Grü­ne Wel­len für Ret­tungs­kräf­te

DLR, CC-BY 3.0

Im Projekt SIRENE hat das DLR mit Anwendern und Partnern eine intelligente Ampelsteuerung entwickelt und erprobt. Diese ermöglicht es Rettungskräften, schneller und sicherer zum Einsatzort zu gelangen. Der Verkehr lässt sich so schnell, flexibel und punktgenau beeinflussen. Staus und Wartezeiten für die übrigen Verkehrsteilnehmenden sinken.

Auf dem Weg zum Einsatzort behindert oft dichter Verkehr das Durchkommen der Rettungskräfte. Vor allem das Überqueren von Kreuzungen ist mit einem erheblichen Unfallrisiko verknüpft und kostet Zeit. Um das zu ändern, hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit Anwendern sowie Partnern aus Industrie und Forschung eine intelligente Ampelsteuerung entwickelt und erprobt. Mit den Erkenntnissen aus dem Projekt SIRENE (Beschleunigung von Sicherheits- und Rettungseinsätzen durch grüne Wellen und optimiertes Routing) können Einsatzkräfte in Zukunft sicherer und schneller ans Ziel gelangen. Ampeln sichern die Einsatzfahrt an Kreuzungen rechtzeitig ab. Das gibt allen Verkehrsteilnehmenden – ob im Auto, auf dem Rad oder zu Fuß – mehr Orientierung und Sicherheit. Gleichzeitig kann der Verkehr schneller wieder fließen, nachdem die Einsatzfahrzeuge eine Kreuzung passiert haben.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat das Projekt SIRENE im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND gefördert. Das Projektvolumen betrug 2,57 Millionen Euro mit einem Förderanteil von 78 Prozent.

Ampeln steuern – mit Köpfchen und nach Bedarf

„Jeder kennt die Situation: Man sitzt im Auto, sieht Blaulicht, hört das Martinshorn und fragt sich, wo soll ich am besten hin? Soll ich fahren oder stehen bleiben“, beschreibt Sten Ruppe, Projektleiter und Forscher am DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik die Ausgangslage. „Anstatt den ganzen Verkehr anzuhalten, können wir mit Hilfe der SIRENE-Technologie punktgenau und richtungsbezogen priorisieren. Wir schalten nur die Ampeln rot, die wir benötigen. So können wir auch einzelne Richtungsfahrspuren sperren, die von den Rettungskräften dann zum Überholen genutzt werden“, erläutert Sten Ruppe weiter. „Das bedeutet im Umkehrschluss: Der Verkehr auf anderen Spuren, der die Route der Einsatzkräfte ni­­cht beeinflusst, kann ungestört weiterfahren. So können wir einiges an Stau verhindern.“

Praxis-Test für intelligente „grüne Welle“ in Braunschweig

Wie die intelligente grüne Welle für Rettungskräfte in der Praxis funktioniert, hat das Projektteam an 16 Kreuzungen in der Stadt Braunschweig getestet. Dazu wurden drei Feuerwehrfahrzeuge und ein Rettungswagen mit dem SIRENE-System ausgestattet. Per LTE-Mobilfunk oder Car2X-Kommunikation (dabei tauschen Fahrzeuge Informationen mit anderen Fahrzeugen oder der Infrastruktur aus) können die Einsatzfahrzeuge so Einfluss auf den Verkehr nehmen, bevor sie die Kreuzung erreichen. Das SIRENE-System ist außerdem mit dem Verkehrsleitrechner der Stadt Braunschweig, dem Einsatzleitsystem der Feuerwehr Braunschweig und den Ampeln verbunden. Geht eine Alarmmeldung ein, werden die Routen für die Einsatzfahrzeuge berechnet. Bereits beim Einsteigen in den Einsatzwagen ist die Route erstellt und wird auf einem Bildschirm angezeigt.

Schnell, flexibel und gut vernetzt: Das SIRENE-System hat alles im Blick

Im Laufe des Projekts hat das SIRENE-Team unterschiedliche Verfahren erprobt, um die Ampeln zu steuern. Das SIRENE-System meldet die Einsatzfahrzeuge über den zentralen Verkehrsleitrechner der Stadt Braunschweig an und ab. Beim Verlassen der Feuerwehrwache schaltet SIRENE die jeweiligen Ampeln unmittelbar über den Verkehrsleitrechner für andere Verkehrsteilnehmenden auf Rot und priorisiert die Durchfahrt für den Einsatzwagen. Diese Option wurde maßgeblich von den Software-Unternehmen und Projektpartnern GEVAS und PTV entwickelt. Nähert sich ein Einsatzwagen einer Kreuzung entlang der Route, die weiter von der Feuerwehrwache entfernt liegt, so findet die Steuerung der Ampel dezentral statt. Hier kam vor allem das DLR-Know-how zum Einsatz: Ein oder mehrere Fahrzeuge melden sich über Car2X-Kommunikation bei der Kreuzung an. Das intelligente SIRENE-System entscheidet dann über die optimale Priorisierung. Haben alle Einsatzfahrzeuge eine Kreuzung überquert, löst das System automatisch die priorisierte Ampelschaltung sofort auf. So lassen sich unnötige Wartezeiten für die übrigen Verkehrsteilnehmenden vermeiden. 

„Was SIRENE von bereits bestehenden Ansätzen unterscheidet: Wir sind bei der Ampelsteuerung über die ganze Route wesentlich flexibler“, fasst Projektleiter Sten Ruppe zusammen. Überholstrategien an den Kreuzungen ermöglichen den Rettungskräften eine sichere Durchfahrt, ohne dass sich der Verkehr aufgrund der grünen Welle an Kreuzungen entlang der Route später aufstaut. Die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre waren dabei maßgeblich, so DLR-Wissenschaftler Sten Ruppe weiter: Denn SIRENE ist auf die kontinuierliche und exakte Positionsmeldung jedes Einsatzfahrzeugs und eine hohe Geschwindigkeit bei der Verarbeitung und Weiterleitung von Daten angewiesen.

Das DLR hat die Ergebnisse des SIRENE-Projekts am 20. April 2021 im Rahmen einer digitalen Veranstaltung vorgestellt.

Verwandte Artikel

Alles unter Kontrolle mit WAS Control

Alles unter Kontrolle mit WAS Control

Rettungskräfte wissen, im Einsatz muss jeder Handgriff sitzen. Auf diese Anforderung reagiert der Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeughersteller WAS mit immer neuen Details und Weiterentwicklungen, die es den Anwendern leichter machen sollen,...

Von der Forschung in die Praxis – Das Projekt HUMAN+

Von der Forschung in die Praxis – Das Projekt HUMAN+

Die Jahre 2015/2016 sind in Europa untrennbar mit einer Situation verbunden, die staatenübergreifend und interdisziplinär bewältigt werden musste: Eine große Anzahl an Flüchtlingen erreichte Europa und musste versorgt und betreut werden.

Ro­bo­ti­sche DLR-Fahr­zeu­ge übernehmen gefährliche Lieferungen

Ro­bo­ti­sche DLR-Fahr­zeu­ge übernehmen gefährliche Lieferungen

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sowie ein Konsortium aus anderen DLR-Instituten und Technologiepartnern untersuchen im Rahmen eines neuen...

: