Der Kreis der Nutzer des bundesweiten TETRA-Digitalfunknetzes (BOSNet) ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Somit kann man davon ausgehen, dass zeitnah bundesweit alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben das Netz nutzen werden. Aus dem nach wie vor noch in einigen Bundesländern eingesetzten Analogfunk gewohnte Funktionalitäten werden demzufolge auch im BOSNet dringend von den Nutzern erwartet.
Vor diesem Hintergrund hat eine Unterarbeitsgruppe der AG Operations sowie des Arbeitskreises Technik im Fachbereich Leitstellen des PMeV, in welchen Nutzer und Hersteller zusammenarbeiten, im Jahr 2016 die Funktionalitäten des Funkmeldesystems (FMS) des Analogfunks sowie die derzeitige Situation betrachtet und anschließend 2017 ein Anforderungspapier[1] für einen vergleichbaren Dienst im BOSNet verfasst.
Der Inhalt dieses Anforderungspapiers wird im Folgenden dargestellt und soll Nutzer zu Feedback und Mitarbeit bei der Ausgestaltung und Umsetzung des Nachfolgedienstes von FMS, Arbeitstitel: FMS 2.0, animieren und einladen. Die Vorschläge zur Umsetzung werden in einem zweiten Teil dieses Beitrags in einer der folgenden Ausgaben skizziert.
Ziel des Anforderungspapiers
Ziel des Anforderungspapieres ist es, aufbauend auf den Eigenschaften des bisherigen Funkmeldesystems im Analogfunk, Anforderungen an die Implementierung eines dem analogen entsprechenden Systems für den Einsatz im BOS-Digitalfunknetz der deutschen Sicherheitsbehörden zu beschreiben. Hierbei soll das Augenmerk auch darauf gerichtet werden, dass FMS 2.0 nicht nur für das auf dem TETRA-Standard basierende aktuelle Netz, sondern auch für zukünftige Netze geeignet ist. Auf dem Anforderungspapier aufbauend sollen in einem weiteren Schritt technische Umsetzungsmöglichkeiten skizziert werden, welche möglichst kurzfristig, mit wenig Aufwand, flächendeckend und einheitlich implementiert werden können.
Das Papier der AG Operations gliedert sich thematisch in allgemeine, operativ-taktische und betriebliche Anforderungen. Wo sinnvoll und notwendig werden die Anforderungen im PMeV-Dokument um ihre taktische Bedeutung sowie einen möglichen Ablauf ergänzt. Weiterhin beinhaltet das Anforderungspapier Möglichkeiten der technischen Umsetzung, welche derzeit im Arbeitskreis Technik des PMeV erweitert, adaptiert und konkretisiert werden.
Allgemeine Anforderungen
Als allgemeine Anforderungen haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe folgende definiert, welche an etwaiger Stelle ergänzt bzw. näher erläutert werden. In Hinblick auf die fachliche Expertise der Leserschaft dieser Zeitschrift wird auf ausführliche Erläuterungen zur taktischen Bedeutung der Anforderungen verzichtet.
- FMS 2.0 als eine bundeseinheitlich standardisierte Lösung
- Vermeidung regionaler Einzellösungen
Aktuell haben mehrere Bundesländer und einige Leitstellen eigenständige Lösungen zur Abbildung der aus dem Analogfunk bekannten Anwendung des FMS entwickelt und wenden diese an. Im Kontext des bundesweit einheitlichen Netzes sowie der bundesweit einheitlichen Nutzung der Endgeräte, insbesondere für/bei Einsätzen/Einsatzmitteln außerhalb des eigenen Bereiches, ist es unabdingbar, sich wieder auf eine einheitliche Handhabe zu verständigen.
- Nutzungsmöglichkeit von FMS 2.0 für alle Endgeräte und Leitstellen
- Mindestens das gleiche Funktionsspektrum wie FMS im Analogfunk
- Bidirektionaler Austausch von standardisierten Meldungen zwischen Einsatzmitteln und Leitstellen
- FMS 2.0 als Applikation, welche sich des TETRA-Netzes als Transportsystem bedient
FMS 2.0 stellt kein Leistungsmerkmal des TETRA 25-Netzes selbst dar. Es nutzt viel mehr die bestehende Infrastruktur als Transportmedium.
