In Deutschland werden sehr häufig antisemitische Äußerungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ins Netz gestellt. Die Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus hat sich auf ihrer heutigen Sitzung auch mit dem Thema antisemitischer Verschwörungstheorien beschäftigen.
Bei ihrer turnusmäßigen Sitzung, die aufgrund der aktuellen Sicherheitsvorkehrungen hinsichtlich COVID-19 als Video-Konferenz stattfand, warnten die Antisemitismusbeauftragten der Länder und es Bundes vor Verschwörungsmythen, die aus Anlass der weltweiten Corona-Pandemie derzeit insbesondere in digitalen Medien Verbreitung finden. In diesem Zusammenhang tauchen einmal mehr antisemitische Stereotype auf, die bis hin zum unverhohlenen Schüren von Judenhass reichen. Viele dieser Verschwörungsgeschichten legen nahe, dass die Corona-Pandemie ein vorgeschobener Grund zur Beeinträchtigung von Meinungsfreiheit und anderen Grundrechten sei.
Die Mitglieder der Kommission betonten, der bereits begonnene öffentliche Diskurs, der die Zivilgesellschaft in den Blick nimmt, sowie eine intensive Auseinandersetzung sollten fortgesetzt werden. Verschwörungsmythen müssen entschlüsselt und durch Fakten widerlegt werden.
"Verschwörungstheorien verzeichnen eine wachsende Verbreitung, weil sie scheinbar einfache und nachvollziehbare Erklärungen liefern und komplexe gesellschaftliche Prozesse in Gut-Böse-Schemata vereinfachen. Einer Untersuchung des israelischen Außenministeriums zufolge liegt Deutschland auf Rang drei der Länder, in denen die meisten antisemitischen Äußerungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ins Netz gestellt werden. Aber nicht nur online, sondern auch offline schaffen sich Antisemiten und Holocaust-Leugner zunehmend Gehör bei den gegenwärtigen Protesten gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche. Das ist nicht hinnehmbar", sagte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Felix Klein, nach der Sitzung.
Dr. Ludwig Spaenle, der Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für Jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungskultur und geschichtliches Erbe und derzeitiger Co-Vorsitzender der Bund-Länder-Kommission, betonte: "Wir beobachten im Zusammenhang mit der weltweiten Corona-Pandemie antisemitische Stereotype, die bis hin zum unverhohlenen Schüren von Judenhass reichen. Viele dieser Verschwörungsgeschichten legen nahe, dass die Corona-Pandemie ein vorgeschobener Grund zur Beeinträchtigung von Meinungsfreiheit und anderen Grundrechten sei. Die selbstverständliche Wahrnehmung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit ist in jeder Situation zu gewährleisten. Die Meinungsfreiheit findet aber ihre Grenzen dort, wo strafwürdige antisemitisch motivierten Schuldzuweisungen und Verschwörungsmythen geäußert werden."
Klein und Spaenle waren sich darin einig, dass alles dafür getan werden müsse, um zu verhindern, dass in den Sozialen Medien sich selbst referenzierende, parallele Nachrichtenwelten entstünden, in denen sich die Anhänger kruder Mythen gegenseitig bestärkten und immer weniger empfänglich würden für die Realität.
"Gefragt sind hier vor allem die Strafermittlungsbehörden, Fällen von Holocaust-Leugnung, Volksverhetzung oder Beleidigung nachzugehen und diese Straftaten zu ahnden. Ebenso wichtig ist aber auch eine wachsame und mutige Zivilgesellschaft. Der nötige Zusammenhalt der Gesellschaft in Krisenzeiten kann nicht von oben herab verordnet werden. Über Möglichkeiten und Wege, beides zu unterstützen, dazu wollen wir uns heute austauschen", sagte Klein.
Die Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens war auf Beschluss der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und –chefs der Länder im vergangenen Sommer gegründet worden. Das Gremium tritt turnusmäßig zwei Mal im Jahr zusammen und steht unter dem gemeinsamen Vorsitz von Klein und einem jeweils wechselnden Co-Vorsitzenden eines Bundeslandes. Der Co-Vorsitz geht bei dieser Sitzung von Bayern auf Berlin über.