Leitstellen im Wandel

Vor welchen Herausforderungen stehen wir?

Volkmar Lang

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In Deutschland existiert eine Leitstellenstruktur äußerster Vielfalt. Schätzungen des Fachverbandes Leitstellen e. V. zufolge, gibt es etwa 400 polizeiliche und nichtpolizeiliche Leitstellen, wobei ca. 230 Leitstellen der kommunalen Gefahrenabwehr zuzuordnen sind. Das sind diejenigen Leitstellen, in denen die Anrufe über den EU-weiten Notruf „112“ angenommen und bearbeitet werden. Hinzu kommen weitere Leitstellen, welche von Werkfeuerwehren und anderen Dienstleistern betrieben werden und die Gefahrenabwehr in großen Industrieunternehmen, Gewerbe- oder auch Freizeitparks sicherstellen. Der Fokus soll in diesem Artikel jedoch ausschließlich auf die kommunalen Einrichtungen gerichtet sein.

Ebenfalls vielfältig sind die anzutreffenden Organisationsformen in diesem Bereich: Leitstellen können von Berufsfeuerwehren, Landkreisen, Landkreisverbünden, Eigenbetrieben und Zweckverbänden oder Hilfsorganisationen betrieben werden. In einigen Fällen finden sich auch Kooperationen, bei denen dann polizeiliche und kommunale Leitstelle unter einem Dach, jedoch in getrennten Räumlichkeiten, betrieben werden. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die Leitstellen flächendeckend sogenannte „Integrierte Leitstellen“ (ILS) sind, dort also alle Anliegen des Rettungsdienstes, der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und manchmal auch des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes „116 117“ bearbeitet werden. Steigerungsformen des Begriffes „ILS“ sind „Integrierte Regionalleitstelle“, wenn mehrere Gebietskörperschaften abgedeckt werden und „Kooperative Leitstelle“, wenn Polizei und Kommune eine Leitstelle gemeinsam betreiben. Bei aller Erkenntnis in die Notwendigkeit und trotz des langsam weiter fortschreitenden Zentralisierungsprozesses in der Leitstellenlandschaft, sind die leitstelleninternen Strukturen und die technischen Ausstattungen nicht genormt. Nicht einmal innerhalb der meisten Bundesländer gibt es Einheitlichkeit, so dass auf enge Zusammenarbeit angewiesene Nachbarleitstellen in vielen Fällen unterschiedliche Einsatzleit- und Kommunikationssysteme nutzen, wodurch zum Austausch von Daten weiterhin auf das Telefon zurückgegriffen wird. Oder es gibt keine landesweit einheitlichen Einsatzstichworte, was den Effekt hat, dass unmittelbar benachbarte Leitstellen den gleichen Notfall durchaus unterschiedlich behandeln.

Welche Themen beschäftigen die Leitstellen derzeit? Diese Themen lassen sich, das wird wenig verwundern, im gesamtgesellschaftlichen Kontext subsumieren: Fachkräftemangel, Digitalisierung, Wandel des deutschen Sozialstaates. Im Speziellen drehen sich die Diskussionen und erste Veränderungsschritte um diese Inhalte:

  • Wandel der Aufgaben und zunehmender Fachkräftemangel
  • Vernetzung der Leitstellen und die Einführung neuer Dienste
    zur Notrufübermittlung
  • Reform der Notfallversorgung in Deutschland

Wandel der Aufgaben und zunehmender
Fachkräftemangel

Je nach Vorgabe in der jeweiligen Landesgesetzgebung der Bundesländer setzt die Tätigkeit als Leitstellendisponent unterschiedliche Vorqualifikationen und Einsatzerfahrung in den Bereichen Feuerwehr und Rettungsdienst voraus. Sowohl die Brandschutz- und Hilfeleistungs- als auch die Rettungsdienstgesetze der Bundesländer formulieren zumeist Forderungen an die Mindestqualifikation von Mitarbeitern in Leitstellen. Teilweise existieren Verordnungen oder Erlasse, die Aufgaben, Ausstattung der Leitstellen und Anforderungen an die dort Tätigen präzisieren. Vor Aufnahme der Tätigkeit als „Leitstellendisponent“ wird vereinzelt eine fachspezifische Weiterbildung gefordert oder leitstellenintern absolviert, jedoch mit völlig unterschiedlichen Inhalten und stark voneinander abweichenden Lernzielen in einem ebenso unterschiedlichen Zeitrahmen. Eine bundeseinheitliche Weiterbildung „Leitstellendisponent“ existiert derzeit nicht. Somit darf angenommen werden, dass die Qualität der Arbeit der Leitstellen im deutschlandweiten Vergleich stark differieren wird. Zwei Lichtblicke sind in diesem Zusammenhang die Bestrebungen im Bundesland Bayern, die Disponentenausbildung als Berufsbild zu etablieren sowie einiger Bundesländer im Norden und Osten der Republik, gemeinsame Lehrpläne für eine modulare Ausbildung zu entwickeln, die dann allerdings nicht in eine Berufsausbildung mündet, sondern lediglich eine Qualifikation darstellt. Eine Anrechnung bereits vorhandener Ausbildungen in Rettungsdienst und Feuerwehr auf die zu absolvierenden Module soll hier möglich sein.

