Feuerwehrleute aus Europa unterstützen in Kenia und Tansania

Interschutz

beta web GmbH / Andreas Klein

Oliver Elsner ist Pressesprecher der European Fire & Rescue Support Association. Der 50-Jährige lebt in Pulheim in der Nähe von Köln. Er arbeitet seit 1998 als Feuerwehrmann im Einsatzdienst bei der Berufsfeuerwehr Düsseldorf sowie als Gastausbilder an der Feuerwehrschule Düsseldorf. Wir haben mit ihm über die Projekte in Kenia und Tansania gesprochen. 

Was mache ich in Kenia, wenn es brennt? Wo rufe ich an?

Je nach Region ist die Bevölkerung auf sich allein gestellt. Es gibt zwar in den meisten der 47 Counties eine Feuerwehr, die ist aber oft sehr schlecht ausgerüstet und ausgebildet. Außerhalb der großen Städte gibt es keine flächendeckende Löschwasserversorgung. Ein weiteres Problem ist in den ärmeren Wohnvierteln die Bauweise und der Zustand der Straßen.

Es gibt keine einheitliche Notrufnummer und auch keine zentralen Notrufleitstellen. Es besteht die Möglichkeit, die örtliche Feuerwache unter einer normalen meist zehnstelligen Amtsnummer zu erreichen. In Ballungsräumen funktionieren teilweise auch die britische Notrufnummer 999 oder die internationale 112.

Wie lange dauert es dann, bis die Feuerwehr da ist?

Das hängt immer von den örtlichen Gegebenheiten ab, vom Zustand der Fahrzeuge sowie vom infrastrukturellen und teils wetterbedingten Zustand der Straßen. Es sind oft weite Entfernungen. Und eine Hilfeleistungsfrist, vergleichbar mit unserem System, gibt es nicht. Das Zeitfenster reicht von 30 Minuten bis weit über eine Stunde.

Und wie ist das Team ausgestattet, das dann üblicherweise anrückt?

In den meisten Fällen verfügen die Einheiten nur über Basisausstattung, keine flächendeckende adäquate Schutzkleidung und die wenigsten haben Atemschutz. Spezialausrüstung fehlt oft gänzlich, aber auch die Ausbildung der Kollegen ist nicht einheitlich und sehr lückenhaft.  

Ist die Situation in Tansania ähnlich?

Ja, die Situation ist ähnlich, teilweise in Bezug auf Ausstattung und Standortdichte noch schlechter. In der nördlichen Region, wo wir mit dem European Support Team (EST) unterstützen, decken aktuell acht Feuerwehrleute ein Gebiet von 5000 Quadratkilometern ab und sind für die Sicherheit von etwa 380.000 Bewohnern zuständig - was schier unmöglich ist.

Warum ist die European Fire & Rescue Support Association in diesen beiden Ländern aktiv?

Da der Begründer und erste Vorsitzende Christian Hagedorn familiäre Bindung zu Kenia hat und er sich ein Bild über die Gegebenheiten machen konnte, gründete er das EST. Alles fing 2015 mit dem Projekt Baringo County in Kenia an. Daraufhin kamen immer mehr Anfragen, ob wir an weiteren Projekten Interesse hätten. Aktuell läuft das Projekt in Tansania seit 2018 und weitere zwei Projekte sind für Anfang 2020 in Kenia schon fest geplant.  

Wie sind Sie persönlich auf das EST aufmerksam geworden?

Ich habe eine Möglichkeit gesucht, außerhalb meiner täglichen Dienstroutine mein Wissen weiterzugeben, wo es am meisten gebraucht wird. Da ich seit über 20 Jahren mit einer Kenianerin verheiratet bin und mir selbst ein Bild über das Feuerwehrwesen in Kenia machen konnte, habe ich nach Möglichkeiten im Internet gesucht und da lag es nahe, sich im EST zu engagieren.

Was genau machen Sie in den beiden afrikanischen Ländern? 

Wir unterstützen im Rahmen von klar definierten Projekten mit der Beschaffung von meist gebrauchter, teils aber auch neuer Feuerwehrausrüstung, die wir in Deutschland sammeln. Im weiteren Verlauf fliegen nach Planung durch den jeweiligen Projektleiter aktive Kollegen - meist zu zweit - nach Afrika, um vor Ort die Kollegen auszubilden und zu trainieren. Das ganze basiert auf der Grundausbildung der Freiwillige Feuerwehr in Deutschland. 

Seit wann existiert Ihr Verband und wie viele Mitglieder haben Sie aktuell?

Das EST wurde 2017 in Osnabrück als gemeinnützige Organisation mit dem Ziel Aufbauhilfe für Feuerwehren in Afrika gegründet und hat seit 2018 seinen Vereinssitz in Freren im Emsland. Aktuell haben wir über 20 aktive und acht Fördermitglieder.

Wie viele Feuerwehren konnten Sie seitdem schon unterstützen?

Bisher Baringo County, Kenia, und die Einheit in Kayanga, Nord-Tansania. Anfang 2020 werden wir die Einheiten des Kilifi County in Kenia unterstützen und fortbilden sowie in einem weiteren Projekt die Ranger eines Naturreservats in Westkenia. 

Wie kommt der Kontakt zu den afrikanischen Feuerwehren zustande?

Inzwischen haben wir ein gutes Netzwerk über die sozialen Medien aufgebaut. Und dann läuft es noch über Mundpropaganda. Es gibt in Kenia neben uns noch eine amerikanische und eine polnische ehrenamtliche Organisation, die ähnliche Arbeit leistet wie das EST. In Tansania ist die Feuerwehr Hamburg aufgrund einer Städtepartnerschaft seit 25 Jahren aktiv.

Was vermitteln Sie den Feuerwehrleuten vor Ort?

Grundausbildung in Brandbekämpfung und technischer Hilfeleistung in Theorie und Praxis sowie Erste-Hilfe-Maßnahmen.             

Sie bringen nicht nur Know-how nach Afrika, sondern auch Fahrzeuge und Geräte. Woher bekommen Sie diese?

Fahrzeuge sind ein ganz schwieriges Thema. Da in Deutschland ausgemusterte Feuerwehrfahrzeuge öffentlich versteigert werden und jeder diese zur privaten Nutzung erwerben kann, um sie als Wohnmobil, Eventfahrzeug oder ähnliches umzubauen, gibt es für Organisationen wie das EST auch nur die Möglichkeit, diese über Spenden käuflich zu erwerben.

Geldspenden für unsere Projekte zu bekommen, ist aber sehr schwer und braucht viel Engagement und Einfallsreichtum. Mit Gerätschaften und Schutzkleidung ist es einfacher. Die bekommen wir meist durch Ausmusterung bei deutschen Feuerwehren, aber auch von namhaften Herstellern der Feuerwehrindustrie.

Sie werden sich mit dem EST auch auf der INTERSCHUTZ 2020 präsentieren. Was und wen wollen Sie mit Ihrem Auftritt erreichen?

Wir möchten unsere noch junge Organisation in Fachkreisen deutschlandweit und über die Grenzen hinaus bekannter machen. Außerdem wollen wir interessierte Kollegen überzeugen, uns aktiv oder fördernd zu unterstützen. Wir suchen auch Kollegen mit Spezialausbildungen, die sich aktiv einbringen möchten. 

Des Weiteren suchen wir den Kontakt zu Herstellern, um unser Netzwerk auszubauen, sie von der Notwendigkeit unserer fachspezifischen Entwicklungshilfe zu überzeugen und im besten Fall als Sponsoren zu gewinnen.           

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