Autorisierte Stelle Niedersachsen behält Oberwasser

Aufgrund sehr hoher Niederschlagsmengen im Dezember 2023 kam es um die Weihnachtszeit zu einem Hochwasserereignis in Niedersachsen, von dem weite Teile des Bundeslandes betroffen waren. Neben den tausenden Helferinnen und Helfern der Rettungs- und Katastrophenschutzorganisationen (neben dem THW vor allem Feuerwehren) und den polizeilichen Einsatzkräften, die rund um die Uhr im Einsatz waren, beschäftigte die Hochwasserlage auch die Autorisierte Stelle Digitalfunk Niedersachsen (ASDN). Ihr Hauptaugenmerk lag auf der BOS-Digitalfunk-Infrastruktur, deren Leistungsfähigkeit durch das Eindringen von Wasser bedroht war.

Autorisierte Stelle Niedersachsen behält Oberwasser
Quelle: ASDN

Ein wesentlicher Bestandteil zur Bewältigung von Einsatzlagen ist die sichere Möglichkeit der Kommunikation zwischen den Einsatzkräften. Darin liegt die Hauptaufgabe einer Autorisierten Stelle (AS): für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) eines Landes das digitale Sprech- und Datenfunksystem sowie zentrale Komponenten von Leitstellentechnologie bereitzustellen. So funktionierte auch die Krisenbewältigung während der Hochwasserlage um die Jahreswende in Niedersachsen: Der 24/7-besetzte Leitstand der ASDN beobachtete fortwährend die Kommunikationslage der zum Teil aus dem gesamten Bundesgebiet angereisten Einsatzkräfte, stellte Rufgruppen bereit und unterstützte im Bedarfsfall bei der Erstellung von Kommunikationsplänen.

Beeinträchtigung der BOS-Digitalfunk-Infrastruktur

Die enormen Wassermassen stellten eine Bedrohung für die Infrastruktur des Digitalfunks BOS dar. Dazu gehören die Basisstationen im Land, von deren Betriebsfähigkeit die Funktionsfähigkeit des Digitalfunks BOS abhängt. Bei der Errichtung der Basisstationen werden jedoch immer auch besondere Wetterereignisse berücksichtigt. Diese vorausschauende Planung seitens des Standortmanagements der ASDN bewährte sich in der Hochwasserlage. Trotz der verheerenden Wassermengen und auch der Überschwemmung von Gebieten, die bislang als vermeintlich „sicher“ galten, waren die flutbedingten Auswirkungen auf die BOS-Digitalfunk-Infrastruktur deutlich begrenzt.

Auf Basis durchgängiger Beobachtungen der Entwicklungen in den Flutgebieten gelang es der ASDN, auf mögliche Beeinträchtigungen der Infrastruktur frühzeitig zu reagieren. So mussten lediglich bei einer Basisstation Maßnahmen zur Sicherstellung der Kommunikation vor Ort ergriffen werden.

Im Fokus: die Basisstation in Sulingen

Die Basisstation in Sulingen befand sich bereits seit mehreren Tagen unter verstärkter Beobachtung, nachdem dort aufgrund der starken Regenfälle Wasser in die Station einzudringen drohte. Sicherheit für die Basisstation schafften zunächst die umgehende Alarmierung der örtlichen Feuerwehr und der Einsatz des THW. Am 03.01.2024 teilte das THW jedoch mit, dass eine weitere Sicherung der Basisstation durch den Einsatz von Pumpen nicht mehr möglich sei.

Umgehend erfolgte durch die betroffenen Fachbereiche der ASDN (Operativer Betrieb, Video- und Datenübertragungsdienst, Standortmanagement und Zugangsnetz) eine entsprechende Beurteilung der Lage sowie die Erörterung möglicher Ersatzmaßnahmen. Letztlich wurde die Entscheidung getroffen, eine satellitengestützte mobile Basisstation (Sat-mBS) einzusetzen.

Erfolgreicher Einsatz einer Sat-mBS

Nach entsprechender Vorbereitung wurde die Sat-mBS durch die Kräfte des Video- und Datenübertragungsdienstes sowie Mitarbeitende des Standortmanagements in den Einsatzraum verbracht. In Zusammenarbeit zwischen der ASDN (Leitstand und Fachbereich Zugangsnetz) und der BDBOS konnte nach Errichtung eines 40-Meter-Mastes sowie der erforderlichen Einbindung in das BOS-Digitalfunknetz die Funktion der Sat-mBS schließlich erfolgreich getestet werden. Die Basisstation Sulingen wurde vom Netz genommen und der Funkverkehr vorübergehend über die Sat-mBS abgewickelt.

Dank der vorausschauenden Planung der ASDN und des guten Zusammenspiels zwischen ASDN, BDBOS und den beteiligten BOS verlief die herausfordernde Hochwasserlage in der Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel 2023/2024 aus digitalfunktaktischer und -technischer Sicht insgesamt ohne weitere nennenswerte Probleme.

Nach dem Abfluss des Hochwassers wurde der betroffene Standort durch das Standortmanagement der ASDN hinsichtlich der Sicherheit bewertet. Im Ergebnis wurden an der Basisstation in Sulingen bauliche Veränderungen geplant, so dass bei künftigen Hochwasserereignissen die Verfügbarkeit der Basisstation gewährleistet bleibt. Diese bauliche Maßnahme, mit der in der Zwischenzeit begonnen wurde, wird nach ungefähr zwölf Monaten abgeschlossen sein.

Satellitengestützte mobile Basisstationen (Sat-mBS)

... stellen den Zugang zum BOS-Digitalfunknetz über einen Satellitenlink her und sind so, unabhängig von festen Zugangspunkten, flexibel an jedem beliebigen Ort einsetzbar. Sie bestehen aus einem Zugfahrzeug und einem Anhänger, der die gesamte Systemtechnik für den Betrieb der Sat-mBS beinhaltet. Dazu gehören im Wesentlichen ein hydraulisch abgestütztes, automatisch nivellierbares Fahrgestell sowie ein Technikcontainer mit Betriebsraum, ein ausfahrbarer Aluminiummast und eine motorgesteuerte, sich automatisch ausrichtende Satellitenantenne. Für die Einspeisung des Funkverkehrs vom Satellitenlink in das BOS-Digitalfunknetz wurde ein Vermittlungsstellenstandort in Mecklenburg-Vorpommern mit einer Satellitenkopfstation ausgestattet. Eine redundante Satellitenkopfstation befindet sich an einer Vermittlungsstelle im Saarland. Von diesen Kopfstationen aus sind die Sat-mBS mit den Vermittlungsstellen in ganz Deutschland verbunden.



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