Mit virtueller Ausbildungssoftware ins Homeoffice

Christian Niemand

Christian Niemand – FwESI

Seit einigen Jahren ist ein stetig wachsendes Interesse an digitalen und interaktiven Ausbildungsmöglichkeiten bei der Feuerwehr in Deutschland erkennbar und an einigen Standorten wurden bereits verschiedene Prototypen in Feldversuchen getestet. Doch nicht nur das steigende Interesse, sondern auch die aktuelle Situation der Pandemie machen Alternativen bei der Ausbildung dringend erforderlich.

Ursprünglich wollten wir einen ersten Entwicklungsstand von FwESI auf der Interschutz 2020 vorstellen. Doch aufgrund der Verschiebung mussten wir unseren Plan anpassen und haben auf eine Veröffentlichung zur Interschutz 2021 hingearbeitet. Da nun jedoch die Infektionszahlen stark steigen und bereits erneut die Gefahr von Ausfällen in der Ausbildung besteht, haben wir uns dazu entschlossen ein erstes FwESI-Paket zu schnüren, mit dem wir alternative Ausbildungsmöglichkeiten anbieten möchten, die über Videokonferenz auch in die heimischen Arbeitszimmer zu bringen ist.

Eine Simulation einer virtuellen Lagedarstellung.
Eine Simulation einer virtuellen Lagedarstellung.
Quelle: Christian Niemand – FwESI

Doch Schritt für Schritt ...

Die Idee zur Feuerwehr-Einsatzsimulation (kurz FwESI) ist auf zwei Forschungsprojekte zurückzuführen, die gemeinsam mit dem Brand- und Katastrophenschutz Cham, einem Partner aus der Industrie, sowie dem Fachgebiet Technische Informatik der Universität Kassel durchgeführt wurden. In beiden Projekten wurde nach Möglichkeiten gesucht, Schulungsinhalte für Feuerwehr Gruppenführer und Atemschutzgeräteträger interaktiv in die Aus- und Fortbildung am Standort zu integrieren. Die Feldversuche mit den Prototypen liefen sehr erfolgreich und der Wunsch nach einer kommerziellen Lösung inklusive Multiplikatoren-Konzept wurde mehrfach geäußert. Für einen kurzen Rückblick möchten wir auf den im CP Fachportal online veröffentlichten Artikel “Zukunft der virtuellen Ausbildung bei der Feuerwehr” verweisen.

Die Feuerwehr-Einsatzsimulation wurde nach den Feldversuchen als eine Neuentwicklung begonnen, um softwareseitig ein solides Fundament zu schaffen, auf dem zukünftige Lernmodule aufgebaut werden können. Seitens der fachlich didaktischen Inhalte steht uns ein zuverlässiger Partner zur Seite, um eine fachgerechte Qualität der Ausbildungsinhalte zu gewährleisten.

Moderierte Einsatztaktik-Schulungen

Der Fokus des ersten Lernmoduls liegt auf moderierten Einsatztaktik-Schulungen für Gruppenführer und Atemschutzgeräteträger. Die vorgefertigten Gruppenführer Lagen beginnt mit dem letzten Abschnitt der Anfahrt zur Einsatzstelle und werden gemäß FwDV 100 abgearbeitet. FwESI dient dabei in erster Linie als Werkzeug zur Darstellung und als Ersatz für eine Planspielplatte. Ähnlich wie bei einer Planübung übernimmt der Übungsleiter ein Rollenspiel und steht im Dialog mit der Lerngruppe. Auf die Lagen abgestimmte Lernunterlagen dienen dem Übungsleiter dabei als Leitfaden.

In den Feldversuchen hat sich gezeigt, dass ein unterstützender Helfer bei der Bedienung des Rechners sehr hilfreich sein kann. Der Moderator übernimmt die Kommunikation und die Wissensvermittlung gegenüber der Lerngruppe, während der Operator die Steuerung des Rechners übernimmt. Der Anwender kann die Lage in Egoperspektive am Desktop oder in Virtual Reality (VR) erkunden und diese entsprechend des Übungsverlaufs über den Operator Modus modifizieren. Dazu stehen ihm verschiedene Bedienelemente und eine Objektbibliothek mit Einsatzfahrzeugen, Personen und taktische Zeichen etc. zur Verfügung. Mithilfe von Software für Videokonferenzen bzw. Bildschirmübertragungen wie z. B. Discord oder Zoom kann die Darstellung der virtuellen Planübung auch als Konferenz an Teilnehmer zu Hause übertragen werden.

Das Planspiel kann über Telefonkonferenz (Fotomontage) durchgeführt werden.
Das Planspiel kann über Telefonkonferenz (Fotomontage) durchgeführt werden.
Quelle: Christian Niemand – FwESI

In der Rolle des Angriffstrupps kann sich der Anwender mit Pressluftatmer, Wärmebildkamera sowie Feuerwehrleine ausrüsten, um auf Themen wie Suchen und Retten von vermissten Personen einzugehen. Für diese fünf vorgefertigten Lagen werden dem Übungsleiter ebenfalls Lernunterlagen als Leitfaden mit an die Hand gegeben. Bei der Umsetzung der Lagen sowie der Lernunterlagen wird sich nach deutschen Normen und Vorschriften gerichtet. Uns ist jedoch bewusst, dass sich die Lehrmeinungen in den Bundesländern sowie von Standort zu Standort durchaus unterscheiden können. Daher möchten wir darauf hinweisen, dass die Lernunterlagen nicht als die einzig richtige Herangehensweise zu verstehen sind. Vielmehr möchten wir Sie dahingehend motivieren, den Leitfaden an Ihre regionalen Gegebenheiten anzupassen und verschiedene Blickwinkel in Ihren Veranstaltungen zu diskutieren.

Neben den einsatztaktischen Inhalten ist auch ein virtuelles Schulungsboard einer Brandmeldeanlage enthalten. Anhand dieses Boards können die grundlegenden Funktionen und die Zusammenhänge der verschiedenen Bauelemente interaktiv erklärt oder experimentell im Selbststudium erlernt werden. Außerdem besteht für Ausbilder die Möglichkeit eigene Lagen bzw. Variationen der vorgefertigten Lagen zu erstellen. Diese Funktion befindet sich aktuell jedoch noch in einer Testphase. Für die Ausführung der Feuerwehr-Einsatzsimulation ist ein aktueller Gaming-PC bzw. eine aktuelle Grafikkarte erforderlich.

Ein virtuelles Schulungsboard einer Brandmeldeanlage.
Ein virtuelles Schulungsboard einer Brandmeldeanlage.
Quelle: Christian Niemand – FwESI

Der Ausbilder als elementarer Bestandteil und Multiplikator

Idealerweise sollen Simulationslösungen zur Ausbildung wie FwESI flächendeckend und nachhaltig für jeden Standort in Deutschland verfügbar sein. Für die Ausbilder ist eine systemabgestimmte Hardware und Software sowie eine Tagesschulung vor Ort empfehlenswert. Im Rahmen dieser Veranstaltung soll das Schulungskonzept transportiert werden, welches sich im Laufe der Feldversuche entwickelt hat und den Ausbildern den Umgang mit der Software nahebringen. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Software in diesem Konzept als Werkzeug zur Darstellung zu verstehen ist und vom Ausbilder didaktisch zielgerichtet eingesetzt werden muss. Genau wie an der klassischen Planspielplatte ist der Übungsleiter verantwortlich für die Inhalte. Für die Standorte der Freiwilligen Feuerwehren sowie interessierte Privatpersonen ist eine alternative Variante, die zukünftig mit autarken Lernmodulen aufgebaut werden soll empfehlenswert.

Was für die Zukunft geplant ist

Die Zeit ist unserer Meinung nach reif für eine Modernisierung der Ausbildung durch digitale und interaktive Medien. Wir möchten die Feuerwehr-Einsatzsimulation zeitnah zu einer Plattform ausbauen, die interaktive Lernmodule für die Ausbildung bei der Feuerwehr in Deutschland flächendeckend bereitstellt. Während aktuell noch moderierte Schulungskonzepte im Vordergrund stehen, befinden sich bereits erste autarke Lernmodule, die ohne Ausbilder im Selbststudium durchgeführt werden können, in der Entwicklung. Bzgl. der moderierten Schulungskonzepte planen wir bereits eine Multiuser-Funktionalität, damit von verschiedenen Standorten auf die gleiche virtuelle Lage zugegriffen werden kann. Somit eröffnen sich nicht nur neue Möglichkeiten für Schulungen im Home-Office, sondern auch die Anbindung weiterer Organisationen wie Rettungsdienst, THW und Katastrophenschutz rücken in greifbare Nähe.

In der Simulation können Szenarien aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet...
In der Simulation können Szenarien aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und geübt werden.
Quelle: Christian Niemand – FwESI

Um unser Ziel einer flächendeckenden und interaktiven Lernplattform für die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr zu erreichen, möchten wir mit Ihnen zusammenarbeiten. Wir sind daher sehr an Ihrem Bedarf, Ihren Erfahrungen und natürlich an Ihrer Meinung bzgl. FwESI interessiert, um die Software stetig ausbauen und verbessern zu können. Sofern Betriebe oder Werkfeuerwehren spezielle Lagen oder Anlagen trainieren möchten, könnten diese ebenfalls als separate Module integrierte Erweiterungen darstellen.

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