02.09.2024 •

Bund-/länderoffene Arbeitsgruppe „Nationaler Waldbrandschutz“

Uwe Becker

Hinweis auf munitionsverseuchtes Gelände
Uwe Becker

Wie alles begann

Die Waldbrandsaison 2018 und erste Waldbrandereignisse 2019 waren ein Grund, das Thema Vegetationsbrandbekämpfung einer genauen Betrachtung zu unterziehen.

Angestoßen im Arbeitskreis V (AKV) „Feuerwehrangelegenheiten, Rettungswesen, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung“ wurde eine bund-/länderoffene Arbeitsgruppe (AG) „Nationaler Waldbrandschutz“ ins Leben gerufen. Sie konstituierte sich auf ihrer ersten Sitzung am 20.02.2019. Erste strategische Ziele und ein konkretes Arbeitspapier wurden erstellt und den Innenministern und –senatoren der Länder auf der 210. Sitzung der „Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder“ (Innenministerkonferenz) vorgelegt und hier beschlossen.

Die AG sollte alle Aspekte des Schutzes von Wäldern und anderer Vegetation vor Bränden prüfen. Dazu wurden nicht nur brandabwehrende, sondern vor allem auch präventive Maßnahmen betrachtet.

Schon auf der eingangs erwähnten Innenministerkonferenz wurde eine Verbindung zur Fachministerkonferenz für Agrar- und Forstwirtschaft sowie ländliche Entwicklung (Agrarministerkonferenz) hergestellt.

Eine Kontaktgruppe der Forstchefkonferenz (FCK) wurde daraufhin ständiges Mitglied der AG „Nationaler Waldbrandschutz“.

Das gemeinsame Ziel des vorbeugenden und abwehrenden Waldbrandschutzes muss es sein, Vegetationsbrände zu verhindern bzw. erst gar nicht entstehen zu lassen. Je effektiver der vorbeugende Waldbrandschutz mit den Waldbesitzern gestaltet werden kann, umso geringer ist das Entstehen von Großwaldbränden bzw. umso gezielter lassen sich Waldbrände bekämpfen.

Der Waldbrand vom 30.06.2019 – 03.07.2019 in Lübtheen in ­Mecklenburg-Vorpommern zeigte erneut, wie wichtig diese Erkenntnis ist.

In der Sitzung der Arbeitsgruppe „Nationaler Waldbrandschutz“ in Ludwigslust am 21.06.2019 wurden bereits folgende Arbeitsaufträge vergeben:

  • Schaffung einer Übersicht über vorhandene luftgebundene Löschkapazitäten, Analyse: Bedarf an Löschkapazitäten aus der Luft,
  • Erstellung eines Positionspapiers gegenüber der Agrarministerkonferenz zur Verbesserung der Waldbrandvorsorge und der institutionellen Zusammenarbeit,
  • Sichtung bestehender Ausbildungsvorschriften und Harmonisierung der Ausbildung in den Ländern; ggf. Änderung der Feuerwehr Dienstvorschrift 2 (FwDV 2).
Weite Flächen wurden durch das Feuer zerstört – Brand Lübtheen 2019
Weite Flächen wurden durch das Feuer zerstört – Brand Lübtheen 2019
Quelle: Uwe Becker

Aktuelle Situation

Feste Mitglieder der Arbeitsgruppe „Nationaler Waldbrandschutz“ sind Vertreter der Länder, Bundespolizei, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Vertreter der Kontaktgruppe der Forstchefkonferenz, Deutscher Feuerwehrverband, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, BMI, BMVg mit dem Territorialen Führungskommando und dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

Jeweils im Frühjahr und im Herbst trifft sich die Arbeitsgruppe vollständig. Je nach Thema und Arbeitsaufkommen in den Unterarbeitsgruppen (UAG), finden hier Treffen häufiger statt.

