ASB Regionalverband Ostholstein setzt auf Drohnen

Udo Glauflügel, Jörg Bochnik

M. Scholz

Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Ostholstein betrat mit dem Aufbau seines UAV-Teams (Unmanned Aerial Vehicle) Neuland. Die Drohnengruppe des ASB in Heiligenhafen gibt es seit rund eineinhalb Jahren, sie ist die erste im ASB-Landesverband Schleswig-Holstein. Seit März dieses Jahres ist sie auch bei der Rettungsleitstelle gemeldet und kann für Einsätze angefordert werden. Schwierigkeiten der direkten Alarmierung bestehen noch in der Zuweisung eines Stichwortes im Alarmierungskatalog für die Leitstellen, so wird die Alarmierung meistens direkt von der Feuerwehr oder dem Rettungsdienst/SEG veranlasst. 

Mittlerweile gibt es neun aktive, ehrenamtliche Drohnenpiloten, die zu Übungs- und Einsatzzwecken auf zwei „Typhoon H“ Modelle der Firma Yuneec zurückgreifen können, um mit ihnen im Notfall Menschenleben zu retten. Die Einsatzmöglichkeiten der beiden Hexacopter sind vielfältig. 

Einsatzmöglichkeiten der UAV

Sie können dank ihrer leistungsstarken Kameraoptionen unter anderem zur Suche nach vermissten Personen eingesetzt werden, und das auch bei schwierigen Lichtverhältnissen wie beispielsweise in der Dämmerung oder bei Nacht. Darüber hinaus helfen sie bei der Lageaufklärung und Einsatzkoordination bei einem Massenunfall mit vielen Verletzten (MANV) oder großen Karambolagen, die immer wieder auf Autobahnen oder Bundesstraßen passieren. Ebenso kann der Typhoon H zur Lageerkundung und Einsatzkoordination bei Gefahrgutunfällen, Flächenbränden, Explosionen von Gebäuden sowie zur Schadensaufklärung in unwegsamen Geländeabschnitten eingesetzt werden. Auch nach Unterwetterereignissen (u. a. Gewitter, Schnee, Hochwasser) können die Hilfskräfte den Copter zur Einsatzbeschleunigung hinzuziehen. Allerdings sind hier den Einsatzmöglichkeiten der Drohne witterungsbedingte Grenzen gesetzt. Flüge bei Schneetreiben, Regen oder Sturm über Windstärke 7 sind bei uns bisher nicht möglich. 

Entstehung der Drohnengruppe

Die Idee zur UAV-ASB-Gruppe stammt von zwei ehrenamtlichen Helfern. Um ihre Vision in die Realität umzusetzen, wurde Anfang 2016 beschlossen, nach geeignetem zusätzlichem Personal zu suchen. Kurz darauf erschien, im Juni 2016, ein Bericht in der Lokalpresse. Dank dieses Artikels meldeten sich spontan zahlreiche Interessenten, die zukünftig beim Einsatz mit diesem modernen und innovativen Rettungsmittel mitwirken wollten. Davon hatten einige bereits Flugerfahrungen im Modellbau und im Drohnenbereich, andere verfügten über anderweitiges technisches Wissen. 

Danach ging alles recht zügig. Noch im Juni fand ein erster Informationsabend für die Interessierten beim ASB in Heiligenhafen statt, und bereits im Juli 2016 wurde der Übungsbetrieb durch die neuen Steuerer, wie die Drohnenpiloten beim ASB heißen, aufgenommen. Und so begann unter Anleitung eines erfahrenen Drohnenpiloten die Ausbildung unseres ersten ASB-Drohnen-Teams.

UAV-Team ASB Ostholstein mit schwebender Drohne
Das UAV- Team des ASB Ostholstein mit schwebender Drohne.
Quelle: M. Scholz

Aufstiegsgenehmigung zur Menschenrettung

Gleichzeitig wurde Kontakt zum Landesluftfahrtamt Schleswig-Holstein aufgenommen, mit dem Ziel, für den gesamten Landesverband des ASB eine Aufstiegsgenehmigung für die ASB-Drohnen zu erhalten. Inhalt der Verhandlungen war die Aufnahme sämtlicher Steuerer in eine gemeinsame Aufstiegsgenehmigung, damit bei personellen Veränderungen nicht ständig neue Genehmigungen ausgestellt werden müssen. 

Darüber hinaus war es aus Sicht des ASB erforderlich, dass es für Einsätze einige Ausnahmegenehmigungen bei den zu diesem Zeitpunkt sehr strengen gesetzlichen Vorgaben geben müsste. Denn bis dato war ein Überfliegen von Unfällen oder Katastrophengebieten für keine Drohne erlaubt. Nach sich lang hinziehenden Verhandlungen erhielt der ASB Ostholstein als eine der ersten Hilfsorganisationen im Lande Anfang des Jahres 2017 eine landesweite Aufstiegsgenehmigung vom Landesluftfahrtamt SH, in der alle Steuerer integriert waren. 

Eine Alarmierung zu Einsätzen über die Rettungsleitstellen war somit möglich geworden. 

Durch die neue Drohnenverordnung des Bundes im April 2017 wurden die Einsatzmöglichkeiten für Drohnen im Bevölkerungsschutz erheblich erweitert und klar geregelt, sodass Drohneneinsätze zur Menschenrettung nun fast ohne Einschränkungen möglich sind.

Allerdings gilt auch für Hilfsorganisationen wie den ASB folgende Regeln: Es darf nur auf Sicht geflogen werden, und die Flughöhe von 100 m darf nicht überschritten werden.

