19.06.2023 •

Gasmangel-Blackout – realistische Gefahr der ­Versorgungssicherheit oder nur Panikmache?

Hans-Walter Borries

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Das Thema „Energie- und Versorgungssicherheit“ der Bundesrepublik Deutschland ist spätestens seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu einem zentralen und allgegenwärtig diskutierten Thema geworden. War bis dahin Russland mit über 55% der wichtigste Gaslieferant von Deutschland (mit 56% bei der Steinkohle und 33 % beim Erdöl) stellte sich die Frage, was passiert, wenn Russland nicht mehr liefern wird, und wenn von Seiten der EU umfangreiche Embargos auf die Einführung dieser Güter aus Russland erlassen werden. Wie sicher ist dann die deutsche Gasversorgung, die sowohl Gas als Grundstoff für viele Industrien (insbesondere die Chemische Industrie mit Grundstoffen, aber auch Ernährung und Tabak sowie Papiergewerbe) als auch als Energieträger für die Stromgewinnung (Anteil zwischen 9% bis 13,4%) für Industrie und Gewerbe sowie Handel, aber auch für die Haushalte als wichtiges Mittel für Heizungen (u. a. auch Fernwärme aus Gaskraftwerken) und für Kochmöglichkeiten nutzt. Erschwerend kam hinzu, dass die Gasspeicherreserven im Frühjahr 2022 extrem niedrige Füllstände aufwiesen, u. a. betrugen diese am 23. März 2022 nur 25 Prozent (zu Beginn des Monats Mai 2022 nur 36 Prozent) und lagen damit deutlich unter der Bandbreite der Befüllung der Jahre 2012 bis 2020. Die Gefahr eines Leerfalles der Gasspeicher war gegenwärtig.

Daher verwunderte es nicht, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 23.06.2022 die zweite Eskalationsstufe („Alarmstufe - Alarm“) im Notfallplan Gas ausgerufen hatte, nachdem bereits am 14. Juni 2022 die Ausrufung der ersten Alarmstufe („Frühwarnstufe – Frühwarnung“) mit bestehenden Kürzungen der Gaslieferung aus Russland erfolgten; seit dem 2. September 2022 galt die vollständige Einstellung der Gaslieferungen durch den russischen Staatskonzern Gasprom. Ebenso musste dem weiterhin steigenden hohen Preisniveau am Gasmarkt Rechnung getragen werden.

Spätestens mit den Ereignissen vom 26. September 2022, bei denen mit mehreren Sprengungen Anschläge auf die Nord-­Stream-Pipelines verübt wurden und die beiden wichtigen Versorgungsstränge von Nord Stream 1 und einer der beiden Stränge von Nord Stream 2 am Grund der Ostsee unterbrochen wurden, tauchte die Frage auf, wie rasch können die deutschen Gasspeicher, die aus den letzten Jahren nur einen vergleichsweise geringen Füllstand aufwiesen, noch rechtzeitig bis zum Winter 2022 aufgefüllt werden, und welche Lieferländer außer Norwegen kommen für Gaslieferungen nach dem Wegfall von Russland in Frage.

Rückblickend nach nunmehr rund acht Monaten war das rasche Handeln und die Bewertung des Bundeswirtschaftsministers,
Dr. Robert Habeck, der Notlage geschuldet, die richtige Entscheidung für ein strategisches Krisenmanagement zu treffen, um auf die Gasversorgungsengpasslage frühzeitig und richtig zu reagieren und zu erkennen, dass Gas ein wichtiges und knappes Gut ist, welches eine Preisspirale nach oben in Gang setzte. Es hat sich als äußerst vorteilhaft erwiesen, dass die Gasspeicher zum ­Winter 2022 auf rund 95% aufgefüllt werden konnten, wenn auch zu extremen Kosten.

Mögen die damaligen Appelle vom Minister Dr. Habeck als auch vom Präsidenten der Bundesnetzagentur, Herrn Müller, für viele Verbraucher wenig positiv geklungen haben, so ging es doch darum, alle Verbraucher, sowohl in der Industrie und dem Gewerbe, in öffentlichen Einrichtungen wie auch in den Privathaushalten dahingehend zu bewegen, den Gasverbrauch möglichst um 10%, besser um 20 bis 25%, weiter zu reduzieren. Beide Vertreter sprachen damals von einer „trügerischen Sicherheit“ im Sommer 2022 und blickten mit Sorge auf den kommenden Winter 2022/23 um ausreichend gefüllte Speicher in Deutschland zu haben.

