10.12.2024 •

Katastrophenhilfe, Umweltbeobachtung und Monitoring von Verkehrsinfrastrukturen aus dem All: Copernicus Sentinel 1C gestartet

Während der verheerenden Flut in Spanien am 29. Oktober 2024 wurde das Europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus aktiviert, um innerhalb kürzester Zeit 31 Karten des Katastrophengebietes für die Einsatzkräfte zu erstellen. Das Bild zeigt das von den Überschwemmungen betroffene Gebiet, aufgenommen von der Copernicus Sentinel-1 Mission.

  • Am 5. Dezember 2024 um 22:20 Uhr MEZ (18:20 Uhr Ortszeit) ist der neue Sentinel-1C-Satellit in Kourou (Französisch-Guayana) gestartet.
  • Sentinel-1C ersetzt Sentinel-1B, der 2022 außer Betrieb gestellt wurde.
  • Das verbaute Synthetic Aperture Radar-Instrument (SAR) ist ideal, um beispielsweise Wasser- und Eisflächen zu beobachten oder auch Bodenbewegungen bis in den Millimeterbereich zu messen.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Erdbeobachtung, Klimawandel

Bei großflächigen Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen gestaltet sich die Lage für Einsatzkräfte zunächst gänzlich unübersichtlich. Hier helfen hochaktuelle Satellitenaufnahmen des betroffenen Gebietes, aus denen genaue Karten erstellt werden können. Wie wichtig dies ist, hat die verheerende Flut in Spanien am 29. Oktober 2024 jüngst erneut gezeigt. Hierbei wurde der Katastrophendienst des Europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus aktiviert, um innerhalb kürzester Zeit 31 Karten des Katastrophengebietes für die Einsatzkräfte zu erstellen. In Deutschland ist das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) federführend für Copernicus verantwortlich. Die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) begleitet das europäische Erdbeobachtungsprogramm im Auftrag des BMDV auf europäischer Ebene und unterstützt die Nutzung in Deutschland durch konkrete Maßnahmen.

Künstlerische Darstellung eines Sentinel 1-Satelliten
Künstlerische Darstellung eines Sentinel 1-Satelliten
Quelle: ESA/ATG medialab

Copernicus und seine Satelliten

Die Copernicus Satellitenflotte besteht aus mehreren Missionen, die sich jeweils aus mehreren Satelliten zusammensetzen. Sie müssen regelmäßig durch neue Modelle ersetzt werden. Am 5. Dezember 2024 um 22:20 Uhr MEZ (18:20 Uhr Ortszeit) ist daher der neue Sentinel-1C-Satellit in Kourou (Französisch Guyana) mit der neuen Trägerrakete Vega C erfolgreich gestartet.

Die Sentinel-1-Mission besteht aus zwei identischen Satelliten, die sich auf derselben Erdumlaufbahn befinden und alle sechs Tage die gesamte Erdoberfläche erfassen. Sentinel-1C ersetzt nun Sentinel-1B, der sich seit 2016 im All befindet und 2022 aufgrund einer Fehlfunktion außer Betrieb gestellt werden musste. Der Satellit gesellt sich zu Sentinel-1A, der bereits seit 2014 seinen Dienst im Orbit verrichtet und 2025 durch Sentinel-1D ersetzt werden wird.

Sentinel-1C ist mit einem C-Band Radarinstrument mit synthetischer Apertur (SAR) ausgestattet, das von Airbus in Friedrichshafen gebaut wurde. Hiermit liefert der Satellit Tag und Nacht unabhängig von Wolkenbedeckung Radarbilder für die globale Überwachung von Landflächen und Ozeanen und unterstützt damit das Umweltmanagement, die Katastrophenhilfe und die Forschung zum Klimawandel. Die Daten von Sentinel 1 können aber auch für viel weitergehende Zwecke eingesetzt werden. So wurde etwa im Rahmen des Forschungsprojektes „SAR4Infra“ der Universität Hannover demonstriert, wie mittels der Daten von Sentinel 1 Verkehrsinfrastrukturen überwacht werden können, um mögliche Schäden aufgrund von Bodenbewegungen frühzeitig zu erkennen. Dies soll künftig als Erweiterung des Bodenbewegungsdienstes Deutschland, der von der Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe betrieben wird, operativ durchgeführt werden und kann so bei der Instandhaltung von Schienen, Straßen und Brücken große Unterstützung leisten. Sentinel-1C ist zudem mit einem neuen AIS-Empfänger (Automatic Identification System) ausgestattet und in der Lage, Schiffe auf See in Echtzeit zu verfolgen und eine Kartierung ihrer Positionen zu ermöglichen. Dieses von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) entwickelte System soll helfen, Schiffskollisionen zu vermeiden, insbesondere wenn sie zu weit von landgestützten Radarsystemen entfernt sind.


Kalibrierung mit Unterstützung des DLR

Während der Inbetriebnahme von Sentinel-1C erfolgt neben der Verifikation aller Systeme der Satellitenplattform und des SAR-Instruments auch die initiale End-to-End Kalibrierung und Validierung der Radiometrie und Geometrie des Systems – von der SAR-Aufnahme im Orbit bis zur Erstellung der Nutzerprodukte im Bodensegment. An dieser Aufgabe wirken Teams vom DLR-Standort in Oberpfaffenhofen im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA mit. Das DLR SAR Calibration Center am DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme stellt hochgenaue Kalibrierziele bereit, wertet instrumenteninterne Kalibriersignale aus und bestimmt die Antennendiagramme des SAR-Instruments und die Kalibrierfaktoren um die hohen Anforderungen an die radiometrische Genauigkeit sicherzustellen. Der Schwerpunkt der Aktivitäten des DLR-Instituts für Methodik der Fernerkundung liegt auf der geometrischen Justierung des Aufnahmesystems und der Prüfung der interferometrischen Kompatibilität.

Copernicus – ein gemeinsames Programm von EU und ESA

Copernicus ist ein gemeinsames Programm der Europäischen Union (EU) und der ESA. Die EU betreibt mit dem Programm satellitengestützte Informationsdienste für Landoberflächen (CLMS), Ozeane (CMEMS), Atmosphäre (CAMS), Katastrophen- und Krisenmanagement (CEMS), Klimawandel (C3S) und zivile Sicherheit (CSS). Auch immer mehr deutsche Behörden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie innovative Unternehmen arbeiten mit Copernicus-Daten. Grundlage all dieser Anwendungen und Dienste sind sechs Satellitenfamilien, die so genannten Sentinels – zu Deutsch „Wächter“, die von der ESA zusammen mit der Europäischen Organisation zur Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT) betrieben werden. Zudem werden derzeit weitere sechs Missionen vorbereitet, die die Copernicusflotte in den kommenden Jahren sukzessive erweitern werden. Darunter auch die Mission „Copernicus Anthropogenic Carbon Dioxide Monitoring Mission“ (CO2M), die ab 2026 globale Treibhausgasemissionen messen soll. In Copernicus werden auch Satellitendaten von Dritten einbezogen, so etwa Daten der deutschen Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X. Datenportale wie die „Copernicus Data and Exploitation Platform – Deutschland“ – kurz CODE-DE – sichern Nutzerinnen und Nutzern einen unkomplizierten Zugang zu den Erdbeobachtungsdaten und Verarbeitungsmethoden.


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