Breitgefächerter Warnmix beim nationalen Warntag in NRW erfolgreich getestet
Ulrike Tietze
Egal ob Stromausfall, Ausfall der Wasserversorgung, Chemieunfall, Krankheitserreger, Radioaktivität, Waffengewalt, Cyberangriff oder Naturkatastrophen wie Hochwasser, Hitzewellen und Erdbeben: Wenn Gefahr droht, sollte die Bevölkerung so schnell und umfassend wie möglich informiert werden.
Präzise Warnungen seien wichtig, damit sich Menschen auch selbst schützen können, sagte BBK-Präsident Ralph Tiesler bereits anlässlich des bundesweiten Warntags im Dezember 2022. Dazu gehöre im Ernstfall auch, Nachbarn, Freunde und Verwandte zu informieren.
Im Vorfeld ist es wichtig, die Bevölkerung entsprechend für Ereignisse und Gefahren zu sensibilisieren. Dies ist in den vergangenen Jahren beständig verstärkt geschehen und spätestens durch das Flut-Ereignis im Ahrtal sollte Katastrophenschutz in allen Köpfen präsent sein.
Warntage verfolgen grundsätzlich zwei Ziele. Einerseits soll durch eine gezielte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eine hohe Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt werden, damit die Bürger sich mit dem Thema Warnung auseinandersetzen, um Warnungen deuten und als solche erkennen zu können.
Andererseits soll ein Warntag auch dazu dienen, zu überprüfen, ob die Technik funktioniert, will also erproben, ob die technische Infrastruktur und die Warnprozesse bei einer landes- oder bundesweit relevanten Gefahrenlage funktionieren. Bei einem Warntag werde auch überprüft, ob die Menschen ausreichend erreicht werden.
In Nordrhein-Westfalen hat NRW-Innenminister Herbert Reul am 9. März 2023 persönlich das Modulare Warnsystem (MoWaS) landesweit und somit von zentraler Stelle im Lagenzentrum der Landesregierung im Ministerium des Innern in Düsseldorf ausgelöst.
Das zentrale Auslösen sorgte dafür, dass die Warnmeldung an Medien, Warn-Apps, Cell Broadcast, das Fahrgastinformationssystem der Deutschen Bahn und digitale Stadtinformationstafeln übertragen wurde. Zum ersten Mal wurde die Warnung auch auf mehr als 1.100 Stadtinformationstafeln angezeigt. Dazu hatte das Land Nordrhein-Westfalen einen Kooperationsvertrag mit einem großen deutschen Anbieter geschlossen.
Zudem konnte nach der technischen Einführung von Cell Broadcast durch den Bund das System in Nordrhein-Westfalen zum ersten Mal landesweit getestet werden.
Durch Cell Broadcast werden von einer Rettungsleitstelle via Cell Broadcast bei Gefahr (z. B. Hochwasser, Großbrand, Stromausfall) ausgelöste Warnungen automatisch auf die Handys von Menschen in der betroffenen Region geschickt. Es handelt sich dabei nicht um eine SMS, sondern um einen Warntext, der im Display erscheint.
Der große Vorteil von Cell Broadcast ist, dass die Warninformation automatisch auf die Handys innerhalb bestimmter Funkzellen geschickt wird. Das Handy muss lediglich eingeschaltet sein und darf sich nicht im Flugmodus befinden. Das aktive Herunterladen einer Warn-App ist nicht erforderlich. Der Warnton beim Auslösen von Cell-Broadcast hat einen „Weck-Effekt“, vergleichbar mit der Wahrnehmung einer Warnsirene. Selbst wenn die Signaltöne im Handy stumm geschaltet sind, ertönt das laute Warnsignal.
Das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen steht in einem steten Austausch mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) als Betreiber der technischen Infrastruktur für das Modulare Warnsystem. Der Bund und die Länder nutzen diese Technik nicht nur gemeinsam, sie tauschen sich nach Angaben des Innenministeriums NRW auch regelmäßig zur Weiterentwicklung der Warnsysteme aus.
Beim Warntag im März 2023 in NRW lösten die Leitstellen im Land parallel dazu alle Warnsirenen aus.
Die Medienberichterstattung begann, ausgehend von einer Pressemitteilung der Landesregierung und nachfolgenden Veröffentlichungen der Kommunen, bereits Tage vor dem eigentlichen Warntag. Durch diese umfängliche Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung konnte ein Ziel des Warntages - die Fokussierung der Bürger auf das Thema Warnung - erreicht werden, betonte das Innenministerium NRW.
