27.01.2023 •

Frauen im THW – braucht es mehr Förderung?

Weibliches Engagement im THW nimmt zu. Zeit einmal, mit der THW-Leitung und lokalen Ortsverbänden darüber zu sprechen!

Der Helferinnentag 2022 in Hoya
THW

Das THW wird vor allem durch den Einsatz ehrenamtlich engagierter Menschen getragen. In 668 Ortsverbänden sind mittlerweile über 85.000 Ehrenamtliche für den Zivil- und Katastrophenschutz aktiv – Frauen wie Männer. In Bayern sind es in 111 Ortsverbänden rund 14.000 Ehrenamtliche. Ob beim Hochwasserschutz, Großbränden, Stromausfällen oder Schneechaos  – immer sind sie zur Stelle. Im Auftrag des Bundes ist das THW auch im Ausland tätig.

Der Jahresbericht des THWs von 2021 beschreibt weibliches Engagement als „unaufhaltsam“. Bereits rund 40% der hauptamtlichen Stellen waren zuletzt von Frauen besetzt – bei den ehrenamtlichen Einsatzkräften betrug der Frauenanteil aber nur rund 16%. Von den 66 Regionalstellen sind laut der YouTube-Reihe „Frauen im THW: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ auch nur 17 weiblich besetzt. In der THW-Jugend sind 19% Mädchen.

Im THW lernen auch Frauen, mit technischem Gerät umzugehen
Im THW lernen auch Frauen, mit technischem Gerät umzugehen
Quelle: THW Friedberg/Thomas Schmid

Die 2021 rund 11.000 weiblichen Ehrenamtlichen werden aber Tag für Tag mehr. So waren vor 20 Jahren statt den 16% nur ca. 5% weiblich. In Bayern liegt der Frauenanteil laut dem Landesverband bisher nur bei 14,9%. Frauen stellen nicht nur weitere Einsatzkräfte dar, mit ihren individuellen Charakteren, Fähigkeiten und Hintergründen bereichern sie auch das THW. So tragen sie zu neuen kreativen Ansätzen zur Meisterung der diversesten Einsätze bei. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass es in Führungsstäben von Ortsverbänden manchmal unbesetzte Funktionen gibt, können Frauen eine entscheidende Rolle spielen. Denn ein höherer Frauenanteil im THW bedeutet in der Regel auch, dass mehr Menschen insgesamt im THW aktiv sind. 

In der Vergangenheit war es Frauen aber bis 1955 sogar verboten, mit zum Einsatz zu kommen. Dem damaligen Bild der häuslichen, schwachen Frau entsprechend, konnten sie auf Anfrage beim Landesbeauftragten maximal in der Küche oder der Verwaltung tätig sein. Frauen interessierten sich lange auch gar nicht für den technischen Part, sagt Helga Honsell vom THW Radolfzell am Bodensee – dafür wären ja die Männer da gewesen. Frau Honsell beschreibt sich in der bereits erwähnten, vom THW erstellten YouTube-Reihe, in der Anfangszeit vor allem als die „Mutter der Kompanie“. Bei Sorgen der Männer war sie für sie da. Die ersten ausgebildeten Frauen im THW seien dann in den 70er-Jahren aber vor allem Ehefrauen von THW-Mitgliedern gewesen, die sicher gehen wollten, was ihre Männer denn dort so treiben würden. Erst nach und nach erkannten die Frauen, dass sie auch etwas lernen können beim THW und den Männern eigentlich auch gleichgestellt werden. 

Gerade als Ausgleich, zu der in der Regel damals gar nicht handwerklich geprägten Arbeit von Frauen, war es für manche eine schöne Abwechslung, beschreibt es Helga Honsell. 1959 wurde das Engagement von Frauen im THW offiziell erlaubt – jedoch z. B. nur als Sanitätshelferin oder in der Verwaltung. 1968 waren sie dann zwar endlich offizieller Teil der Einsätze, durften aber nur typisch weibliche Tätigkeiten wahrnehmen, die keine körperliche Beanspruchung nach sich ziehen. Dennoch kamen nun nach und nach immer mehr Frauen zum THW. Die Wehrpflicht brachte bis 2011, mit der Möglichkeit des ersatzweisen Dienstes beim THW, aber weiter insbesondere Männer zum THW. Erst danach wurde das THW richtig aktiv mit öffentlichkeitswirksamen Kampagnen, die sich an alle Menschen richteten.

