221 Ambulanzfahrzeuge aus Niedersachsen für Katar

Simone Bergmann

WAS

Ein Großauftrag des staatlichen Ambulance Services in Katar stellt Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeug GmbH (WAS) vor besondere Herausforderungen. Die Fertigung von insgesamt 221 Fahrzeugen in den nächsten 3 Jahren umfasst der Vertrag zwischen der Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeug GmbH (WAS) und der Hamad Medical Corporation (HMC) im Auftrag des Gesundheitsministeriums in Katar. Dabei handelt es sich bereits um das zweite große Projekt, das gemeinsam umgesetzt wird.

Als neue PTS (Patient Transport Service) Units entwickelte WAS bereits 2017 ein einzigartig flexibles Transportfahrzeugkonzept für den schnellen und sicheren Transport von Patienten, während die neue „Rural Ambulance“ eine besonders komfortable und umfassende Versorgung auf dem weiteren Weg zum Krankenhaus ermöglicht. Die beiden Fahrzeugtypen tragen nicht nur der Topografie des Wüstenlandes Rechnung, sondern auch einem speziellen Freizeitvergnügen der Kataris: mit Vollgas jagen die Besitzer von Quads, Buggies, Geländewagen und SUVs beim sog. „Dune-Bashing“ die Dünen hoch und runter. Die Abschnitte nahe der Hauptstadt Doha oder die Dünen an der Grenze zu Saudi-Arabien in Chour al-Udaid sind besonders beliebte Orte für den gepflegten Geschwindigkeitsrausch. Dabei sind Unfälle vorprogrammiert.

Gut, dass der Rettungsdienst in Katar auf Wüsteneinsätze vorbereitet ist: Durch ein engmaschiges Netz von sogenannten „Hubs and Spokes“, einfachen Stützpunkten für Rettungsmannschaften mit ihren Einsatzfahrzeugen, werden die Anfahrtswege zu den beliebten Wüstencamps so kurz wie möglich gehalten. Mit einem Einsatzwagen-System aus sog. Alpha, Charly und Delta Units hält die HMC (Hamad Medical Corporation) im Auftrag des Gesundheitsministeriums passende Fahrzeuge für unterschiedliche Landschafts- und Bebauungsarten vor. Alpha Units sind Straßenambulanzen, während Charly und Delta Units 4 x 4 First Responder mit unterschiedlicher Besatzung, etwa vergleichbar mit unserem Notarzteinsatzfahrzeug, sind. An Bord der Charly Units sind ein Critical Care-Sanitäter (CCP) und ein Krankenwagensanitäter, während mit den Delta Units sog. „Distribution Supervisors“ allein unterwegs sind, die das Unfallmanagement vor Ort übernehmen. Neben den Fahrzeugen wird außerdem eine Hubschrauberstaffel eingesetzt, da die Unfallstelle aus der Vogelperspektive besonders schnell gefunden und angesteuert werden kann.

Schon länger im Einsatz:
Schon länger im Einsatz: Die vollausgestatteten WAS-Kofferfahrzeuge auf Basis eines Mercedes-Benz Sprinter transportieren in Katar Patienten „über Land“ bis zum nächstgelegenen Krankenhaus.
Quelle: WAS

Zwei Fahrzeugkonzepte als Vorhut

Das Ambulanz-System im Emirat wurde damals in enger Zusammenarbeit von HMC und WAS um zwei völlig neue Fahrzeugkonzepte erweitert. Mit dem WAS 4x4 PTS Fahrzeug auf Basis von Mercedes-Benz Sprinter Kastenfahrzeug mit einem langen Radstand können Liegend-, Rollstuhl- und sogar Schwergewichtstransporte gefahren werden. Darüber hinaus ist es sogar möglich, zwei Patienten (einer liegend und einer sitzend) mit Betreuer oder einen Patienten und zwei zusätzliche sitzende Personen zu befördern. Das Konzept überzeugte HMC durch sein hohes Maß an Flexibilität und wurde sogar durch die Gesundheitsministerin HE Dr. Hanan Mohamed al-Kuwari in Katar vorgestellt.

