Von der Brandbekämpfung bis hin zur technischen Hilfeleistung bei Verkehrsunfällen oder Unwetter und Naturgewalten – Feuerwehrkräfte decken heutzutage ein sehr breites Einsatzspektrum ab. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Anforderungen an ihre Persönliche Schutzbekleidung (PSA). Selbstverständlich hat dabei der Schutz der Einsatzkräfte stets oberste Priorität, doch auch der Tragekomfort der PSA nimmt einen immer höheren Stellenwert ein. Um dieser Balance gerecht zu werden, hält der Markt verschieden aufgebaute Schutzbekleidungen für die Feuerwehr bereit, die den unterschiedlichsten Bedürfnissen im Einsatz gerecht werden.
Die Membran macht den Unterschied
Schutzkleidung für Feuerwehren besteht meist drei oder vier textilen Lagen – dem Obermaterial, der auf ein Trägermaterial laminierten Membran, der thermischen Isolation und dem Innenfutter. Die thermische Isolation, laut Norm EN 469 notwendig bei Schutzkleidung Leistungsstufe 2 für Brandbekämpfung in Innenräumen oder mit Flash-Over Gefahr, schützt vor Verbrennungen und Hitzeeinwirkungen. Sie enthält Fasern oder Abstandshaltersysteme, die unzählige feine Lufteinschlüsse aufweisen und so die Wärmeleitung zum Körper dämmen. Für einen optimalen Schutz sollte die Isolation möglichst trocken bleiben – ist sie feucht oder gar durchnässt, wird die Hitzeenergie bis zu 23 mal schneller zum Körper geleitet und das Verbrennungsrisiko steigt enorm an. Davor schützt die Membran, die wasserdicht und gleichzeitig atmungsaktiv ist: Sie bildet eine wirksame Barriere gegen das Eindringen von Wasser, lässt dabei aber den Schweiß raus.
Bei einer EN 469 zugelassenen Schutzkleidung bilden Obermaterial und Innenfutter stets den Rahmen, die Anordnung der anderen Lagen können variieren. Die jeweilige Lage der Membran wirkt sich auf die Atmungsaktivität, Feuchtigkeitsaufnahme und die Rücktrocknung aus. Der gewählte Aufbau der Schutzkleidung hängt von der Risikoanalyse für den Träger ab. Erst über sie kann eine Entscheidung getroffen werden, an welcher Stelle im Lagenaufbau die Membran den höchsten Schutz im Einsatz bieten kann.
Diese Variante bietet einen starken äußeren Nässeschutz der Bekleidung. Das Trägermaterial der Membran und die Isolationsschicht bleiben auch bei viel Lösch- und Regenwasser weitgehend funktionsfähig. Das flammfeste Obermaterial kann aus einem eng gewebten, leichten Material sein, das die Bekleidung flexibler macht und auch bei starker Nässe nur geringfügig schwerer wird.
Bei diesem Aufbau saugt das Innenfutter jedoch den Schweiß auf und leitet ihn zunächst zur Isolationsschicht und dann erst zur Membran weiter, wo er nach außen verdampfen kann. Der Kühleffekt auf der Haut verringert sich, der Hitzeschutz wird geschwächt. Zudem wird die Bekleidung schwerer, wenn die thermische Isolation und das Trägermaterial nass sind und die Feuchtigkeit nicht schnell genug verdampfen kann – sie benötigt damit auch länger für die Trocknung.
Hier unterstützt die Membran eine stärkere Verdunstungskühlung und dafür sorgt, dass ein Großteil des Schweißes in Dampfform durch die übrigen Lagen nach außen entweichen kann – Pluspunkt für Tragekomfort und Hitzeschutz. Allerdings kann durch die so eingebaute Nässesperre das Trägermaterial mit Löschwasser oder Regen durchnässt werden. In diesem Fall sinkt die Atmungsaktivität ab und das Gewicht der Bekleidung nimmt zu. Um dem entgegenzuwirken kann ein eng gewebtes, wasserabweisend ausgerüstetes Obermaterial gewählt werden, allerdings nimmt dadurch die Atmungsaktivität der Bekleidung ab, sie wird zudem schwerer.
Alternativ dazu können Membran und Trägermaterial direkt nach dem Innenfutter platziert werden, also vor der thermischen Isolation. Zwar wird hier die Atmungsaktivität der Bekleidung nochmals verbessert, aber die Durchfeuchtung von Trägermaterial und Isolationsschicht noch weiter begünstigt, so dass bei nasser Bekleidung die jeweiligen Effekte auf den Tragekomfort sowie die Reduktion des Hitzeschutzes noch verstärkt werden.
Eine weitere Variante bietet die GORE-TEX CROSSTECH® PARALLON® Technologie: Sie zeichnet sich durch zwei Nässesperren, also zwei Membranen, an Innenfutter und der Außenseite aus. Damit wird die Hitzebarriere erstmals von beiden Seiten weitestgehend vor Nässe geschützt – und zwar ohne Beeinträchtigung der Atmungsaktivität. Diese Konstruktion bietet einen konstanten thermischen Schutz, eine längere Wärmedurchgangs- und Fluchtzeit, gute Atmungsaktivität, besseren Hitzeschutz, geringere Wasseraufnahme und eine kurze Rücktrocknung nach dem Einsatz.
Diese Innovation stellt in der langen Entwicklung der Schutzanzüge einen weiteren Schritt dar. Das vertiefte Wissen über die vielseitigen Wechselwirkungen von Hitzeschutz und Nässesperre dürfte künftig die Optimierung bei Material und Herstellung der Feuerwehrschutzkleidung weiter fördern.
Die verschiedenen Aufbauvarianten zeigen sehr deutlich: Die Konstruktion von PSA für Feuerwehren ist komplex – es ist daher ratsam, bei deren Beschaffung Experten hinzuzuziehen.
Crisis Prevention 1/2022
Dirk Stephan
Account Manager im Bereich Public Safety
u.a. in Deutschland und der Schweiz
Referent bei Fachsymposien als Textil- und Membranexperte, Autor von Fachpublikationen zum Thema Feuerschutzkleidung
Hermann-Oberth-Straße 22, 85640 Putzbrunn