Feuerwehrtechnisches Zentrum Minden-Lübbecke
Feuerwehrtechnisches Zentrum Minden-Lübbecke
Quelle: Kreis Minden-Lübbecke/Trapez Architektur

Jedoch ist mit der alleinigen Einstellung und Ausbildung von „Leitstellendisponenten“ keine Leitstelle zu betreiben: Je nach Größe und Organisationsform können Calltaker und Einsatzsachbearbeiter unterschieden werden, beide durchaus auch mit unterschiedlichem Ausbildungsstand. Zudem werden Führungskräfte benötigt: Neben den Leitstellenleitern werden die unterschiedlichsten Bezeichnungen und Aufgabenbeschreibungen für Führungskräfte genutzt. Es gibt Lagedienstführer, Dienstgruppenleiter oder Schichtführer und Schichtleiter. Einen ersten Überblick über entsprechende Tätigkeitsbeschreibungen findet man auf der Homepage des Fachverbandes Leitstellen e. V.. Dort werden darüber hinaus weitere zur Sicherstellung des Leitstellenbetriebs erforderliche Funktionen beschrieben: Systemadministratoren, Qualitätsmanagementbeauftragte und Praxisanleiter. Die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) und der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) sehen weitergehende Herausforderungen für die Leitstellenbetreiber: Es besteht die Ansicht, dass die Leitstellen zukünftig als „gemeinsamer Informationsraum für ein interdisziplinäres Krisenmanagement“ ausgemacht werden können und die zunehmende Verbreitung von automatisch ausgeführten Notrufen ebenso zu einer Prozessautomatisierung in den Leitstellen führen wird. Diese Vorgänge werden zu zunehmender „Interprofessionalität“ in den Leitstellen führen, was einerseits zu einer Spezialisierung der Mitarbeitenden in größeren Leitstellen auf einzelne Prozessschritte und andererseits in kleineren Leitstellen mit entsprechend geringem Personalbestand zu Generalisierung in der Ausbildung führen kann. Diese Generalisten werden dann Kenntnisse über die Kernprozesse in der Leitstelle und über die begleitenden Prozesse z. B. in der IT oder der Lagedarstellung oder der Datenpflege in Geografischen Informationssystemen besitzen müssen. Daneben beeinflussen weitere Faktoren, wie z. B. die gerade beginnende Einführung von IT-Sicherheitsmanagementsystemen (ITSM) den wachsenden Fachkräftebedarf. Allein die Berufs- oder modulare Ausbildung von Leitstellendisponenten wird diesen Bedarf nicht decken: In Konkurrenz mit der freien Wirtschaft lässt sich erforderliches Personal nur akquirieren, wenn es im öffentlichen Dienst gelingt, den spannenden Arbeitsplatz „Leitstelle“ auch für branchenfremde Personen attraktiv zu machen, indem flexible Arbeitszeitmodelle, angemessene Vergütung und entsprechende Aus- und Weiterbildungsprogramme angeboten werden. Zudem muss diskutiert werden, ob die Zusammenlegung kleinerer Leitstellen zu größeren Einrichtungen oder Verbünden nicht langfristig die zweckmäßigere und wirtschaftlichere Lösung darstellt.

