Innenminister Peter Beuth betont Notwendigkeit moderner Polizei-Analyseplattform zum Schutz der hessischen Bürgerinnen und Bürger vor Terroristen und Schwerstkriminellen.
Wiesbaden. Hessens Innenminister Peter Beuth hat anlässlich der 2. Lesung des Gesetzes zur „Änderung sicherheitsrechtlicher Vorschriften und zur Umorganisation der hessischen Bereitschaftspolizei“ im Hessischen Landtag die Bedeutung einer modernen Analyseplattform für die Arbeit der Ermittlerinnen und Ermittler hervorgehoben. Hessen ist mit hessenDATA, welches im Jahr 2017 zum Schutz vor schwersten Straftaten eingeführt wurde, bundesweiter Vorreiter bei der modernen Verbrechensbekämpfung. Mit der jetzigen Gesetzesänderung reagiert die Hessische Landesregierung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 16. Februar 2023. Die Karlsruher Richter hatten angesichts der Unmengen an Daten, die heute bei der Polizeiarbeit anfallen, die Notwendigkeit moderner Analysewerkzeuge für die Ermittler hervorgehoben und bei ihrer Urteilsverkündung lediglich betont, dass eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der Rechtsgrundlage in Hessen bis Ende September 2023 erfolgen müsse.
„Mit hessenDATA haben wir die Polizeiarbeit in ein neues digitales Zeitalter gehoben. Während Ermittler in anderen Bundesländern über Tage und Wochen Akten wälzen und mögliche Querverbindungen aufwendig mit Textmarkern hervorheben, gibt es in Hessen bereits seit mehreren Jahren eine moderne Software, welche die Ermittlungen erheblich beschleunigt, qualitativ deutlich verbessert und zum festen Bestandteil der Arbeit unserer Ermittlerinnen und Ermittler geworden ist. Mit der gesetzlichen Anpassung können diese weiterhin große Datenmengen effizient und rasch analysieren und so die Hessinnen und Hessen bestmöglich vor schweren Straftaten oder im Bereich der organisierten Kriminalität vor Bedrohungen beschützen. Schwerstverbrecher und Terroristen machen allerdings nicht an Bundesländergrenzen halt, weshalb sich zuletzt der Verwaltungsrat der Länder und des Bundes als das polizeiliche Fachgremium für die bundesweite Einführung des Programmes ausgesprochen hatten. Es ist sehr bedauerlich, dass ausgerechnet die Bundesinnenministerin ihren Behörden aus wahlkampftaktischen Gründen das moderne Analysewerkzeug verweigert. So werden die Sicherheitsbehörden des Bundes weiter auf eine Gangsterbekämpfungs-Software warten müssen. Dies ist ein leichtfertiger Umgang mit den Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen und Bürger. Schwerste Straftaten wie Kindesmissbrauch, Clankriminalität und Terrorismus können fortan nur in den Ländern mit zeitgemäßer Technik erfolgreich und effektiv bekämpft werden“, hob Innenminister Peter Beuth im Hessischen Landtag hervor.
Bundesinnenministerin lehnte Einführung für BKA und Bundespolizei vor Landtagswahl ab
In einem gemeinsamen Vorhaben hatten sich Bund und Länder jüngst gemeinsam darauf verständigt, die Verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform, kurz „VeRA“, umzusetzen, die auf der technischen Plattform hessenDATA basiert. Trotz der hohen Bedeutung hatte das Bundesinnenministerium in der vergangenen Woche auf Fachebene und ohne Begründung mitgeteilt, dass die Leitung des BMI kein Interesse an einer solchen gemeinsamen Plattform habe.
Die Analyseplattform hessenDATA ist in Hessen seit 2017 im Einsatz und basiert auf einer eigens für die ermittlungs- und datenschutzrechtlichen Bedürfnisse der hessischen Polizei weiterentwickelten Plattform der Firma Palantir. Das Land NRW nutzt seit 2020 dieses System; Bayern hat die Einführung vorgesehen und eine Prüfung der Software durch das unabhängige Fraunhofer Institut in Auftrag gegeben, welches zum Ergebnis kam, dass ein sicherer und datenschutzrechtlich unbedenklicher Betrieb der Analyseplattform möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bei seiner Urteilsverkündung im Februar dieses Jahres betont, dass eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der Rechtsgrundlage bis Ende September 2023 erfolgen kann.
