An die Stäbe des Bevölkerungsschutzes wird die Anforderung gestellt, mit jeglichen Ereignissen zurechtzukommen. Um zu verstehen, was die Stäbe bei der Bewältigung der COVID-19-Pandemie besonders herausgefordert hat, wurde im Sommer 2021 im Rahmen einer Bachelorarbeit eine Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse werden im Folgenden vorgestellt.
Es wurde untersucht, welche pandemiebedingten Einflüsse es auf die Stabsarbeit im deutschsprachigen Raum gab. Ausgewertet wurden die Antworten von 153 Personen, die überwiegend in behördlichen Stäben in Deutschland tätig sind. Die Ergebnisse sind nur für diese Gruppe repräsentativ. Diese Stichprobe ist im Vergleich zu ähnlichen Umfragen groß. Die Aussagekraft der Ergebnisse ist zufriedenstellend.
Inhalt der Umfrage waren die Situation vor Beginn der Pandemie, die Herausforderungen während der Pandemie und die justierten Stellschrauben. Zwar herrschte vor der Pandemie ein hoher theoretischer Ausbildungsstand (Zustimmung von 89 % der Befragten). Allerdings gab es aufgrund seltener Übungen und geringer Einsatzzahlen wenig Routine und praktische Erfahrung, was dem angegebenen hohen theoretischen Ausbildungsstand entgegensteht. So haben 52 % der Befragten bis dahin an maximal fünf Übungen teilgenommen und 63 % hatten bei maximal fünf Einsätzen mitgewirkt. Der Umgang mit digitaler Technik und die Arbeit in einer virtuellen Umgebung wurden defizitär beurteilt. Die Abläufe bzw. Prozesse im Stab haben für etwa die Hälfte der Befragten eine Herausforderung dargestellt. Äußere Einflüsse waren eine zusätzliche Belastung, wie z.B. die lange Einsatzdauer (für 78 % der Befragten) und die Belastung zusätzlich zum Tagesgeschäft (für 88 % der Befragten). Über die Hälfte gab an, dass durch die pandemiebedingte Digitalisierung Anpassungen an den Organisationsstrukturen und bei der Arbeitsweise ausgelöst wurden.
Insgesamt wird befunden, dass die Anforderungen aus der Pandemiebewältigung an die Dauer und Weise der Stabsarbeit die Stabsmitglieder stark gefordert haben. In nicht wenigen Fällen dürften diese Beanspruchungen zu echten Belastungen geworden sein. Diese Erkenntnis reiht sich in ähnliche Untersuchungen ein (z.B. von Thielsch et. al. (2020) Managing Pandemics – Demands, Resources, and Effective Behaviors within Crisis Management Teams. Applied Psychology: An International Review.). Um die Leistungsfähigkeit der Stäbe zu erhalten, muss daher bei ähnlichen Beanspruchungsportfolien besonders auf die Menschen geachtet werden. Die Anforderungen an die Stäbe hatten aber auch positive Effekte. So dürfte die Lernkurve bei den Stabsmitgliedern steil gewesen sein und es dürften sich funktionierende Routinen ausgebildet haben. Man kann sagen, dass die Stäbe vor allem im Bereich der Abläufe gewissermaßen gereift sind.
Mit Blick auf die Zukunft sollten die bis dahin einsatzgetriebenen Weiterentwicklungen nunmehr durch Übungen und Tests im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses fortgesetzt werden. Trotz aller Vorbereitungen wird es immer erforderlich sein, dass sich die Stabsarbeit auf den jeweiligen konkreten Einsatz und seine Besonderheiten einstellt. Um speziell im Ausbildungsbereich Lücken zu schließen und Defizite aufzuholen, sollten entsprechende Trainingskapazitäten geschaffen werden. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die Ausbildungsinhalte zeitgemäß und zukunftsfest sind.
Der vorliegende Beitrag ist Teil einer losen Serie zur Stabsarbeit.
Bereits erschienen: Magazin 2/2016, Magazin 4/2016, Magazin 1/2017, Magazin 3/2017, Magazin 4/2017, Magazin 2/2018, Magazin 2018/04, Magazin 2/2019, Magazin 04/2020 und Magazin 04/2021.
Crisis Prevention 1/2022
Daniel Beckers B.Eng.
Student im Master Rettungsingenieurwesen
und wissenschaftliche Hilfskraft im
Forschungsprojekt NOWATER an der
Technischen Hochschule Köln
Die Bachelorarbeit wurde betreut von Prof. Dr.-Ing. Alexander Fekete und Dr. Dominic Gißler
Akkon Hochschule für Humanwissenschaften
E-Mail: info@stabstraining.de