2023: Klimaneutralen Umbau beschleunigen, Energieversorgung sichern, Abhängigkeiten reduzieren

Deutliche Veränderungen im Stromerzeugungsmix 2022 +++ CO2-Emissionen der Energiewirtschaft leicht über dem Sektorziel +++ 2023 muss neuen Schub bringen für Investitionen in Erneuerbare Energien, in Wasserstoff, in wasserstofffähige Gaskraftwerke und Energienetze

Die Ereignisse und Entscheidungen dieses Jahres beeinflussen auch die einzelnen Anteile der Energieträger, die in diesem Jahr zur Stromerzeugung eingesetzt wurden. Das zeigt der neue BDEW-Jahresbericht zur Energieversorgung 2022. Der Anteil von Erdgas in der Stromerzeugung ging demnach 2022 im Vergleich zum Vorjahr zurück (von 15,4 Prozent auf 13,5 Prozent). Erfreulicherweise gestiegen ist der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung: Von 40,5 auf 44,6 Prozent. Auch bezogen auf den Stromverbrauch ist der Anteil der Erneuerbaren Energien spürbar gestiegen: Von 42 auf fast 47 Prozent – so viel wie in keinem Jahr zuvor. Damit wurde fast die Hälfte des Strombedarfs durch Erneuerbare Energien gedeckt.

Der Anteil von Braun- und Steinkohle wuchs ebenfalls (von 28,3 Prozent auf 31,9 Prozent). Dieser Anstieg ist zum einen auf die Rückkehr von Kohlekraftwerken zurückzuführen. Aber auch die Ende 2021 stillgelegte Kernenergie-Kapazitäten und der geringere Einsatz der Gaskraftwerke führten zu einer höheren Auslastung der Kohlekraftwerke.

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass nach vorläufigen BDEW-Berechnungen die CO2-Emissionen der Energiewirtschaft erstmals seit vielen Jahren leicht gestiegen statt gesunken sind: 2022 wurden 260 Millionen Tonnen CO2 im Sektor Energiewirtschaft emittiert. Das sind um 44 Prozent niedrigere Emissionen im Vergleich zum Referenzjahr 1990. Damit liegt die Energiewirtschaft aber knapp über ihrem Sektorziel für 2022, dass eine Minderung von 45 Prozent vorsieht (tatsächliche Emissionen: 260 Millionen Tonnen; Sektorziel: 257 Millionen Tonnen).


„Trotz der Umwälzungen dieses Jahres verfehlt die Energiewirtschaft ihr Sektorziel also nur knapp. Dennoch: Diese Entwicklung ist für das Klima natürlich ein Rückschritt. Wir müssen deshalb alles tun, um so schnell wie möglich wieder in die Spur zu kommen. Wir brauchen mehr Geschwindigkeit beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, beim Aus- und Umbau der Netze, bei der Entwicklung eines Wasserstoffmarktes. Die gute Nachricht: Deutschland kann Schnelligkeit. Das zeigt das Beispiel LNG-Terminals“ sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung auf der Jahresabschluss-Pressekonferenz des Verbandes.

„2023 muss neuen Schub bringen für Investitionen in Erneuerbare Energien, in Wasserstoff, in wasserstofffähige Gaskraftwerke und Energienetze. Wichtig ist, dass im nächsten Jahr die Weichen gestellt werden für ein Marktdesign, in dem sich auch Investitionen in steuerbare Stromerzeugungskapazitäten lohnen. Für sie müssen trotz flexibler Fahrweise und der Nutzung klimaneutraler Brennstoffe, wie insbesondere Wasserstoff oder Biomasse, dauerhaft und planbar ausreichende ökonomische Anreize geschaffen werden. Und wir müssen die Fesseln lösen beim Planungs- und Genehmigungsrecht, damit die Erneuerbaren Energien richtig durchstarten können und auch der dafür notwendige Netzausbau gelingt. Wir brauchen schlankere Verfahren und Prozesse, wir brauchen eine Gelingenshaltung bis in jede Amtsstube.“

Der größte Hemmschuh bei der Windenergie an Land seien nach wie vor fehlende Flächen: Zwei Prozent tatsächlich bebaubare Fläche des Bundesgebiets müssten bereits bis zum Jahr 2025 vollständig ausgewiesen sein und nicht erst 2032, wie von der Bundesregierung bislang vorgesehen. Sonst könne die Bundesregierung die nötigen und parallel im EEG festgelegten Ausbauziele bis 2030 nicht erreichen.

„Auch für Photovoltaikanlagen werden aktuell noch bei weitem nicht alle Flächenpotenziale ausgeschöpft“, sagte Andreae. „Für einen PV-Boom auf privaten Dächern braucht es deutliche Verbesserung der Regeln für Prosuming, Mieterstrom und Energy sharing. Wir müssen mit der PV schneller auf die Dächer kommen.“

Wichtig werde 2023 auch sein, echte Fortschritte bei der Entwicklung eines Wasserstoffmarktes zu erreichen: „Der Run auf die Technologien für Wasserstoff ist eröffnet. Die USA sind hier – wie auch bei vielen anderen Energiewendeinvestitionen - attraktiv aufgestellt aufgrund der Subventionen im Rahmen des Inflation Reduction Acts. Wir brauchen deshalb ein Wasserstoff-Gesetz (H2G), in dem die zentralen Punkte für einen schnellen Wasserstoff-Hochlauf zügig geregelt werden. Ebenso brauchen wir eine Rohstoff-Strategie, die Europa industriell unabhängiger macht bei Energiewende-Technologien.“

Mit Blick auf das Thema Gas-Versorgungssicherheit gelte es auch im kommenden Jahr, die Gaslieferungen noch breiter zu diversifizieren, den Bau der weiteren LNG-Terminals voranzutreiben, neue Wasserstoff-Allianzen zu etablieren und Energie wo möglich einzusparen. Um die Verbraucherinnen und Verbraucher dabei zu unterstützen, hat der BDEW die Initiative „Sparen was geht“ gestartet. Auf der Webseite https://sparenwasgeht.de/ sind zahlreiche Tipps und Informationen zusammengestellt.


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