Die Richtlinie des DFV zum TLF-W sind in der geforderten Ausführung teure und sehr spezielle Fahrzeuge für die Vegetationsbrandbekämpfung. Es stellt sich die Frage, wie viele TLF-W für einen Einsatz im EU-Mechanismus vorgehalten werden müssen, insbesondere dann, wenn die Wahrscheinlichkeit zum Einsatz gering ist. Das Einsatzgeschehen im Ahrtal hat zudem gezeigt, dass auch für andere Flächenlagen eigne Fahrzeuge z.B. für Hochwasser-, Sturmschaden oder Starkschneelagen vorzuhalten wären, da übliche Normfahrzeuge dann schnell an ihre Grenzen stoßen.
Daraus abgeleitet lassen sich schnell drei typische Szenarien beschreiben:
- Vegetationsbrände (Felder und Wald)
- Hochwasserlagen bzw. Starkregenereignisse mit der Notwendigkeit nicht nur Keller auszupumpen, sondern auch Personen zu evakuieren oder Einsatzstellen zu erreichen, die nur über überschwemmte Flächen erreicht werden können
- Sturmschäden oder Schneelasten mit der Notwendigkeit Wege oder Flächen frei zu räumen und die Infrastruktur wiederherzustellen
Die Fahrzeuge müssen robust, einfach zu bedienen und vielseitig einsetzbar sein. Sie sollten daher als selbstständige Einheit fungieren können und müssen eine sinnvolle Ergänzung zu den Normfahrzeugen (HLF, LF 20 KatS, SW-KatS, GW-L, WLF usw.) darstellen.
Es müssen aufgrund der extremen Gelände oder Einsatzanforderungen eine erhöhte Mobilität im Gelände und Watfähigkeit (nicht nur Wasserdurchfahrtsfähigkeit!) sichergestellt werden können. Es sind daher auch zusätzliche Schutzeinrichtungen (Hitze-, Kabinen-, Unterbodenschutz) erforderlich, die z.B. bei genormten
GW-L, WLF oder Versorgungs-LKW nicht vorgesehen sind.
Ein mögliches Konzept wurde in der CP 1-2018 unter dem Arbeitsbegriff „WISEL“ vorgestellt. Ein ähnlicher Ansatz soll hier vorgestellt werden. Die Grundidee ist, das Fahrzeug nicht nur konsequent für den Einsatz als Waldbrandfahrzeug, in einer sehr begrenzten Periode über das Jahr einsetzen zu können, sondern auch als vollwertiges Logistikfahrzeug in Einsatzszenarien, die zunehmend bedingt durch den Klimawandel zu erwarten sind. Dafür muss es möglich sein, z.B. Mithilfe eines Krans, Gitterboxen, Rollcontainer usw. schnell und einfach auch im unwegsamen Gelände abzuladen und wiederaufzunehmen, was mit einer üblichen Ladebordwand oft nicht möglich ist.
Die Bundeswehr hat einen Auftrag von 294 Fahrzeugen für den Einsatz im Sanitätsdienst in Auftrag gegeben, mit der Option auf weitere Fahrzeuge. Das Basisfahrzeug ist dabei ein Iveco Euro Cargo 140E28W und entspricht dabei der aktuellen Fahrzeugeinteilung 1-3 t gl. Das Spezielle an den Fahrzeugen ist der Grundrahmen, der mit ISO-10-Fuß-Container-Twist-Lock-Verriegelungen ausgestattet ist. Somit können neben den üblichen BW-Sheltern auch 10-Fuß-ISO-Container aufgenommen werden.
Als Kat-Schutz-Fahrzeug für Extremlagen wäre nun diese Grundrahmentechnik in Verbindung mit geeigneten Doppel-Kabinen-Fahrgestellen vorstellbar. Als Basisfahrgestelle eignen sich alle Fahrgestelle, wie z.B. Unimog, Renault, Iveco, MAN usw., wie sie auch für die französischen CCF (camion citerne feux de foréts) verwendet werden.
Um die hohen Ansprüche an die Mobilität und Flexibilität zu erfüllen sind die Ausstattung mit 4x4 Singlebereifung, Zugeinrichtung mindestens mit Zug nach vorne, Doppel-Kabine für eine Staffel mit ROPS (Roll Over Protection System), Metall-Kraftstoffbehälter, Stahlstoßstange, einfacher Reifendruckregelanlage (ähnlich den Vorgaben wie bei den LF 20 KatS), Hitzeschutz der Kabel und Luftleitungen, Wassersprühsystem für die Kabine und Reifen auszustatten.
Konzept Waldbrand-TLF
Das Fahrzeug könnte bei entsprechender Gestaltung des Aufbaus auch im Pendelverkehr eingesetzt werden, indem das am Heck angebrachte Ablassventil mit einem aufsteckbaren oder schwenkbaren Rohr es zulässt nach Hinten, Links und Rechts den Faltbehälter zu befüllen, insbesondere an engen Übergabestellen, wo nicht rangiert werden kann.
Die Geräteräume sollten so gestaltet sein, dass sie ohne Auftritte (vom Boden aus) bedient werden können, indem die Deckel z. B. als Riffelblechkästen (zur Aufnahme der wenigen Ausrüstung) innerhalb der Fahrzeugkontur aufklappen. Die Gestaltung als Gerätekästen in dieser Bauform ermöglicht so auch die Entnahme von Ausrüstung in beengten Fahrwegen und die Oberfläche ist unempfindlich gegenüber schleifenden Ästen und Buschwerk. Auf den Deckeln kann dann zur Überführung in Einsatzgebiete zusätzliche Ausrüstung in Kisten oder Packtaschen aufgenommen werden bzw. es sind sichere Laufwege beim Befüll-Vorgang des Tanks von oben über den Domdeckel. Auf kurzen Strecken können damit im Einsatzfall behelfsmäßig Personen (z.B. in Hochwasserlagen oder Evakuierung aus dem Wald) bei aufgeklappten Geländern mitfahren.
Zum Befüllen des Tanks von oben z.B. durch Hochbehälter, Außenlastbehälter (mit Schlauchaufsatz) über Hubschrauber kann durch einen großen Mannlochdeckel realisiert werden, der eventuell durch trichterförmig aufgeklappte Schwallbleche vergrößert werden kann.
Als Tankform wird ein trapezförmiger Behälter vorgeschlagen, der die Stabilität erhöht und den Schwerpunkt sowie das Schwallverhalten (der Impuls des anlaufenden Wassers an die Außenwand des Tanks wird nach unten abgeleitet) optimiert.
Vor der zweiten Sitzreihe hinter Fahrer und Beifahrer können Atemschutzgeräte in einfachen Lagerungen mit dem Flaschenventil nach oben gelagert werden. Somit ist jedes Besatzungsmitglied im Stande diese ohne Entnahme der Geräte zu bedienen und es sind kurze Abstände zu den Sitzplätzen. An den Druckreglern können über die üblichen Y-Stücke je Gerät zwei Rettungshauben angeschlossenen werden, um im kritischen Fall eine Luftversorgung für die Besatzung zu ermöglichen.
Das bewährte System zum Schutz vor Strahlungshitze (eigene Tankkammer mit ca. 300 – 400 l Inhalt, elektrische Pumpe angetrieben von der Bordelektrik und Sprühdüsen an der Kabine und den Radkästen) sollte für diese Anwendung selbstverständlich sein.
Da der Aufbau gewechselt werden kann, muss für den Antrieb der Pumpe entweder ein hydraulischer Antrieb über den Fahrmotor oder ein eigener Motorbetrieb auf dem Aufbau vorhanden sein. Moderne Tragkraftspritzen können heute ferngestartet und bedient werden und verfügen über eine ausreichende Förderleistung und hohes Druckniveau. Somit könnte die komplette löschtechnische Einrichtung auch aus der Kabine bedient werden. Bei der Verwendung eines hydraulischen Antriebs kann dieser bei entsprechender Auslegung auch für den Antrieb von anderen Aufbausystemen, wie z.B. einem leistungsfähigen Kran mit Greiftechnik oder Arbeitskorb für den Einsatz bei Sturmschäden oder zur Sicherung bei der Schneelastbeseitigung verwendet werden.
Konzept Schlauchwagen
Auf der Basis dieser Fahrzeuggestaltung ließe sich auch ein „Wasserversorgungsfahrzeug“ darstellen. Unterschied zum genormten Schlauchwagen:
- Zwei PFPN 10-1000 oder PFPN10-1500 auf Kettenfahrgestellen samt dem erforderlichen Saugstellen-Zubehör im Mittelteil des Aufbaus transportiert. Diese könnten über eine klappbare Rampe am Heck be- und entladen werden, um direkt an die Wasserentnahmestelle zu fahren.
- Die Schläuche werden in zwei Schächten jeweils links und rechts in Buchten gelagert. Diese können über ein Aufnahmesystem wiederaufgenommen werden.
- Die Mannschaft von 4-6 Personen reicht für den ersten (schnellen) Einsatz aus, um die PFPN zu bedienen und die Schläuche während der Fahrt zu verlegen.
- Es können wahlweise B- oder A-Druckschläuche aufgenommen und verlegt werden.
- Das Fahrzeug kann zudem die Versorgung mit Treibstoff usw. übernehmen bzw. das Fahrzeug kann, nach Entnahme der beiden Kettenfahrgestelle auch zur Evakuierung von Personen oder zum Materialtransport eingesetzt werden.
Konzept Logistik-Fahrzeug
Durch die vielseitigen Möglichkeiten bei kombinierten 8-Fuß- und 10-Fuß-Aufnahmerahmen können nicht nur spezielle Aufbauten, sondern auch jeder ISO-Container bzw. die komplette Shelter-Familie der Bundeswehr (Werkstatt, Sanitätsausstattung, Funktechnik, Betreuung usw.) aufgenommen werden.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass eine einfache Wechselvorrichtung möglich wäre, um die besprochenen Aufbauten auch ohne Fremdhilfe wie Kran oder Stapler auswechseln zu können. Diese Technik ist bei Bauhoffahrzeugen weit verbreitet um die Fahrzeuge den verschiedenen Anforderungen (Sommer- und Winterdienst) anpassen zu können. Nach Öffnen der Schnellverschlüsse wird mit vier Hydraulikzylinder der Aufbau angehoben und vom Fahrgestell gelöst. Nach Einstecken von Stahlfüßen und Trennen der Versorgungsleitungen wird der Aufbau dann abgestellt und das Fahrgestell kann mit einem anderen Aufbau ausgerüstet werden. Ähnlich diesem Prinzip kann bei einem ISO-Rahmen auch durch ein Lufthebesystem der Aufbau angehoben und abgesenkt werden.
Crisis Prevention 1/2022
Dipl.-Ing. Thomas Zawadke
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