Vernetzung der Leitstellen und die Einführung
neuer Dienste zur Notrufübermittlung

Natürlich hat die Digitalisierung in den Leitstellen schon vor vielen Jahren begonnen, letztlich bereits in den 1990er Jahren, als die ersten Einsatzleitsysteme die bis dahin vorherrschenden Wachbücher ersetzten. Inzwischen können Leitstellen papierlos arbeiten; die Systeme bieten dafür alle Voraussetzungen: Ortsund andere Stammdaten sind neben den Ausrückeordnungen und Alarmierungsroutinen in den Datenbanken versorgt, Einsatzmittel übermitteln ihre Standorte via Datenfunk, Einsatzdaten werden aus dem Einsatzleitsystem in die entsprechenden mobilen Datenerfassungssysteme der Feuerwehren und Rettungsdienste übertragen. Zur Prozessautomatisierung werden zunehmend Softwarebausteine genutzt, die georeferenzierte Einsatzmittelvorschläge für Einsatzmittel der Feuerwehren und des Rettungsdienstes erzeugen, oder auch Fahrzeiten und Auslastung von Krankentransportwagen ermitteln und deren Fahrtrouten optimieren können. Ergänzend werden zunehmend Leitstellennetzwerke auf lokaler oder auch auf Landesebene etabliert, die es ermöglichen, Einsatzdaten auszutauschen und Einsatzmittel anzufordern oder zur Verfügung zu stellen. Auch versetzen diese Netzwerke bei weitergehender Integration die Leitstellen in die Lage, sich gegenseitig in Überlaufsituationen zu unterstützen oder bei Eintritt größerer technischer Störungen oder entsprechenden umfangreichen Personalausfällen sogar zu ersetzen. 

Bereits anhand dieser kurzen Aufzählung und mit Verweis auf die einleitenden Worte zu diesem Artikel wird deutlich, wo ein Schwer- und Problempunkt bis zur Umsetzung einer vollständig digitalen Fallbearbeitung zu finden ist: Die Kommunikation der Leitstellen untereinander und mit den Anbietern verschiedenster Dienste muss über komplexe Schnittstellen gelöst werden, da sämtliche Systeme unabhängig voneinander und ohne – für die unterschiedlichen Zwecke – standardisierte Schnittstellen entwickelt werden. Bislang ist es die Regel, dass Hersteller von Einsatzleitsystemen proprietäre Schnittstellen anbieten, an welche sich dann andere Datenlieferanten oder -empfänger anpassen müssen. Unter der Berücksichtigung der großen Zahl von ca. 230 Leitstellen in der kommunalen Gefahrenabwehr, bedeutet so ein Verfahren natürlich sowohl aus kommunaler Auftraggebersicht als auch aus Sicht der Auftragnehmer erheblichen personellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand, bis die gewünschten Funktionalitäten individuell implementiert sind.

Einen ersten Schritt in die Richtung Schnittstellen zu standardisieren, hat seit 2018 das „Expertenforum Universalschnittstelle“ innerhalb des PMeV machen können: Am 15.07.2020 ist die erste Version der Schnittstellenspezifikation „Universal Control Room Interface“ (UCRI) frei zugänglich auf der Homepage des PMeV veröffentlicht worden. Ziel des Gremiums, welches sich aus Leitstellenfachplanern, Herstellern von Kommunikations- und Einsatzleitsystemen und Nutzervertretern aus Polizei und kommunaler Gefahrenabwehr zusammensetzt, war es, eine herstellerübergreifende Schnittstelle zum medienbruchfreien Austausch einsatzrelevanter Daten zwischen unterschiedlichen Leitsystemen verschiedenster Hersteller zu entwickeln und damit eine einheitliche Basis der digitalen Kommunikation zwischen unterschiedlichen Leitstellen bereitzustellen. Es wurde bewusst auf einfache Implementierungsmöglichkeiten gesetzt, um die Anpassungen an die IT-Systeme der Leitstellen so gering wie möglich zu halten. Ein Hauptaugenmerk musste bei der Entwicklung auf die Übersetzung (das „Mapping“) der standardisierten Felder des UCRI-Protokolls und auf die Datenbanken des jeweiligen Leitsystems gelegt werden. Die Schnittstelle „UCRI“ wird derzeit in einigen Bundesländern zur Kommunikation der 112-Leitstellen mit den 116117-Terminservicestellen der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) genutzt. Da die KV bundesweit einheitliche Software betreibt, ist es heute möglich, dass sich jede Leitstelle aus dem 112-Bereich mit der jeweils zuständigen 116 117-Stelle in 1:1 Beziehungen vernetzt und Daten über die Schnittstelle austauscht, anstatt zu telefonieren und die Angaben händisch in den Einsatzleit- und Notrufabfragesystemen zu erfassen. Allerdings wird UCRI nicht alle Anforderungen an Leitstellenkommunikation erfüllen können: Von den Herstellern der Einsatzleitsysteme wurde schon vor der UCRI-Entwicklung ein großer Aufwand für proprietäre Lösungen betrieben, welche durchaus gut funktionieren, nur eben ihre Grenzen bei der leitsystemübergreifenden Kommunikation erreichen. Ein anderer Aspekt, der gegen eine „Einheitsschnittstelle“ für alle möglichen Datenaustauschformen spricht, ist die oben genannte Vielfalt der anzuschließenden Systeme mit völlig unterschiedlichen Anforderungen und Aufgaben: Ein System zur einsatzbegleitenden Erfassung der medizinischen Daten hat ganz andere Anforderungen an eine Leitstellenschnittstelle, als ein System zur Verwaltung von Feuerwehren und deren Einsatzabrechnung. 

