04.11.2024 •

Persönliche Schutzausrüstung im Rettungsdienst

André Luhmer

Rettungsdienstbekleidung gemäß DIN EN ISO 20471
GSG

Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) im Rettungsdienst gewährleistet einerseits Funktionalität und Schutz, andererseits soll sie auch die Sichtbarkeit im Straßenverkehr erhöhen und eine Warnwirkung entfalten. Darüber hinaus erwarten die Mitarbeitenden im Rettungsdienst einen großen Tragekomfort und eine gewisse Stoffqualität, die es ermöglicht, unter widrigen Bedingungen wie Kälte, Hitze, Regen und Schnee den Anforderungen im Rettungsdienst gerecht zu werden. Neben den klassischen Einsatzstellen im häuslichen Umfeld befinden sich die Patienten auch auf einer Baustelle, in einem verunfallten Pkw im Straßengraben, im Wald oder an einer Brandstelle. Die DGUV-Regel 105-003 der Gesetzlichen Unfallversicherung gibt einen rechtlichen Rahmen vor und beschreibt die Anforderungen an eine regelkonforme Rettungsdienstbekleidung.

Gefährdungen müssen primär durch technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschaltet werden. Soweit dies nicht mög- lich ist, müssen Versicherte zusätzlich durch geeignete persönliche Schutzausrüstungen geschützt werden (§ 3 DGUV Vorschrift 1). Für die auszuwählende PSA müssen EG-Konformitätserklärungen vorliegen. Im Rahmen dieses Verfahrens gibt der Hersteller zum einen eine Erklärung ab, in der bescheinigt wird, dass das in Verkehr gebrachte Produkt in seiner Gesamtheit den Bestimmungen der betreffenden EG-Richtlinie entspricht. Diese Erklärung einschließlich einer Baumusterprüfung kann den zuständigen Behörden vorgelegt werden. Zum anderen ist jedes Produkt mit der CE-Kennzeichnung zu versehen, deren Grundbestandteil das Kurzzeichen „CE“ (Communauté Européenne) ist.

Abhängig von der Gefährdungsbeurteilung wird zwischen verschiedenen Arten der PSA unterschieden:

  • Kopf-, Augen- und Gesichtsschutz• Schutzkleidung (gegen Gefahren wie Wetter,Verkehr, Krankheitserreger)
  • Handschutz (gegen Krankheitserreger,für mechanischen Schutz)
  • Fußschutz (gegen äußere Einwirkungen,Schutz gegen Umknicken) 
  • ggf. Atemschutz

Auswahl geeigneter PSA

Zum Schutz des Kopfes der Besatzungsmitglieder eines Rettungs- mittels sind für jeden geeignete Schutzhelme bereitzustellen. So schreibt die DIN EN 1789 das Mitführen entsprechender Schutz- helme gemäß DIN EN 14052 vor. Grundsätzlich wäre jedoch aufgrund der qualifizierten Gefährdungsbeurteilung ein Feuer- wehrhelm gemäß DIN EN 443 bzw. ein Helm für die technische Rettung gemäß DIN EN 1473 (Nacken-, Gesichtsschutz, Kinnriemen) empfehlenswert. Rettungsdienstmitarbeiter werden mit vollstän- dig angelegter PSA häufig bei Verkehrsunfällen – und dabei im Fahrzeug eingeklemmten / eingeschlossenen Patienten – sowie an Brandstellen mit fortwährend andauernden Gefahren wie Einsturzgefahr, Verbrennungsgefahr und Rauchgasgefahr ein- gesetzt. In der Regel werden Schutzhelme im KTW, RTW, ITW oder NEF für alle Besatzungsmitglieder mitgeführt und bei Bedarf im Einsatz getragen. Bei Einsätzen mit der Feuerwehr ist der Einsatzleiter Feuerwehr weisungsbefugt und kann das Tragen des Schutzhelms anordnen.

Rettungsdienstbekleidung mit Schutzhelm
Rettungsdienstbekleidung mit Schutzhelm
Quelle: AdobeStock, www.freundfoto.de

Das Tragen geeigneter Schutzbrillen mit seitlichem Kontamina- tionsschutz ist dem Rettungsdienstpersonal durch Bereitstellen im Einsatzfahrzeug zu ermöglichen und bei nahezu jedem Not- falleinsatz zu empfehlen. In den USA ist das Tragen der Schutzbrille im Rettungsdiensteinsatz weit verbreitet und ein gewohntes Bild. In Deutschland werden Schutzbrillen häufig bei Intubationen, bei der Versorgung von Polytraumapatienten und bei der Pati- entenversorgung an Arbeits- und Unfallstellen eingesetzt.

Die Schutzkleidung soll umfangreiche Schutzwirkung entfalten. Dabei soll sie alle Schutzfaktoren miteinander vereinen und zudem einen hohen Tragekomfort bieten. Schutzfaktoren wie mechanischer Schutz gegen äußere Einwirkungen, Witterungs- schutz, Schutz im Verkehrsraum durch erhöhte Sichtbarkeit, Schutz vor Krankheitserregern und Schutz vor Flüssigkeiten sind vorzuweisen.

Die Einsatzkleidung muss desinfizierend gereinigt werden können und nach Anlage der PSA die Arme und Beine vollständig bedecken.

Schutz gegen Regen und Kälte (DIN EN 343 – Schutzkleidung-Schutz gegen Regen; DIN EN 14058 – Schutzkleidung-Kleidungsstücke zum Schutz gegen kühle Umgebungen) stellen eine wichtige Säule in den Anforderungen an eine PSA für den Rettungsdienst dar. Die durch Mitarbeiter gefühlten Einwirkungen aufgrund von Kälte und Nässe beeinträchtigen naturgemäß die Beweglichkeit und Einsatzfähigkeit der Kräfte. Die Industrie bietet verschiedene Jacken- und Hosenmodelle an, um den Witterungseinflüssen entgegenzuwirken.

Die Rettungsdienstkleidung ist darüber hinaus nicht geeignet, einen Schutz vor Flammeneinwirkung zu gewährleisten. Ohne Atemschutz und weitere Schutzausrüstungen darf sich niemand direkter Flammeneinwirkung aussetzen. Eine Rettung aus einem brennenden Objekt scheidet demnach aus. Dennoch müssen die Anforderungen gemäß Anhang 4 der DGUV erfüllt sein.

Zwecks Sichtbarkeit im Verkehrsraum muss Warnkleidung nach DIN EN ISO 20471 („Hochsicht- bare Warnkleidung“) getragen werden. Um eine vollständige Warnwirkung zu erzielen, ist es nicht erlaubt, umfangreiche Patches oder Logos auf der Kleidung anzu- bringen, welche die Warnwirkung einschränken können. Retroreflektierendes Material muss die Anforderungen der DIN EN ISO 20471 erfüllen und die Einsatzkleidung soll auch nach entsprechender industrieller Wäsche gemäß DIN EN ISO 15797 (Wasch- und Trocknungszyklen) sowie desinfizierender Reinigung ihren Rückstrahlwert nicht verlieren.

Zusätzliche vertikale Schulterreflexbänder an der Warnjacke sind in der Regel erfor- derlich, um verlorene Warnwirkung durch Verdeckung des horizontal angebrachten Reflexmaterials, beispielsweise bei gebückter Haltung, zu ersetzen.

Zugelassene Farben gemäß DIN EN ISO 20471 sind ausschließlich fluoreszierendes Rot, Orange-Rot und Gelb.

Handschutz

Grundsätzlich ist zwischen einem mechanischen und einem Infektionsschutz zu unterscheiden. Schutzhandschuhe zum mechanischen Schutz müssen der DIN EN 388 entsprechen. Einmalhandschuhe sind gemäß DIN EN 1789 („Rettungsdienst- fahrzeuge und deren Ausrüstung“) im Rettungsmittel verlastet und gehören nach DIN EN 420 zur Grundausstattung. Es sollten nach Ergebnis mehrerer Gefährdungsbeur- teilungen im Rettungsdienst flüssigkeitsdichte Einmalhandschuhe gemäß DIN EN 455 zum Einsatz kommen.