Evaluierung des Warntages ist erfolgt
Die Warnprozesse sowie die Funktionalität der technischen Infrastruktur wurden im Anschluss an den Warntag evaluiert. Dabei hat das Ministerium des Innern über die Bezirksregierungen bei den Kommunen Daten zum Warntag abgefragt.
Nach Angaben des Ministerium des Innern konnten folgende Ergebnisse ermittelt werden: Von ca. 6.000 Sirenen in Nordrhein-Westfalen konnten am Warntag ca. 91 Prozent ausgelöst werden. Bei 396 Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen bedeutet dies im Durchschnitt lediglich einen Ausfall von ein bis zwei Sirenen je Kommune. Die meisten Kommunen haben den Warntag auch dazu genutzt, auf ihren Internetseiten (oder der Internetseite der Feuerwehr) Informationen zum Warntag einzustellen oder auch die Probewarnung auf diesem Weg zu verbreiten. Darüber hinaus haben rund 50 Prozent der Kommunen soziale Medien (insbesondere Facebook und Instagram) am Warntag aktiv zur Warnung der Bevölkerung genutzt.
„Wir setzen in Nordrhein-Westfalen auf einen möglichst breit gefächerten Warnmix. Jedes zusätzliche Warnmittel trägt dazu bei, dass Warnmeldungen in der Bevölkerung auch ankommen“, so die Aussage des Ministerium des Innern.
NRW-Innenminister Herbert Reul zog Bilanz des landesweiten Warntages:
„Wir haben die Menschen in Nordrhein-Westfalen am 9. März erfolgreich wachgerüttelt. Aus dem Bett, im Auto, am Schreibtisch, zuhause oder beim Einkaufen. Egal wo. Das hat gut geklappt, weil ein Rädchen ins andere gegriffen hat und die Technik zuverlässig war. Aber auch, weil wir unseren Warnmittelmix erweitert haben - mit noch mehr Sirenen, Handywarnungen und digitalen Informationstafeln in den Städten. Wir werden trotzdem nicht müde, wieder zu üben und die Warnmittel weiter auszubauen. Das Thema Warnung muss den Menschen im Ernstfall vertraut sein.“
Dass Warnungen trotz aller Informationen und Bemühungen noch immer nicht von allen ernst genommen werden, zeigte die Ahr-Flut. So berichtete Frank Frenser, Pressestelle Amt für Feuerschutz und Rettungsdienst der Stadt Bonn, von seinen damals gemachten Beobachtungen:
„Für uns ist immer noch erstaunlich, dass es augenscheinlich niemand für möglich gehalten, dass es in diesem Ausmaß tatsächlich passieren wird, obwohl viele Wettervorhersagen schon Tage vor dem Ereignis darauf hingewiesen haben, dass da tatsächlich etwas kommt. Der Deutsche Wetterdienst hat WarnApps ausgelöst und drei Tage vorhergesagt, dass ein extremes Unwetterereignis kommen wird“.
Für NRW war es der achte Warntag. Nordrhein-Westfalen hat einen landesweiten Warntag bereits im Jahr 2018 eingeführt. Diese Initiative des Landes hat der Bund im Laufe der Jahre aufgenommen, sodass mittlerweile an zwei Warntagen im Jahr eine bundesweite und eine landesweite Warnübung durchgeführt werden. Nach dem bundesweiten Warntag am 08. Dezember 2022 haben Nordrhein-Westfalen und Bayern am 9. März 2023 ihren landesweiten Warntag durchgeführt.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zog nach dem bundesweiten Warntag im Dezember 2022 eine positive Bilanz, wobei zahlreiche Handybesitzer beklagten, dass die Handywarnung sie nicht erreicht habe. Das könnte daran liegen, dass das Smartphone für die Technik „nicht empfangsfähig“ ist oder Cell Broadcast vom Nutzer erst aktiv aktiviert werden muss. Bei neueren Handymodellen ist Cell Broadcast bereits aktiviert.
Doch genau dazu soll ein Warntag auch dienen: Er soll Schwachstellen aufdecken, um Verbesserungen vornehmen zu können, damit zukünftig noch mehr Menschen rechtzeitig und effektiv gewarnt werden können.
Crisis Prevention 2/2023
Ulrike Tietze
Quelle: Antworten Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen