Mit dem Digitalfunk BOS steht den Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehren und Hilfsorganisationen ein modernes und vielseitiges Kommunikationsmittel zur Verfügung. Es ermöglicht eine organisationsübergreifende und bundesweite Verständigung und vereinfacht die Durchführung komplexer Einsatzszenarien. Damit unterstützt die Digitalfunktechnik eine schnelle und verlässliche Hilfe in Not- und Katastrophenfällen für alle Bürgerinnen und Bürger.
In Bayern wurde das Netz für den Digitalfunk BOS Ende 2015 flächendeckend in Betrieb genommen und steht seit Anfang 2016 allen bayerischen BOS zur Verfügung. Gegenwärtig sind über 150.000 Endgeräte der bayerischen Teilnehmer registriert.
Die Autorisierte Stelle Bayern bildet das Kompetenzzentrum für den Digitalfunk aller Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in Bayern und ist für die Bereitstellung der Digitalfunkdienste für alle Nutzer der BOS in Bayern zuständig. Hier wird an 365 Tagen rund um die Uhr der Betrieb des BOS-Digitalfunknetzes in Bayern überwacht und bei Beeinträchtigungen sofort für Abhilfe gesorgt. Außerdem wird kontinuierlich an der Optimierung der flächendeckenden Funkversorgung gearbeitet, denn gerade in einem Flächenland wie Bayern mit Bergen, Tälern und großen Waldgebieten, stellt dies eine kontinuierliche Herausforderung dar.
Absicherung im Notfall
Die Basisstationen des Digitalfunks BOS sind untereinander durch das sog. Zugangsnetz verbunden, das auch die Verbindung zu den Vermittlungsstellen des Bundes bildet. Wird diese Verbindung unterbrochen, stellt dies zwar eine Beeinträchtigung dar, das führt allerdings nicht zum Wegfall der Kommunikationsverbindungen.
In Funkzellen ohne Zugangsnetzanbindung ist dennoch die Kommunikation im Versorgungsbereich der jeweiligen Zelle möglich (der sog. Fallback-Modus), aber in der Regel ist die Erreichbarkeit der Leitstelle nicht mehr gewährleistet. Unabhängig davon ist stets auch die Nutzung der Direktverbindung im netzungebundenen Modus (Direct Mode Operation, DMO) möglich. In diesem Fall findet die unmittelbare Kommunikation der Einsatzkräfte vor Ort von Funkgerät zu Funkgerät ohne Basisstation statt.
Vor allem in Krisen- und Katastrophenlagen ist es unabdingbar, dass die Kommunikationsmöglichkeit für die Einsatzkräfte der BOS gewährleistet bleibt. Eine grundsätzliche Forderung an den Digitalfunk BOS besteht deshalb darin, die Funktionsfähigkeit der Standorte auch bei einem Ausfall der elektrischen Energieversorgung zu sichern.
Die Notstromversorgung für die Systemtechnik der Basisstationen wird über eine batteriegestützte unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) realisiert. Grundsätzlich gewährleisten diese Batterien bei Ausfall des Versorgungsnetzes einen Betrieb von mindestens zwei Stunden. Überschreitet die Dauer des Stromausfalles die Überbrückungszeit der USV, übernimmt eine Netzersatzanlage (NEA) den weiteren Betrieb. In Bayern werden derzeit alle Basisstationen des Digitalfunks BOS auf Grundlage eines Ministerratsbeschlusses gegen langandauernden Stromausfall gehärtet. Zum Einsatz kommt in den meisten Fällen die umweltschonende und moderne Brennstoffzellentechnik.
Ergänzend soll das Zugangsnetz in Bayern aufgrund eines Beschlusses des Ministerrats von 2018 in die Hoheit des Freistaats Bayern überführt werden. Damit kann die Streckenführung und die Art der Anbindung von der Autorisierten Stelle Bayern vorgegeben und die Netzüberwachung selbst durchgeführt werden. Ziel ist eine größere Robustheit der Netzanbindung gegen Ausfälle jeder Art. Das heutige Zugangsnetz für den Digitalfunk BOS in Bayern wird durch einen kommerziellen Betreiber bereitgestellt. Eine Härtung der Übertragungsstrecken ist damit in unterschiedlichem Ausmaß und nicht durchgängig für 72 Stunden gegeben. Für das neue Zugangsnetz in eigener Netzhoheit wird eine durchgängige Härtung aller Übertragungsstrecken gegen Stromausfälle für 72 Stunden angestrebt.