Hinzu kam, dass eine Studie des Bundesverbandes Energie und Wasserwirtschaft (bdew) e. V. vom 17. März 2022 (Studie über „Kurzfristige Substitutions- und Einsparungspotenziale Erdgas in Deutschland“) aufzeigte, dass Einsparungen maximal nur ein Drittel der ausstehenden russischen Erdgasimporte kompensieren könnten.

Frühzeitig wurden Prognosemodelle erarbeitet, die der Frage nachgingen, wie lange reichen die bestehenden Gaslieferungen und speziell die eingelagerten Gasmengen in den Speichern, wenn ein langanhaltender strenger und somit kalter Winter 2022/23 folgen würde und Deutschland ohne russisches Gas möglicherweise der „Gasnotstand im Winter“ droht.

Eine Studie der Bundesnetzagentur (Referat 623) zum Thema „Gas Szenarien Juli 2022 bis Juni 2023“ vom 3. August 2022 zeigte die Notwendigkeit von deutlichen Gaseinsparungen in Höhe von mindestens 20 % auf, um eine Gasmangellage zu verhindern. Zugleich ging der sorgenvolle Blick – unter Betrachtung eines normalen milden Winters 2022/23 – erstmals auch auf den dann kommenden Winter 2023/24. Die Versorgungssicherheit für den Winter 2023/24 wurde als eine „Herausforderung“ beschrieben.

Waren bis Mitte Dezember 2022 die milden Herbst-/Wintertemperaturen ein Hauptindikator für eine spürbare Gaseinsparung beim Verbrauch gewesen, änderte sich um den 12. Dezember die Lage innerhalb weniger Tage. Ein erster winterlicher Kälteeinbruch machte fast täglich Gasausspeisungen aus den Gasspeichern von rund einem Prozent (bis 1,4 %) notwendig und stellte damit die Einsparungsziele nachhaltig in Frage. Der Präsident der Bundesnetzagentur Müller äußerte darauf wiederholt die dringende Bitte an die Verbraucher, trotz der Kälte die Einsparungsziele von 20 % weiter einzuhalten und „achtsam mit dem Gasverbrauch umzugehen“, insbesondere wenn ein kalter Winter kommen sollte.

Der Bundesverband Schutz Kritischer Infrastrukturen BSKI e. V. (BSKI) kommentierte diese Anliegen wie folgt:

  • „Sachliche Spar-Appelle an Unternehmen, Verwaltungen, ­Handel und Privathaushalte reichen nicht mehr, Deutschland muss eine Reduktion des Gasverbrauches propagieren. Damit reagiert das BSKI auf die jüngsten Zahlen, die die Bundesnetzagentur gerade veröffentlicht hat. Danach leeren sich die deutschen Gasspeicher derzeit an einem kalten Wintertag um einen ganzen Prozentpunkt. „Das muss zu einem Umdenken führen, Appelle reichen nicht mehr aus“, sagt der stellvertretende BSKI-Vorsitzende Dr. Hans-Walter Borries. „Es muss in jedem Fall verhindert werden, dass die Bundesrepublik Deutschland in die letzte Stufe der Gaswarnstufe abrutscht; ansonsten ist unsere Versorgungssicherheit ernsthaft gefährdet“, so Borries weiter.

Große Sorgen bereiteten die Ergebnisse aus einer Studie („Notfallplan Gas aus September 2019“) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), die die Versorgungssicherheit der Gasspeicher in kalten Wintern untersucht hatte. Zu der Frage, was in einem sehr kalten und langanhaltenden Winter (vergleichbar Ende 1996/Anfang 1997 und zu Beginn 2006 sowie 2011) passiert, wurde darauf hingewiesen, dass die Gasspeicher für geschützte Kunden nur maximal zwischen sieben und 30 Tagen bei hohen Ausspeisungsraten ausreichen würden, zu wenig, um über einen langanhaltenden kalten Winter von zwei Monaten (und mehr) zu kommen.

Die neue eingeführte Matrix „Indikatoren zur Lagebewertung“ der Gasversorgungssicherheit Deutschland von der Bundesnetzagentur verzeichnete für den 15. Dezember demnach erstmals, dass der „Gasverbrauch“ die höchste Stufe „Kritisch“ bekam und auch der Indikator „Temperaturprognose“ den Wert „Kritisch“ erhielt.

Die Bundesnetzagentur beschrieb am 15. Dezember 2022 die Lage wie folgt:

„Eine nationale Gasmangellage im Winter kann vermieden werden, wenn erstens das Sparziel von mindestens 20% weiterhin erreicht wird. Zweitens müssen die LNG-Terminals zum Jahresbeginn einspeisen und drittens der winterbedingte Rückgang der Importe sowie der Anstieg der aktuell besonders niedrigen Exporte eher moderat ausfallen.“

Eine sicherlich treffende und z. T. besorgniserregende Lageeinschätzung, die vermehrt erneut die Frage aufwarf, wie lange würden denn die Gasreserven ausreichen?

Modellrechnungen zur Gasversorgungssicherheit durch die Bundes­netzagentur und des gemeinnützigen Science Media Centers (SMC) auf Basis der unterschiedlichen starken Einsparungen im Vergleich zu den Jahren 2018 bis 2021 gingen von drei Szenarien aus, von denen das erste Szenario große Sorgen bereitete:

1. Im „Worst-Case-Fall“ sind keine Einsparungen vorhanden, demnach werden die Gasspeicher bis Ende März 2023 leer sein, und wir laufen schon vorher in die letzte Gaswarnstufe und die Gasmangel-Lage.

2. Die Einsparungen betragen maximal (nur) 10 %, die Gasmangel-Lage kann im Winter 2023 vermieden werden, aber danach sind die Speicher fast leer.

3. Das Einsparungspotential liegt bei 20% und die Gasspeicher reichen für den Winter 2023 aus, sie haben z. T. einen Befüllungsgrad von 50 % (und mehr) und es gibt keine Gasmangel-Lage im Frühjahr und Sommer 2023.

Erfreulicherweise, und als Wettermodell so nicht frühzeitig absehbar, kam es seit dem 20. Dezember 2022 zu milden Temperaturverläufen, bei denen die Durchschnittstemperaturen wieder deutlich höher lagen, und sich in Modellrechnungen die Auswirkungen eines milden Winters 2023 abzuzeichnen schienen: Zu diesem Zeitpunkt lagen die Füllstände der Gasspeicher am
11. Januar 2023 bei rund 91 %, ein hoher Versorgungssicherheitswert, der positiv in die Zukunft blicken ließ.

Die Bundesnetzagentur bewertete daher am 12. Januar 2023 die Lage wie folgt:

„Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil. Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Insgesamt bewertet die Bundesnetzagentur die Lage als weniger angespannt als zu Beginn des Winters. Eine Gasmangellage in diesem Winter wird zunehmend unwahrscheinlich. Eine Verschlechterung der Situation kann aber weiterhin nicht ausgeschlossen werden. Ein sparsamer Gasverbrauch bleibt wichtig.“

Während in den Folgewochen dennoch ein leichter Wintereinbruch 2023 mit Tagestemperaturen um den Gefrierpunkt einkehrte und die niedrigen Temperaturen den Gasverbrauch aufgrund von verstärkten Heizungsmaßnahmen erhöhten, warnte der Präsident der Bundesnetzagentur, Herr Klaus Müller, mehrfach erneut, dass wir temperaturbedingt zu wenig Gas sparen und das 20 % Einsparungsziel weiter zu beachten haben. Der in Prognosemodellen vielfach beschriebene Kollaps der Gasversorgung blieb aber letztendlich aufgrund des milden Januar und Februar 2022 (Lageeinschätzung des Verfassers mit Stand 22.02.2023) zum Glück aus.

Neueste Prognosemodelle gehen davon aus, dass die Speicher über den laufenden Winter 2023 gut befüllt bleiben. Entscheidender Faktor für die Füllstände der Gasspeicher bleiben aber nach wie vor die Außentemperaturen, die möglichst hoch liegen müssen und der weitere Einkauf von Gasimporten, u. a. auch die Anlieferung von Flüssiggas („LNG“) über die in Rekordzeit genehmigten und gebauten Flüssig-Gasterminals an der Nord- und Ostsee. Positiv vermerkten z. B. die Modellrechnungen des SMC, dass die Situation in früheren Szenarien dahingehend zu pessimistisch aussah, und dass nunmehr die letzten Monate unterm Strich mehr Gas nach Deutschland floss als ursprünglich angenommen. Auch machten sich die Einsparungen durch Industrie und Haushalte bemerkbar, die laut SMC „insgesamt ausreichend hoch“ gewesen sind.

Bei kritischer Betrachtung der „Einsparpotentiale“ von Seiten der Industrie fällt allerdings auf, dass ein Großteil der aktuellen Einsparungen auf Produktionskürzungen energieintensiver Unternehmen zurückzuführen ist, die z. T. aus energiepolitischer Sicht neue Arbeitsplätze verstärkt im Ausland schaffen werden. Als Zahlenwert bedeutet dies bei der Chemischen Industrie fast 30 Prozent Produktionskürzung und im gesamten Sektor energieintensiver Unternehmen von rund 20 Prozent.

Ohne die Zukunft im Detail zu kennen, stellt sich Ende Februar 2023 für ein vorausschauendes Krisenmanagement als „Strategische Aufgabe“ die wichtige Frage, wie wird es mit der Gasversorgung von Deutschland über das Jahr 2023 hinausgehen und was wird der nächste kommende Winter 2023/24 mit sich bringen, falls dieser kalt und streng wird. Reichen dann unsere Gasmengen aus und welche Präventionsmaßnahmen müssen jetzt in Angriff genommen werden, um die Vorlaufzeit sinnhaft zu nutzen.

Sollten die Gaslieferungen aus den Nachbarländern nicht kontinuierlich gesteigert werden, so reichen in einem langanhaltenden kalten Winter ohne Einsparmaßnahmen von 20 bis 25 % die Gasspeicher auch bei Füllständen von über 90 Prozent nicht aus, um die letzte Notfallstufe für eine Versorgungsmangellage auszuschließen.

Zugleich dürfte deutlich geworden sein, dass eine „Gasmangel-Lage“ mit Folgen eines möglichen (vom Verfasser geprägten Begriff) „Gasmangel-Blackout“, auch wenn die letzte (dritte) Stufe des Notfallplan Gas mit der „Notfallstufe (Notfall)“ noch nicht ausgerufen wurde, eine sehr realistische Gefahr für die Energie- und Versorgungssicherheit von Deutschland darstellt und alle Warnungen daher sehr ernst genommen werden sollten und bei weitem keine „Fake Meldungen“ beinhalten oder gar eine „Panikmache“ darstellen.

Klar dürfte die Beziehung in der Gleichung für ein mögliches Schadensszenario als Mangel-Lage sein, dass der Füllstand der Gasspeicher sich weiterhin mit hohen Werten der Einspeisung entwickeln muss, und davon maßgeblich abhängt, wie einerseits der Gasverbrauch aller Nutzer sich niederschlägt und zugleich in den kommenden kalten Jahresmonaten, speziell zum Winter 2023/24 die Witterung sich abzeichnet. Bleibt auch der nächste Winter warm, dürfte sich eine Gasmangel-Lage zunächst nicht so nachhaltig negativ entwickeln. Ebenfalls ist die Menge des verfügbaren Gases, die am Weltmarkt eingekauft und in deutschen Gasspeichern eingelagert werden kann, eine der wichtigsten Determinanten. Der aktuell wichtigste Gaslieferant für Deutschland ist mit rund 47 % Norwegen, gefolgt von Belgien (28 %) und den Niederlanden (25 %), alle Werte aus September 2022 ausgewiesen im Handelsblatt. Ein weiterer Faktor dürfte auch sein, inwieweit Polen bei einer eigenen kritischen Gasmangel-Lage zum Herbst 2023 entsprechende Gasmengen von Deutschland erbitten wird, die dann für die Eigenversorgung fehlen würden.

Als größte Unsicherheitsdeterminante erscheint die Versorgungsabhängigkeit Deutschlands von Gasversorgungspipelines als wichtige „Kritische Infrastruktur-Einrichtung“ speziell von Norwegen über die Nordsee mit drei Pipelines und den Niederlanden (eine Pipeline). Würde durch einen mit Nord Stream 1 vergleichbaren Angriffsakt diese wichtige Lieferquelle mit einem Schlag ausfallen, ließen sich die rund 47 % Erdgasimporte aus Norwegen nicht mehr frühzeitig über andere Länder kompensieren. Beim Gedanken an LNG-Tanker zeigen erste Überlegungen, dass im Jahr rund 730 Schiffe das benötigte Volumen anlanden müssten, ein vergleichsweise hoher Logistikaufwand, der zugleich mit deutlich gestiegenen Einkaufs- und Produktionskosten einher geht und daher wenig überzeugend als eine vollständige Kompensationsmaßnahme, eher denn als eine mögliche Ergänzungsmaßnahme erscheint.

Zum Schluss verweist der Fachbeitrag auf den aktuellen Lagebericht von der Bundesnetzagentur mit Stand 22. Februar 2023. Demnach ist „die Gasversorgung in Deutschland stabil. Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Insgesamt bewertet die Bundesnetzagentur die Lage als weniger angespannt als zu Beginn des Winters. Es ist unwahrscheinlich, dass es in diesem Winter noch zu einer Gasmangellage kommt. Gleichwohl bleibt die Vorbereitung auf den Winter 2023/2024 eine zentrale Herausforderung. Deswegen bleibt auch ein sparsamer Gasverbrauch wichtig.“

Um abschließend das Krisenmanagement zur Energie- und Versorgungssicherheit hinreichend bewerten zu können sollte nicht verkannt werden, dass auch „sehr gute Krisenmanager“ kaum oder keinen Einfluss auf sogenannte „Schlüsselfaktoren“ und „Kritische Faktoren“ haben und daher stets bei ihren Entscheidungen mehrere Varianten (für einen Lagevortrag zur Entscheidungsfindung als Handlungsoption) beachten sollten.

