PSA gegen toxische Gefahren im Einsatz

Julia Simon

J. Simon

Es ist Mittwochvormittag, 10.43 Uhr – Alarm für die Freiwillige Feuerwehr X-Stadt, Gebäudebrand. Kameradinnen und Kameraden eilen von ihrem Arbeitsplatz zur Feuerwache. Wenn der Alarm geht, lassen die Retter alles stehen und liegen. Sie ziehen die Einsatzkleidung und ihre Feuerwehrstiefel an, haben Helm und Handschuhe dabei. In Minutenschnelle rücken die Einsatzfahrzeuge zum Brand aus.

Woran bei der Alarmfahrt noch keiner denkt: Feuerwehrleute nehmen toxische und karzinogene Stoffe im Brandrauch über ungeschützte Atemwege, aber auch über die vom Schweiß geöffneten Poren der Haut auf. In jeder Faser der Kleidung stecken nach einem Einsatz Brandgase und andere krebserregende Stoffe. Verrußte Einsatzkleidung ist kein Helden-Merkmal. Denn klar ist: Ruß ist immer ein Zeichen von Schadstoffen, Brandrauch ist grundsätzlich toxisch.

Nach dem Einsatz warten wieder Job und Familie auf die Ehrenamtlichen. Feuerwehrmänner und -frauen wollen schnell wieder in den Alltag zurück. Ausführliche Hygienemaßnahmen kommen dann nach dem Einsatz oft zu kurz. Oft werden lediglich noch zügig die Hände gewaschen – fertig. Dann verschleppt mangelnde Dekontamination die krebserregenden Stoffe von der Einsatzstelle bis ins heimische Schlafzimmer.

Im Einsatz für mehr Aufklärung

Zahlreiche internationale Studien beschäftigen sich mit den gesundheitlichen Folgen von Einsätzen und Krebserkrankungen bei Feuerwehrleuten. Die Untersuchungen weisen nach, dass das Risiko, beispielsweise an Prostatakrebs, Leukämie oder schwarzem Hautkrebs zu erkranken, bereits nach wenigen Jahren im Einsatzdienst steigt. In Deutschland beschäftigt sich ein Forschungsprojekt des Fachbereichs „Feuerwehren, Hilfeleistungen, Brandschutz“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) mit dem Krebsrisiko im Feuerwehrdienst. Dabei können sich Retter nach dem Einsatz schon mit einfachen Maßnahmen schützen. Eine konsequente Trennung von kontaminierten und sauberen Bereichen bzw. sogenannten „Schwarz- und Weiß-Bereichen“ verringert die Verschleppung. Die Organisation FeuerKrebs gUG informiert Feuerwehrmänner und -frauen seit 2016 über dieses wichtige Thema. Die Gruppe setzt sich in Deutschland dafür ein, dass ausgewählte Krebserkrankungen als Berufskrankheit bei Feuerwehreinsatzkräften anerkannt werden.

Marcus Bätge, selbst Hauptbrandmeister der Berufsfeuerwehr Hamburg und Gründer von FeuerKrebs gUG, sieht nach über drei Jahren Aufklärungsarbeit bereits erste positive Entwicklungen: „Es gibt noch viele offene Baustellen, aber ich möchte die ­Situation nicht komplett schwarzmalen.“ Bei der Gründung von FeuerKrebs hat Bätge aufgeschrieben, was er in fünf Jahren erreichen möchte. „Diese Ziele haben wir heute, nach über drei Jahren Arbeit, bereits weit übertroffen,“ bilanziert er. So gäbe es einzelne Vorreiter mit besonderen Komponenten zur Hygiene an der Einsatzstelle und immer mehr Fahrzeuge, die so ausgestattet seien, dass ein Umziehen und Waschen an der Einsatzstelle für die Feuerwehrleute möglich ist.

Dekontamination und konsequente Trennung schützen

Neben den Möglichkeiten, Fahrzeuge entsprechend auszustatten, berät die Gesellschaft außerdem vermehrt zu baulichen Fragen und unterstützt beispielsweise bei Um- oder Neubauten von Gerätehäusern. Die DGUV schreibt in §12 der Unfallverhütungsvorschrift Feuerwehren vor, dass bauliche Anlagen so gestaltet und eingerichtet sein müssen, dass eine Gefährdung durch Schadstoffe von der Einsatzstelle sowie eine Kontaminationsverschleppung vermieden werden. Die sogenannte Schwarz-Weiß-Trennung in Feuerwachen beginnt bei Absauganlagen für die Abgase der Fahrzeuge. Fahrzeuge und Aufenthaltsbereich sollten baulich getrennt sein. 

