam, so dass es eine hohe Sensibilisierung in der Gesellschaft für das Thema gibt.
Position des Deutschen Städtetags
Der Deutsche Städtetag vertritt die Interessen der Städte gegenüber Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat, Europäischer Union und zahlreichen Organisationen. Er vertritt unter Anderem aktiv die kommunale Selbstverwaltung. Ein aktueller Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetags bezeichnet die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel als eine weitere wichtige Zukunftsaufgabe. Die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Deutschland (AGBF) ist ein Gremium im Deutschen Städtetag. Dort findet ein reger Fachaustausch in den vielfältigen Themenbereichen der Feuerwehren statt, mithin auch zu den Herausforderungen des Klimawandels.
Der Deutsche Städtetag stellt fest, dass die Zunahme von Starkregen-Ereignissen, Hitzetagen, Tropennächten und Hitzeepisoden ein ernstes Gesundheitsrisiko für die Stadtbevölkerung darstellt. Insbesondere ältere Menschen und chronisch Kranke sind gesundheitlich durch Hitze gefährdet. Schon im Hitzesommer 2003 starben in Europa rund 70.000 Personen an den Folgen der Hitzewelle. Viele Berufsfeuerwehren sind Träger des Notfall-Rettungsdienstes. Hier spiegeln sich die heißen Tage direkt in den täglichen Einsatzzahlen wider.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der immer älter werdenden Gesellschaft und der zunehmenden Versiegelung in deutschen Städten ist davon auszugehen, dass das hitzebedingte Gesundheitsrisiko einer Stadtbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten weiter steigen wird.
Es ist zu erwarten, dass die Einsatzhäufigkeit infolge extremer Klimabedingungen weiter erheblich steigen wird.
Als Folge des Klimawandels und der daraus resultierenden Extremwetterlagen wird sich der Bedarf an Daseinsvorsorge für die betroffene Bevölkerung deutlich erhöhen. Die Strukturen des Katastrophenschutzes sind auch unter diesem Aspekt zu optimieren.
Es ist zu berücksichtigen, dass immer häufiger benachbarte Gebietskörperschaften von dem gleichen Extremwetterereignis berührt sein werden, was die gegenseitige Hilfeleistung erschweren wird bzw. unmöglich machen kann.
In diesem Zusammenhang rücken Überlegungen zur Stärkung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung in den Vordergrund. Neue Konzepte zur Einbindung von freiwilligen Spontanhelfenden bei großen Schadensereignisssen oder zur spontanen Ersthilfe in einem Unglücksfall sind aktuell Gegenstand sowohl von Forschungsvorhaben als auch in der Internationalen Normung.
Einsätze der Feuerwehren infolge Extremwetter-Ereignisse
Waldbrände
Infolge der zunehmenden Besiedelung von wald- und wiesennahen Flächen steigt die Gefahr einer möglichen Brandausbreitung von der Vegetation auf Wohnbebauung. Existiert darüber hinaus noch eine unzureichende Löschwasserversorgung oder gibt es sogenannte Feuerbrücken (Carports, Müllsammelbehälter, Schuppen, Vegetation etc.) zwischen den Gebäuden, erhöht sich das Brandrisiko in diesen Wohnlagen erheblich.
Starkregen
Im Zusammenhang mit einer gesamtstädtischen Simulation der Auswirkungen von Starkregenereignissen sollte insbesondere das Netz der Feuerwehr-Vorbehaltsstraßen auf problematische Stellen überprüft werden. Die Erfahrungen aus den zurückliegenden Starkregenereignissen zeigen, dass die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr und von Rettungsdiensten, z. B. durch nicht passierbare zentrale Unterführungen, stark eingeschränkt sein kann. Deshalb bietet sich eine Überprüfung anhand einer Simulation an. Dabei kann die Höhe des Wasserstandes ein Problem darstellen, aber auch liegengebliebene Fahrzeuge. Ergebnisse könnten zusätzliche Maßnahmen zur Sicherung von Unterführungen etc. sein.
Mit der Klimaerwärmung kann die Luft mehr Wasser aufnehmen, was die Starkregen-Wahrscheinlichkeit erhöht. Zudem führt die zunehmende Verdichtung der Städte zu mehr Versiegelung und damit zu verstärktem Regenabfluss. Die Folgen von Starkregen sind im innerstädtischen Bereich oft besonders gravierend. Regnet es so heftig, dass das der Kanalisation folgende System aus Pump- und Klärwerken das Wasser nicht mehr bewältigen kann, dann läuft mit Niederschlagswasser möglicherweise Schmutzwasser in die Gewässer über. Ebenso führen Nährstoffeinträge aus der Kanalisation zu schneller Sauerstoffzehrung und damit zu Fischsterben und Geruch.
Kälte und Schnee
Der Dauer-Schneefall 2019 in den Alpen bescherte die längste Einsatzlage der Geschichte für die Freiwillige Feuerwehr Inzell. Zwei Wochen voller Einsatz: umgestürzte Bäume auf Verkehrswegen, Dächer unter Schneelast, 370 Gebäude mit Statikern aufgrund von Schneedruck überprüft, 90 Gebäude vom Schnee befreit.
Sommer-Hitze
Im Sommer 2019 gab die Berliner Feuerwehr eine interne Anweisung für den Dienst bei extrem heißen Tagen mit bis zu 38 Grad Celsius heraus. Sie sah u. a. eine allgemeine, jedoch situationsangepasste „Marsch-Erleichterung“ vor. Im Einzelnen: das Tragen von leichter Schutzkleidung im Einsatz zur Technischen Hilfeleistung und Außenbrandbekämpfung, die Aufforderung, stark körperlich beanspruchende Einsatzübungen in den Morgenstunden durchzuführen, sowie auf eine ausreichende Getränkeversorgung und -einnahme zu achten. Außerdem wurde fallweise „hitzefrei“ für vulnerable Dienstkräfte gewährt. Über den Nachrichtendienst Twitter gab die Berliner Feuerwehr Hinweise an die Bevölkerung, wie man sich bei extremer Hitze verhalten soll.
Green thinking – Klimaschutz bei den Feuerwehren
Als Beitrag der Feuerwehren zum Klimaschutz seien folgende Aspekte im Sektor der Lösch- und Fahrzeugtechnik, sowie bei Bau und Betrieb von Feuerwehr- und Rettungsdienstgebäuden exemplarisch genannt:
- Etablierung besserer Löschmittel z. B. umweltverträgliche Schaummittel, mit denen ein schneller Löscherfolg erzielt und somit weniger Schadstoffe durch den Brand emittiert werden.
- Projekte, wie z. B. „Hybrides Elektrolöschfahrzeug für die Berliner Feuerwehr“ (eLHF) in denen die Entwicklung und eine spätere Betriebserprobung eines mit einem elektrischen Antrieb für den Fahrbetrieb und für den Betrieb der Löschtechnik ausgestatteten Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeuges erfolgt.
- Sparsamer Verbrauch der Ressourcen Wasser, Strom, Abfall
- Bau und Sanierung von Feuerwehrgebäuden, deren Gebäudetechnik (Dämmung, Heizung, Kühlung, Lüftung) nach dem aktuellen Stand der Technik ausgeführt sind, und – als positiver Nebeneffekt - dabei auch resilient gegen Extremwetterereignisse sowie auch gegen die Folgen eines möglichen großflächigen und andauernden Ausfalls der Netzstromversorgung sind.
LtdBD Dipl.-Phys. Karsten Göwecke, Berliner Feuerwehr
BR Dipl.-Ing. Thomas Knauer, Berliner Feuerwehr