Corona: Hilfsorganisationen rechnen mit Einbußen in Millionenhöhe

Keine EH-Kurse und Sanitätsdienste, dafür überteuerte Preise für Schutzmaterial

Hannover. In Notfällen sind sie immer da, auch jetzt während der Corona-Pandemie. Doch durch fehlende Einnahmen und nötige, aber völlig überteuerte Ausgaben für Schutzmaterial rutschen die hannoverschen Hilfsorganisationen nun selbst in eine unterstützungsbedürftige Schieflage. Die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH), das Deutsche Rote Kreuz (DRK), der Malteser Hilfsdienst (Malteser), der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) begrüßen deshalb den von der SPD eingereichten Antrag, den Hilfsdiensten mit einem Härtefallfonds, gefüllt mit 750.000 Euro, zu helfen.

Einsatzpersonal mit Schutzmaske
Einsatzpersonal mit Schutzmaske
Quelle: Die Johanniter

In der Landeshauptstadt Hannover sind die fünf Hilfsorganisationen starke Säulen der Daseinsvorsorge. Mit ihren Einsatzzügen für die Bereiche Sanitätsdienst, Betreuungsdienst und Wasserrettung halten sie operativ tätige Einheiten vor. Die Finanzierung ist ihnen selbst überlassen, Einnahmen aus anderen Leistungsbereichen nutzen sie für die Unterhaltung der Einheiten und Einrichtungen. 

Die Hilfsorganisationen haben ihre Bereitschaft zur Mitwirkung gegenüber der Landeshauptstadt Hannover nicht nur erklärt, sie waren in den vergangenen Wochen bei der Bewältigung der Corona-Krise auch bereits aktiv. Die Johanniter zum Beispiel halfen der Stadt und Region Hannover bei der Beschaffung von Einwegmasken.

Manche Helfer sind in diesen Tagen stark gefordert, andere dagegen haben Leerlauf. Bei der DLRG finden keine Schwimmkurse mehr statt. "Ohne die Durchführung unserer Schwimmkurse für die Bevölkerung und die Aufsicht an den Badeseen fallen unsere ganzen Einnahmen weg. Die Kosten für unsere Einsatzfahrzeuge und auch unsere neue Unterkunft bleiben. Wir brauchen jetzt die Unterstützung der Politik!", sagt Torsten Heuer, Bezirksleiter der DLRG. 

Ähnlich sieht es beim DRK und den Johannitern aus, die seit Mitte März keine Erste-Hilfe-Lehrgänge mehr durchführen. Gerade erst wurde die Frist auf Empfehlung der Qualitätssicherungsstelle Erste Hilfe, eine Einrichtung der gesetzlichen Unfallversicherungs-träger, bis zum 30. Mai verlängert.

Finanziell noch härter als die ausfallenden Kurse werden die Hilfsorganisationen die abgesagten Sanitätsdienste treffen. Das Schützenfest (abgesichert durch das DRK) und das Maschseefest (JUH), große Konzerte wie z.B. das Plaza-Festival (ASB), der Wasserstadt-Triathlon (Malteser HD), der Hannover-Marathon... Der ersatzlose Ausfall vieler Großveranstaltungen reißt ein Loch in die Kasse der Hilfsdienste, das im hohen sechs-stelligen Bereich liegen wird.

Zeitgleich gehen Rechnungen in ungewohnter Höhe ein. Der Einkaufspreis für stark nachgefragtes Schutzmaterial wie Atemschutzmasken, Schutzkittel und Desinfektionsmittel liegt seit Wochen weit über den sonst üblichen Beträgen, bezahlt werden muss bisweilen das Zehnfache. 

Der Schutz der zu versorgenden Patienten und Klienten sowie der eigenen Mitarbeiter und Helfer im Rettungsdienst, der Pflege und bei Katastrophenschutzeinsätzen ist bei den Organisationen immer das oberste Gebot - in Corona-Zeiten ganz besonders. Eine Refinanzierung der dafür nötigen Ausgaben über die Krankenkassen wird jedoch nur teilweise möglich sein.

Zwar wurden geplante Investitionen zunächst gestoppt, größere Baumaßnahmen auf Eis gelegt, Veranstaltungen und Dienstreisen abgesagt. Die Maßnahmen reichen aber bei weitem nicht aus, um die gerade entstehenden Einbußen zu kompensieren. Treffen wird es mittel- bis langfristig vor allem das Ehrenamt der Organisationen, seine Ausstattung, die Ausbildung, die Kinder- und Jugendarbeit. "Eine Refinanzierung der ehrenamtlichen Strukturen, insbesondere der des Katastrophenschutzes, ist nicht mehr sichergestellt", sagt Hans Joachim Halbach, Vorstandsmitglied im Regionalverband Niedersachsen Mitte der Johanniter-Unfall-Hilfe.

Es sind die Einheiten, die gerade in diesen Tagen Einkaufshilfen organisieren, kranke, einsame und trauernde Menschen begleiten und sich auf mögliche Covid-19-Einsätze vorbereiten, um – wenn der Pieper geht – sofort und kompetent helfen zu können. "Unsere ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Katastrophenschutzes stehen nun bereit, bei einer Verschlimmerung der Pandemie mit an erster Stelle gegen das Virus zu kämpfen", sagt Raphael Ebenhoch, Geschäftsführer des Malteser Hilfsdienstes. Und weiter: "Die hier zum Einsatz kommenden Sanitäts- und Betreuungseinheiten werden ausschließlich aus Eigenmittel unterhalten. Im Moment fehlt uns die Refinanzierung, wir brauchen an dieser Stelle finanzielle Unterstützung!"

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