„Wir müssen unsere Widerstandsfähigkeit erhöhen“

Krisenvorsorge: Innenminister Peter Beuth stellt Pläne des Landes vor

Wiesbaden. Der Hessische Katastrophenschutz nimmt im Bundesvergleich eine Spitzenposition ein. Das betonte der Hessische Innenminister Peter Beuth im Rahmen der Sommerpressereise zum Thema „Katastrophenschutz – Krisenvorsorge in Hessen“. Die rund 23.000 Helferinnen und Helfer im Katastrophenschutz in Hessen verfügen dank der Ausstattungsoffensive der Hessischen Landesregierung, in die das Land seit dem Jahr 2008 mehr als 70 Millionen Euro investiert hat, über die umfassendste und modernste Ausstattung in der Geschichte des Hessischen Katastrophenschutzes.

„Aufgrund zunehmender Extremwetterlagen, aber auch anlässlich der angespannten Sicherheitslage in Europa kommt der Stärkung des Katastrophenschutzes in unserem Land eine besondere Bedeutung zu. Wir haben die Einheiten in unserem Land in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Landesfeuerwehrverband Hessen sowie den im hessischen Katastrophenschutz organisierten Hilfsorganisationen in den vergangenen Jahren umfangreich gestärkt und mit modernsten Einsatzmitteln ausgestattet. Zudem investieren wir jährlich umfassend in die Ausbildung unserer Helferinnen und Helfer sowie in die Ehrenamtsförderung einschließlich der Nachwuchsgewinnung. Hessen hat bereits viel getan und ist auf verschiedene Katastrophenszenarien sehr gut vorbereitet. Angesichts des Kriegs in Europa werden wir unser Engagement weiter steigern und gleichzeitig auch die Belange des Zivilschutzes, der vorrangig eine Bundesangelegenheit ist, in den Blick nehmen, um den Bevölkerungsschutz ganzheitlich zu stärken. Ich bin froh, dass die Bundesinnenministerin hier ein Einsehen hatte und die Forderung der Innenminister der Länder nach einem Milliardenpaket zur Stärkung des Bevölkerungsschutzes letztlich doch unterstützt hat“, so Innenminister Peter Beuth.

„Stärkungspaket Bevölkerungsschutz“ und „Hessenreserve“

Die Forderung nach einem „Stärkungspaket Bevölkerungsschutz“ mit einem Gesamtvolumen von zehn Milliarden Euro hatte die Innenministerkonferenz Anfang Juni beschlossen. Dabei geht es unter anderem um Betreuungsplätze für Notfälle, um Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung und Notstromaggregate.  

Ein wichtiger Meilenstein war jüngst der Beschluss zur Einrichtung des Gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKoB). Dort arbeiten Bund und Länder künftig noch enger zusammen, um das Risiko- und Krisenmanagement in Deutschland noch schlagkräftiger aufzustellen. Auch das Land Hessen wird einen Katastrophenschutzexperten in das GeKoB entsenden. 

„Das gemeinsame Kompetenzzentrum ist ein erster wichtiger Schritt, um den Bevölkerungsschutz in der Bundesrepublik den neuen Realitäten anzupassen. Wir müssen die Widerstandsfähigkeit unserer Gemeinschaft angesichts von Krieg, Naturkatastrophen und Angriffen auf unsere Infrastruktur signifikant erhöhen. Eine gute Krisenprävention und -bewältigung bedarf einer finanziellen Kraftanstrengung und muss sich in deutlich höheren Etats für den Zivilschutz auf Bundesebene niederschlagen“, betont Peter Beuth.

Zudem forderte die Innenministerkonferenz eine Fortführung des Sirenenförderprogramms des Bundes, aus dem zuletzt bereits 6,4 Millionen Euro für Hessen bereitgestellt worden sind.

„Die Erfüllung der zentralen Länderforderungen auf der IMK waren die Grundlage für die dringend notwendige Stärkung des Bevölkerungsschutzes in der Bundesrepublik. Nur so kann der Staat seinen Bürgerinnen und Bürger den bestmöglichen Schutz zuteilwerden lassen. Während die Länder und insbesondere das Land Hessen einen leistungsfähigen Brand- und Katastrophenschutz sicherstellen und diesen aufgrund der Ereignisse im Ahrtal und im Erftkreis zielgerichtet verstärken, muss auch der Bund die aktuellen Ereignisse im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise zum Anlass nehmen, den Zivilschutz neu aufzustellen und an die geänderten Anforderungen anzupassen. Dazu gehört eine Ausstattungsoffensive, deutlich höhere Mittel für die weitere Ertüchtigung der Warninfrastruktur, die Erstellung eines Schutzraumkonzepts sowie die Anpassung des Konzepts Zivile Verteidigung“, so Innenminister Peter Beuth.

Wie der Innenminister betonte, werde das Land Hessen prüfen, welche weiteren Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung bezüglich der Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten und Sanitätsmaterialien notwendig seien. Der hessische Plan zur Einrichtung einer „Hessenreserve“ und damit der Vorhaltung von Medizinprodukten in allen 26 unteren Katastrophenschutz-Behörden sei eine notwendige Konsequenz aus der Pandemie, der Unwetter-Katastrophe 2021 in NRW und Rheinland-Pfalz und dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine.

Hessischer Katastrophenschutz schlagkräftig und modern

Das Land Hessen hat in den letzten 14 Jahren erhebliche Investitionen im Bereich des Katastrophenschutzes getätigt. Im Rahmen der Ausstattungsoffensive wurden seit dem Jahr 2008 mehr als 70 Millionen Euro in die umfängliche Ausstattung und technische Modernisierung des hessischen Katastrophenschutzes investiert und die Zahl der Landesfahrzeuge damit von 278 auf über 700 mehr als verdoppelt. Dadurch verfügen die rund 23.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in den rund 800 Einheiten des Landes über die umfassendste und modernste Ausstattung in der Geschichte des Hessischen Katastrophenschutzes. Hessen nimmt damit bundesweit einen Spitzenplatz ein. 