UAG 1: UAG Präventive forstwirtschaftliche Maßnahmen (Gremien der Agrarministerkonferenz – AMK über Kontaktgruppe FCK/AMK)

UAG 2: UAG Aus- und Fortbildung (Niedersachsen, Projektgruppe Feuerwehrdienstvorschriften)

UAG 3: UAG Fahrzeugkonzeption und –normung/Technik ­(Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern)

UAG 4: UAG Waldbrandbekämpfung aus der Luft (Bayern, ­Hessen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz

UAG 5: UAG EU-Waldbrandmodule (Nordrhein-Westfalen, ­Hessen, Baden-Württemberg)

UAG 6: UAG Task Force, „Think Tank“, „Knowledge Network“ (Baden-Württemberg, Brandenburg)

UAG 7: UAG Kampfmittelbeseitigung, ursprünglich in der AG betrachtet, wurde von der Arbeitsgruppe „Führung, ­Einsatz, Kriminalitätsbekämpfung“ (UA FEK) des AK II der IMK übernommen)

Nach dem Brand in Lübtheen ist die Idee einer länderüber­greifenden Task Force entstanden.

Die Task Force gründet sich auf ein koordiniertes Hilfeleistungsversprechen der Länder untereinander und wird durch Spezialfähigkeiten des Bundes ergänzt. Einheiten der Task Force können über das Land und das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum (GMLZ) angefordert werden. Die Task Force-Einheiten, insbesondere die Spezialfähigkeiten des Bundes, sind hinsichtlich ihrer Leistungen vordefiniert und stehen für den länderübergreifenden Hilfeleistungseinsatz zur Verfügung. Die Task Force Waldbrandschutz ist jedoch keine vordefinierte taktische Einheit, sondern eine Kapazität, die sich aus Fähigkeiten von Bund und Ländern zusammensetzt.

Die Idee eines länderübergreifenden Fähigkeitsmanagements innerhalb der AG „Nationaler Waldbrandschutz“ zu entwickeln wurde schnell verworfen, da ein nationales Fähigkeitsmanagement neben dem Waldbrandgeschehen noch viele weitere Themenfelder berührt. Es wurde aus der AG ausgegliedert und vom BBK in der weiteren Länderoffenen Arbeitsgruppe „Fähigkeitsmanagement“ mit großem Erfolg weitergeführt.

Bisherige Ergebnisse der bund-länderoffenen AG „Nationaler Waldbrandschutz“

Seitens der AG wurde ein Strategiepapier „Nationale Vegetationsbrandbekämpfungsstrategie“ entwickelt und zusammen mit dem zugehörigen Arbeitsdokument den Innenministern und -senatoren vorgelegt und dort auf der Herbst IMK in 2019 verabschiedet.

Beide Dokumente sind wertvolle Vorlagen, um eigene Länderstrategien zu entwickeln. Mecklenburg-Vorpommern hat das insbesondere genutzt, um umfangreich in die Feuerwehren und in den Katastrophenschutz zu investieren. Gleichzeit wurde damit begonnen, gemeinsam mit dem Bund kampfmittelbelastete ­Flächen systematisch insbesondere in der Nähe von Ortschaften, zu räumen.

Bei der Beschaffung von Hubschraubern für die Polizei wurde darauf geachtet, dass diese auch Außenlastbehälter zum Transport von Löschwasser aufnehmen können.

Inzwischen abgeschlossen ist die Arbeit der Arbeitsgruppen UAG Aus- und Fortbildung und UAG EU-Waldbrandmodule der AG „Nationaler Waldbrandschutz“.

Der Abschlussbericht der UAG Aus- und Fortbildung beinhaltet im Wesentlichen Empfehlungen zu Ausbildungsinhalten in der Vegetationsbrandbekämpfung.

Themen aus der Empfehlung sind: Begriffe aus der Vegetationsbrandbekämpfung, Einflussfaktoren, Gefahren für die Einsatzkräfte, Sicherheit, Persönliche Schutzausrüstung, Wasserversorgung und –förderung, Orientierung, Taktik, Technik und Führung.

In Folge der Ausbildungsempfehlung beginnt nun die UAG Fahrzeugkonzeption und -normung/Technik ihre Arbeit.

Des Weiteren hat UAG EU-Waldbrandmodule der AG „Nationaler Waldbrandschutz“ ihre Arbeit abgeschlossen. Entstanden ist ein Konzept zur bundesweit vergleichbaren Aufstellung eines Moduls des EU-Katastrophenschutzmechanismus zur Vegetationsbrandbekämpfung mit Fahrzeugen (Ground Forest Firefighting using Vehicles – GFFF-V). Es beschreibt die grundsätzlichen technischen, personellen und logistischen Anforderungen, eingebettet in das erprobte System des EU-Katastrophenschutzmechanismus.

Alle in der AG „Nationaler Waldbrandschutz“ entstandenen Empfehlungen sind „Living Documents“ und unterliegen ständiger Evaluation.

In allen beteiligten Ländern wurde das Thema Waldbrandschutz mit Hochdruck vorangetrieben. Brandenburg richtet ein Waldbrandkompetenzzentrum ein. In Berlin wurde die Ausbildung der Vegetationsbrandbekämpfung für Einsatzkräfte verstetigt. Baden-Württemberg setzt unter anderem auf ein Tandemkonzept zur Verbesserung der Kommunikation und Abstimmung zwischen Forst- und Feuerwehrakteuren.

Viele Länder beschaffen umfangreich für die Waldbrandbekämpfung spezialisierte Technik.

Nordrhein-Westfalen etablierte ein GFFF-V Modul, welches bei einer Übung in Portugal durch die EU-Kommission zertifiziert worden ist.

Gemeinsam entwickelte Waldbrandeinsatzkarten werden bundesweit zur Einführung empfohlen.

Das in 2019 entwickelte Strategiepapier und das zugehörige Arbeitsdokument wurden im Frühjahr 2023 weiterentwickelt und in der Herbst IMK 2023 erneut zur Kenntnis genommen. In beiden Dokumenten wurde insbesondere den aktuellen Entwicklungen zur Verbesserung der Kapazitäten für die luftgestützte Brandbekämpfung Rechnung getragen.

Die Liste der Maßnahmen, die schon umgesetzt sind, bzw. in der Umsetzung sind, ist lang und betrachtet auch „exotische“ Themen wie beispielsweise ferngeführte und robotische Systeme.

Dieses alles zeigt die Schlagkraft der AG „Nationaler Waldbrandschutz“. Die AG besticht durch Interdisziplinarität. Alle Akteure, ressortübergreifend, diskutieren auf Augenhöhe. Sie schafft durch gegenseitige Wertschätzung Symbiosen, wie das Tandemkonzept in Baden-Württemberg und das Waldbrandkompetenzzentrum in Brandenburg zeigen.

Die Arbeit der AG „Nationaler Waldbrandschutz“ ist noch nicht beendet, immer neue Herausforderungen wie ein fortschreitender Klimawandel, neue Technologien beschäftigen weiterhin. Für das Jahr 2024 hat sich die Gruppe folgende Aufgaben gesetzt:

  • Institutioneller ressortübergreifender Erfahrungsaustausch zur Umsetzung des Strategiepapiers „Nationale Vegetationsbrandbekämpfungsstrategie“ und des dazugehörigen Arbeitspapiers
  • Auswertung Großschadensereignisse „Waldbrand“ /Bewältigung von nationalen Naturgefahren mit Schwerpunkt Vegetationsbrandbekämpfung
  • Positionierung zu der Fragestellung, ob ein taktisches Gegenfeuer bei einem Vegetationsbrand ein geeignetes Mittel ist. / Prüfung, ob diese Maßnahme rechtskonform ist und wer berechtigt ist, derartige Feuer in Gang zu setzen.
  • Erfahrungsaustausch zu Zukunftstechnologien (Robotik, KI,…)
  • Erfahrungsaustausch mit dem Deutschen Feuerwehrverband (DFV) als Interessenvertreter der Feuerwehren
  • Arbeitsaufnahme der Unterarbeitsgruppe „Fahrzeugkonzeption und -normung/Technik“

Fazit

Die Bündelung der Kompetenzen aller Ressorts und anderer Beteiligten zeigt am Beispiel der AG „Nationaler Waldbrandschutz“ große Wirkung.

Gegenseitige Wertschätzung, gegenseitiges Verstehen, Vermeidung von Mehrfacharbeit in unterschiedlichen Gremien sind nur einige Erfolgsgaranten für effizienten Vegetationsschutz.

Insbesondere das Zusammenwirken mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Forstbereich schaffen hier beste Voraussetzungen. 



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