12.10.2023 •

CO2-Speicherung darf Ausstieg aus fossilen Energien nicht behindern

Neues UBA-Papier: CCS-Technik bei Abfallverbrennung erproben - Moore, Wälder und andere natürliche Senken haben Vorrang

Das Umweltbundesamt (UBA) rät in einem neuen Positions-Papier dazu, das Abscheiden und Speichern von CO2 (kurz CCS, für Englisch „Carbon Capture and Storage“) in der Abfallwirtschaft zu erproben. UBA-Präsident Dirk Messner sagte:

„Wir brauchen CCS vor allem im globalen Maßstab. CCS ist aber kein Allheilmittel für den Klimaschutz. Wenn wir es nicht schaffen, von den fossilen Energieträgern wegzukommen, wird uns CCS nichts nützen. Wir haben in Deutschland viel zu wenig Speicher, um das Kohlendioxid sicher für Mensch und Klima zu speichern. Nur bei wirklich unvermeidbaren CO2-Emissionen sollten wir CCS nutzen.“

Das UBA schlägt daher vor, die Technik zunächst in Müllverbrennungsanlagen zu testen, in denen aus nicht recycelbarem Abfall Wärme und Strom erzeugt wird, aber auch CO2 anfällt. So könnten erste Erfahrungen mit der Technik gesammelt und Umweltrisiken beurteilt werden.

Carbon Capture and Storage CCS (Schematische Darstellung)
Carbon Capture and Storage CCS (Schematische Darstellung)
Quelle: UBA

Für die Abscheidung von CO2 (Carbon Capture) gibt es verschiedene Techniken. Einmal abgeschieden, wird das CO2 unter Druck verflüssigt und unterirdisch eingelagert (Storage). Eine Speicherung ist unter anderem in leeren Gas- oder Erdöllagerstätten, in salzwasserführenden Gesteinsschichten oder im Meeresuntergrund möglich. Sowohl Transport als auch Lagerung müssen dauerhaft sicher und dicht sein, um ein Entweichen des für Mensch und Umwelt in hohen Konzentrationen schädlichen CO2 zu verhindern. Wird CO2 etwa in den Meeresuntergrund verpresst, muss die marine Umwelt vor ⁠Versauerung⁠ geschützt werden. Diesen Nachweis muss die Technik noch erbringen.

Bei allen ungeklärten Fragen hält es das ⁠UBA⁠ für wichtig, die ⁠CCS⁠-Technik zu erproben. Für einen Testbetrieb schlägt das UBA Müllverbrennungsanlagen vor. Das dort freigesetzte CO2 entsteht am Ende einer langen Wertschöpfungskette und könnte dann abgeschieden und gespeichert werden. Dieses so genannte Waste-CCS (WACCS) hat für die Umwelt zudem den Vorteil, dass für den dort verbrannten Müll kaum zusätzliche fossile Energieträger zum Einsatz kommen und die Abwärme genutzt wird.  

Dem Einsatz von CCS-Anlagen in anderen Industriezweigen wie der Zementindustrie oder gar in der Energiewirtschaft steht das UBA kritisch gegenüber. In der Energiewirtschaft würde der Einsatz von CCS fossile Techniken verfestigen und den Ausbau der erneuerbaren Energien behindern. Auch in anderen Branchen würde CCS klimafreundlichere Alternativen erschweren – etwa mehr Holzbau, alternative Bindemittel oder Baustoffe. Um keine negativen Effekte bei der Transformation der Energiewirtschaft, der Industrie und der Bauwirtschaft hervorzurufen, sollte die Technik dort nicht priorisiert werden.

Die EU hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2050 treibhausgasneutral zu werden. Deutschland will das Ziel schon 2045 erreichen. Da jedoch selbst bei ambitionierter Klimapolitik unvermeidbare fossile Restemissionen von 40 bis 60 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr bleiben, sind natürliche CO2-Speicher wie Wälder, Moore, aber auch die verstärkte Holznutzung als Baustoff wichtig, um diese Emissionen aufzunehmen. „Der Ausbau und der Schutz von Mooren, Wäldern und anderen natürlichen Senken sollte unsere erste Priorität sein. CCS und andere technische Senken könnten die natürlichen Senken dann ergänzen“, so Messner. Für CCS bei der Abfallverbrennung hält das UBA eine Kompensation von bis zu 20 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr für möglich.

UBA Positionspapier

Carbon Capture and Storage


Mehr zu den Themen:

Verwandte Artikel

Extremwetter und Resilienz

Extremwetter und Resilienz

Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle und haben den Fuß auf dem Gaspedal“, so formulierte es UN-Generalsekretär Guterres im letzten Jahr.

Deutsche Küstengewässer waren im Winter 2023/24 bis zu ­1 Grad wärmer

Deutsche Küstengewässer waren im Winter 2023/24 bis zu ­1 Grad wärmer

Im Dezember, Januar und Februar lagen die Oberflächentemperaturen in der südlichen Nordsee rund ein Grad und in der südlichen Ostsee etwa ein halbes Grad über dem langjährigen Mittel. Das zeigen Analysen des Bundesamts für Seeschifffahrt und...

BSH verzeichnet drittwärmstes Jahr in Nordsee seit Messbeginn

BSH verzeichnet drittwärmstes Jahr in Nordsee seit Messbeginn

„Im Jahr 2023 war die Nordsee erneut fast so warm wie in 2022. Die Temperaturen stiegen nur in 2014 noch deutlich höher – und das seit dem Beginn unserer Datenreihe in 1969“, betont Helge Heegewaldt, Präsident des Bundesamts für...

:

Photo

Medizinische Task Force

An der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (kurz: BABZ) in Ahrweiler fand Ende 2023 ein Fachaustausch zwischen BBK und den Innenministerien der Bundesländer zur…