Fußschutz

Zum umfangreichen Schutz vor mechanischen und chemischen Einwirkungen sollen Rettungskräfte geeignete Einsatzschuhe mindestens der Kategorie S 2 Typ B mit rutsch- hemmender Sohle tragen.

Die Sicherheitsschuhe haben nach DIN EN ISO 20345 „Persönliche Schutzausrüstung – Sicherheitsschuhe“ und DIN EN 1789 „Rettungsdienstfahrzeuge und deren Ausrüstung“ Zehenkappen vorzuweisen. Sicherheitsschuhe, welche ständig auf Baustellen oder in Industrieanlagen getragen werden und die eine höhere Durchtrittssicherheit benötigen, müssen die Schutzklasse S 3 aufweisen.

Schutz vor Infektionen

Die Tätigkeit im Rettungsdienst ist hinsichtlich des Infektionsschutzes gemäß der vorhandenen Richtlinie TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ – Schutzstufe 2 bzw. 3 – zu beleuchten.Zusätzlich zur regelmäßig zu reinigenden Arbeits- und Schutzkleidung können soge- nannte Einwegkombinationen, z.B. Schutzschürzen, ggf. Overalls sowie Mehrweg- kombinationen zum Einsatz kommen. Nach entsprechender Verwendung ist eine sachgerechte Entsorgung zu gewährleisten.

Flüssigkeitsdichte Einmalhandschuhe gemäß DIN EN 455 Teile 1-3 „Medizinische Handschuhe zum einmaligen Gebrauch“ müssen durch den Unternehmer in ausreichender Zahl und in unterschiedlicher Größe zur Verfügung gestellt werden.

Augen- der Gesichtsschutz gemäß DIN EN 166 ist zu verwenden, wenn mit Augenkontamination gerechnet werden kann.

Infektionsschutz im Rettungsdienst; Teamarbeit beim Anlegen der...
Infektionsschutz im Rettungsdienst; Teamarbeit beim Anlegen der Infektionsschutzbekleidung
Quelle: AdobeStock/Benjamin Nolte

Zum generellen Schutz vor Kontamination darf die Schutzkleidung nicht zu Hause gewaschen werden (siehe TRBA 250). In Rettungswachen eingesetzte Waschmaschinen sind aufgrund der einzuhaltenden Vorgaben gemäß Robert-Koch-Institut „Anforderungen der Hygiene an die Wäsche aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ und „Bedingungen für die Vergabe von Wäsche an Gewerbliche Wäschereien“ kritisch zu betrachten oder es wird nur schwer umsetzbar sein.

Die Aufbereitung, Reinigung und Instandsetzung der Arbeits- bzw. Schutzkleidung sollte in gewerblichen Wäschereien nach RAL 992-2 eingestuft stattfinden. Nur dort ist ein vergleichbares und validierbares Verfahren möglich.Die Schutzkleidung muss für eine desinfizierende Reinigung gemäß RKI-Liste geeignet beschaffen sein. Sterilität ist nicht erforderlich.In der DGUV werden im Weiteren Vorgaben zu Kennzeichnung und Herstellerinformationen gemacht.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die persönliche Schutzausrüstung für den Rettungsdienst einigen Vorgaben ent- sprechen muss und darüber hinaus einen guten Tragekomfort mit hoher Stoffqualität bieten sollte. Die Rettungsdienstmitarbeiter sind tagtäglich in ihrer Arbeits- und Schutzkleidung unter teils widrigen Umständen im Einsatz und benötigen daher eine qualitativ hochwertige Ausrüstung. Das ist nicht nur eine gesetzliche Vorgabe, wie in diesem Artikel dargestellt, sondern es ist auch eine Form der Wertschätzung des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitern. Des Weiteren ist den Arbeitgebern anzuraten, dass sie vor der Beschaffung von Bekleidungsstücken die eigenen Mitarbeiter im Rahmen eines Trageversuchs beteiligen. Aus Sicht des Autors ist somit gewährleistet, dass die Akzeptanz bei den Mitarbeitern für die Arbeits- und Schutzkleidung hoch ist und sie angemessen am Prozess beteiligt sind. Das gebietet eine moderne Führungskultur.

Video über die korrekte Anlage der PSA im Rettungsdienst, Feuerwehr Bremen.


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