Eine Frau, die es weit brachte, ist Sabine Lackner. Sie ist seit 2020 Vizepräsidentin der THW-Leitung und damit die erste Frau in diesem Amt. „Ein gutes Signal“, nennt es die THW-Pressestelle und hofft, dass der Funken auf weitere Frauen überspringt. Zudem war Frau Lackner die erste weibliche Landesbeauftragte und Referatsleiterin in der THW-Leitung. Als Letztere kam sie 2001 über das Auslandsreferat zum THW.

„Von alleine ändert sich gar nichts“, sagt sie in der eigens erstellten YouTube-Reihe des THWs. Bei Parität und Diversität sieht die Vizepräsidentin noch „Luft nach oben“ – „unsere Gesellschaft lebt davon und das THW auch“, sagt sie.

 Außerdem sieht sie hierin eine gewisse Vorbildfunktion des THWs als Bundesbehörde, die demokratische Werte und Pflichten vertritt. Mit Verweis auf die verfassungsrechtliche Gleichstellung von Mann und Frau, liege das Thema dem THW laut dessen Pressestelle sogar „am Herzen“.

Das THW wurde 2010 Teil der „Charta der Vielfalt“, einer Unternehmerinitiative, die ein Umfeld ohne Vorurteile und mit Wertschätzung für alle schaffen möchte. Ähnlich betont es der 9. THW-Leitsatz, mit dem man sich für die „Vielfalt unserer Gesellschaft auch im THW“ einsetzen will.

Generell müsse aber auch das Bewusstsein für Frauen weiter ausgebaut werden, so Lackner weiter. Dies gelinge am besten, wenn man sensibel vorgeht und nicht mit der Brechstange. Oft genüge auch schon ein schlichter Hinweis, wenn eine Anrede z. B. nur an Männer gerichtet ist. Diesen sei das oft schlicht nicht aufgefallen. Mädchen und Frauen empfiehlt Sabine Lackner ihre „eigenen Anwältinnen“ zu sein, sich an Vorbilder zu wenden und ihre Rechte einzufordern. „Lasst euch beraten“ - und kommt raus aus einer evtl. passiven Haltung, so die Vizepräsidentin und blickt optimistisch in die Zukunft.

Gemeinsam mit Präsident Gerd Friedsam will sie die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und THW durch bessere Rahmenbedingungen fördern.  Zudem sollen bei Neubauten oder Sanierungen immer die Bedürfnisse von Frauen und Eltern mit Kindern berücksichtigt werden – denn auch Männer würden immer mehr Verantwortung übernehmen wollen. Laut der THW-Pressestelle sollen vor allem „strukturelle Hindernisse“ beseitigt werden.

Aktionstage wie regelmäßige „Helferinnentage“ sollen allen Mädchen und Frauen Austausch und Erfahrungsgewinn ermöglichen. In einem geplanten Mentoring-Programm sollen erfahrene Kräfte weiblichem Nachwuchs beratend zur Seite stehen. Zudem sind sog. „Helferinnenbeauftragte“ in den Landesverbänden und eine online-Plattform für Mädchen und Frauen vorgesehen. Ebenso richtet sich die „Deine Zeit ist jetzt“-Kampagne besonders auch an weibliche Interessierte. Jedes Jahr im April öffnen am „Girls‘ Day“ viele THW-Ortsgruppen einen Tag lang ihre Pforten für Mädchen und erläutern ihnen den vermeintlichen Männerbereich „Technik“. Vorkenntnisse braucht man beim THW nämlich nicht – alles wird in einer kostenlosen Ausbildung von Grund auf vermittelt.

Ebenso sollen die lokalen Ortsverbände die Möglichkeit bekommen, zu berichten, was bereits schon gut läuft und wo noch Nachholbedarf besteht. 

Um es abschließend mit den Worten von THW-Ehrenpräsident Albrecht Broemme zu sagen: 

„Ehrenamtliches Engagement ist ein wesentlicher Bestandteil eigentlich für jeden Menschen“

Und das gilt somit auch für Frauen. Nach ihm haben Klischees und starre Rollenbilder im THW keinen Platz mehr. Denn alle wollen sie ja im Kern nur eines: Menschen in Not professionelle Hilfe leisten! Ohne das THW würde Vieles in Deutschland nicht funktionieren, deswegen bleibt das THW weiterhin aktiv, alle Menschen egal welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe oder Konfession für den Einsatz im THW zu begeistern.

Anmerkung: Alle Bezugszahlen hinsichtlich des Frauenanteils im THW sind dem Jahresbericht 2021 entnommen.



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