Zur Erinnerung:

Schlüsselfaktoren sind Einflussfaktoren, die für einen konkreten Auftrag bzw. für die aktuelle Lage von besonderer Bedeutung sind.

Kritische Faktoren sind Einflussfaktoren, die entscheidende Auswirkungen auf die Durchführung des jeweiligen Auftrags nehmen können, oder bei deren Beurteilung immer Folgerungen für das eigene Handeln abzuleiten sind (Wetter/Witterung, Kräfte, Raum, Zeit, Info).

Die für ein positives Krisenmanagement wichtigen Phasen

  • Lagefeststellung und Kontrolle
  • Entscheidungsfindung
  • Planung
  • Weisungen

vollziehen sich in einem fortlaufenden Zyklus, bauen aufeinander auf, und benötigen auch für diesen Themenbereich stets ein vorausschauendes und folgerichtiges Denken und Handeln.

Ein Krisenmanagement, oder besser der Versuch eines nachhaltigen „Resilienz-Managements“ sollte nicht auf dem „Prinzip Hoffnung“ seine Strategie und Entscheidungen aufbauen. Hierzu zählt der Verlauf der Witterung, im konkreten Fall können wir nicht – wie derzeit im Winter 2022/23 – immer damit rechnen, dass auch der nächste Winter 2023/24 ebenso mild wird. Was, wenn uns ein langer und über zwei bis drei Monate kalter Winter 2023/24 droht. Dann würden die vorhandenen Gasspeicher,

selbst bei einem hohen Auslastungsgrad, wie im Dezember 2022 und Januar 2023, nicht über mehrere Monate ausreichen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass kurzfristig über den Bau neuer großer Erdgasspeicher nachgedacht werden muss, um neue Speichermengen und hohe Füllstandraten für Winterphasen zu schaffen. Bereits im Jahre 2015 kam eine Studie im Auftrag des BMWi zu der Erkenntnis, dass es eine Versorgungslücke bei der Gasspeicherung für kalte Winter gäbe, die einen Speicherneubau von 75 TWh Arbeitsgasvolumen (= entspricht rund 7 Mrd. Kubikmeter) nötig machen würde. Die aktuell angespannte Versorgungssicherheitslage müsste trotz hoher Kosten die Baumaßnahmen zur Erweiterung der Speichervolumen dringend erforderlich machen.

Glücklicherweise haben Unternehmen und deren Notfallstäbe sowie die Krisen-/Verwaltungsstäbe von Landkreisen/Kreisen und kreisfreien Städten, aber auch erste kreisangehörige Städte und Gemeinden einschließlich der BOS-Organisationen begonnen, ihr Krisen- und Notfallmanagement einschließlich deren Gefahrenabwehrpläne in Bezug auf eine mögliche und langanhaltende Gasmangellage zu überprüfen.

Bereits im kleinen Maßstab, quasi an der Basis, entstehen erste

Notfallkonzepte, die die „Gasmangel-Lage“ bzw. den „Gasmangel-Blackout“ als mögliche denkbare Krisenschadenslage (Großschadensereignisse und/oder Katastrophenlage) analysieren und

„kleine Lösungsmodelle“ angehen. Diese reichen von der Anschaffung von Ersatzversorgungsanlagen für die Gasbeheizung von Gebäuden mittels Flüssiggasanlagen und ausreichend dimensionierten Flüssiggasbehältern bis hin zum Einrichten und Betreiben von sogenannten „Wärmeinseln“ (als Teil von sogenannten „Kat-Leuchttürmen“) für BürgerInnen in einem denkbaren kalten Winter bei Einschränkung und gegebenenfalls Ausfall der Gasversorgung.

Daneben werden derzeit Konzepte zum Ausbilden und Beüben von Notfallstäben von Unternehmen und Verwaltungsstäben der öffentlichen Hand beraten und in ersten Pilotanwendungen praktikabel umgesetzt; es bedarf aber gerade in diesem Bereich noch weiterer Anstrengungen und einer ausreichenden Ausstattung mit finanziellen Mitteln durch Bund und jeweilige Länder. Die Zeit für den Vorlauf im Rahmen einer sinnhaften Prävention sollte jetzt genutzt werden. 



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