Satellitenbasierte Erdbeobachtungsdaten stehen in immer größerer Zahl zur Verfügung. Täglich wächst die verfügbare Datenmenge um mehrere Terabyte an, beispielsweise durch die Sentinel-Satelliten der ESA. Durch die große Anzahl verfügbarer Aufnahmen und teils täglichen Abdeckungen eines Gebiets steigt auch der Nutzen dieser Produkte für die maritime Sicherheit.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt unter Koordination der Jacobs University Bremen im Vorhaben "BigDataCube" Möglichkeiten, die steigenden Datenmengen in "Datenwürfel" zu verwandeln, welche sich leicht und individualisierbar abfragen lassen, um für Nutzer relevante Informationen direkt zu extrahieren und mögliche Gefahrensituationen leichter erkennen zu können.
Maritimes Lagebild in Nahe-Echtzeit
Die DLR Forschungsstelle für Maritime Sicherheit in Bremen hat Prozessoren entwickelt, die aus den vom Weltall aufgenommenen Szenen vollautomatisch und wetterunabhängig ein maritimes Lagebild erstellen. Zu den gewonnenen Informationen gehören beispielsweise Wind und Seegang, die Positionen von Schiffen und Eisbergen, oder auch Ölverschmutzungen.
In der DLR-Bodenempfangsstation Neustrelitz werden hierzu die Daten der Sentinel-1-Radarsatelliten direkt nach der Aufnahme empfangen, die maritimen Produkte aus den Satellitenaufnahmen erzeugt und an Nutzer verteilt, dies geschieht in Nahe-Echtzeit binnen weniger Minuten nach der Aufnahme.
Isolierte Datensätze erschweren Datennutzung
Die erzeugten Daten basieren hierbei direkt auf einzelnen Satellitenszenen, sie haben also insbesondere die gleiche großflächige Abdeckung und stehen nur als isolierte Produkte zur Verfügung. Allerdings benötigt kaum ein Nutzer wirklich alle diese Daten - für ein Schiff in der Ostsee sind Wellenhöhen in der Nordsee nicht relevant, die Überwachung einer Fischereisperrzone in der Deutschen Bucht benötigt keine Daten vor der Küste Dänemarks.
Schon ein einzelnes Sentinel-1-Erdbeobachtungsprodukt deckt jedoch eine Fläche von zehntausenden Quadratkilometern ab - Daten, die jeder Anwender zunächst zeitaufwändig herunterladen und zuschneiden muss, bevor er daraus die gewünschten Informationen extrahieren kann. Bei einer Zeitreihenanalyse, wenn also viele Aufnahmen über einen längeren Zeitraum ausgewertet werden sollen, vervielfacht sich der zu betreibende Aufwand entsprechend.
Datenwürfel erlauben direkten Zugriff
Hier setzt das Konzept der "Datenwürfel" an. Datenwürfel sind eine drei- oder mehrdimensionale Datenstruktur, die eine schnelle und direkte Analysemöglichkeit für große Datenmengen bieten. Hierbei werden ähnlich einer Datenbankabfrage verschiedene Filter übergeben und das Ergebnis dem Benutzer in der gewünschten Form zur Verfügung gestellt - dies kann ein einzelner Wert sein ("Anteil der Beobachtungen an dieser Stelle mit Seegangshöhen unter 1,3 Meter"), eine Reihe von Werten ("Windstärke an diesem Windpark über das letzte Jahr") oder ein Teil einer Szene ("Seegangshöhen vor Norderney").
Kombinierte und bedingte Abfragen sind ebenfalls möglich ("Schiffe kürzer als 30 Meter bei Wellenhöhen über sechs Meter"). Somit kann ein Nutzer direkt die für ihn relevante Information erhalten, ohne Terabyte von Daten verarbeiten zu müssen. Hierdurch werden bestehende Hürden zur Nutzung dieser satellitenbasierten Daten gesenkt und die Nutzbarkeit der bestehenden Produkte stark erweitert.
Integration auf CODE-DE
Die DLR Forschungsstelle für Maritime Sicherheit in Bremen hat im Rahmen des Vorhabens "BigDataCube" ihre bestehenden automatischen Prozessoren für Wind und Seegang aus SAR-Aufnahmen (Synthetic Aperture Radar) zur Verwendung in Datenwürfeln angepasst. Ein Testdatensatz wurde generiert, mit dem Anfragen an den Datenwürfel getestet werden können.
Die Integration weiterer Produkte ist möglich, z.B. zur Detektion von Schiffen in Sperrzonen. Im Vorhaben wurde die in Deutschland entwickelte Datenwürfel-Technologie "rasdaman" dazu auf dem deutschen Copernicus-Datenportal CODE-DE sowie in einer kommerziellen Cloud-Umgebung installiert, um beispielhaft Analysedienste anzubieten und miteinander zu vernetzen.
Mit diesem vom DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten und von der Jacobs University Bremen koordiniertem Vorhaben soll dieses Paradigma der Datenwürfel - analysefertige raum-zeitliche Rasterdaten - vom Stadium der wissenschaftlichen Prototypen zu vorwettbewerblichen Erdbeobachtungs- und Sicherheitsdiensten vorangebracht werden.
Sicherheitsforschung im DLR
In der Sicherheitsforschung im DLR werden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mit verteidigungs- und sicherheitsrelevantem Bezug in Abstimmung mit den Partnern in Staat, Wissenschaft, Industrie und internationalen Organisationen geplant und gesteuert. Der Querschnittsbereich Sicherheitsforschung verknüpft dabei die Kernkompetenzen aus den etablierten DLR-Programmen der Luftfahrt, Raumfahrt, Energie und des Verkehrs.
Insgesamt mehr als zwanzig DLR-Institute und -Einrichtungen liefern im Rahmen ihrer sicherheitsrelevanten Arbeiten Beiträge zur Entwicklung, Erprobung und Bewertung von Technologien, Systemen und Konzepten sowie zur Analyse- und Bewertungsfähigkeit hinsichtlich sicherheitsrelevanter Anwendungen.
Falk Dambowsky
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Dr. rer. nat. Sven Jacobsen
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