Objektfunkversorgung: DIN 14024-1 – ein Sachstandsbericht

Arndt Linnemann

Mit Hilfe von Richtkopplern in einem Verteilsystem mit Strahlerkabel
wird das Funksignal je nach Bedarf im Objekt verteilt.

Von der Gründung des Normausschusses im September 2017 bis zur Veröffentlichung der „DIN 14024-1 Digitale BOS Objektfunk­anlagen Teil 1: Aufbau und Betrieb“ bis zur Veröffentlichung der Norm durch den DIN e.V. hat es gut vier Jahre gedauert. Ziel des ­Gremiums, das sich aus Herstellern, Errichtern, Vertretern der Feuerwehr und anderen Nutzern, Prüfsachverständigen sowie Vertretern der Bundesbehörde für den Digitalfunk (BDBOS) und Landesstellen zusammensetzt, war es, den Aufbau und Betrieb von digitalen BOS-Objektfunkanlagen weitgehend zu vereinheitlichen. Hierbei wurden weder Regelungen zum Frequenzgenehmigungsverfahren vorgenommen noch auf bauordnungsrechtliche Festlegungen Einfluss genommen.

Vielmehr steht die Beschreibung und Sicherstellung der Schutzziele einer Objektfunkversorgungsanlage (OV-Anlage) im Vordergrund. Eine digitale BOS-OV-Anlage muss die Kommunikation der Einsatzkräfte innerhalb des Objekts und von innen nach außen sowie umgekehrt sicherstellen. Die Eigensicherung der Einsatzkräfte und die Unterstützung des Einsatzauftrages müssen gewährleistet sein. Wobei die BOS untereinander kommunizieren können müssen, ohne andere BOS in der Kommunikation zu beeinflussen.

Allein aus diesen für sicherheitstechnische Anlagen selbstverständlichen Schutzzielen wurden technische Anforderungen ­formuliert, die das Erreichen dieser Schutzziele sicherstellen. Dies geschieht mit Vorgaben zum Aufbau und definierten Messungen zur Planung und Prüfung. Als Vorgaben für die Umsetzung einer OV-Anlage nach DIN 14024-1 werden Aufstellräume, verteiltes Antennensystem, Technik, durchzuführende Messungen sowie Prüfung und Wartung beschrieben.

Ein Blick zurück

Die Veröffentlichung der Norm hatte zunächst zu Verunsicherungen geführt: Umfangreichere Planungen, komplexere Anforderungen an den Aufbau, komplizierte und umfangreiche Messungen, zusätzliche Prüfungen und aufwändige Wartung führten zu einer Explosion des Zeit- und Kostenrahmens.

Insbesondere die Hochfrequenz-Messungen (HF-Messungen), die im normativen Anhang C der DIN14024-1 aufgeführt sind, sorgten bei Fachfirmen für Unmut. Die insgesamt 79 beschriebenen Messungen entlarven sich bei genauerer Betrachtung oftmals als differenzierte Auswertungen einer einzigen Messung. Darüber hinaus sind bei jedem Anlagentyp auch nicht alle Messungen durchzuführen. Bei der Planung von netzgebundenen OV-Anlagen sind die geforderten Messungen notwendig, um eine sichere Anlage zu errichten, die die Schutzziele erfüllt und keine negativen Rückwirkungen auf das digitale bundesweite TETRA-Netz hat. Im Gegensatz zur Vergangenheit, als – oftmals nur mit Bauchgefühl – schlecht geplante Objektfunkanlagen teilweise zu massiven Problemen im Netz führten oder sich verschiedene Funkrufgruppen der Einsatzkräfte im Objekt so stark gegenseitig störten, dass keine Kommunikation möglich war.

Vorteile für alle

Durch die detaillierten Messvorgaben werden Planungsfehler schneller erkannt und nach dem Motto „Umplanen ist günstiger als Umbauen“ werden Kosten gespart. Wichtig ist in dieser Hinsicht auch die Tatsache, dass der Planungs- und Errichtungsprozess transparenter wird und zu jedem Zeitpunkt die Verantwortlichkeit für Durchführung und Dokumentation der Aufgaben eindeutig ist. Wenn man nun zugrunde legt, dass eine seriös geplante Objektfunkanlage schon vor Erscheinen der DIN 14024-1 unter den beschriebenen Gesichtspunkten hätte geplant werden müssen – zur Erstellung der Norm wurde nichts Neues erdacht, sondern nur Bewährtes beschrieben – , spart die Anwendung Kosten und erhöht diese nicht. Den wesentlichen Aspekt, die Steigerung der Betriebssicherheit und Wirksamkeit der sicherheitstechnischen Anlage, gibt es folglich gratis dazu!