Zur Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit und zur Sicherstellung des störungsfreien Betriebes der Digitalfunk BOS Standorte in Bayern wurden mit Generalunternehmern und der für die Alpinstandorte zuständigen Bergwacht Bayern Verträge zur Ausführung von technischen und infrastrukturellen Dienstleistungen abgeschlossen.
Mit diesen Dienstleistern ist beispielsweise vereinbart, dass bei einer Stromunterbrechung die Stromversorgung mit einer mobilen Netzersatzanlage sicherzustellen ist. Spätestens zwei Stunden nach Auftragserteilung, unabhängig von Tageszeit und Wochentag, muss die Versorgung eines Standortes mit Notstrom sichergestellt sein.
Im alpinen Bereich stellt die Bergwacht Bayern im ersten Schritt die Verfrachtung tragbarer Netzersatzgeräte zunächst mit Spezialfahrzeugen oder zu Fuß sicher, bevor im nächsten Schritt größere Aggregate, ggf. per Helikopter, an den Standort verbracht werden.
Darüber hinaus hält das Standortmanagement der Autorisierten Stelle Bayern für Notfälle ebenfalls tragbare Notstromaggregate vor.
Mobile Basisstationen für den Krisenfall
Die Autorisierte Stelle Bayern verfügt über landeseigene Mobile Basisstationen. Eine Mobile Basisstation hat grundsätzlich die gleiche Funktion wie eine stationäre Basisstation. Ihr Vorteil liegt aber, wie der Name schon andeutet, in der Mobilität. Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei vielfältig. Zum einen kann damit die Versorgung mit Digitalfunk BOS sichergestellt werden, wenn die hierfür regulär zuständige Basisstation einen länger andauernden Ausfall erleidet. Es ist aber auch möglich, die Kapazität in einem Bereich, beispielsweise bei Großeinsätzen, zu erweitern. Diese Stationen sind durchgängig mit Systemtechnik, einer USV sowie einem eigenen Notstromaggregat ausgestattet. Des Weiteren steht für Sofortlagen zusätzlich noch eine mobile Basisstation des Bundes mit Satellitenanbindung zur Verfügung.
Krisenbewältigung anhand eines Beispiels
Zu Jahresbeginn 2019 kam es im gesamten Alpenraum, im Alpenvorland und im Osten des Freistaates Bayern zu anhaltenden und starken Schneefällen. Diese wirkten sich nicht nur in Form unpassierbarer Straßen, von der Außenwelt abgeschnittener Ortschaften und anderer Widrigkeiten aus. Auch Auswirkungen auf den Digitalfunk BOS blieben nicht aus.
Am ersten Wochenende des Jahres kam es in den betroffenen Regionen durch die extreme Wetterlage vielfach zu einer hohen Anzahl an zum Teil auch länger anhaltenden, regionalen und überregionalen Stromausfällen.
Vor dem Hintergrund der vom Deutschen Wetterdienst angekündigten Wetterlage (Neuschnee und Regen) und der daher zu erwartenden Lageverschärfung, entschloss sich die Autorisierte Stelle Bayern zur Einrichtung einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO): Die BAO Schnee.
Durch die sich verändernde Wetterlage hatte sich die Situation für die Stromversorgung der Basisstationen durch die örtlichen Energieversorger zugespitzt. Außerdem konnten wegen der extremen Wetterlage insbesondere die höhergelegenen Standorte des Digitalfunks BOS ohne Personengefährdung nicht erreicht und die anstehenden Störungen dementsprechend auch nicht behoben werden.