Ergänzt wird es durch die sog. „Rural“-Ambulanzen, die Patienten an den Wüstenrändern übernehmen und sie zu den Krankenhäusern bringen. „Rural“ bedeutet so viel wie ländlich. Die vollausgestatteten Kofferfahrzeuge auf Basis eines Mercedes-Benz Sprinter Chassis fahren nicht bis an den Unfallort in die Wüste, sondern übernehmen den Transport „über Land“ zum nächstgelegenen Krankenhaus. Da sie besser ausgestattet sind als die geländegängigen Charly Units, übernehmen sie baldmöglichst die Patienten. Zur besseren Sichtbarkeit für die Hubschrauberpiloten sind die Fahrzeuge nicht nur mit seitlichen, sondern auch mit LED Blitzern auf dem Dach ausgestattet. Durch die Kombination verschiedener Fahrzeugtypen und Hubschrauber können Unfallopfer schnell, sicher und komfortabel aus der Wüste gerettet werden.

Neu in Katar: Der WAS-Kastenwagen
Neu in Katar: Der WAS-Kastenwagen mit einem Ford Transit als Basisfahrzeug und speziell für Heißländer ausgelegter Innenausstattung wird ab sofort häufiger im Wüstenstaat zu sehen sein.
Quelle: WAS

Bekannte Kriterien und neue Heraus­forderungen

Damals wie heute stand im Vordergrund der Zusammenarbeit die Absprache und Planung von speziellen Ausstattungskriterien, die genau auf die Bedürfnisse vor Ort zugeschnitten sind. Im Fall von Ambulanzfahrzeugen für Katar – wo es selbst im Herbst noch über 40 °C heiß werden kann – betrifft die Spezifikation vor allem Isolierung und Klimaanlage. Auch die Innenausstattung ist speziell für Heißländer ausgelegt. Das bedeutet zum einen die Auswahl besonders hitzestabiler Materialien und ein lückenloses Möbeldesign, um das Absetzen von Staub und Sand zu vermeiden. 

Zum anderen ist eine besonders leistungsfähige Klimaanlage und kontinuierliche Belüftung verbaut. Routine-Anforderungen, denen die Wietmarscher auch dank ihrer Erfahrungen mit Aufträgen für Ägypten oder die Vereinigten Arabischen Emirate schon häufiger gerecht geworden sind. Weltweit einmalig ist die Ausstattung der Fahrzeuge: Abgesehen von den speziellen Klimatisierungssystemen umfasst sie auch ein RFID System zur Ausrüstungskontrolle und die WAS Einzugshilfe Multi-Load Assist. Mit den Stand-alone Kommunikationskanälen zwischen den Fahrzeugen und der Zentrale mittels Fahrzeug-Telemetrieauswertung und -steuerung sind sämtliche Systeme im Fahrzeug enthalten, die es zum weltweiten Benchmark machen.

Auf Umwegen zum Basisfahrzeug mit Benzinmotor

„Neu für uns war die Ausschreibungsbedingung, dass eine 6-Zylinder Benziner-Variante gefordert wurde“, berichtet Andreas Plöger, Geschäftsführer bei WAS. „Für uns ist dieser Auftrag ein erneuter Vertrauensbeweis in unsere internationalen Service-Strukturen und technisches Know-how. Normalerweise fertigen wir bevorzugt auf europäischen Fahrgestellen. Das Vorgängerfahrzeug haben wir auf Mercedes-Benz Sprinter Basisfahrzeugen aufgebaut.“ Jedoch sind Fahrzeugtypen wie eben diese Sprinter, aber auch VW Crafter, Renault oder der Ford Transit in Deutschland nur in der Diesel-Version erhältlich. Um auch diesem Ausschreibungskriterium gerecht zu werden, musste also ein Ford Transit als Benziner-Variante aus den USA nach Wietmarschen eingeführt, dort umgebaut und weiter nach Doha verschifft werden. „Ein Umstand, den wir gerne in Kauf genommen haben, um unserem Ruf als Problemlöser gerecht zu werden. Genau für die Umsetzung solcher präzisen Kundenwünsche setzen wir alles in Bewegung“, freut sich Plöger.

Auch mit einem zuverlässigen After Sales Service vor Ort konnte WAS punkten. Größere Sorgen machen ihm die politischen Entwicklungen am Persischen Golf.

Die zunehmenden Spannungen zwischen den verschiedenen Ländern führen auch dazu, dass der Transportweg über die Straße von Hormus größere Risiken birgt, die sich in Form von erhöhten Versicherungskosten niederschlagen. Davon lässt man sich jedoch weder in Katar noch in Wietmarschen einschüchtern. Die für 2019 vereinbarten 94 Fahrzeuge sind bereits gut an ihrem Einsatzort angekommen und Wietmarscher wie Kataris sind gleichermaßen optimistisch, dass es den 75 in 2020 und 52 in 2021 ebenso ergeht.          

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