Eine weitere aus Digitalisierung und deren gesamtgesellschaftliche Möglichkeiten resultierende Herausforderung für die Leitstellen ist die Wandlung des Notruf 112 vom reinen sprachbasierten Zugangsweg hin zu einer Kommunikationsform, die als „Total Conversation“ bezeichnet wird: In den vergangenen Jahren gab es mehrere Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren, in deren Ergebnis die Anforderungen an Notrufanschlüsse hinsichtlich europäischer Harmonisierung und Verbesserung des Zugangs für Menschen mit Behinderungen erhöht wurden. So wird im European Electronic Communication Code (EECC) von den Mitgliedsstaaten verlangt, dass „… die Endnutzer … die Möglichkeit haben … sollten, Notdienste über kostenlose und nicht an Zahlungsmittel gebundene Notrufe mittels Geräten zu erreichen, die nummerngebundene interpersonelle Kommunikationsdienste ermöglichen, und zwar auch wenn sie Roamingdienste in einem Mitgliedstaat nutzen. Notrufe sind ein Kommunikationsmittel, das nicht nur die Sprachkommunikationsdienste, sondern auch SMS, Nachrichtenübermittlung, Video sowie weitere Kommunikationsarten wie beispielsweise Echtzeittext (Real-Time-Text; RTT), Gesamtgesprächsdienste (Total-Conversation-Dienste) und Relay-Dienste (z. B. Dolmetschdienste für Menschen mit Behinderungen), umfasst.“ Daraus resultierende nationale Gesetzgebungen stellen das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz dar. 

In der Konsequenz müssen die Leitstellen zukünftig Notrufe entgegennehmen können, die völlig unabhängig vom bisherigen Sprachnotruf oder dem Notruffax abgesetzt werden. Eine entscheidende Hürde bei der flächendeckenden Einführung ist es, dass es in Deutschland keine zentrale Serverinstanz für die 112-Leitstellen gibt, bei der diese komplexen und zum Teil auf Internetnutzung basierenden Notrufe zentral eingehen würden und dann analog dem Verfahren beim Sprachnotruf in die örtlich oder sachlich zuständige Leitstelle geroutet werden. Erste Schritte zur Bereitstellung zentraler Komponenten waren 2021 die deutschlandweite Einführung der Notruf-App „nora“ mit zentralem Server zur Entgegennahme und Verteilung der App-Notrufe aus der Anwendung „nora“, oder der bereits 2019 für alle 112-Leitstellen eingeführte zentrale Dienst „Advanced Mobile Location“ (AML) auf einem zentralen Endpunkt für den Abruf GPS-genauer Standortdaten der Notrufenden. Allerdings wird bei AML eine andere Plattform als für „nora“ genutzt, so dass bereits wieder Vielfalt entsteht: 230 Leitstellen benötigen Zugang und Schnittstellen zu beiden Systemen. Ein weiterer Zugangsweg für Notrufe, der bereits seit 2018 genutzt wird, ist das europaweite automatische Notrufsystem „eCall“ in PKW mit Typzulassung nach 2018. Neben den eCalls, welche die Leitstellen direkt mittels Inband-Datenübertragung über die Notrufleitungen erreichen, gibt es eCalls, die aus verschiedensten Gründen über die Callcenter der Autohersteller oder Flottenbetreiber geroutet werden. Diese sogenannten Third-Party-Services müssen heute die vom Unfallfahrzeug übermittelten Daten mündlich an die Leitstellen übertragen oder sie bieten eine Übertragung mittels individueller Absprache mit jeder einzelnen Leitstelle (cave: 230 Leitstellen!) über andere Übertragungswege an. 

Diese kurze Aufzählung von Notrufdiensten ließe sich über Dolmetschdienste für Menschen mit Behinderungen bis hin zur Übertragung eines Notrufs als „Gesamtgesprächsdienst“ beliebig fortsetzen. Einfacher und kostengünstiger wären solche Dienste zu implementieren, wenn es eine zentrale nationale Plattform „112“ gäbe, an welche alle Akteure ihre Notrufersuchen jenseits des Sprachnotrufs und sonstige Datensätze mittels definierter, dem jeweiligen Zwecke angepasster Schnittstellen schicken und im Gegenzug über die Plattform die richtige Leitstelle den richtigen Datensatz erhält, ohne dass sich der Absender vorher mit allen 230 Leitstellen bekannt macht.

Reform der Notfallversorgung
in Deutschland

Die von der Bundesregierung angekündigte Reform der Notfallversorgung soll die Steuerung der Patientenströme im gesamten Gesundheitswesen optimieren und betrifft die Leitstellen somit unmittelbar, da sie oftmals die erste Schnittstelle zwischen Patient und den Einrichtungen des Gesundheitswesens sind. Sie sind somit die Gatekeeper, welche dem Anrufer den richtigen Weg zur Lösung seines Problems aufzeigen müssten. Begrenzte Ressourcen des Rettungsdienstes, der Krankenhäuser und der Kassenärztlichen Vereinigung sollen durch die Reform effizient und im Sinne einer optimalen Patientenversorgung genutzt werden. Der Schlüssel für Veränderung in der Notfallversorgung ist die enge Verzahnung der ambulanten Versorgung mit der präklinischen notfallmedizinischen Versorgung bis hin zu den Kliniken. Auch gilt es das Portfolio der Leitstellen um niederschwellige Hilfeleistungsangebote wie zum Beispiel Notfall-KTW, Gemeindenotfallsanitäter oder soziale Unterstützungsdienste zu erweitern. Dabei steht für alle Beteiligten außer Frage, dass sich die Leitstellen enger als bisher mit den Vermittlungszentralen des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes vernetzen müssen, sei es in einer räumlichen Einheit oder über eine intensive technische und prozessuale Vernetzung. Die Rufnummern 112 und 116 117 sollen flächendeckend in gemeinsamen Leitstellen oder vernetzt nach abgestimmten Verfahren arbeiten. Ziel einer solchen einheitlichen Schnittstelle oder einer räumlichen Zusammenlegung ist dann der medienbruchfreie, bidirektionale und sofortige Datenaustausch aller relevanten Daten des Hilfeersuchens zwischen den Systemen der 112 und der 116 117. Woran es derzeit in dieser Diskussion aus Sicht des Fachverbandes Leitstellen e. V. noch fehlt, ist ein bundesweit einheitlicher Indikationskatalog, der es ermöglicht, Fälle sicher den unterschiedlichen Wegen des Gesundheitssystems zuzuordnen.

Fazit

Die Leitstellen stehen vor Veränderungen, die nicht minder herausfordernder erscheinen, als die damalige Schaffung von Integrierten Leitstellen aus Feuerwehr- und Rettungsdiensteinsatzzentralen. Die Leitstellen benötigen nicht nur mehr, sondern auch anders ausgebildetes Personal, um die sich aus fortschreitender Digitalisierung, zunehmender Vernetzung der Akteure der Gefahrenabwehr und Reform der Notfallversorgung abzeichnenden Anforderungen erfüllen zu können. Es ist zu hinterfragen, ob kleinteilige Organisationsformen noch zeitgemäß sind: Wirtschaftlich sind kleine Leitstellen nicht mehr, mindestens schon seit Einführung des Digitalfunks und damit erforderlicher teurer und komplexer Anschaltung an diesen. Die unabwendbare Einführung zentraler Notrufdienste, die weitere Durchdringung mit IT-Systemen und die erforderliche Spezialisierung bei der T.tigkeitsausführung werden den Druck auf die Betreiber erhöhen, nicht nur die Aufgaben der Leitstellen neu zu denken, sondern auch die Organisationsformen.



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