Wie bereits geschildert, wurde bei der Errichtung des Digitalfunknetzes eine überlappende Versorgung der einzelnen Zellen eingeplant. Dennoch gilt es in so einem Fall, die Stromversorgung der Basisstationen schnellstmöglich wieder in Gang zu setzen. Dies stellte keine leichte Aufgabe dar, denn das konkret betroffene Gebiet wird immerhin durch ca. 250 Basisstationen versorgt.
Für die Servicearbeiten an den Digitalfunkstandorten im Hochgebirge greift die Autorisierte Stelle Bayern auf Fachpersonal der Bergwacht Bayern zu. Aufgrund ihrer Erfahrung, Ortskenntnis und Ausrüstung ist die Bergwacht für derartig anspruchsvolle Tätigkeiten prädestiniert. Die von der Bergwacht hierfür eingesetzten Kräfte stehen speziell für diese Zwecke zur Verfügung. Die Bergrettung von Personen bei Notfällen wird daher nicht beeinträchtigt.
Aber auch die erfahrenen Einsatzkräfte der Bergwacht wurden vielfach vor große Herausforderungen gestellt. Straßen und Wege waren oftmals unpassierbar und Bergbahnen stellten wegen Orkanböen teilweise ihren Betrieb ein. Auch die Nutzung von Hubschrauber war deshalb zeitweise nicht möglich.
In solch einem Fall bedeutete das, sofern der Aufstieg aus Sicherheitsgründen überhaupt möglich war, das 25 kg schwere Notstromaggregat auf den Rücken zu schnallen und zu Fuß zur betroffenen Basisstation zu transportieren!
Erst nachdem die extremen Schneefälle nachgelassen hatten, konnte der von der Autorisierten Stelle Bayern vorbereitete Einsatz von Technikern mit Unterstützung durch die Bergwacht Bayern und Hubschraubern durchgeführt werden.
Durch den schnellen Einsatz vor allem der Bergwacht Bayern an den aufgrund der Schneelage nur sehr erschwert zugänglichen Basisstations-Standorten, konnten Auswirkungen auf die einsatzkritische Kommunikation der Polizei und der Feuerwehren, Rettungsdienste und des Katastrophenschutzes vermieden werden.
Doch nicht nur Stromausfälle, sondern auch der Schnee selbst störte die Kommunikation: Das Vereisen die Antennen-Abstrahler, kann bis zum Ausfall einer Antennenanlage führen, da die Funksignale die Schnee- und Eismassen nicht mehr durchdringen können. Zwar sind die Richtfunkspiegel beheizbar, doch auch diese Technik stößt bei extremen Wetterlagen an ihre Grenzen. Der beheizte Bereich bleibt damit eisfrei, allerdings bildet sich um die übrigen Antennenteile ein Eispanzer.
Techniker mussten bei den betroffenen Standorten vielfach zuerst die schneebedeckten Leitern der Antennenmasten Stufe für Stufe freiräumen und schließlich oben angelangt, die Technik von Schnee und Eis befreien.
Wie wichtig bei einer derartigen (Wetter-)Situation die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des zuverlässigen Betriebs des Digitalfunks BOS sind, lässt sich leicht veranschaulichen:
Die Kommunikation der zahlreichen Einsatzkräfte in den Katastrophengebieten lastete die vorhandene Kapazität der Basisstationen insbesondere in den am stärksten von der Extremwetterlage betroffenen Gebieten phasenweise stark aus. Deshalb kam es vereinzelt in einigen Basisstationen zu punktuellem technischen Warteschlangenbetrieb. Daher entsandte die Autorisierte Stelle Bayern zusätzlich Verbindungsbeamte in die lokalen Führungsstäbe in den Katastrophengebieten, um die Auslastung des Systems insbesondere durch Echtzeitmonitoring jederzeit im Blick zu haben.
In Anbetracht der sich glücklicherweise bessernden Wetterlage konnte die Autorisierte Stelle Bayern die BAO Schnee nach einigen Tagen beenden und führte den Betrieb des Digitalfunks BOS im Rahmen ihrer Regelorganisation mit einem lageangepassten Kräfteansatz weiter.
Crisis Prevention 2/2022