Mit Salz Dunkelflauten und Lastspitzen klimaneutral überbrücken
- Gemeinsam mit Beteiligten aus Industrie und Forschung hat das DLR ein Speichersystem entwickelt, mit dem sich Schwankungen erneuerbarer Energien ausgleichen lassen.
- Die im EU-Projekt CHESTER entwickelte Carnot-Batterie kann elektrische Energie thermisch speichern und bei Bedarf Strom und Wärme liefern.
- Forscherinnen und Forscher am DLR Stuttgart haben eine Pilotanlage erfolgreich in Betrieb genommen.
- Schwerpunkte: Energie, Energiespeicher, Energieeffizienz, Klimawandel
Solarstrom bei Nacht? Windenergie ohne Wind? Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat zusammen mit Beteiligten aus Industrie und Forschung eine Speicheranlage für erneuerbare Energien aufgebaut und erfolgreich getestet. Die sogenannte Carnot-Batterie kann Strom in Form von Wärme speichern und daraus bei Bedarf wieder Strom erzeugen. Als Speichermedium dienen Nitratsalze.
Im industriellen Maßstab hat die Technologie das Potenzial, Schwankungen regenerativer Quellen auszugleichen. Damit ist sie ein weiterer Baustein für eine sichere und regelbare Versorgung mit erneuerbaren Energien.
Mit Salz erneuerbare Energien speichern
Dunkelflauten und Lastspitzen klimaneutral zu überbrücken, ist eine zentrale Herausforderung der Energiewende. Mit Hilfe von Speichersystemen lassen sich Überschüsse erneuerbarer Energien nutzen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint.
Im Forschungsprojekt CHESTER (Compressed heat energy storage for energy from renewable sources) haben die Beteiligten jetzt am DLR-Standort Stuttgart eine Carnot-Batterie in Betrieb genommen.
„Wir arbeiten daran die Technologie so zu optimieren, dass sie industriell und praxisgerecht einsetzbar wird“, erklärt Maike Johnson, die das Projekt am DLR-Institut für Technische Thermodynamik betreut.
Strom – Wärme – Strom
Das Herzstück der Carnot-Batterie ist ein vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik entwickelter Latentwärmespeicher, der mit rund zwei Kubikmetern Nitratsalzen gefüllt ist. Eine Hochtemperatur-Wärmepumpe erhitzt mit dem zu speichernden Strom das Salz auf 150 Grad Celsius.
„Latent deswegen, weil das Salz beim Erwärmen schmilzt. Ein Teil der zugeführten Heizwärme steckt scheinbar verborgen, also latent, im Lösen der Bindungen der Salzkristalle“, erläutert Maike Johnson. Je nach Salz können Latentwärmespeicher dadurch rund doppelt so viel Energie aufnehmen als Wärmespeicher ohne Schmelzvorgang.
Die typische Speicherzeit von Carnot-Batterien liegt bei einigen Stunden bis Tagen. Zum Entladen des Speichers überträgt ein zweiter Kreislauf die Wärme zu einer Wärmekraftmaschine, die eine Turbine mit Generator antreibt. Der so klimaneutral erzeugte Strom kann wieder ins Netz eingespeist werden.
Wärmeübertrager wie Schneeflocken
Das Besondere an dem DLR-Wärmespeicher sind seine Wärmeübertrager. Die vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik empirisch und rechnerisch designten Rohre verlaufen durch den Speicherbehälter. Sie haben zwei Kanäle für die Kältemittel – einen zum Aufladen, den anderen zum Entladen des Wärmespeichers. Dies ermöglicht den Betrieb mit unterschiedlichen Kältemitteln, um die verschiedenen Prozessteile des Speichersystems zu koppeln.
Für einen effizienten Energietransfer zwischen den Dampfkreisläufen und dem Salz haben die Wärmeübertrager einen rippenartigen Querschnitt, der einer Schneeflocke ähnelt. Dadurch ergibt sich für das Salz eine möglichst große Kontaktoberfläche.
Vor dem Testlauf jede Komponente einzeln geprüft
In den vergangenen Monaten haben die Forscherinnen und Forscher alle Komponenten und jeden Vorgang des Speicherzyklus einzeln getestet. Das Herausfordernde ist, die optimalen Betriebsparameter herauszufinden und einzustellen.
„Für einen stabilen Wärmeübertrag zwischen Wärmepumpe und Speicher und dann zur Wärmekraftmaschine müssen alle Komponenten zeitlich und mit der passenden Leistung zusammenspielen“, erklärt Maike Johnson. „Welche Mengen an Kühlmittel sind nötig? Wie schnell lässt sich das Salz aufheizen und abkühlen? Welche Leistung können wir aus dem Speicher herausholen?“
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erproben nun unterschiedliche Lastszenarien, Wärmeflüsse und Temperaturverläufe, um die Systemgrenzen auszuloten. Bei größeren Anlagen spielen vor allem Wärmeverluste und unterschiedliche Betriebszustände eine Rolle. Mit der Pilotanlage wird dies bereits im Forschungsstadium untersucht.
„Carnot-Batterien haben das Potenzial für einen flächendeckenden Einsatz in einer nachhaltigen Energiewirtschaft. Wir erwarten, dass industriefähige Systeme in rund zehn Jahren am Markt verfügbar sind. Diese sind dann für längere Speicherzeiten und Leistungen von mehreren Megawatt ausgelegt“, erklärt Dr. Andrea Gutierrez, Leiterin der Fachgruppe Thermische Speicher mit Phasenwechsel am DLR-Institut für Technische Thermodynamik.
Carnot-Batterien für die Sektorenkopplung
Ein großer Vorteil von Carnot-Batterien ist, dass sie gleichzeitig Strom und Wärme liefern können. In der Sektorenkopplung lassen sie sich leicht mit anderen Energiesystemen verbinden. Dies ist besonders für die Industrie interessant. Die gespeicherte Wärme ist in vielen Industrieprozessen direkt nutzbar. In Verbindung mit saisonalen Wärmespeichern können sie Wärmeenergie über Monate halten.
Die Größe, Kapazität und das Energiemanagement von Carnot-Batterien können an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden. Damit eignen sie sich beispielsweise auch für das sogenannte Smart District Heating. Das sind lokale Strom- und Wärmenetze in der Umgebung der Speicheranlage, die Wohnsiedlungen oder Büroparks mit Energie versorgen.