Schutz Kritischer Infrastrukturen durch private ­Sicherheitsunternehmen

Silke Wollmann

BDFW

Der Schutz Kritischer Infrastrukturen – zu denen, neben den klassischen Infrastrukturen, wie Verkehr, Transport und Luftfahrt – unter anderem auch die Energiewirtschaft und der IT-Sektor gehören, beschreibt eine der zentralen Aufgaben von Staat und Wirtschaft. Den unterschiedlichen zu schützenden Bereichen entsprechend, sind auch die Schutzziele, die möglichen Bedrohungsszenarien und vor allem auch die Wahl der Mittel zu deren Abwehr höchst unterschiedlich. Der Schutz eines Solarparks unterscheidet sich grundlegend vom Schutz im öffentlichen Nahverkehr oder des Finanz- und Versicherungswesens. 

Unabhängig davon ist das oberste Schutzziel die uneingeschränkte und optimale Funktionalität beziehungswiese Verfügbarkeit der Kritischen Infrastrukturen sowie der Schutz vor Angriffen, Zerstörung oder Ausspähung. Das Bundesministerium des Innern (BMI) definiert diese Kritischen Infrastrukturen als „Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“ Je gravierender die Schadensauswirkungen eines Ausfalls, desto Kritischer die Infrastruktur. 

Warum übernehmen private Sicherheitsunternehmen eine der zentralen Aufgaben von Staat und Wirtschaft? Die Verantwortlichkeit des Betreibers ist hier maßgeblich. Unabhängig von der grundlegenden Verantwortlichkeit des Staates zur Daseinsvorsorge und zur Gewährleistung der für die Daseinsvorsorge notwendigen Infrastrukturen ist der Betreiber primär für den Schutz seiner Kritischen Infrastruktur verantwortlich. In Deutschland werden beispielsweise weit mehr als die Hälfte aller Kritischen Infrastrukturen privat betrieben. 

Die Verantwortung des Betreibers ergibt sich unabhängig von normativen Regelungen aus dem Verursacherprinzip ebenso wie aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Für einige Bereiche gibt es Einzelgesetze, in denen die Betreiberverantwortlichkeit festgeschrieben ist, so zum Beispiel für Luftfahrtunternehmen und Flughafenbetreiber im Luftverkehrsgesetz und im Luftsicherheitsgesetz, für die Betreiber von Eisenbahnen und Schienenwegen im Eisenbahngesetz, für die Betreiber von Anlagen, in den gefährliche Stoffe gelagert oder verarbeitet werden, in der Störfallverordnung und für die Betreiber von Anlagen mit Kernbrennstoffen im Atomgesetz. All diese Kritischen Infrastrukturen müssen geschützt werden. 

verschiedene Ansichten bei der Videoüberwachung Außenbereich wird mit einer Videoüberwachung geschützt

An dieser Stelle kommt das private Sicherheitsgewerbe ins Spiel. Denn vielfach beauftragt der Betreiber ein privates Sicherheitsunternehmen mit dem Schutz einer Kritischen Infrastruktur oder Teilbereichen dessen. In Bereichen in denen der Staat verantwortlich ist, kann die staatliche Zuständigkeit, wie zum Beispiel an den deutschen Verkehrsflughäfen, auf private Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter übertragen werden – diese sind dann beliehen und führen die Aufgabe gemeinsam mit der Bundespolizei aus. 

Das Schutzniveau Kritischer Infrastrukturen muss in der Regel dauerhaft aufrechterhalten werden – was eine Überwachung an sieben Tagen der Woche, rund um die Uhr erfordert. Zu den durch das BMI aufgelisteten Schutzmaßnahmen Kritischer Infrastrukturen gehört neben überwachten Umzäunungen, Torkontrollen, Streifengänge auch die Videoüberwachung. 

