Vegetationsbrände im gebirgigen (und es ist auch ausdrücklich eine hügelige Formation gemeint) Umfeld unterscheiden sich zum Teil wesentlich von Bränden in flachem Gelände. Unwegsamkeit, sehr schnelle Brandausbreitung in Folge der Topografie, zusätzliche Gefahren sowie erschwerte Wasserversorgung sind nur einige Herausforderungen, die im Einsatz zu bewältigen sind. Größere Wald- oder Vegetationsbrände in Europa haben in den letzten Jahren oft eine sehr dramatische Brandentwicklung genommen, wenn sie in gebirgigem Gelände entstanden sind.
Gefahren
Neben den allgemeinen Gefahren bei Vegetationsbränden und der sicheren Beurteilung der wichtigsten Faktoren Wind, Hangneigung und Hanglage ist vor allem die Vegetationsform und Entzündbarkeit der Brennstoffe (z.B. niedere Latschen und Buschwerk oder eng stehende hohe Fichten und Tannen) ein sehr einflussnehmender Faktor.
Bei Bränden im steilen Gelände muss aber unbedingt auf weitere Gefahren geachtet werden, da hier z.B. ein schneller Stellungswechsel oder Flucht in der Regel ausgeschlossen ist. Ein besonderes Augenmerk ist dabei zu richten auf:
- die rasche Brandentwicklung bergaufwärts
- Eingeschlossene Einsatzkräfte durch Angreifen auf der falschen Seite
- Absturzgefahr für Mannschaft und Gerät
- Steinschlaggefahr
- Runterrollen von brennendem Material – „Vektorisierung des Feuers“
- Abrutschen von Schlauch-Leitungen
- Erdrutsche oder Wegschwemmen durch Löschmittelabwürfe aus der Luft
Rasche Brandentwicklung
Durch die Hanglage oder gar fast senkrechte Wände wird das brennbare Material über dem Feuer thermisch aufbereitet, trocknet schnell aus und kann bei Nadelholz geradezu explosionsartig in Brand geraten. Zusammen mit dem Wind und je nach Brennstoff und Brandlast ist dann eine sehr schnelle Brandausbreitung zu erwarten. Bodenfeuer können sich mit Geschwindigkeiten von über 10 km/h vorwärtsbewegen und in Hanglagen gibt es immer eine rasche Entwicklung zum Kronenfeuer. In der Regel sind solche Feuer schwer zu stoppen und ein Erfolg ist meistens nur mit Luftunterstützung oder natürlichen Barrieren (z.B. Felsbänder oder Freiflächen) erreichbar.
Absturzgefahr
Arbeiten in steilem oder gar felsigem Gelände sind für die eingesetzten Kräfte mit Absturzgefahr verbunden. In der Nacht sind mögliche Absturzgefahren schlecht bis gar nicht zu erkennen. Durch Asche und Russ kann das Gelände sehr rutschig werden. Die nicht mehr vorhandene Vegetation bei „verbrannter“ Erde bietet keinen natürlichen Halt mehr. Gestein und Felsformation können brüchig und lose sein. Ein sicherer Tritt ist dann nicht mehr möglich.
Steinschlaggefahr
In steilem Gelände besteht die Gefahr von Steinschlag, der jederzeit und ohne Vorwarnung auftreten kann. Durch die Hitzebeaufschlagung von Felsen und Gesteine, können diese in ihrer Struktur verändert werden und „platzen“.
Durch das Verbrennen der Vegetation ist der natürliche Halt des Gesteines nicht mehr vorhanden und die stark ausgetrocknete Erde bietet durch Volumenverlust weniger Halt. Fallende Bäume und arbeitende Einsatzkräfte können Steinschläge spontan auslösen. Auch Wasserabwürfe können loses Material und Steine zum Rollen bringen. Dies kann im Extremfall sogar eine Mure oder Steinlawine auslösen.
Runterrollen von brennendem Material
Im steilen Gelände kann brennendes Material runterrollen und im Rücken der Einsatzkräfte ein neues Feuer auslösen. Zudem besteht die Gefahr, dass das Feuer „vektorisiert“ wird und nicht direkt unter, sondern auch neben den Einsatzkräften neue Feuer entstehen ausgelöst durch schräges Abrollen von brennbarem Material.