Bei Ausstattung und Einsatzmaterial hat das Land stets auch die sich verändernden Einsatzlagen und Aufgabengebiete im Blick. Auch die Herausforderungen aufgrund des fortschreitenden Klimawandels werden hierbei berücksichtigt. Das Land hat deshalb in den letzten Jahren schwerpunktmäßig Einsatzmittel zur Bekämpfung von Waldbränden und zur Bewältigung von Starkregen und Hochwasserereignissen beschafft. Dazu gehört beispielsweise die Beschaffung von sieben Abrollbehältern Starkregen im Gesamtwert von rund 1,1 Millionen Euro sowie von vier Abrollbehältern Waldbrand im Gesamtwert von ca. einer Million Euro. Zum Schutz kritischer Infrastrukturen bei einem Stromausfall wurden im Jahr 2012 insgesamt 27 Notstrom-Großaggregate (250 kVA) in einem Gesamtwert von 3,2 Millionen Euro beschafft und flächendeckend stationiert. In einer weiteren Serie mit einem Volumen von 4,3 Mio. Euro wurden im Jahr 2015 52 Notstromaggregate-Anhänger (60 kVA) bei den Betreuungszügen in Hessen stationiert. Darüber hinaus hat das Land im Jahr 2017 23 Einsatzleitwagen 2 (ELW 2) im Gesamtwert von über 9,7 Millionen Euro beschafft – die Beschaffung diente gemeinsam mit den drei bestehenden ELW 2 als Grundlage dafür, dass dieses mit hochkomplexer Funk und Fernmeldetechnik ausgestattete Herzstück der Einsatzstellenkommunikation bei Großschadenslagen und in Katastrophenfällen flächendeckend in allen 26 hessischen Landkreisen und kreisfreien Städten verfügbar ist. 

Luftlösch- und Höhenrettungsübung

Zuletzt hatte das Land sieben Wechselladerfahrzeuge „Kran“ im Gesamtwert von rund 4,2 Millionen Euro bereitgestellt. Die Präsentation des Fahrzeugs war genauso Teil der Sommerpressereise wie die Vermittlung praktischer Einblicke in die Arbeit der Luftlösch- und Höhenrettungsteams sowie des Landeskrisenstabs. Zur Optimierung der Luftrettung wurden den Höhenrettungsgruppen der Feuerwehr Wiesbaden und der Bergwacht Hessen des Deutschen Roten Kreuzes Hessen zudem neue Ausstattung im Wert von rund 250.000 Euro übergeben.

Hintergrund: Katastrophenschutz und Zivilschutz bilden den Bevölkerungsschutz

Der Bevölkerungsschutz ist Teil der öffentlichen Sicherheit und der Gefahrenabwehr. Für die Sicherheit in Deutschland sind Bund, Länder und Kommunen zuständig. Der Begriff Bevölkerungsschutz beschreibt als zusammenfassende Bezeichnung alle Aufgaben und Maßnahmen der Kommunen, der Länder, die für den Katastrophenschutz zuständig sind, und des Bundes, der originär für den Zivilschutz verantwortlich ist.

Dazu zählen alle Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und ihrer Lebensgrundlagen vor Katastrophen und anderen schweren Notlagen (Katastrophenschutz) sowie vor den Auswirkungen von Kriegen und bewaffneten Konflikten (Zivilschutz). Davon ausgeschlossen sind alle polizeilichen und militärischen Maßnahmen.

Zivilschutz: Gemäß § 1 des Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetzes besteht die Aufgabe des Zivilschutzes darin, durch nicht-militärische Maßnahmen die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe, Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen zu schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern. Vereinfacht gesagt: Der Zivilschutz ist die Aufgabe des Bundes und bedeutet, die Zivilbevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren zu schützen.

Zum Zivilschutz gehören beispielsweise der Selbstschutz, die Warnung der Bevölkerung, der Schutzraumbau, Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit oder die Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut. Diese und noch viele weitere Aufgaben übernimmt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) als Geschäftsbereichsbehörde des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI).

Die Durchführung der Maßnahmen im Zivilschutz wird in Zusammenarbeit mit den Bundesländern wahrgenommen. Dafür greift der Bund auf die Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes der Länder zurück, die hierfür ergänzend ausgestattet und ausgebildet werden. Das betrifft beispielsweise spezielle Technik in Form von Fahrzeugen, die für besondere Gefahrenlagen vorgesehen sind. Diese Ressourcen stehen auch für Katastrophenschutzeinsätze der Länder zur Verfügung und verfolgen damit einen Doppelnutzen.

Katastrophenschutz: Der Katastrophenschutz, also die Gefahrenabwehr bei Katastrophen wie bspw. Hochwasser, Waldbränden oder flächendeckenden Stromausfällen, ist eine Aufgabe der Länder und wird durch Landesgesetze geregelt. Die Innenministerien der Länder sind die obersten Katastrophenschutzbehörden, die Landkreise und kreisfreien Städte mit ihren Fachämtern bilden die unteren Katastrophenschutzbehörden. Die operative Durchführung der Gefahrenabwehr erfolgt somit auf kommunaler Ebene.

Im Katastrophenschutz besitzt der Bund keine Zuständigkeiten. Die Unterstützung des Bundes beim Katastrophenschutz wird daher allgemein als „Katastrophenhilfe“ bezeichnet.


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