Mit der Datenanalyse-Plattform hessenDATA werden ausschließlich bereits rechtmäßig erhobene, vorhandene polizeiliche Datenbestände analysiert. So werden Zusammenhänge erkennbar und die polizeilichen Datenbanken effizient nutzbar gemacht. Eine Anbindung zum Internet gibt es nicht. Künstliche Intelligenz wird nicht angewendet und es gibt auch keinen Zugriff auf Daten aus sozialen Netzwerken. Die Daten liegen sicher auf Servern der hessischen Polizei in einem abgesicherten Rechenzentrum in Hessen, ohne die Möglichkeit des Zugriffs von außen.
Beispiele für herausragende Ermittlungserfolge dank Analyseplattform
2017 wurde die Analyseplattform hessenDATA zunächst als Pilotprojekt beim Polizeipräsidium Frankfurt am Main mit dem Ziel einer hessenweiten Nutzung eingeführt. In der Folge konnten langwierige manuelle Prozesse automatisiert und wesentlich beschleunigt werden. Der Umgang mit großen Datenmengen wurde ganzheitlich modernisiert und optimiert. Dies führte schnell zu ersten Erfolgen in der Terrorismusbekämpfung.
hessenDATA bietet bei jedem Einsatz einen Mehrwert und hat zu einer grundlegenden Optimierung der Polizeiarbeit beigetragen. Denn die Plattform setzt vor allem auf Kooperation: Polizeiliche Ermittler, Analysten und Operativkräfte können vernetzt und gemeinsam an komplexen Verfahren arbeiten, zeitnah Informationen teilen und so schneller Ermittlungserfolge erzielen.
Durch die tagtägliche Nutzung der Plattform werden regelmäßig präventive Maßnahmen ergriffen und schwere Straftaten verhindert. In den letzten fünf Jahren konnten so zahlreiche herausragende Ermittlungserfolge erzielt werden. Nachfolgend ausgewählte Beispiele bereits abgeschlossener Ermittlungsverfahren:
- Beispielsweise wurde bereits 2018 ein terroristischer Anschlag durch einen zur Tatzeit 17-jährigen Verdächtigen aus Eschwege verhindert. Mit Hilfe von hessenDATA wurden große Mengen unterschiedlicher Daten in kürzester Zeit aufbereitet und ausgewertet. Die entscheidenden Hinweise konnten so erkannt, polizeiliche Maßnahmen ergriffen und ein islamistisch motivierter Anschlag verhindert werden.
- 2020 wurden mithilfe der Analyseplattform bundeslandübergreifende Täterstrukturen im Zuge eines pädokriminellen Missbrauchskomplexes aufgeklärt. Durch hessenDATA konnten innerhalb von Minuten die entscheidenden Informationen aus riesigen Datenmengen gefunden und einer der Beteiligten identifiziert werden. Daraufhin konnten die weiteren Täter ermittelt, festgenommen und mutmaßlich die Fortführung sexueller Missbrauchshandlungen an Kindern unterbunden werden.
- Während der Ermittlungen zu einem Vermisstenfall eines 13-jährigen Mädchens konnten unter Einsatz der Plattform innerhalb kürzester Zeit Verbindungen des Mädchens zu einer männlichen Person erkannt werden. Die anschließende Festnahme des Beschuldigten führte zum Auffinden des unversehrten vermissten Mädchens im unmittelbaren Umfeld der Wohnanschrift des Tatverdächtigen.
- Auch im Vorfeld der zuletzt bundesweit erfolgten Razzien gegen Reichsbürger konnten die hessischen Ermittler dank hessenDATA das existierende Beziehungsgeflecht der beteiligten Personen rund um einen der Hauptverdächtigen in dieser Tiefe und mit der nötigen Geschwindigkeit erkennen und relevante Verbindungen darstellen. So konnten die hessischen Ermittlungen auch einen wesentlichen Beitrag zum bundesweiten Ermittlungserfolg leisten.
- Durch die Nutzung von hessenDATA konnten eine Vielzahl weiterer Erfolge während laufender operativer Maßnahmen verzeichnet werden, die ohne die Plattform nur mit deutlich höherem Aufwand, in vielen Fällen aber auch überhaupt nicht möglich gewesen wären. Hierin liegt der übergreifende Mehrwert bei Analysen und Auswertungen im Rahmen der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung.
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