Abrutschen von Schlauch-Leitungen
Eine nicht zu unterschätzende Gefahr ist das Abrutschen von Versorgungs- und Druckleitungen während des Einsatzes. Eine quer zum Hang trocken verlegte Versorgungs- oder Druckleitung kann beim Befüllen plötzlich ein unerwartetes „Eigenleben“ entwickeln, indem diese abrutschen oder sehr starke Zugkräfte entwickelt, denen Stahlrohrführer nicht mehr standhalten können oder Einsatzkräfte unterhalb der Leitung gefährdet z.B. durch Einklemmen oder diese zum Absturz bringen.
Unterstützung aus der Luft
Bei Luftunterstützung durch Hubschrauber oder Flächenflieger können für die eingesetzten Einsatzkräfte im Schadengebiet zusätzliche Gefahren entstehen. Bei Löscheinsätzen aus der Luft kann der Wasserabwurf die Einsatzkräfte massiv gefährden. „Man wird nicht nur nass“. Die mechanischen Kräfte des Wassers können Verletzungen hervorrufen und es können Steine und Äste durch den Wasserabwurf herumgeschleudert werden. Bei Hubschrauber kann der „Down-Wash“ instabile Bäume oder Äste zum Fallen bringen. Ebenfalls kann das Feuer durch den zusätzlichen „Wind“ entfacht und verstärkt werden. Dieser Effekt ist an Hängen ungleich heftiger zu beobachten als in flachen Gebieten.
Beim Füllen von Wasserbehälter aus der Luft oder beim Anflug des Hubschraubers müssen die Augen der Einsatzkräfte zuverlässig geschützt werden, damit Verletzungen durch herumfliegendes “Kleinmaterial“ wie Steine, Staub, Laub usw. vermieden werden. Es sollten die Augen komplett umschließende Brillen verwendet werden. Reine Visiere am Helm sind unzureichend, da vom Boden aufgewirbeltes Material die Augen immer noch erreichen kann und immer noch Rauch die Augen belastet. Durch den Lärm des Hubschraubers in unmittelbarer Nähe wird die Kommunikation sehr erschwert oder gar unmöglich. Daher müssen eindeutige (international anerkannte) Zeichen verwendet werden. Auch beim Absetzen des Löschmittels oberhalb einer Mannschaft können kleine Erdrutsche ausgelöst werden oder durch das schnelle Abfließen des Wassers ein „Wegschwemmen“ der Mannschaft oder von Gerät ermöglicht werden. Achtung: Wege die vorher gut zu begehen oder besteigen waren sind dann plötzlich unpassierbar wie nach einem Wolkenbruch.
Taktische Ansätze und Hinweise
Erkundung
Eine Erkundung der Entwicklung des Feuers ist in gebirgigem oder schon allein in einem stark hügeligen Gebiet sehr schwierig und oft nur aus der Luft sinnvoll und zielführend. Drohnen oder das Überfliegen mit Hubschrauber sind hier sehr hilfreich.
Ohne umfassende Erkundung vor dem Einsetzen der Kräfte sind Gefahren unter Umständen nicht erkennbar und daher ist zu empfehlen möglichst frühzeitig Einsatzabschnitte zu bilden.
Brandangriff
In steilem Gelände ist ein Frontalangriff durch bodengebundene Kräfte äusserst gefährlich und durch die rasche Ausbreitungsgeschwindigkeit und Unübersichtlichkeit des Einsatzgebietes in der Regel nicht zu empfehlen und schon gar nicht durch einen Angriff oberhalb des Feuers.
Ein Flankenangriff durch bodengebundene Kräfte ist viel sicherer, wenn gewisse Grundsätze eingehalten werden. (zu empfehlen ist die Ausbildungsrichtlinie der National Wildlife Coordination Group – NWCG basiert auf dem international angewendeten Grundsatz „LCES“ für Lookout, Communication, Esacape Route, Safety Zone)
Dieser Grundsatz ist für Bodenmannschaften von existenzieller Bedeutung, um möglichst sicher arbeiten zu können. Speziell Sicherungsposten und vorher definierte Rettungswege (Fluchtwege) bzw. Sammelplätze (Sicherheitszonen) werden leider in der „Hitze des Einsatzes“ nicht oder zu wenig berücksichtigt.
Je nach Dynamik des Feuers und Rauchentwicklung ist ein direkter Angriff auf die Feuerfront aus der Luft meist nicht mehr möglich und es sollte ausnahmslos nur über die Flanken angegriffen werden, um den Löschangriff sicher durchführen zu können. Es dauert erfahrungsgemäß etwas länger und es muss auch in Kauf genommen werden, dass etwas mehr Fläche betroffen sein wird, aber man muss sich vor Augen führen, welches Risiko ein Frontalangriff bedeuten würde der nicht aus gesicherter Position (aus dem schwarzen Bereich), ohne Chance flüchten zu können, bedeuten würde.
