Digitalfunk BOS: Gut vorbereitet im Betrieb

Heiko Seyfferth, Julia Schaub

BDBOS, Sebastian Willke

Ein Netz – digital, sicher, bundesweit – für ALLE. Dieser Anspruch steht hinter dem Aufbau des BOS-Digitalfunknetzes. Alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in Deutschland sollen ein einheitliches, bundesweites und hochverfügbares Funknetz erhalten und dadurch den veralteten und lokal begrenzten Analogfunk ersetzen. Der Digitalfunk BOS ist eines der größten technischen Modernisierungsprojekte Deutschlands und wird gemeinsam durch Bund und Länder realisiert. Die Gesamtverantwortung liegt bei der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, kurz BDBOS.

Mittlerweile ist der Digitalfunk BOS in allen Bundesländern in Betrieb. Die Phase des Netzaufbaues wurde im Wesentlichen Ende 2014 abgeschlossen. Von den geplanten 4.500 Basisstationen an 4.300 Standorten sind derzeit 4.339 Basisstationen installiert und davon 4.330 in Betrieb und nutzbar. Damit sind aktuell mehr als 97% der Fläche der Bundesrepublik Deutschland funkversorgt. 

Lediglich topografisch schwierige Regionen, beispielweise Teile der Alpen, werden derzeit noch mit dem neuen BOS-Funk ausgestattet. Bereits über 550.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der BOS des Bundes und aus allen Ländern nutzen den Digitalfunk BOS und profitieren von den zahlreichen Vorteilen eines bundesweit einheitlichen Netzes.

Mit Aufnahme des Betriebs in der Fläche konzentrieren sich die Aufgaben der BDBOS als Netzbetreiber nun naturgemäß auf die betrieblichen Themen. Oberste Maxime ist dabei die Gewährleistung eines zu jeder Zeit stabil funktionierenden Netzes. 

Mit dem Aufwuchs der Betriebsorganisation steht daher auch die Fortschreibung des Notfallmanagements im Fokus. Denn auch die am Digitalfunk BOS beteiligten Organisationen aus Bund und Ländern müssen sich auf potentiell mögliche Not- und Krisenfälle vorbereiten.

TETRA-Digitalfunk-Handbedienteil in einem Polizeifahrzeug am Amaturenbrett
TETRA-Digitalfunk-Handbedienteil am Armaturenbrett eines Polizeifahrzeugs.
Quelle: Hubert Berberich, Wikimedia commons

Notwendigkeit eines Notfall­managements

Es sind dramatische Momente am 16. Februar 1962 in Hamburg, als der Streifenwagen „Peter 83/2“ während der katastrophalen Sturmflut versucht, mit der Einsatzzentrale in Kontakt zu treten, um eine Lagemeldung abzusetzen. Der diensthabende Beamte im Lagedienst versucht anfangs vergeblich, mit den Polizisten vor Ort die Verbindung aufrechtzuerhalten. Die Funkverbindung ist stark gestört. Dann wird die Lage in Hamburg-Finkenwerder erkennbar: Dort stehen die Häuser vollständig unter Wasser, Menschen haben sich auf die Dächer gerettet und warten auf Hilfe. Ein Hubschrauber zur Rettung der Anwohner wird dringend benötigt.

Diese Situation ist nur ein Beispiel von vielen, macht aber überdeutlich klar, wie wichtig funktionierende Kommunikationsverbindungen der Rettungskräfte für ein effektives Katastrophenmanagement zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger sind. „Die wichtigsten Führungsmittel sind die Kommunikationsmittel (früher: Fernmeldemittel)“, das geht sowohl aus der Katas­trophenschutz- als auch aus der Feuerwehrdienstvorschrift 100 zur Führung im Einsatz hervor. 

Die BDBOS stellt sich gemeinsam mit Bund und Ländern der Aufgabe, auch im Katastrophenfall die Kommunikation über das BOS-Digitalfunknetz sicherzustellen. Um für solche Krisenfälle gut vorbereitet zu sein, benötigen die BDBOS und ihre Partner ein Notfallmanagement. Ein wichtiger Aspekt hierbei sind regelmäßige Übungen.

Ziele des Notfallmanagements

Das Notfallmanagementsystem für den Digitalfunk BOS umfasst die Bereiche Prävention, Bewältigung und Nachbereitung von Notfällen. Ein Notfall entsteht, wenn ein längerer Ausfall von Prozessen und Ressourcen eintritt, der nicht innerhalb der Regelorganisation zu beherrschen ist. 

Für den Digitalfunk BOS ist also dann ein Notfall gegeben, wenn die Sicherheit und die Verfügbarkeit des Funkverkehrs bedroht sind oder die Nutzung nicht mehr für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewährleistet werden kann. Auch wenn das oberste Ziel die Aufrechterhaltung der Verfügbarkeit ist und damit die Prävention einen großen Teil des Notfallmanagements ausmacht, müssen dennoch Vorkehrungen für einen möglichen Krisenfall getroffen werden. Bei diesen Überlegungen steht die schnellstmögliche Wiederherstellung des Regelbetriebes verbunden mit der Minimierung der Auswirkungen für die Einsatzkräfte im Fokus. 

Da der Digitalfunk BOS gemeinschaftlich mit dem Bund und den Ländern betrieben wird, hat die BDBOS das Notfallmanagementsystem mit allen Akteuren umfangreich abgestimmt.

