Herausforderungen der Planung von TETRA Objektfunkanlagen auf Basis eines Metropolenkonzeptes

Andreas Biehler

PantherMedia / Gudella

Der Begriff „Metropolenkonzept“ ist derzeit in aller Munde, wenn es in sogenannten Ballungsräumen um die Realisierung des TETRA Digitalfunks in Objekten geht. Aufgrund der einhergehenden Komplexitäten ist es ratsam, wesentliche Kernaspekte des Gesamtkonzeptes von Beginn an zu beachten. Diese werden in diesem Artikel näher beleuchtet.

Bis dato sind etwa 4.000 Gebäude bereits mit Objektfunkanlagen ausgestattet. Prognostiziert wird eine Zunahme auf 15.000 bis 20.000 Anlagen in den nächsten zehn bis 15 Jahren. Das würde eine enorme Verdichtung vor allem in Ballungsräumen bedeuten. Allerdings erschweren diverse Gegebenheiten den weiteren Ausbau dieser Anlagen.

  • Zum einen gibt es mancherorts nur eine ungenügende Anzahl an dedizierten Basisstationen für den Betrieb von Objektfunkanlagen und auch eine mangelnde Anzahl an UL-Empfängern an der TETRA Basisstation (TBS).
  • Die Anbindung der Objekte über die Luftschnittstelle wird aufgrund unzureichender oder schwankender Anbindepegel nur bedingt den stringenten Anforderungen an die Ausfallsicherheit gerecht. Städtebauliche Veränderungen oder andere Einflussfaktoren können zu einer vollständigen Unterbrechung der Anbindung führen. Das erfordert kontinuierliches Nachbessern. 
  • Außerdem stellt die Frequenzknappheit für den BOS-Digitalfunk in Deutschland mit nur 5 MHz Bandbreite (Subband A 380-385/390-395MHz, seit 2020 weitere 1,5MHz im Subband B) Netzplaner immer wieder vor neuen Herausforderungen. 

Diese Engpässe und Limitierungen sollen alle mit dem sogenannten Metropolenkonzept adressiert werden. Unter einem Metropolenkonzept wird eine Anbindung aller Objektfunkanlagen über Glasfaser verstanden. Es handelt sich um eine vollumfängliche funknetzplanerische, konzeptionelle und organisatorische Betrachtung aller Objektfunkanlagen innerhalb eines definierten Ballungsgebietes im netzgebunden TMO-Betriebsmodus.

Einzelne Objektfunkanlage versus Metropolenkonzept

In einem Gebäude oder einem Campus mit nur einem optischen Verteilsystem (eine Systemtechnik) auf einem Grundstück gibt es im Normalfall nur einen Gebäudeeigner (welcher zahlt), einen Errichter (welcher installiert, überwacht und wartet) und nur eine fordernde Nutzergruppe (z. B. Feuerwehr). Des Weiteren ist die Glasfaserinfrastruktur vorhanden und Schnittstellen z. B. im Störmeldeprozess sind klar definiert. Auch Vorhersagen über zukünftige Systemerweiterungen sind relativ leicht möglich, da zukünftige Bauabschnitte bekannt sein dürften.

Ganz anders sieht es beim Metropolenkonzept aus. Hierbei soll eine Vielzahl an Gebäuden innerhalb eines städtischen Bereiches über eine TBS versorgt werden. Das bedeutet: Zusätzliche Schnittstellen und Interessengruppen kommen mit ins Spiel. Die Gebäude befinden sich auf unterschiedlichen Grundstücken mit unterschiedlichen Gebäudeeignern. Diverse Errichtungsfirmen erweitern mit eventuell unterschiedlichen Systemtechniken (z. B. in kaskadierten Fällen) das Netz. Zudem wird ein Glasfaseranbieter benötigt, der sogenannte Dark Fiber zur Verfügung stellt. Eine Vorhersage zur Erweiterung der Anlage ist relative schwierig, da das Design den Ausbau über fünf bis zehn Jahre oder sogar länger berücksichtigen sollte.

Verbindung zwischen verschiedenen Stationen einer TETRA-Objektfunkanlage.
Verbindung zwischen verschiedenen Stationen einer TETRA-Objektfunkanlage.
Quelle: CommScope

Kritische Faktoren

Aufgrund dieser Voraussetzungen ergeben sich zahlreiche Themen, Schnittstellen und Verantwortlichkeiten, die es kritisch zu betrachten gilt. Die Überwachung des Gesamtnetzes spielt eine elementare Rolle. Eine gute Netzwerk Management Software (NMS) ermöglicht schnelle Entscheidungen hinsichtlich Wartung, Rückwirkungsfreiheit und Einsatztaktik. Zu klären ist, welche Organisationen Interesse an der Mitnutzung einer Metropolenkonzept-
Objektfunkanlage haben, welche Rechte und Sichten (begrenzte Zugriffsrechte) ihnen das NMS einräumt und wie der Störmeldeprozess im Fehlerfall ist.

