„Volles Risiko“: CP-Symposium auf der INTERSCHUTZ

Benno Fritzen

Da ist der Beta Verlag „voll auf Risiko“ gegangen. Es gehört schon Mut dazu, ein zweitägiges Symposium abzuhalten, wenn „nebenan“ die INTERSCHUTZ als Weltleitmesse für die Bereiche Brandbekämpfung, Rettungsdienst und Katastrophenschutz mit beeindruckenden Exponaten lockt.

Moderator und Referenten des CP-Symposiums
Moderator und Referenten des CP-Symposiums
Quelle: Marcel Zeumer, Christian Platz

„Fortes fortuna adiuvat“ oder „den Mutigen hilft das Glück“, so darf bilanziert werden. Zum ersten Mal hatte der Beta Verlag neben der schon traditionellen CP-Konferenz, die jährlich in Berlin stattfindet, mit dem CP-Symposium im Convention-Center auf dem Messegelände in Hannover an zwei aufeinander folgenden Tagen Fachvorträge in einem neuen Format angeboten.

Der erste Tag war dem Themenkomplex „Katastrophenschutz im länderübergreifenden Kontext“ gewidmet. Der Leiter des Schweizer Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, Christoph Flury, gab einen informativen Einblick in die Strukturen des Bevölkerungsschutzes in der Schweiz. Der Grad der staatlichen Vorbereitung der Schweiz besonders im Bereich des Zivilschutzes ließ auch gut orientierte Fachbesucher aufhorchen. 

Es folgte ein Blick in die Ukraine. Christian Poschmann von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit erläuterte den Rahmen, innerhalb dessen die Bundesrepublik Deutschland seit Jahren durch Entsendung von Fachberatern den Aufbau des ukrainischen Katstrophenschutzes unterstützt. Im Saal war Betroffenheit zu spüren, als der Referent das Wort an Oberst Oleksandr Vaskovski übergab, der als Offizier der Berufsfeuerwehr in Kiew im Hauptquartier des ukrainischen Katstrophenschutzes arbeitet und den neuen „Alltag“ der Feuerwehren in der Ukraine schilderte.

Gewohnt, die Dinge von oben zu betrachten, erlaubt sich Dr. Krystian Pracz als CEO der Stiftung Luftrettung der Deutschen Rettungsflugwacht (DRF) deutliche Empfehlungen für eine Novellierung des Rechtsrahmens für das Luftrettungswesen in Deutschland zu geben. Seine Bilder von Einsätzen im Ahrtal ließen keinen Zweifel an der Notwendigkeit eines leistungsfähigen und abgestimmten Systems der Luftrettung in Deutschland aufkommen.

Die Möglichkeiten aber auch Grenzen einer subsidiären Hilfeleistung der Bundeswehr für den zivilen Bevölkerungsschutz zeigte Generalmajor Carsten Breuer auf, Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben und designierter Leiter des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr. Immer wieder wies der Referent darauf hin, dass die Bundeswehr kommt, wenn man sie ruft, ihr Kernauftrag aber die Landes- und Bündnisverteidigung ist und nicht die Kompensation von „Fähigkeitslücken“ im Bereich des zivilen Bevölkerungsschutzes.

Eine internationale Note setzte zum Abschluss des ersten Tages ein Vortrag der Herren Tommy Begres, Jon Hall und Jürgen Schreiber des Unternehmens Emergent Inc., die über Möglichkeiten des Impfschutzes von Einsatzkräften informierten. 

Der zweite Tag des Symposiums war dem Themenschwerpunkt „Extreme Wetterlagen“ gewidmet. Den Auftakt machte Bernd Kirschbaum vom Umweltbundesamt, der anhand von aussagekräftigen Grafiken und Prognosen die Entwicklungen und Handlungsoptionen in Bezug auf Trockenheit und Wasserknappheit in Deutschland aufzeigte. Die Ausführungen waren nicht geeignet, Beruhigung zu verbreiten.

Wie schnell die Gesellschaft von der Realität eingeholt wird, machte Jochen Stein deutlich, der als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Deutschland die Sicht der Feuerwehren auf Wald- und Vegetationsbrände darstellte und die Fachpositionen mit beeindruckenden Bildern von Einsätzen deutscher Feuerwehren im In- und Ausland untermauerte.

Einmal mehr stellte der Referent heraus, dass das Rad nicht neu erfunden werden muss, sondern dass Deutschland bei Konzepten und Technik durchaus von europäischen Nachbarn und internationalen Erfahrungen lernen kann.

Als nächster Referent stellte Volker Strotmann, Abteilungsleiter (Bild: Marcel Zeumer, Christian Platz) Einsatz der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, die Erkenntnisse des THW aus den Starkregeneinsätzen 2021 vor. Er wies darauf hin, dass die Ausbildung der Führungskräfte für Führungsaufgaben oberhalb der Zugebene intensiviert werden muss, um auch auf die Führung von großen Verbänden vorbereitet zu sein.

Den Themenblock zu extremen Wetterlagen schloss ein Vortrag aus dem Bereich der Industrie ab: Thomas Mottner von der Globe Flight GmbH zeigte den aktuellen Stand der Technik im Bereich des Drohneneinsatzes auf, insbesondere für Einsätze der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.

Das Interesse des Publikums an den Themen wurde in der anschließenden Podiumsdiskussion mit allen Referenten des Tages deutlich.

Die Fragen und Diskussionsbeiträge nahmen kein Ende und sprengten den ursprünglich vorgesehen Zeitplan um mehr als eine Stunde. Die Veranstalter durften diesen Verlauf aber als ehrliches Kompliment seitens des Publikums werten, welches mit der Auswahl der Themen und Referenten offensichtlich sehr zufrieden war. 

An beiden Tagen wurde das Symposium von mehr als 150 Teilnehmern besucht. „Angesichts des sehr attraktiven Angebotes auf dem Messegelände rings um das Convention-Center ein nicht sicher erwartbares Ergebnis“, resümiert Verlegerin Heike Lange und lässt durchblicken, dass die Fachszene auch im Rahmen der nächsten INTERSCHUTZ im Juni 2026 mit einem CP-Symposium rechnen darf.

Premiere gelungen!


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