Um in den Kritischen Infrastrukturen optimal und zuverlässig agieren zu können, wird neben den angesprochenen mechanischen Sicherheitseinrichtungen, wie Umzäunungen, und den Sicherheitsmitarbeitern mehr und mehr Sicherheitstechnik eingesetzt – von der Videoüberwachung über Bewegungs- und Geräuschmelder, Nachtsichtgeräten bis zu Wärmebildkameras und Körperscannern. 

Das Beispiel der Videoüberwachung macht den Trend zur Technisierung der Sicherheit für Kritische Infrastrukturen deutlich: egal ob bei der Perimeter-Sicherheit zur Bewachung von Solarparks, Gesichtserkennung durch Videoanlagen oder großflächiger Videoüberwachung von Großveranstaltungen und im öffentlichen Raum. Videoüberwachung kommt immer häufiger zum Einsatz um den Schutz der Kritischen Infrastrukturen zu optimieren. 

Die technischen Voraussetzungen sind oftmals gegeben, um eine optimale Überwachung zu gewährleisten. Grundsätzliche Faktoren der Nutzung von Videotechnik spiegeln sich aber beispielsweise auch in formellen Ansätzen wieder, wie etwa der vollständig überarbeiteten DIN EN 50132-7, in der Anwendungsregeln für Videoüberwachungsanlagen definiert werden. Diese ist häufig wichtiger Bestandteil von Ausschreibungen und Bauprojekten für Bereiche Kritischer Infrastrukturen. 

Seit dem 18. Juni 2015 sind die neuen Bestimmungen verbindlich einzuhalten. Die Neufassung der Norm trägt den technischen Innovationen im Bereich der Videoüberwachung Rechnung. Sie berücksichtigt den wegweisenden Wandel von analoger zu digitaler Videotechnik, die generelle Verbesserung der Bildqualität und die neuen CCTV-Standards. Die stetig steigende Leistungsfähigkeit der Technik optimiert die Nutzbarkeit für die Sicherheitsunternehmen und Betreiber der Einrichtungen.

Flughafen Sicherheitskontrolle Zutrittssicherung

Zu den technischen Möglichkeiten der Überwachung zum Schutz Kritischer Infrastrukturen gehört auch der Datenschutz. Insbesondere der Informationsschutz, im Sinne schutzwürdiger Betriebsgeheimnisse aber auch des personenbezogenen Datenschutzes, ist ein sehr aktuelles und viel beachtetes Thema. Videoüberwachte Kernkraftwerke, Firmengebäude oder Lagerhallen sind bereits als „normal“ zu bezeichnen. Wie an Bahnhöfe, Flughäfen oder Einkaufspassagen auch gehören Videokameras immer häufiger zum öffentlichen Leben und vor allem zum Schutz der Kritischen Infrastrukturen. 

Unternehmens- und bereichsintern findet ein ähnlicher Überwachungsprozess von Abläufen und Vorgängen statt. Allerdings wird der Datenschutz bisher vor allem in den meisten deutschen Unternehmen gesetzesorientiert bürokratisch organisiert. Wenn man ihn auf das Schutzziel orientiert anginge, würde er in vielen Fällen ganz anders aussehen. Denn er liefert Datensicherung und Datensicherheit als „Neben“-Produkt und trägt auch zum Schutz von Betriebsgeheimnissen bei. 

An dieser Stelle kommt ebenfalls die private Sicherheit ins Spiel. So findet zum Beispiel eine Aufschaltung der Sicherheits­technik auf die Systeme einer Notruf-Service-Leitstelle für viele sicherheitsrelevante Bereiche statt. Von hier aus wird sowohl die Übertragung aller Arten von Alarmen, wie bei Bränden oder Einbrüchen, als auch Personenhilferufe oder die Zutrittskontrolle durch die Übertragung ausgewertet und weiter bearbeitet. Im Bereich der Kritischen Infrastrukturen werden zudem maßgeblich sicherheitsrelevante Meldungen, wie zum Beispiel Störungsmeldungen und Zustandsmeldungen erfasst.

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