Das Notfallmanagementsystem beinhaltet ein übergreifendes Notfallkonzept, das aus mehreren Teilen besteht. Es bildet die Grundlage für die Zusammenarbeit in Fragen des Notfallmanagements zwischen Bund, Ländern und der BDBOS im Digitalfunk BOS. Für eine bundesweite Harmonisierung sind darin Vorgehensweisen und Abläufe in Krisenfällen sowie die erforderlichen Strukturen, Prozesse und Maßnahmen zur Vorbeugung und Bewältigung von Notfällen festgelegt. 

Dies dient der BDBOS als Orientierungshilfe und unterstützt die zuständigen Behörden in Bund und Ländern bei der einheitlichen Ausrichtung des eigenen Notfallmanagements. Einen Schwerpunkt bildet hierbei die Abstimmung der Kommu­nikationsstrukturen zwischen den Beteiligten.

Denn die Voraussetzung für eine effektive Krisenbewältigung ist eine eindeutige Definition von Kom­munikationswegen und Verantwortlichkeiten, damit die Krisenpläne im Krisenfall auch routiniert abgearbeitet werden können.

Damit die Beteiligten die entscheidenden Strukturen, Schnittstellen und Kommunikationspartner kennen und die Wirksamkeit der entwickelten Maßnahmen überprüfen können, muss auch jedes Notfallkonzept beübt werden.

Funkversorgung Status
Status Funkversorgung.
Quelle: BDBOS

Feuertaufe durch Notfallübungen

Nach mehreren Übungsbesprechungen jeweils unter Beteiligung eines Landes wurde im November 2014 erstmalig eine übergreifende Notfallübung als Stabsrahmenübung durchgeführt. Bei dieser wurde sowohl der Notfallstab der BDBOS als auch ein landesseitiger Notfallstab einberufen. Beide Stäbe bewältigten ganztägig unter realitätsnahen Bedingungen das Notfallszenario “Große Schadenslage durch einen großflächigen Stromausfall”. Im Rahmen der Übung übernahmen die verschiedenen Mitglieder der Stäbe ihre bestimmten Rollen und Aufgaben. 

Darüber hinaus konnten die Zusammenarbeit zwischen den beiden Stäben und damit die entscheidenden Kommunikationswege geübt werden. Die aus der Übung gewonnen Erkenntnisse wurden anschließend allen Beteiligten bei Bund und Ländern zur Verfügung gestellt. Hierzu gehört insbesondere die Feststellung, dass die bestehenden betrieblichen Abläufe bei Bund und Ländern eine solide Grundlage für die konkrete Notfallbewältigung bilden. 

Darüber hinaus trug der strukturierte Austausch zwischen den beteiligten Notfallstäben zum Erfolg der Krisenbewältigung maßgeblich bei. Mit dieser übergreifenden Notfallübung gilt das Notfallmanagement Digitalfunk BOS als etabliert.

BOS Digitalfunk ist ständig verfügbar. BSI-Sicherheitskarte die zur Nutzung des BOS-Netzes erforderlich ist.

Weiterentwicklung des Notfall­managementsystems

Die Einführung des Notfallmanagements markiert aber keinesfalls das Ende der Anstrengungen, sondern bildet vielmehr den Beginn einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Hierzu befinden sich bereits weitere Übungen in der Planung. Die Ergebnisse dieser Übungen und die weiteren Entwicklungen des Digitalfunks BOS fließen in die Fortschreibung des Notfallkonzeptes ein, stets mit dem Ziel einer optimalen Koordination von betrieblichen Maßnahmen im Ernstfall. „Unser Ziel ist es, die Verfügbarkeit und Qualität des Digitalfunks BOS durchgängig zu gewährleisten. Nur so unterstützt er effektiv und bedarfsgerecht die Einsatzkräfte bei der Krisenbewältigung. Durch unsere vielfältigen Übungen wollen wir unsere Krisenstrukturen testen und weiter optimieren“, erläutert Rolf Krost, Präsident der BDBOS.


Über die BDBOS

Die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) mit Sitz in Berlin verantwortet Aufbau, Betrieb und Weiterentwicklung des bundesweit einheitlichen digitalen Sprech- und Datenfunksystems Digitalfunk BOS. Zudem stellt sie die Funktionsfähigkeit sicher. Die Behörde wurde 2007 gegründet und gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Der Digitalfunk BOS wird von Bund und Ländern gemeinsam getragen und realisiert. 


Verwandte Artikel

Objektfunkversorgung: DIN 14024-1 – ein Sachstandsbericht

Objektfunkversorgung: DIN 14024-1 – ein Sachstandsbericht

Von der Gründung des Normausschusses im September 2017 bis zur Veröffentlichung der „DIN 14024-1 Digitale BOS Objektfunk­anlagen Teil 1: Aufbau und Betrieb“ bis zur Veröffentlichung der Norm durch den DIN e.V. hat es gut vier Jahre gedauert.

Kommunizieren mit der Technik von Reichert GmbH

Kommunizieren mit der Technik von Reichert GmbH

Die Kommunikationstechnik der Reichert GmbH wird zum Beispiel im BOS-Bereich eingesetzt. Die Produkte stellt Christian Teriet, Prokurist, im Videointerview mit dem Crisis Prevention Fachportal vor.

Experten sprechen sich im Ausschuss für Inneres und Heimat für die Vergabe der 450-MHz-Frequenzen an die BDBOS aus

Experten sprechen sich im Ausschuss für Inneres und Heimat für die Vergabe der 450-MHz-Frequenzen an die BDBOS aus

Der Bundestag hat im März 2019 erstmalig über einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Vorsorgestruktur ausbauen“ beraten. Bei der Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat diese Woche ging es auch um die 450-MHz-Frequenzen. Die...

: