Satellitenumstellung deutschlandweit betriebener Funkruf-Standorte – ein Projektbericht

Volker Berlin

e*message

Das Unternehmen e*Message setzt als Anbieter professioneller Alarmierung (Paging) seit vielen Jahren Satellitenkommunikation für die Datenübermittlung zu den Funkruf-Stationen ein. Hierfür wird ein exklusiver Frequenzbereich auf einem geostationären Satelliten genutzt. Anbietern, deren professionelle Kommunikationslösungen auf dem Einsatz der Satellitenkommunikation basieren, stellen sich besondere Herausforderungen. Wenn beispielsweise ein Wechsel zu einem neuen geostationären Satelliten ansteht, müssen alle Funkrufstationen während des laufenden Betriebs auf den neuen Satelliten umgestellt werden. So bei e*Message im Frühjahr 2024.

Die Satelliten-Antenne aller Stationen müssen beim Wechsel des geostationären...
Die Satelliten-Antenne aller Stationen müssen beim Wechsel des geostationären Satelliten neu ausgerichtet werden.
Quelle: e*message

Die Herausforderung: Neuausrichtung aller Empfangsantennen an 700 Standorten auf den neuen Satelliten 

Zur Umstellung mussten deutschlandweit alle Empfangsantennen an rund 700 Standorten auf einen neuen Satelliten ausgerichtet werden sowie ein Frequenzwechsel in einem Zeitfenster von etwa drei Monaten erfolgen. Gleichzeitig war die Neuausrichtung der großen Sat-Sendeantennen und ein damit verbundener Hardware- und Frequenzwechsel auch hier erforderlich. Während der Umstellung aller Stationen musste der Parallelbetrieb über zwei Satelliten weiterlaufen. 

Eine typische, gesichert berechnete Betriebs-/Lebensdauer von geostationären Satelliten beträgt in etwa 15 Jahre. Die Lebensdauer kann sich durch verschiedene Faktoren im Laufe des Betriebs verändern. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass andere Entscheidungen des Betreibers oder technische Entwicklungen dazu führen, dass sich z.B. die Orbitposition des Satelliten während seiner Betriebszeit verändert. Derartige Maßnahmen werden durch den Satelliten-Betreiber geplant und umgesetzt. Es kann sein, dass ein Satellit durch einen aus Nutzersicht technisch vergleichbaren an gleicher Position ersetzt oder aber mit technisch veränderten Parametern weiterbetrieben wird.

Sofern kein technisch vergleichbarer Satellit den bisherigen ersetzt, die Nutzung aber weiter bestehen bleiben soll, muss vor dem Ende der bekannten, geplanten Lebensdauer rechtzeitig der Wechsel auf einen anderen, technisch geeigneten Satelliten geplant und im vorgegebenen Zeitrahmen umgesetzt werden.

Planung: Ausrichtung der Satellitensende- und Empfangsanlagen prüfen

Die bestehenden Satellitensende- und Empfangsantennen aller Funkruf-Standorte sind auf einen bestimmten, festen Bereich am Himmel ausgerichtet. Je nach den jeweiligen Bedingungen kann sich die Ausrichtung (Azimut, Elevation, Winkel über Horizont) verändern. Die LNB sowie die Sat-Sende- und Empfangsbaugruppen haben spezifische frequenztechnische Eigenschaften, die bei der Planung der Umstellung zu berücksichtigen sind. (LNB =Low-noise block converter = Teil des Satellitenempfängers)

Die Sat-Empfangsbaugruppen haben des Weiteren technische Eigenschaften, die als Voraussetzung zur weiteren Nutzung nach Umstellung beachtet werden müssen. Dazu zählen u.a. unterstützte Modulationsverfahren, aber auch die Empfangsempfindlichkeit und Bandbreite. Wesentlich bei der Planung ist die auch vorgesehene Laufzeit der Nutzung. Erforderlich für den Betrieb der Sendeanlagen ist eine Frequenznutzungsgenehmigung und eine BEMFV-Standortbescheinigung, darüber hinaus aber auch ggfs. die Abstimmung mit dem Vermieter, sofern durch die Umstellung eine relevante Veränderung der Mietsache erfolgt. 

Vielfältige und spezielle Herausforderungen bei der Umstellung

Die Sat-Empfangsantennen sind im Allgemeinen entweder an Wänden, Türmen, Masten oder auf Plattformen, Dächern oder Aufbauten eines Bauwerks angebracht. Eine Neuausrichtung kann zu unterschiedlichen Herausforderungen, Verzögerungen und Aufwänden vor Ort führen. Dazu zählen neben anderen:

1. Mechanische Einschränkungen bestehen häufig durch das genutzte Bauwerk selbst (Mast, Turm, o.ä.). So kann es sein, dass sich der Reflektor der Antenne nicht auf die neue Position ausrichten lässt, da eine andere Installation oder eine Wand dies mechanisch verhindert.

2. Nach der Neuausrichtung kann es Empfangsprobleme durch in der Empfangsrichtung stehende Bauwerke oder auch Vegetation, z.B. Bäume, geben. Sofern keine andere Möglichkeit besteht, muss der Anbringungsort der Empfangsantenne z.B. auf dem Dach oder am Mast geeignet verändert werden. Dies ist im Allgemeinen mit dem Eigentümer/Vermieter zu klären. Auch müssen die gesetzlichen Vorschriften für Baum- und Gehölzschnitt (Astschnitt) bundeslandspezifisch beachtet werden, welche dies hinsichtlich Zeitraum und Umfang nur sehr eingeschränkt ermöglichen.

3. Sofern sich die neue Sat-Frequenz ganz am Rand der Baugruppenspezifikationen befindet, kann es zu Einschränkungen bei der Empfangsqualität kommen, was in der kombinierten Wirkung durch Alterung der Module oder bei ungünstigen Betriebsbedingungen der Antennen-, Kabel-, Stecker- und Systemtechnik vor Ort (z.B. Temperaturen, Feuchtigkeit, Staub etc.) beachtet werden muss.

4. Bei der Umstellung ergeben sich Einschränkungen der Erreichbarkeit der Antennen durch z.B. enge und/oder unbefestigte Zuwegungen sowie beengte und weiter vom Antennenträger entfernte Aufstellorte von Hebebühnen, was die Auswahl der Einsatzmittel einschränkt und damit verbunden die Kosten erhöht, da sich daraus ggf. längere Anfahrtswege und Zeiten ergeben und die Auswahl der Serviceunternehmen und auch die Projektabläufe einschränkt.

5. Die Prüfung der Planungsunterlagen der Standorte war die Grundlage der Ausführungsplanung (Projektablauf). Die hohen finanziellen und zeitlichen Aufwände einer bautechnischen Begehung aller Standorte vorab erschienen durch das Vorhandensein der Unterlagen entbehrlich.

Trotzdem zeigten sich vor Ort in einigen Fällen relevante Abweichungen der aktuellen Baulichkeit, der nutzbaren Flächen für Fahrzeuge, unerwartete Hindernisse wie Dachaufbauten, Anbauten oder anders genutzte Freibereiche, die die Ausführung zum geplanten Termin verzögerten oder verhinderten. Die verbaute Empfangstechnik ermöglicht zwar Änderungen an Modulationsverfahren, Frequenz und Bandbreite, jedoch mussten diese Parameter bei der Planung streng berücksichtigt werden.

Im Zeitraum der Umstellung ab Anfang April lagen eine Reihe bundesweiter, aber auch bundeslandspezifischer Feier- und Brückentage, die insbesondere im Mai die Planung und Durchführung verkomplizierten, da neben den zum Teil nur zeitweise eingesetzten Partnerunternehmen aus verschiedenen Bundesländern auch die Mitarbeiter und Mietobjekte der Unternehmen, die z.B. Hebebühnen nahe der Einsatzorte vermieten, in diesen Zeiten nur eingeschränkt verfügbar waren.

Projektablauf innerhalb von vier Monaten

Ausgehend von der zur Umsetzung vorgegebenen Zeit von maximal vier Monaten außerhalb der Frostperiode und außerhalb der Sommerferien, der Anzahl und Lage der Funkruf-Stationen, der Erreichbarkeit der Standorte und der Antennen legte das Unternehmen die Anzahl der Teams zur Durchführung der Umstellung fest. Jeder Standort wurde im Vorfeld nach Erreichbarkeit der Antenne mit einem, zwei oder drei Ausführenden und dem Erfordernis einer Hebebühne in jeweiliger Ausführung klassifiziert. Dann wurden die Abläufe, Ausführungszeiten, Fahrstrecken, Teamstärken, Arbeitszeiten, Feier- und Brückentage, Sperrzeiten (z.B. durch die Fußball-Europameisterschaft) je Bundesland mit in der Planung berücksichtigt und notwendige Einsatzmittel wie Werkzeug, Messmittel, Fahrzeuge, Leitern, Ersatzbaugruppen geplant. Ziel war hier die Erarbeitung eines zeit- und kostenminimalen Ablaufs bei qualitativ hoher Ausführung.

Einsätze mit Hebebühnen wurden im Rahmen der Möglichkeiten zeitlich weit entfernt von erwartbaren Witterungsbehinderungen wie Schnee, Eis, Sturm und Starkregen geplant. Bei sicherheitskritischen Anwendern wie Leitstellen der Feuerwehren und Rettungsdiensten sowie auf Werksgeländen wurde die vorherige Anmeldung der Arbeiten (Personen, Datum, Uhrzeit, Dauer) geplant und umgesetzt. Auf Werksgeländen musste gegebenenfalls die Zeit einer Sicherheitsunterweisung sowie die Bereitstellung einer Begleitperson mit kalkuliert werden.

Auch war die Sicherstellung des Zugangs der Ausführenden zu den Antennen mittels Schlüsseln, elektronischen Schließmitteln und die Verfügbarkeit/Nutzbarkeit der Aufstellflächen der Hebebühnen zu bedenken. Im Monat vor Beginn der Umstellung wurde in einem der parallelen Sat-Aussendewege eine Baugruppe eingesetzt, die die Laufzeitanpassung der beiden Satellitendatenströme realisierte.

Die Anpassung der Laufzeit ist gerade in einem Gleichwellennetz mit zentraler Synchronisation erforderlich, um die gleichzeitige Aussendung benachbarter Stationen, die von verschiedenen Satellitendatenströmen versorgt werden, sicherzustellen. Der Hintergrund: Die Signallaufzeit der geostationären Satelliten, die sich in ca. 36.000 km Entfernung an verschiedenen Positionen über dem Äquator befinden und damit über unterschiedliche Gesamtlängen ihrer Satellitenuplink- und Downlinkstrecken verfügen, muss zwischen beiden ausgeglichen werden. Das Signal mit der kürzeren Gesamtdistanz wird so verzögert, dass es zeitgleich mit dem Signal mit der größeren Gesamtdistanz an der betreffenden Station eintrifft. In der Woche vor Beginn der Umstellung wurde eine große Sat-Sendeantenne auf den neuen Satelliten ausgerichtet, umgebaut und in Betrieb genommen. Darauffolgend stellte das Unternehmen erste Stationen im Testbetrieb um, um gegebenenfalls noch Optimierungen vor dem eigentlichen Projektbeginn durchführen zu können.


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