„Wir haben Lehren aus den Extremwetterlagen gezogen“
BBK-Präsident Tiesler zieht Zwischenbilanz nach Hochwasserlagen im ersten Halbjahr 2024
Die Lage in den süddeutschen Hochwassergebieten entspannt sich. In den letzten Tagen und Stunden haben die letzten Landkreise die Ausrufung des Katastrophenfalls aufgehoben. Schon zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit erreichten Wassermassen in Deutschland historische Höchstwerte. Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Tiesler, zieht eine Zwischenbilanz.
„Der Umgang mit den Hochwasserlagen in diesem ersten Halbjahr hat gezeigt, wie anpassungs- und lernfähig der Bevölkerungsschutz ist. Wir haben Lehren aus den vergangenen Extremwetterlagen gezogen, alle Akteure haben sich rechtzeitig vernetzt und auf das Schlimmste vorbereitet. Ich spüre deutlich, dass die Gesellschaft sensibler geworden und besser vorbereitet ist. So sind Warnungen und Aufforderungen zu Evakuierungen sehr ernst genommen worden. Diesen eingeschlagenen Weg müssen wir weiter gehen. Am Ende konnten – vor allem durch den Einsatz unzähliger ehren- und hauptamtlicher Einsatzkräfte und vieler Spontanhelfenden sehr viele Menschen gerettet werden. Dennoch haben die Fluten wieder Menschenleben gekostet. Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Verstorbenen. Und mit dem Abzug des Wassers ist die Not noch nicht vorbei. Ich wünsche allen Betroffenen, für die nun ein Alltag mit sehr viel Aufräumarbeit, zum Teil in Existenzängsten beginnt, viel Kraft.“ BBK-Präsident Tiesler
Über 150 Warnungen ausgegeben
In der aktuellen Hochwasserlage in Süddeutschland haben die betroffenen Städte und Landkreise vom 31. Mai bis heute 152 Warnungen mit unmittelbarem Starkregen- oder Hochwasserbezug über das Bundeswarnsystem herausgegeben. Insgesamt sind noch 24 Warnungen aktiv, die mit dem Unwetter zusammenhängen. Das vom BBK betriebene Bundeswarnsystem funktionierte bei sämtlichen Warnungen fehlerfrei. Die Inhalte und Empfehlungen der versandten Gefahreninformationen reichten von Warnungen vor einem bevorstehenden Dammbruch über das Abkochen von verunreinigtem Trinkwasser bis hin zur Aufforderung kein Öl in die Kanalisation zu gießen.
Länderübergreifende Zusammenarbeit
Sobald sehr deutlich war, dass in Süddeutschland historische Mengen an Wasser bewältigt werden mussten, hat das BBK die relevanten Akteure in täglichen Videokonferenzen zusammengebracht. Vertreten waren unter anderen die Bundesländer, der Deutsche Wetterdienst, mehrere Bundesbehörden wie das Technische Hilfswerk, die Bundespolizei und das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr. Diese Treffen stellten einerseits ein einheitliches Lagebild sicher. Außerdem wurden eventuell notwendige länderübergreifende Hilfe und Katastrophenhilfe des Bundes vorbesprochen. Dieses Format hatte sich bereits in der Hochwasserlage im Saarland und in Rheinland-Pfalz im Mai 2024 bewährt. Es soll für künftige hydro-meteorologische Extremlagen und andere bevölkerungsschutzrelevante Ereignisse fest etabliert werden.
In der Lage hat das BBK in Zusammenarbeit mit den Ländern, Bundesbehörden und Hilfsorganisationen sechs Mal länderübergreifende koordiniert. So hat das BBK-Lagezentrum zum Beispiel Wasserrettungszüge aus Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen nach Bayern vermittelt.
Bereits am 30. Mai hat das BBK die Aktivierung des europäischen Copernicus Notfallkartierungsdienstes angestoßen und die betroffenen Bundesländer bei der Auswahl geeigneter Fernerkundungsprodukte beraten. Neun Orte in Baden-Württemberg und Bayern erhielten so Fernerkundungsdaten und -auswertungen und wurden so bei der Lagebewältigung unterstützt.
BBK gibt Empfehlungen zum Verhalten vor, während und nach dem Hochwasser
Zusätzlich zu den Vorkehrungen und der Hilfe der Behörden und Einsatzorganisationen kann die persönliche Vorsorge im eigenen Heim Leben retten. Dazu informiert das BBK auf seiner Webseite über Social Media und in kostenfrei erhältlichen Broschüren. Dort gibt es auch nützliche Tipps, was zu beachten ist, wenn das Hochwasser abgeflossen ist.
Zum Thema
Für Menschen, die in der Nähe von größeren Gewässern wohnen, ist Hochwasser kein besonderer Anblick. Kleinere Hochwasser gibt es regelmäßig, beispielsweise zur Schneeschmelze nach dem Winter. Doch es gibt auch die sogenannten "Jahrhunderthochwasser", die bundesweit für Aufsehen sorgen und lange nicht in Vergessenheit geraten.
Im Projekt HoWas2021 wird die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 analysiert und aufgearbeitet. Besonderer Fokus liegt dabei auf Kommunikation und Governance-Strukturen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
0228 99 550-0 und 0228 5554-0