„Gesundheits- und Sozialwirtschaft: Ein schlafender Riese beim Klimaschutz“
Expertinnen und Experten fordern Reformschritte
Durch energetische Sanierungen und klimafreundliche Neubauten in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft können schätzungsweise jährliche Klimaschadenskosten von bis zu 9,8 Milliarden Euro vermieden werden. Das geht aus einem Konzeptpapier hervor, das Expertinnen und Experten aus der Diakonie sowie von branchennahen Institutionen (Wirtschaftsprüfung, Sozial- und Kirchenbanken, Immobilienwirtschaft) gemeinsam mit Wirtschaftswissenschaftlern erarbeitet haben. Um das Ziel einer emissionsarmen sozialen Arbeit zu verwirklichen, schlagen die Expertinnen und Experten sozialrechtliche Reformen und moderne Finanzierungskonzepte vor. Das größte Potenzial zur CO2-Reduktion liege in der Sanierung der rund 100.000 Sozialimmobilien in Deutschland. Dazu gehören unter anderem Pflegeheime, Kitas und Krankenhäuser. Die Schätzung der vermeidbaren Klimaschadenskosten orientiert sich an Berechnungen des Umweltbundesamtes.
Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland, erklärt hierzu:
„Die Gesundheits- und Sozialwirtschaft ist ein schlafender Riese beim Klimaschutz. Der Wille, schnellstmöglich klimaneutral zu arbeiten ist in der Branche längst da. Dafür muss der Gesetzgeber jetzt die richtigen Weichen stellen.“
Rolf Baumann, stv. Geschäftsführer und Bereichsleiter Ökonomie des Verbandes diakonischer Dienstgeber in Deutschland e.V. (VdDD) und Mitverfasser des Konzeptpapiers kommentiert:
„Für energetische Sanierungen oder Neubauten braucht es moderne Finanzierungskonzepte, die auf die Gesundheits- und Sozialwirtschaft zugeschnitten sind. Die ökologische Wende darf nicht allein vom Engagement einzelner Einrichtungen und Unternehmen abhängen. Sie ist von hohem öffentlichem Interesse.“
Vier Schritte zur klimaneutralen Gesundheits- und Sozialwirtschaft
Die Expertinnen und Experten empfehlen vier Maßnahmen, damit soziale Dienstleistungen bis 2035 klimaneutral erbracht werden können, wozu sich die Diakonie in Deutschland verpflichtet hat.
Um Sozialuntenternehmen Investitionen in nachhaltige Gebäude zu ermöglichen, sei das gesamtgesellschaftliche Nachhaltigkeitsziel im Sozialrecht zu verankern. Bislang orientiert sich die öffentliche Refinanzierung sozialer Arbeit in erster Linie am Wirtschaftlichkeitsgebot. Ein ergänzendes Nachhaltigkeitsziel mache es möglich, auch Klimaschutz als relevanten Gesichtspunkt bei der Angebotsgestaltung zu berücksichtigen – und zu refinanzieren. Außerdem soll ein finanzieller Anreiz zur Sanierung gesetzt werden. So sollen Erträge aus ersparten Energiekosten vorübergehend in den Sozialunternehmen verbleiben.
Als weitere Schritte empfehlen die Expertinnen und Experten die Finanzierung von energetischen Sanierungen durch einen spezifischen Zertifikatehandel für den sozialen Sektor. Schließlich sei die Erzeugung und Vermarktung erneuerbarer Energien durch soziale Unternehmen rechtlich zu ermöglichen und zu fördern. Der hohe Bestand an (Dach-) Flächen lasse sich für die Erzeugung von Solarstrom nutzen.
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