Bei der Hardware beginnt das MP-Konzept an der Tetra Base Station (TBS). Hier gilt es zuerst zu klären, ob dedizierte TBS oder Freifeld-TBS verwendet werden. Des Weiteren sind sowohl der Frequenzbereich (5MHz oder 6.5MHz) als auch die Anzahl der Träger und der UL Empfänger zu definieren. Weitere wesentliche Aspekte sind der zu wählende Standort, die Beschaffung (wer zahlt) und Schutzziele.

Zwischen der TBS und der Master Unit sitzt das HF Koppelfeld. Hierbei ist die Anzahl der anzuschließenden optischen Master Units (OMU) und verfügbaren UL Empfänger zu berücksichtigen. Wichtig dabei ist, das Koppelfeld von Beginn an für den maximalen zukünftigen Ausbau auszulegen und entsprechende HF Leistungspegel zu definieren. Nachträgliche Eingriffe in das HF Koppelfeld könnten im schlechtesten Fall zu einem Nachpegeln bereits angeschlossener Systeme führen.

Da sich am TBS Standort sowohl das HF Koppelfeld als auch die optischen Master Units befinden, sind klare Zugriffsrechte festzulegen. Fragen bezüglich des Bedarfs an sicherheitsgeprüftes Personal (Schutzziele) und Servicelevel müssen adressiert werden. Wichtig ist auch zu klären, wer verantwortlich für die diversen Master Units ist. Gibt es für alle OMU einen Verantwortlichen, für jede OMU einen, oder sogar mehrere für eine OMU? 

Eine weitere Komponente im MP-Konzept ist die Systemtechnik selbst, das sogenannte optische Verteilsystem. Aufgrund der geographischen Ausdehnung im Ballungsraum ist zu klären, welche Objekte an welche OMU angeschlossen werden. Hier sind wiederum eindeutige Schnittstellen zu definieren, um auch monetäre Belange abbilden zu können (Wer zahlt was? Wem gehört was?). Das Konzept der unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV, zentral versus dezentral) hat Einfluss auf die Größe der Anlagen. Zu guter Letzt muss auch die Frage beantwortet werden, ob eine Systemtechnik von einem Lieferanten oder mehreren zugelassen wird, unter Abwägung aller Vor- und Nachteile (z. B. Schulungen, Ersatzteilbevorratung etc…).

Um Verbindungen zwischen der TBS und den Objekten herzustellen, wird eine Dark Fiber benötigt. Eine Dark Fiber ist eine dunkle oder nicht beleuchtete Faser, also eine nicht verwendete optische Faser, welche zwischen zwei Standorten durchgespleißt ist und Punkt-zu-Punkt-Verbindungen ermöglicht. Hier ist zu klären, wer diese in welcher Anzahl zur Verfügung stellt, und wie hoch die Fasermieten pro Monat und Jahr sind. Eventuell müssen mehrere Glasfaseranbieter involviert werden.

In den einzelnen Objekten sollte ein Übergabepunkt definiert werden. Dieser ist vor allem dann wichtig, wenn z. B. ein zweites – sogenanntes kaskadiertes – System angeschlossen wird. Dies wird häufig eintreten, da viele Gebäude aufgrund ihrer Größe nicht mit einer Remote Unit mit ausreichender Funkversorgung abgedeckt werden können. Um diese Schnittstelle eindeutig zu definieren, sollte ein fixer Ausgangspegel festgelegt werden. Da sich hier auch wieder unterschiedliche Interessensgruppen treffen können, sollte auch der Störmeldefluss bestimmt werden, z. B. welche Alarme sind vom sekundären kaskadierten System zum Primären weiterzuleiten?

Zuständigkeiten in einer TETRA-Objektfunkanlage.
Zuständigkeiten in einer TETRA-Objektfunkanlage.
Quelle: CommScope

Ein Netz für Alle

Das MP-Konzept bietet eine hervorragende Chance, ein sicherheitsrelevantes Funksystem auszurollen, das den Anforderungen diverser Interessensgruppen gerecht wird. Neben der Feuerwehr oder der Polizei können dies auch Rettungsdienste, THW oder Ordnungsämter und Verkehrsämter etc. sein. Daraus leiten sich dann auch die benötigten Frequenzen ab. Die zuständigen Ansprechpartner seitens der Autorisierten und Koordinierenden Stellen der Länder und der BDBOS sind unbedingt einzubinden.

Zusammenfassender Überblick auf der Basis eines Metropolkonzeptes.
Zusammenfassender Überblick auf der Basis eines Metropolkonzeptes.
Quelle: CommScope

Es ist ratsam, bei derartigen Projekten bereits von Beginn an Interessenten, Entscheider, Geldgeber, Planer und technische Experten zu involvieren, um koordiniert ein durchgängiges Design zu entwerfen. Je früher die genannten Punkte adressiert und Stakeholder involviert sind, und je mehr Synergien durch ein derartiges Netz – idealerweise „Ein Netz für Alle“ - geschaffen werden können, desto höher die Chance eines reibungslosen und erfolgreichen Roll-outs.

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