Sicherung bei Absturzgefahr
Sobald Absturzgefahr für die Einsatzkräfte besteht, müssen geeignete Maßnahmen umgesetzt werden. Arbeiten unter diesen Umständen sind in der Regel nur bei Nachlöscharbeiten sinnvoll. Da in der Regel immer von oben gearbeitet wird, muss das Feuer eingedämmt sein. Ansonsten besteht Lebensgefahr bei kleineren Bränden oder offenen Flammen unterhalb der Abseilstelle. Arbeiten in der Nacht sollten die absolute Ausnahme sein (im Gegensatz zu Arbeiten in flachen oder mediterranen Regionen mit offener Vegetation. Hier sind die Nachttemperaturen und das bessere Erkennen von Glutnestern von Vorteil).
Die Brandbekämpfung sowie Nachlöscharbeiten in der Nacht dürfen nur nach Arbeiten tagsüber im gleichen Gebiet oder durch eine Erkundung Tagsüber durchgeführt werden. Die exakte Kenntnis aller eingesetzten Kräfte des Gebietes ist hier von entscheidender Wichtigkeit für die Sicherheit der Kräfte.
Dabei kann das aktive oder passive Abseilen angewendet werden. Arbeiten am hängenden Seil sind grundsätzlich zu vermeiden, denn ein sinnvolles und sicheres Arbeiten mit Werkzeugen ist nicht möglich. Daher immer Bodenkontakt mit beiden Beinen.
Die Anforderung an Festpunkte sollten mindestens 10 kN (= 1 Tonne Haltekraft) betragen. Dazu dienen ausreichen große Felsen, Strukturen (z.B. Klettersteigsicherungspunkte, Gipfelkreuze, Antennen- oder Hochspannungsmasten) oder Bäume (ausreichender Größe, die nicht vom Brand betroffen sind!). Es sollten keine Fahrzeuge verwendet werden. Bäume müssen gesund (nicht durch Brandgeschehen geschwächt) sein und einen Brusthöhendurchmesser (ca. 1 – 1,5 m vom Boden gemessen) von mindestens 30 cm aufweisen.
Diese Arbeiten sind auch nur durch entsprechend, ausgebildete Kräfte (Bergwacht, speziell ausgebildete Feuerwehrkräfte, Rope-Squads von @fire) durchzuführen die über entsprechendes Sicherungsmaterial verfügen. Als Seile müssen hitzebeständige Seile (z.B. aus Kevlar) verwendet werden, um einen minimalen Schutz bei vorhandenen Glutnestern zu gewähren. Bei Arbeiten mit Tools (Handwerkszeugen wie Schaufeln, Haken, Äxten, Feuerrechen oder ähnlichem) oder Kettensägen muss zwingend ein „Vorfach“ aus Stahlseil (z.B. Seilstropp) verwendet werden. Dieses muss von der Person bis zum Sicherungsseil mindestens zwei Meter lang sein.
Auch das Schuhwerk muss angepasst werden. So eignen sich Feuerwehr-Schlupfstiefel in schwierigem Gelände nicht, da sie keinen ausreichenden Halt bieten. Es sind gutsitzende Sicherheits-Schnürstiefel (im Sinne von Wanderschuhen) möglichst mit synthetischer anstelle metallischer Durchtrittsicherung vorzuziehen, da diese auf den heißen Böden schnell aufheizen und zu einer schnellen Ermüdung beitragen.
Die Gefahr sich zu verletzen ist für die Einsatzkräfte besonders groß und daher muss die Kameradenrettung aus schwierigem Gelände unbedingt als Bestandteil der Arbeitsvorbereitung und während dem Einsatz vorgesehen werden. Es muss ausreichend Sanitäts-Material, Transportkapazität und fachlich qualifiziertes Personal vorgehalten werden. Die rechtzeitige Alarmierung von Spezialkräften (wie Bergwacht, Forstfachleute u. ä.) muss durch Alarmpläne sichergestellt werden.