- Wahrung und Sicherstellung der Übertragungssicherheit
- Funktionsumfang FMS 2.0 identisch bei Nutzung über Drahtanbindung ebenso wie bei Luftanbindung der Leitstellen
- Unterstützung von Not-/Rückfallebenen sowie mobiler Leitstellen
- Zukunftssichere Auslegung, verbunden mit
- Anwendbarkeit sowohl auf TETRA 25 als auch für zukünftige Übertragungssysteme
Neben den dargestellten allgemein gehaltenen Anforderungen werden im weiteren Verlauf des Dokumentes konkrete operativ-taktische Anforderungen angeführt und veranschaulicht.
Operativ-taktische Anforderungen
- Vorhandensein und Nutzungsmöglichkeit aller (Leitstellen-)Anrufgruppen in allen Endgeräten
- Neben der Nutzung von FMS 2.0 zur standardisierten bundesweit einheitlichen Übermittlung von Informationen ist und bleibt der Sprechfunk in seiner Bedeutung nicht geschmälert.
- Einheitliche Struktur der Informationen an den Endgeräten und in den Leitstellen
Die Gestaltung der Anzeigen und der Informationen sowohl in den peripheren Endgeräten als auch in Einsatzleitsystemen kann herstellerspezifisch umgesetzt werden.
Der Informationsgehalt der Meldung jedoch, also z. B. die Bedeutung eines Statuswertes, hat bundesweit zwingend einheitlich zu sein, um etwaige Verwechslungen oder Missverständnisse bedingt durch die Nutzung unterschiedlicher Ausbaustufen des FMS 2.0 gänzlich auszuschließen.
Eine unterschiedliche taktische Bedeutung der Statuswerte bei polizeilichen und nicht-polizeilichen BOS ist – wie im analogen FMS – ebenso möglich. Nicht nur die Bedeutung der Meldung, sondern auch das Nachrichtenformat hat herstellerübergreifend sowohl bei Leitstellen als auch bei peripheren Endgeräten einheitlich strukturiert zu sein.
- Signalisierung der Information des taktischen Status (optisch/akustisch)
- Quittierung von taktischen Statusmeldungen
FMS-Meldungen und –Anweisungen haben einen besonderen einsatztaktischen Stellenwert in diversen Einsatzorganisationen. Daher ist eine gesicherte Übertragung grundlegend für die Anwendung. Essentiell für den konsistenten taktischen Status eines Einsatzmittels zwischen Endgerät und Leitstelle ist somit die Sicherung nicht nur auf Transport- (technische Quittung), sondern auch auf Applikations-Ebene (taktische Quittung).
Hierbei ist zu beachten, dass nur eine Leitstelle die taktische Quittungspflicht für die ihr zugeordneten Einsatzmittel übernehmen darf. Die taktische Quittungspflicht wandert mit der räumlichen Zuständigkeit für das Einsatzmittel.
Bestätigungs- bzw. Quittierungsmaßnahmen sind erforderlich, um dem entsprechenden Endgerät das verlässliche Ankommen und das Verarbeiten des versendeten taktischen Status in der zuständigen Leitstelle signalisieren zu können. Dieser Sicherheitsmechanismus veranlasst bei Ausbleiben einer taktischen Quittung nach angemessener Zeit die betroffene Person zum erneuten Handeln sofern die Quittierung ausbleibt. Alternativ können Mechanismen zur automatischen Wiederholung eingesetzt werden.
Der zweite Teil dieses Artikels erscheint in CP 2/18.
[1] Das Anforderungspapier steht zum Download auf www.pmev.de öffentlich zur Verfügung.
Crisis Prevention 1/2018
Felix Liebner
Mitglied der AG Operations des PMeV
Consultant Einsatzmanagementsysteme
T-Systems International
felix.liebner@t-systems.com