Es bewegt sich etwas

Inzwischen fordern einige Kommunen und zuständige Landesbehörden in ihren Merkblättern die Anwendung der DIN 14024-1. Die „Vorgaben für Planer und Errichter von digitalen BOS-Objektfunkanlagen“, welche auch als 10-Länder-Papier bezeichnet ­werden, da es die Anforderungen an die Dokumentation von BOS-Objektfunkanlagen in zehn Bundesländern beschreibt, wurde an die Norm angepasst.

Auch die Hersteller sind nicht untätig geblieben und passen inzwischen ihre Anlagenschränke an die Vorgaben aus der Norm an. Dies betrifft vor allem Mess-Tapper, Abschaltung, USV-Kapazität und Störmeldungen. Darüber hinaus werden Anlagenräume und das verteilte Antennensystem (VAS) immer häufiger normgerecht errichtet. Es zeigt sich hier, dass der zeitliche Aufwand für die vorgeschriebenen HF-Messungen, die in den Messauf­gaben im Rahmen der Errichtung und des Betriebes von digitalen BOS-­Objektfunkanlagen (MA-OV) erläutert werden, deutlich geringer ausfällt als anfänglich befürchtet. Die detaillierte normgerechte Dokumentation erleichtert die Anrechnung einer OV-Anlage nach Aufmaß und unterstützt bei der Fehlersuche im Störungsfall.

Keine Scheu

Letztlich ist die DIN14024-1 nur ein bedrucktes Stück Papier, wenn sie in der Schublade liegt und nicht angewandt wird. Dabei ist die Hürde für die anfordernden berechtigten BOS, wie Brandschutzdienststellen und Polizeien, relativ niedrig. Zur Anpassung der kommunalen Merkblätter befindet sich ein Vorschlag im Anhang der Norm, so dass nur die taktischen Ergänzungen, wie z.B. Betriebsart, zu machen sind. Im obligatorischen Konzeptgespräch werden dann die objektbezogenen Anforderungen festgelegt. Die vorgeschriebene regelmäßige Wartung mit definiertem Inhalt erhöht zudem die Wirksamkeit und Sicherheit der OV-­Anlage im Betrieb.

Eine unabhängige Prüfung, die bei einer sicherheitstechnischen Anlage selbstverständlich sein sollte, ist im normativen Anhang der DIN 14024-1 beschrieben. Es darf nicht sein, dass OV-Anlagen durch „Sachverständige“ ohne Hochfrequenz-Kenntnisse mit der Stromzange abgenommen werden. Wird eine Überprüfung der Objektfunkanlage nach DIN 14024-1 gefordert, müssen diverse validierende Messungen durchgeführt werden, die besondere HF-Fachkenntnisse erfordern und das entsprechende Messequipment voraussetzen.

Gründe für eine unabhängige Prüfung

Im Zuge der unabhängigen Prüfung durch zum Beispiel Sachverständige für BOS-Objektfunk werden die Einhaltung der Schutzziele und die Anforderungen an die OV-Anlage durch Messungen und Begutachtung überprüft. Das Vier-Augen-Prinzip erhöht die Wahrscheinlichkeit, systematische Fehler oder Messfehler zu erkennen.

Es ist wichtig, dass digitale BOS-Objektfunkversorgungsanlagen betriebssicher arbeiten und eine minimale Rückwirkung auf das bestehende BOS-TETRA-Netz haben. Im Einsatzfall muss die OV-Anlage zuverlässig arbeiten, denn die Helfer verlassen sich darauf. Die Forderung nach einer unabhängigen Überprüfung hilft, diesem Ziel ein großes Stück näher zu kommen.

Werden BOS-Sachverständige schon frühzeitig mit in das Projekt eingebunden, können prüfungsrelevante Themen baubegleitend im Rahmen der Planung mit den Planern und Errichtern erörtert werden. Vorteil dieser Vorgehensweise: Eine Änderung der Planung ist im Hinblick auf den Kosten- und Zeitfaktor günstiger als die nachträgliche Änderung der OV-Anlage.

Falsch befestigte oder verschaltete Richtkoppler können eine Fehlerquelle...
Falsch befestigte oder verschaltete Richtkoppler können eine Fehlerquelle sein, die im schlimmsten Fall zu einem Ausfall der Funkkommunikation
Quelle: alle Bilder Arndt Linnemann

Fazit

Mit der DIN140224-1 steigt die Qualität der BOS-Objektfunkan­lagen. Aufwand und Verantwortung für die Errichtung und den Betrieb von OV-Anlagen sind beschrieben. Qualifizierte Fachfirmen können sich vom Wettbewerb abgrenzen. Die Prüfung der Anlagen durch Personen mit Sachverstand ist sichergestellt. Funktionierende Anlagen schaffen Sicherheit für die Betreiber.

Für mehr Sicherheit muss nur die Anwendung der DIN 14024-1 für Planung, Aufbau, Überprüfung und Betrieb von den öffent­lichen Stellen in den kommunalen Merkblättern, Vorgaben der Landesstellen oder im Baurecht gefordert werden. 


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