Ein wichtiger Punkt ist die getrennte Aufbewahrung der Freizeit- und Einsatzkleidung. Noch an der Einsatzstelle müssen Ausrüstung, Kleidung und Schuhwerk von sichtbarem Ruß grob gereinigt werden. Bei starker Verschmutzung sind die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Geräte direkt in Beuteln verpackt und außerhalb des Mannschaftsraumes zu transportieren. Noch an der Einsatzstelle kann die PSA gegen Wechselkleidung wie Jogginganzüge oder Overalls getauscht werden. Auch Mobiltelefone, die beim Einsatz mitgeführt wurden, sollten anschließend gründlich gereinigt werden. Schritte, die vor Ort bereits erledigt werden können, während die Kameradinnen und Kameraden das restliche Material zurückbauen und aufräumen.

FeuerKrebs
FeuerKrebs

Katzendusche oder heißes Schaumbad?

Nach dem Einsatz lautet die Devise: Weder noch! Grundsätzlich sollten Feuerwehrmänner und -frauen, die Rauch und Ruß ausgesetzt waren, nach dem Einsatz duschen. Aber auch hier gilt es, ein paar Feinheiten zu beachten. Noch an der Einsatzstelle sollten die sichtbar rußigen Körperstellen mit kaltem Wasser und Seife gereinigt werden. Durch das kalte Wasser bleiben die Poren der Haut geschlossen und toxi­sche Stoffe können nicht weiter in die Haut eindringen. Erst nachdem sichtbare Spuren beseitigt sind, sollte eine gründliche Dusche mit warmem Wasser folgen. Hautpflegemittel dürfen erst nach dieser gründlichen Reinigung aufgetragen werden. Die Produkte können sonst Schadstoffe lösen, sodass diese in die Haut eindringen.

Ein entscheidender Faktor ist übrigens das Schuhwerk: Schuhe verteilen den Schmutz von der Einsatzstelle im Feuerwehrhaus. Deshalb sollten in jeder Wache geeignete Ausrüstung zum Waschen und Säubern von Stiefeln vorhanden sein und Schuhpflegemittel bereitstehen. Stiefel sollten erst nach der Beseitigung der Ruß- und Schmutzspuren mit dem passenden Pflegemittel bearbeitet werden. Nach dem Einsatz sollte bei Werk- und Berufsfeuerwehren vom Feuerwehrstiefel auf Dienst- bzw. Sicherheitsschuhe gewechselt werden. Grundsätzlich ist darauf zu achten, Aufenthalts- und Sozialräume nicht mit verschmutzter Dienstkleidung zu betreten.

Immer öfter Berichte von Einsätzen mit toxischen Stoffen

Einen umfangreichen Einblick in aktuelle Forschungen, Erfahrungen aus anderen Ländern und mögliche Maßnahmen gab die Fachtagung „Einsatzstellenhygiene“ im Rahmen der A+A Messe in Düsseldorf im November 2019. Die A+A gilt als Leitmesse für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. So zogen internationale Referenten ein weltweites Fachpublikum an und sorgten für intensive Diskussionen.

Marcus Bätge erklärt: „Man hört und liest deutlich häufiger von Einsätzen mit Asbest oder anderen toxischen Stoffen. Das heißt nicht, dass diese zunehmen, sondern es ist ein Zeichen dafür, dass die Sensibilität gegenüber dem Thema zugenommen hat.“ Dieses Interesse nimmt die Organisation auch direkt wahr: „Wir merken, dass viele interessiert sind und von dem Thema schon einmal gehört haben. An der konsequenten Umsetzung von Maßnahmen hapert es leider noch etwas.“ Das Umdenken und die Veränderung von gewohnten Abläufen brauchen Zeit. Ein Problem, dem die Referenten außerdem häufig begegnen, ist die Frage: Wer bezahlt die Maßnahmen? Denn wenn verschmutzte Einsatzbekleidung zur Reinigung gegeben wird, benötigen Feuerwehren ausreichend Ersatzkleidung für ihre Kameradinnen und Kameraden. Hier hat der Freistaat Bayern beispielsweise 2018 ein umfangreiches Sonderförderprogramm für die Beschaffung einer Wechselausstattung von Einsatzbekleidung für Atemschutzgeräteträger aufgestellt.

Auf die Frage, an welchen Zielen er noch arbeite, antwortet der Gründer der FeuerKrebs gUG: „Wir fordern ein nationales Krebsregister ein, das die Erkrankungen bei Feuerwehrleuten aufzeichnet. Das bildet auch die Grundlage für eine neue Definition zur Anerkennung von Berufskrankheiten oder Dienstunfällen. Aktuell werden nur örtlich und zeitlich begrenzte Ereignisse anerkannt, die einen Körperschaden verursachen, zum Beispiel ein Bänderriss oder ein gebrochener Arm. Aber was ist mit Krebserkrankungen oder Posttraumatischen Belastungsstörungen? Diese Erkrankungen zeigen sich erst später und können in der Regel keinem bestimmten Einsatz zugeordnet werden.“

Einen ersten Anfang bildet die Dokumentationspflicht durch § 14 Abs. 3 Gefahrstoffverordnung. Sie verpflichtet Unternehmen, ein Verzeichnis über Beschäftigte zu führen, die durch krebserzeugende Stoffe gefährdet sind. Dieses muss Angaben zur Art, Höhe und Dauer der Exposition enthalten und 40 Jahre aufbewahrt werden. Die Regelung kommt auch in der Feuerwehr zur Anwendung. Die Dokumentationspflicht bezieht sich dabei sowohl auf Berufsfeuerwehren als auch Freiwillige Feuerwehren und Werkfeuerwehren. Ob die Unterlagen in Papierform, auf dem Rechner oder in einer Online-Datenbank geführt werden, bleibt den Feuerwehren selbst überlassen.

Marcus Bätge fasst den derzeitigen Stand so zusammen: „Unsere Hauptaufgabe bleibt es, weiter sowohl an der Feuerwehrbasis als auch bei Führungskräften über Maßnahmen zur Einsatzhygiene aufzuklären. Vor allem Führungskräfte müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und bei diesem Thema als Vorbilder vorangehen. Ohne Atemschutz in verrauchte Bereiche vorzugehen – das ist ein absolutes No-Go! Wir sind auf einem guten Weg und haben bereits viel erreicht, aber wir sind noch nicht am Ziel.“

Wahre Helden schützen sich

Mit ersten einfachen Schritten können sich auch die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr X-Stadt nach dem Löscheinsatz schützen. Eine Sauna, wie sie in Norwegen bereits in vielen Feuerwachen steht, bleibt dann doch oft noch ein Wunschtraum.



Feuerwehr PSA: Schutzhandschuhe und Schutzschuhe

Es gibt zwei Arten von Feuerwehrschutzhandschuhen:

Brandbekämpfungshandschuhe bestehen aus einem feuerfesten Material (beispielsweise Nomex) und sind häufig mit Leuchtstreifen versehen.
Lederhandschuhe, die eine höhere Schnittfestigkeit aufweisen, werden vor allem zu Hilfeleistungseinsätzen, Übungen und auch bei Brandeinsätzen getragen.
Beide Handschuhsorten weisen Vor- und Nachteile sowohl während des Übungsdienstes, als auch bei Einsätzen verschiedener Art auf. Handschuhe aus feuerfestem Material sind ihrem Sitz wesentlich komfortabler, da es sie in vielerlei Größen und mit festen Verschlussbändern gibt. Des Weiteren schützen sie sehr gut vor extremen Temperaturen, was sie auch im Winter attraktiv macht. Ein großer Nachteil dieser Handschuhe ist die Tatsache, dass sie relativ leicht verschleißen und nur schwer zu trocknen sind. Vor allem im Brandeinsatz kann ein nasser feuerfester Handschuh fatale Folgen haben, da es hier zu starken Verbrühungen der Hände kommt. Aus diesem Grund tragen Einsatzkräfte verschiedener Feuerwehren oftmals zwei Paar feuerfeste Handschuhe bei sich: Ein Paar zum Arbeiten und ein Paar zur Brandbekämpfung.
Bei Einsätzen, bei denen man mit Blut in Berührung kommen könnte, wie z. B. bei Personenrettung, wird unter den Feuerwehrschutzhandschuhen zusätzlich oft noch ein Einmalhandschuh (Latexhandschuh) getragen, um Infektionen zu vermeiden. Hier gibt es aber auch spezielle Handschuhe für die Rettungskräfte, die bei der Technischen Hilfeleistung sowohl vor Verletzungen als auch vor Infektionen schützen. In diesen Handschuhen ist eine spezielle Membran eingearbeitet.

Feuerwehrschutzschuhwerk:

Das Feuerwehrschutzschuhwerk besteht aus Stiefeln (meist Leder) mit besonders starkem Profil, die mit Stahlkappen und ölresistenten, durchtritt- und rutschsicheren Sohlen versehen sind. Feuerwehrstiefel werden aber auch neben vielen anderen umfangreichen Prüfungen auf elektrische Durchlässigkeit geprüft. So müssen sie mindestens einen elektrischen Widerstand von 1.000 Ohm aufweisen. In den ABC- beziehungsweise Gefahrstoffeinheiten werden unter anderem auch chemikalienbeständige Kunststoffstiefel getragen, welche ebenfalls mit Stahlkappen und einer durchtrittsicheren Sohle versehen sind.
Es gibt sowohl Schlupfstiefel als auch Schnürstiefel im Feuerwehrdienst, letztere werden mit einem Reißverschluss geschlossen. Die Feuerwehrstiefel sollen die Feuerwehrangehörigen vor Brandeinwirkung, Ausrutschen, Umknicken, Nässe und herabstürzenden Teilen schützen und sind ebenfalls bei jedem Einsatz zu tragen. Neben Stiefeln, die nur die Grundanforderungen erfüllen, statten viele Hersteller ihre teureren Stiefel mit Membranen (z. B. Gore-Tex, Sympatex, oder Firetex) aus, die einen besseren Nässeschutz gewährleisten und die Stiefel atmungsaktiv machen sollen. Einige Stiefel verfügen auch über Kevlar-Einlagen, die einen begrenzten Schnittschutz gegen Motorsägen bieten.

(Quelle: Wikipedia)

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