Sicherung bei Steinschlaggefahr
Vor Steinschlag kann man sich nur begrenzt schützen. Uneingeschränkte Helmpflicht und korrekte Persönliche Schutzkleidung sind Grundvoraussetzung. Eine Gefahrenanalyse und Erkundung vor dem Einsatz im Gefahrengebiet sind ebenfalls unerlässlich. Es muss bei der Aufteilung der Arbeitsräume auch darauf geachtet werden, dass nicht „übereinander“ gearbeitet wird, damit nicht unnötig Steinschlag ausgelöst wird.
Größte Vorsicht ist auch bei Wasserabwürfen oberhalb der Einsatzkräfte geboten. Bevor mit Nachlöscharbeiten begonnen wird, muss eventuell loses Material entfernt werden. Warnposten, die das Gebiet gut überschauen können und dann vor Steinschlag oder anderen Gefahren warnen können sind unabdingbar. Dabei muss die Kommunikation zu allen Beteiligten sichergestellt sein. Trillerpfeifen oder Hörner sind hier meist besser zur direkten schnellen Warnung für die arbeitenden Kräfte als Funkgeräte! Die Signale müssen vorher angekündigt und erklärt werden und natürlich allen Beteiligten bekannt sein.
Sicherung bei Runterrollen von brennendem Material
Auch hierzu ist ein Warnposten sinnvoll zu platzieren, der Gefahren rasch erkennt und meldet. Um Hotspots (neue Glutnester) durch runterrollendes Material zu bekämpfen, kann ein Trupp mit Kleinlöschgeräte oder besser Löschrucksäcken eingesetzt werden.
Sicherung von Schlauch-Leitungen
Ein Abrutschen von quer zum Hang liegenden Leitungen kann durch überlegtes Verlegen der Schläuche und unter Beachtung von natürlichen „Rutschhemmern“ (Felsen, Stämme usw.) unterbunden werden. Daher sollte vor Verlegen der Schläuche der Verlauf der Leitung beurteilt und „geplant“ werden. Eine Sicherung der Leitung mit Leinen oder grossen Erdnägeln, die in den Boden geschlagen werden, ist zwar möglich, aber aufwändig und nur selten machbar. Oft hilft aber bereits ein nicht direkt quer zum Hang Verlegen der Leitung. Bereits bei einem Winkel von 45 Grad zur Falllinie verringert sich die Gefahr des Abrutschens bereits erheblich.
Maßnahmen beim Einsatz von Luftfahrzeugen
Eine Brandbekämpfung aus der Luft ist eine wertvolle Unterstützung bei Vegetationsbränden und bringt in gebirgigen Regionen meistens erst den nötigen Erfolg zum Eindämmen des Feuers. Das endgültige Ablöschen bzw. Beurteilen des Löscherfolges wird aber immer nur durch bodengebundene Kräfte möglich sein.
Hubschrauber sind insbesondere bei der Erkundung von Vegetationsbränden in unwegsamen Geländen und zum Führen der Einsatzkräfte und Überwachung der Löschmaßnahmen hilfreich.
In unzugänglichen Gebieten können Helikopter auch zum Transport von Einsatzkräften, Löschgeräten und Löschwasser (Befüllen von Wasserbehälter für Nachlöscharbeiten) eingesetzt werden. kleine Löschwasser-Aussenbehälter sind so viel sinnvoller einsetzbar, wenn diese einen abgestellten Behälter mit Tragkraftspritze befüllen um dann gezielt mit Schläuchen die Brandnester abzulöschen.
Bei mehreren Hubschraubern oder Flächenfliegern im Einsatz müssen diese unbedingt koordiniert werden. Dies kann nur durch regelmäßige Übungen der örtlichen Einsatzkräfte mit den Anbietern bzw. Betreibern der Hubschrauber oder Flächenflieger sichergestellt werden. Dazu muss unbedingt auch eine Schnittstelle vom Flugbetrieb zur Feuerwehr, insbesondere durch eine einheitliche Kommunikationsstruktur garantiert sein. Es empfiehlt sich daher einen eigenen Einsatzabschnitt zu bilden.
Besonderheiten der Wasserversorgung
Die Wasserversorgung ist oft die grösste Herausforderung bei Vegetationsbränden im Gebirge. Lange Versorgungsleitungen, Aufbau von Wasserbehältern, die mittels Hubschrauber gefüllt werden, vorbereitete Wasserentnahmepunkte und eine Einsatzplanung können die deutlich erhöhten Anforderungen an die Wasserversorgung entschärfen.
Crisis Prevention 3/2022
Dipl.-Ing. Thomas Zawadke
Rothweg 41
D-89231 Neu-Ulm
E-Mail: zawadke@fftz.de