Übungsbetrieb der UAV-ASB-Gruppe

Unsere Drohnenteams bestehen immer aus drei Personen: Einer, der die Drohne steuert, einer, der den Sichtkontakt zum Fluggerät hält und den Monitor beobachtet und einer, der im ständigen Funkkontakt mit der Einsatzleitung steht. Geübt wird in wechselnden Zusammensetzungen, damit jede Aufgabe im Notfall sitzt. Neben dem fliegerischen Können werden Gesetzeskunde, technische Kenntnisse, taktisches Verhalten und Einsatzkoordination geschult. Zweimal im Monat treffen sich die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des UAV-Teams, um für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Die Flugtrainings finden so oft wie möglich an verschiedenen Orten im freien Gelände statt und werden dokumentiert. 

Jeder Steuerer besitzt ein eigenes Flugbuch, hier wird der Einsatz beziehungsweise der Übungsflug mit Start, Landung und Ort festgehalten. Zusätzlich wird über die Teamleitung eine Teilnahmeliste am Übungsabend mit der Anwesenheit der einzelnen Steuerer geführt. Während einer Trainingseinheit müssen unter anderem Personen lokalisiert oder auf Pappe aufgeschriebene Wörter identifiziert werden. Aber auch das Finden von erwärmten Gegenständen mit Hilfe der Wärmebildkamera steht auf dem Trainingsplan. 

In der dunklen und kalten Jahreszeit findet der Übungsflugbetrieb in zwei verschiedenen Turnhallen in Großenbrode sowie im AMEOS-Klinikum in Heiligenhafen statt. Diese Hallenübungsabende sind besondere Herausforderungen, da die Fluggeräte hier per Hand ohne GPS gesteuert werden müssen, weil das GPS-Signal innerhalb der Hallen nicht ausreichend ist. So trainiert das Indoor-Fliegen die Feinmotorik der Steuerer noch zusätzlich. 

Übungsabend mit Drohne in einer Turnhalle der AMEOS-Klinik in Heiligenhafen.
Übungsabend in der Turnhalle der AMEOS-Klinik in Heiligenhafen.
Quelle: J. Bochnik

Verantwortungsbewusster UAV-Umgang macht Schule

Alle Teammitglieder der Drohnengruppe geben sich hochmotiviert der Aufgabe hin, mit Hilfe der fliegenden Helfer Menschenleben zu retten. Zugleich gehen sie verantwortungsbewusst mit dem modernen Einsatzgerät um, um die Gefährdung von unbeteiligten Personen oder Sachschäden möglichst zu vermeiden.

Das Pilotprojekt des ASB in Ostholstein führte dazu, dass auch der ASB-Landesverband die technischen Möglichkeiten und das Potential der Drohnentechnik erkannt hat und ebenfalls den Aufbau einer UAV-Gruppe im Süden des Landes Schleswig-Holstein voranbrachte. Mittlerweile wurde für die neuen Drohnenkollegen vor Ort ebenfalls ein Typhoon H angeschafft. Wer Interesse hat, die UAV-Teams zu verstärken, kann sich jederzeit beim ASB Ostholstein melden. 

Moderne Einsatzgeräte

Ein wichtiger Aspekt beim Aufbau unserer Drohnengruppen war natürlich die technische Ausstattung. Nach längerer Beratung im Team wurden zum Jahresende 2016 zwei „Typhoon H“-Modelle der Firma Yuneec angeschafft. Eine für den Einsatz und eine zu Übungszwecken. Beide Copter sind mit einer hochauflösenden CGO3+ Kamera mit 4K-Auflösung (UHD) ausgestattet. 

Zusätzlich kann der Einsatzcopter bei Bedarf mit der Wärmebild- und Restlichtkamera CGOET gekoppelt werden, um auch bei schlechten Lichtverhältnissen die Hilfskräfte aus der Luft unterstützen zu können. Die Beschaffung der UAVs inkl. Zubehör wurde vom Landesverband Schleswig-Holstein des ASB mit 50 Prozent bezuschusst. Zusätzlich ist es gelungen, Firmen und Institutionen von dem Projekt zu überzeugen und größere Spendenbeträge hierfür einzuwerben.

Die Herstellerfirma Yuneec mit Sitz im Schleswig-Holsteinischen Kaltenkirchen unterstützte das UAV-Projekt des ASB Regionalverband Ostholstein durch ein maßgeschneidertes Angebot, das unter anderem ein eintägiges  Seminar „Multicopter Basic Training“ enthielt. Die Teilnehmer bekamen in diesem nicht nur eine ausführliche Produktvorführung, sondern konnten auch erste Flugerfahrungen mit dem Typhoon H sammeln. 

Zusätzlich wurde im Rahmen der theoretischen Ausbildung über folgende Themen informiert:  Gesetzeskunde, Luftrecht, Datenschutz, Versicherungsschutz, Verschwiegenheitspflicht, Flugverhalten und Aerodynamik, Montage, Sichern und Kennzeichnung vom Start und Landeplatz, Pflege und Wartung von Drohnen und der richtige Umgang mit dem Einsatz von Akkus. Das Seminar endete mit der Übergabe eines Teilnehmerzertifikates. 

Dank an die Spender

Wir möchten uns an dieser Stelle auch bei den großzügigen Spendern und dem ASB-Landesverband bedanken. Allein durch ihre Hilfe konnten wir uns die Anschaffung der neuen UAVs leisten. 

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